Tag Archives: Langdistanzwanderung

4.500 Kilometer Wildnis – der PCT steht an

Als ich vor rund zweieinhalb Jahren abwägen musste, ob ich es mir leisten kann, eine weitere Auszeit für 2021 zu nehmen oder doch besser auf ein Jahr später zu vertagen, da wäre eine Glaskugel nicht schlecht gewesen. Ich hätte eine mehr als zwei Jahre andauernde Pandemie gesehen.  Continue reading

[:de]April, April: Hüttensaison-Einläutung im Elbsandsteingebirge[:]

[:de]Das erste Mal die neue Isomatte aufpusten.

Zum ersten Mal Trekkingstöcke benutzen.

Erstmals den Gaskocher anfeuern und das erste Trekkingessen genießen.

Die ersten Liter Flusswasser filtern und die erste Nacht in einer Hütte.

Lang, lang ist es her, dass ich all das zum ersten Mal gemacht habe. Umso mehr freue ich mich, wenn mich jemand begleitet, der alle diese Dinge noch vor sich hat. Am letzten Wochenende ist mir eine gute Freundin pünktlich zum Start der Trekkingsaison ins Elbsandsteingebirge gefolgt und hat sich auf das kleine Abenteuer rund um die gemütlichen Trekkinghütten und malerischen Tafelberge eingelassen. 

Tag 1: Vom Feierabend direkt nach Kleinhennersdorf

Kaum sind die Hütten und Biwakplätze entlang des Forststeigs eröffnet, bin ich auch schon wieder im Elbsandsteingebirge. Diesmal mit dabei: die liebe Ivette. Freitag nach der Arbeit sausen wir mit dem Auto nach Kleinhennersdorf und schlappen los. Ob wir unser Zelt am Biwakplatz aufschlagen oder lieber doch in eine der gemütlichen Hütten einkehren, wollen wir spontan entscheiden.

Der angeblich stundenlange Schneefall hat sich leider nicht bemerkbar gemacht. Zwar liegen hier und da Krümel rum, aber die erhoffte Neuschneedecke liegt anscheinend woanders. Die Microspikes bleiben daher im Auto. Angesichts des doch netten Wetters nehmen wir den Kleinen Zschirnstein mit Aussicht mit und schlagen dann aber den Weg Richtung Haselmausbaude ein. Es ist doch ziemlich frisch und ein warmer Kamin überzeugt dann doch. 

 
 

Durch den Wildbretkeller geht’s also zum Krippenbach, wo wir ordentlich Wasser auffüllen. Als wir um die Ecke biegen, sehen wir schon Rauch aus der Haselmausbaude aufsteigen. Ein freundlichen Pärchen öffnet uns die Tür zur schon vorgewärmten Hütte. Nach einem köstlichen Trekkingessen und süffigem Tee breiten wir unsere Schlafsäcke auf dem Dachboden aus, der gefühlt 15 Grad kälter ist als der Kaminraum. Gute Nacht.

 
 

Tag 2: Von Hütte zu Hütte, von Stein zu Stein

Ein erster Kaffee im Schlafsack und ein gemütlich knisternder Kamin eine Etage tiefer – so kann ein Morgen beginnen. So gemütlich, dass wir erst kurz nach 10 Uhr aufbrechen. Auch heute haben wir unsere Tour schon wieder umgeplant. Zur Steinsammlung soll der Pfaffenstein, Spitzstein und Katzstein kommen. Nebenbei will ich mir mal den recht neuen Biwakplatz am Quirl anschauen.

 
 

Das Wetter schickt sich an, deutlich schöner zu werden, als die pessimistischen Wetterfrösche es vorhersagten. Finden wir gut, denn wie immer sind so weniger Menschen unterwegs. Zumindest bis zum Pfaffenstein. Da treffen sich heute anscheinend alle Touristen, so dass wir ein Päuschen vor der noch geschlossenen Berggaststätte einlegen, schauen, ob die Barbarine noch steht und dann weiter ziehen.

 

 

Am Mäuseborn vorbei steigen wir noch einmal hoch zum Katzstein. Warum nur liegen Katz und Maus hier so dicht beeinander? Wie dem auch sei, die Aussicht samt Katzenskulptur sind wie immer den Aufstieg wert. 

 

 

Von hier ist es nur noch ein Katzensprung (…) zur Rotsteinhütte, die heute unser Nachtquartier sein wird. Während wir Holz fürs Feuer hacken, kommt der nette Hüttenbetreuer vom Sachsenforst vorbei und weist mir den Weg zur Quelle: „Da im Grünen. Quasi bei der ersten Fichte.“ So weit, so ungenau. Und so suche ich erst auch an der völlig falschen Stelle, komme aber am Ende mit sechs Litern frischem Quellwasser zurück. Die wollen natürlich erstmal gefiltert werden, und so rühren wir rhythmisch mit dem UV-Filter in der Flasche herum.

 
 

Gegen 18.30 Uhr ziehen drei Mädels in die nun schon von uns vorgewärmte Hütte. Viel zu sagen haben sie uns nicht. Das liegt vielleicht auch daran, dass pünktlich zu ihrem Erscheinen unser Glühwein im Ofen überkocht und spontan den Rauchmelder auslöst. Der erste Eindruck und so…

 

Tag 3: Bergspätzle auf Sächsisch zum Wintereinbruch

Der letzte Morgen wird aus durch einen wunderschönen Sonnenaufgang versüßt. Klirrend kalt ist es dennoch, so dass es einige Kilometer dauert, bis meine Hände nach einem recht frühen Aufbruch mal auftauen.  

 

 

Über das schöne Cunnersdorf, dass sich anscheinend für Ostern nochmal richtig aufgeputzt hat, geht es schnurstracks Richtung Gohrisch. Unsere drei deutlich jüngeren Mitübernachterinnen, die schon eine halbe Stunde vor uns aufgebrochen sind, holen wir ziemlich bald ein. Am Eichhörnleweg geht’s weiter und bald ächzen wir die unzähligen Stufen zum Gohrisch hoch. Windig ist’s, aber noch sonnig und der Ausblick wie immer atemberaubend. Damit haben wir auch richtig Glück, denn es scheinen die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu sein.

Nur einen Tafelberg weiter gönnen wir uns zünftige Bergspätzle, Nudeln, Tee und ein Radler. Draußen fängt es ganz allmählich an zu schneien. Zwei Kilometer sind es nur zum Auto. Die brauche ich auch, denn das doch recht üppige Essen liegt mir schwer im Magen. Und die Kohlensäure des Radlers weiß auch nicht, wohin mit sich. Ich lerne wohl nie dazu.

 

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[:en]Arizona Trail – Part 10: Exchanging rocks for pine trees[:de]Arizona Trail – Part 10: Tausche Steine gegen Nadelwald[:]

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“Firearms training! No trespassing! Arizona Trail hikers okay.” This sign on the side of the trail does make me a little queasy. But what can you do? After all, we have to move forward. So I open the rusty barbed wire gate and hike into the shooting area. At least there are no shots to be heard right now.

Today is a great day, because after eight days I’m finally going back to a small town. It’s about time, because my powerbank is completely empty and I could only supply my devices with my ultralight solar panel. Plus, I can’t see the fish-shaped crackers anymore – the only edible left in my feedbag.

Pine is a charming small town surrounded by coniferous forest, with deer and elk roaming freely. The local brewery not only serves the legendary Arizona Trail Ale – a specially brewed beer – but also new shoes, which I had shipped here. After more than 700 kilometers, I have to say goodbye to my first pair with a heavy heart. We have been through a lot together. In the evening, I meet up with a few other Thruhikers at the only pizzeria in town. A feast that no one can get enough of.

 

Bye bye, des(s)ert!

With the ascent out of Pine, I finally leave the desert behind. The rock still bears the typical reddish color, but pines, juniper trees and deep green shrubs grow around me. Again and again I stumble across a rushing stream filled by the melting snow or an ice-cold spring. I also meet the East Verde River up here again – as a rippling mountain stream.

The Mogollon Rim wants to know it again. Steep and rocky – I climb the edge of the massive Colorado Plateau over the Arizona Trail. It’s warm, but the fragrant conifers provide lovely shade. Although I’m quite fit by now, the elevation gain is a real challenge.

 

 

Made it to the top! That was some effort. But the beauty here on the Colorado Plateau compensates for all the pain. At 2,200 meters, a turquoise stream meanders along the forested Arizona Trail. And what do I see flashing through the trees? Snowfields! It’s not like the nights are getting warmer.

The season does change from winter to spring to summer. But the further north I get, the higher the individual sections are as well. Temperatures around the freezing point are still not uncommon at night. So tempting are the places where other hikers must have camped before me. Artfully piled up stone fireplaces let me become almost weak to call it a day. But it’s still a few miles to the Utah border…

Instead, Ranger and I hike on to the Blue Ridge Campground, where I had deposited a few gallons of water in the high snow in mid-March. At least I thought it would have been just around the corner. In fact, I have to hike just roughly one mile to the water supply and back to the campground with four gallons of water in each hand. Lord, also one copes with that in the meantime. For the first time in a long time I also start a real campfire for Ranger and me. Normally we are much too tired for that. Today we manage to stay awake until 10 pm.

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„Achtung, Schießübungen! Zutritt verboten! Arizona Trail Wanderer okay”. Bei diesem Schild am Wegesrand wird mir doch ein wenig mulmig. Aber was will man machen? Es muss schließlich voran gehen. Also öffne ich das rostige Stacheldrahttor und wandere hinein ins Schießgebiet. Immerhin sind gerade jetzt keine Schüsse zu hören.

Heute ist ein großer Tag, denn nach acht Tagen geht es endlich wieder in eine kleine Stadt. Zeit wird’s, denn meine Powerbank ist komplett leer und meine Geräte konnte ich nur noch leidlich mit meinem ultraleichten Solarpanel versorgen. Außerdem kann ich die fischförmigen Cracker nicht mehr sehen – das einzige, was mir im Futtersack noch an Essbarem verblieben ist.

Pine ist eine bezaubernde Kleinstadt, umgeben von Nadelwald, mit Hirschen und Rehen, die hier frei umherstreifen. In der örtlichen Brauerei gibt es nicht nur das legendäre Arizona Trail Ale – ein speziell gebrautes Bier – sondern auch neue Schuhe, die ich mir hierher habe schicken lassen. Nach über 700 Kilometern muss ich mich von meinem ersten Paar schweren Herzens verabschieden. Wir haben zusammen viel durchgemacht. Am Abend treffe ich mich mit ein paar anderen Thruhikern in der einzigen Pizzeria im Ort. Ein Fest, von dem niemand genug kriegen kann. Außerdem hat der General Store der Kleinstadt alles im Angebot, was ich mir nur wünschen kann: Allen voran meine geliebten Rocky Road Riegel, die es immer seltener gibt, je weiter ich nach Norden wandere.

 

Bye bye, Wüste!

Mit dem Aufstieg aus Pine lasse ich die Wüste nun endgültig hinter mir. Das Gestein trägt zwar noch immer die typisch rötliche Farbe, um mich herum wachsen aber Kiefern, Wacholderbäume und tiefgrüne Sträucher. Immer wieder stolpere ich über einen rauschenden, von der Schneeschmelze gefüllten Bach oder eine eiskalte Quelle. Auch den East Verde River treffe ich hier oben wieder – als plätschernden Gebirgsbach.

Der Mogollon Rim will es nochmal wissen. Steil und steinig – ich erklimme mir die Kante des massiven Colorado Plateaus über den hier unbarmherzigen Arizona Trail. Es ist warm, aber die duftenden Nadelbäume spenden herrlichen Schatten. Obwohl ich inzwischen recht fit bin, sind die Höhenmeter eine echte Herausforderung.

 

 

Oben angekommen! Das war noch mal ein Akt. Aber die Schönheit hier auf dem Colorado Plateau entschädigt für alle Mühen. Auf 2.200 Metern schlängelt sich ein türkiser Bach entlang des bewaldeten Arizona Trails. Und was sehe ich da durch die Bäume blitzen? Schneefelder! Es ist nicht so, dass die Nächte wärmer werden.

Die Jahreszeit wandelt sich zwar von Winter zu Frühling zu Sommer. Doch je weiter ich nach Norden komme, desto höher liegen die einzelnen Abschnitte auch. Temperaturen um den Gefrierpunkt sind in der Nacht weiterhin keine Seltenheit. Umso verlockender erscheinen mir die Plätze, an denen andere Wanderer vor mir gezeltet haben müssen. Kunstvoll aufgeschichtete Steinkamine lassen mich fast schwach werden, den Tag einfach Tag sein zu lassen. Aber es sind noch ein paar Kilometer bis zur Grenze Utahs…

Stattdessen wandern Ranger und ich weiter zum Blue Ridge Campground, wo ich Mitte März einige Gallonen Wasser im hohen Schnee hinterlegt hatte. Zumindest dachte ich, es wäre gleich ums Eck gewesen. Tatsächlich muss ich knapp zwei Kilometer zum Wasservorrat weiter wandern und mit je vier Litern Wasser pro Hand wieder zum Zeltplatz zurück. Herrje, auch das verkraftet man inzwischen. Zum ersten Mal seit langer Zeit reiße ich auch ein richtiges Lagerfeuer für Ranger und mich an. Normalerweise sind wir dafür einfach viel zu müde. Heute halten wir bis 22 Uhr durch.

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[:en]Miles to go – preparing a thruhike[:de]Einen Fuß vor den anderen – eine Weitwanderung vorbereiten[:]

[:de]Der Rucksack ist gepackt, die Schuhe geschnürt. Vor dir liegen mehrere Tage, Wochen, ja vielleicht sogar Monate, in denen der Weg dein Zuhause ist. Ob hundert, tausend oder fünftausend Kilometer – eine Weitwanderung ist immer etwas Besonderes. Dabei ist das reine einen Fuß vor den anderen zu setzen aber nur ein Teil deines fantastischen Abenteuers. Fast genauso spannend ist die Zeit davor, wenn du deinen Trip vorbereitest.

 

Wieviele Kilometer nehme ich mir pro Tag vor? Welches Equipment wandert mit? Wo bekomme ich neues „Futter“? Wie bereite ich meinen Körper auf diese neue Belastung vor? Viele Fragen gilt es zu beantworten, die aber genau eines bedeuten: grenzenlose Vorfreude auf das, was kommt. Der 160 Kilometer lange West Highland Way in Schottland, der fast doppelt so lange Heidschnuckenweg in Deutschland, der 1.300 Kilometer weite Arizona Trail oder der Pacific Crest Trail mit seinen 4.260 Kilometern Länge, auf den ich mich gerade selbst vorbereite – sie alle haben ein gutes Stück Planung abverlangt und die Zeit bis zum tatsächlichen Start extrem versüßt.

Du planst etwas Ähnliches? Perfekt! Dann lass dir von mir erzählen, was mich in den Monaten vor dem sogenannten Traillife jedesmal am meisten beschäftigt und bewegt.

Die Strecke

Ich bin ein absoluter Freund von Papierkarten. Stunden und Tage kann ich über einer Papierkarte eines bestimmten Gebietes verbringen, neue Wege und Kleinode wie Felsformationen, Heidelandschaften und gemütliche Schutzhütten entdecken, Abenteuer stricken. Das erste, was ich mir für eine Weitwanderung zulege, ist eine Papierkarte. Die bleibt in der Regel wegen des hohen Gewichts am Ende zu Hause, aber für die visuelle Planung ist sie Gold wert und zeigt dir, was dich am Wegesrand noch so erwartet. Vielleicht magst du deine Strecke nach deinen Wünschen anpassen, wenn du etwas Spannendes gleich um die Ecke findest.

 

Tageseinteilung

Ganz am Anfang steht bei mir stets die Frage, wieviel Zeit ich mir für einen Trail nehmen kann und möchte. Das hängt unter anderem von meiner Urlaubszeit, der Streckenbeschaffenheit (flach oder gebirgig) und meiner Kondition ab, aber auch vom zu erwartenden Wetter. Um meinen Körper erst einmal langsam an die tägliche Belastung heranzuführen, plane ich für die ersten Tage möglichst nicht mehr als 25 Kilometer am Tag ein. Deine Gelenke und Bänder werden es dir danken. Zu oft habe ich es gesehen, wie einige Mitwanderer ambitioniert mit 40 oder 50 Kilometern starteten. Die traf ich wenige Tage später wieder, gestrandet in Hotels oder auf Zeltplätzen, um ihre Wunden zu lecken.

Bist du lange Strecken mit Gepäck gewöhnt, kann es natürlich auch mal ein bisschen mehr sein. Aber sei versichert: Je länger du unterwegs bist, fallen dir nach ein paar Wochen auch 35 bis 40 Kilometer nicht mehr schwer. Spätestens dann ist auch deine einst geplante Tageseinteilung überholt, denn wieviel du wirklich schaffst, hängt von etlichen nicht planbaren Faktoren ab. Für den Arizona Trail hatte ich ein ausgefeiltes Excel-Sheet über die gesamten 1.300 Kilometer. Schon nach 700 Kilometern hatte ich zwei Tage Vorsprung herausgewandert. Es kommt immer alles anders als du denkst!

Einkaufen und Wasserquellen

Übernachtest du hauptsächlich in festen Unterkünften und Ortschaften, kannst du das Kapitel quasi überspringen. Willst du aber wild zelten, biwakieren oder in Schutzhütten nächtigen, braucht es schon etwas mehr an Überlegung und Logistik. Anhand deiner Tageseinteilung kannst du ungefähr abschätzen, ob du täglich an einem Lebensmittelgeschäft vorbeikommst, um deine Essenvorräte aufzufüllen oder sogar an einem Pub wie in Schottland, wo wir fast jeden Tag zu Mittag gegessen haben. Führt deine Planung dich nur alle paar Tage mal in eine Ortschaft, gilt es entsprechend viele Portionen an Frühstück, Snacks und Abendessen einzupacken bis du wieder einkaufen kannst.

Ähnlich sieht es mit Wasser aus. Speziell auf dem Heidschnuckenweg galt es zu wissen, wann wir das letzte Mal unsere Trinkflaschen auffüllen können und wie weit am nächsten Tag die nächste Wasserquelle entfernt ist. Das lag vor allem an unserer coronabedingten Planung, die darauf aufsetzte, dass noch immer ein Beherbergungsverbot besteht. Nicht eine von uns geplante Schutzhütte lag an einem Flüsschen oder See. Fürs abendliche Kochen und die Überbrückung der ersten Kilometer am Folgetag schleppten wir also teilweise vier Liter pro Person von der letztmöglichen Wasserquelle (sei es ein Fluss oder eine Toilette in einem Restaurant) über weite Strecken zum Tagesende bis zu unserem Tagesziel. Kaum etwas ist schlimmer als nach einem langen Wandertag am gewässerlosen Ziel anzukommen und festzustellen, dass man zu wenig oder gar kein Wasser mehr hat.

Das Equipment

Ultraleichtrucksack oder ein superhaltbarer Trekkingrucksack mit allen Schnörkeln? Daunenschlafsack oder doch Synthetik? Zelt, Tarp oder Hängematte? Im Urwald von Wanderausrüstung kann man sich schon mal verl(k)aufen. In vielen Gruppen lese ich immer wieder die Frage nach Empfehlungen. Natürlich empfiehlt jeder genau das, womit er selbst zufrieden ist. Aber nicht umsonst gibt es tausende von Rucksackmodellen, die sich in Passform, Features, Material und Gewicht unterscheiden.

Welcher für dich der Richtige ist, kannst du nur selbst herausfinden. Auch ich bin mit recht schweren Rucksäcken in mein Trekkingleben gestartet, weil es eben das ist, was man von (deutschen) Händlern so empfohlen bekommt. Inzwischen bin ich aber nur noch mit absolut leichten Modellen unterwegs, die neben dem Vorteil des geringen Gewichts aber auch eine Notwendigkeit mit sich bringen: Auch dein gesamtes weiteres Equipment muss ebenso leicht sein, denn das Maximalgewicht ist bei diesen Rucksäcken extrem begrenzt. Recherchiere, probiere und stelle fest, was für dich passt. Wahrscheinlich wird es am Ende nicht bei einem Rucksack bleiben.

Daune oder Synthetik? Ein Daunenschlafsack ist einfach um ein vielfaches leichter als ein vergleichbar warmer Synthetikschlafsack. Warum also überhaupt einen aus Kunstfaser in Betracht ziehen? Bist du in feuchtem Gebiet oder mit hoher Regenwahrscheinlichkeit unterwegs, wärmt dich ein Synthetikschlafsack auch noch, wenn er klamm oder feucht geworden ist. Nasse Daunen dagegen verlieren ihre Isolierungseigenschaften und du frierst.

In meinem Schrank liegen inzwischen mehrere Zelte, ein Tarp (Zelt ohne Boden) und eine Hängematte. Und jedes Stück wird immer mal wieder benötigt. Vor allem in Deutschland schaue ich gern mal in das Wald- und/oder Naturschutzgesetz des jeweiligen Bundeslandes. Ist in Berlin das Zelten und sogar Lagern verboten, ziehe ich mit der Hängematte los. In Niedersachsen sind Zelte verboten, also ist für mich das Tarp perfekt. Ihm fehlt zur Eigenschaft eines Zeltes eben der Boden. Stattdessen lege ich eine separate, wasserdichte Matte unter. Kleine Krabbeltiere finden ihren Weg natürlich trotzdem hinein. In Brandenburg dürfen Wanderer für eine Nacht ihr Zelt aufschlagen. Hier ist die Lage absolut unkompliziert. Du siehst, auch hier kommt es drauf an, was du vor hast und vor allem wo. 

Um dir mal einen Einblick in meine Ausrüstung zu geben, findest du hier die komplette Liste der Dinge, die ich auf meiner neuntägigen Wanderung auf dem Heidschnuckenweg mit dabei hatte. Natürlich mit detaillierten Gewichtsangaben, versteht sich.

Die Fitness

Last but not least ist es wichtig, deinen Körper ausreichend vorzubereiten. Ein ausgewogenes Training, um deine Muskeln zu stärken, hilft dir, die plötzliche Belastung des schweren Rucksacks besser zu verkraften. Damit schützt du zudem deine Gelenke und Bänder. 

Testwanderungen

Für einen Marathon trainiert man am Besten durch Lauftraining. Du denkst es dir wahrscheinlich schon: Eine Weitwanderung trainierst du idealerweise durch mehrere längere Testwanderungen. Damit bekommst du ein Gefühl für den Bewegungsablauf, den du Tag für Tag über viele Stunden durchziehen wirst. Wo schmerzt es? Wo reiben Socken oder Schuhe? Wo merke ich Schwächen im Muskelapparat? Für mich ganz typisch: Spätestens nach 25 Kilometern schmerzen meine Fußsohlen und teilweise auch die Knöchel. In der Regel gibt sich das nach rund zwei Wochen. Ein gutes Training kann diese schmerzvolle Zeit der Gewöhnung jedoch verkürzen.

Muskeln aufbauen

Besonders wichtig zur Vermeidung von Rückenverletzungen ist ein stabiler Core. Das heißt: gezieltes Training deiner Rücken- und Bauchmuskulatur. Vor dem Arizona Trail bin ich daher ein Stammgast im Fitnessstudio geworden. In Coronazeiten ein Luxus, der leider wegfällt. Stattdessen habe ich mich zu Hause recht gut mit Kraftgeräten wie einem Rückentrainer ausgestattet. Für die Kondition und die Bauchmuskulatur habe ich mir zudem eine Rudermaschine geliehen, die aber eher ein schönes Möbelstück geworden ist. 

Letzten Endes kann man über die Vorbereitung einer Weitwanderung durchaus Bücher füllen, was einige ja auch tun. Dies soll daher eher als Einstieg in deine Planung dienen. Denn selbst recherchieren, Blogbeiträge lesen und YouTube-Channels durchforsten gehört doch heutzutage genauso dazu. Und macht dazu noch Spaß![:]

Arizona Trail – Part 9: Winter is still here

[:en]”Gee, what’s that?” When I wake up in the morning, glittering ice crystals are beaming at me from inside my tent wall. And even the residual water in my charcoal-blackened pot is frozen. At 1,700 meters, it’s still winter in Arizona in mid-April. But the rising sun sizzles away the ice in no time, leaving a comforting warmth in its wake.

It is Easter Sunday. But apart from an encounter with a Cottontail Rabbit – a rabbit with a cotton-white fur – the Easter holiday passes me by without a trace. For the first half, the Arizona Trail is like a long, drawn-out roller coaster ride. Every conceivable mountain range is taken along. With the Four Peaks Wilderness I now leave the penultimate one. Its beauty with all the fascinating rock formations and babbling brooks will be hard to beat.

 

 

Half full or half empty?

I have to run, run, run. Not because time is breathing down my neck. Contrary to my expectations, I’m a day and a half ahead of schedule. It’s the scenery that drives me forward. The constant new impressions. What might it look like around the next bend? Rolling, cactus-covered hills? Massive mountains? Endless flatlands? Or something completely different?

In the middle of the unpronounceable Matzazal Wilderness I cross the so-called Halfway Point – I have made half of the Arizona Trail. And already I get wistful. Only half of it lies ahead of me! The kilometers fly away in the meantime only so under my feet and the ascents are no longer quite so deadly.

In the meantime, I sleep more often without my tent than with it. Falling asleep in the evening with a view of the stars simply can’t be beat – even if I can’t really see sharply without my contact lenses, one of which I lost about two weeks ago. But all that somehow doesn’t matter at all out here.

 

No air left

At some point it had to happen with all the pieksigen stuff yes times: My sleeping pad has a hole. Shortly before bedtime, I notice that my “bed” is running out of air. Countless attempts to find the tiny tear without the popular bathtub trick cost me several hours. But still two days march away from civilization I have no other choice. In the end, I find the tormentor and patch it more or less expertly.

Good enough that the mat will still be my companion years later.With a disgruntled mood I hike the next day through the wilderness. With such beautiful views, it’s hard to imagine that a bad mood can arise here. And yet, the trail wears me down today. It always goes along the slope and my ankles hurt. The trail is even stonier than usual and Ranger is suddenly going faster than me. I think it’s the chocolate I’m missing….

 

 

Shower? What’s that?

What goes up, comes down. Slowly and steadily I leave the heights of the Mazatzal Wilderness behind me. In the distance, I can already see the Mogollon Rim: the southwestern edge of the Colorado Plateau, which stretches across the four states of Utah, Colorado, New Mexico and, of course, Arizona.

Several times I was already there on a discovery tour. But I have never hiked so far there. The emotions just take over and so one or the other tear of happiness rolls down my dusty face. The last shower I enjoyed in Superior – that was over seven days ago…

Time for a swim! Fortunately, the East Verde River is on today’s route. Shirt, pants, socks. Everything gets pulled through the clear water several times; and still doesn’t get clean. I bathe in the river like a sparrow in a puddle. Ranger sits on the bank and can’t comprehend this at all. One day more or less of stinking, what does it matter?

[:de]„Herrje, was ist das denn?“ Als ich am Morgen aufwache, strahlen mir glitzernde Eiskristalle vom Inneren meiner Zeltwand entgegen. Und auch das Restwasser in meinem kohlegeschwärzten Topf ist gefroren. Auf 1.700 Metern ist in Arizona Mitte April noch immer Winter. Die aufgehende Sonne brutzelt das Eis aber in nullkommanix weg und hinterlässt wohlige Wärme. Es ist Ostersonntag. Aber mal abgesehen von der Begegnung mit einem Cottontail Rabbit – einem Kaninchen mit baumwollweißem Puschel – geht das Osterfest ziemlich spurlos an mir vorbei.

Es geht wieder hinab auf 1.000 Höhenmeter. Auf der ersten Hälfte gleicht der Arizona Trail einer langgezogenen Achterbahnfahrt. Jede erdenkliche Bergkette wird mitgenommen. Mit der Four Peaks Wilderness verlasse ich nun die vorletzte. Ihre Schönheit mit all den faszinierenden Steinformationen und plätschernden Bächen wird schwer zu übertreffen sein.

 

Halb voll oder halb leer?

Ich muss laufen, laufen, laufen. Nicht etwa, weil mir die Zeit im Nacken hängt. Entgegen meiner Erwartungen bin ich anderthalb Tage vor meinem Zeitplan. Es ist die Landschaft, die mich nach vorn treibt. Die ständigen neuen Eindrücke. Wie mag es hinter der nächsten Biegung aussehen? Sanfte, kakteenüberzogene Hügel? Massive Berge? Unendliches Flachland? Oder ganz etwas anderes?

Mitten in der unaussprechlichen Mazatzal Wilderness überschreite ich den sogenannten Halfway Point – die Hälfte des Arizona Trails habe ich geschafft. Und schon werde ich wehmütig. Nur noch die Hälfte liegt vor mir! Die Kilometer fliegen inzwischen nur so unter meinen Füßen hinweg und die Anstiege sind gar nicht mehr ganz so tödlich.

Inzwischen schlafe ich öfter ohne mein Zelt als mit. Abends mit Blick in die Sterne einzuschlafen, ist einfach nicht zu übertreffen – auch wenn ich ohne meine Kontaktlinsen, von denen ich vor rund zwei Wochen eine verloren habe, nicht wirklich scharf sehe. All das ist hier draußen aber irgendwie völlig egal.

 

Die Luft ist raus

Irgendwann musste es bei all dem pieksigen Zeugs ja mal passieren: Meine Isomatte hat ein Loch. Kurz vor dem Schlafengehen merke ich, dass meinem „Bett“ die Luft ausgeht. Unzählige Versuche, den winzigen Riss ohne den beliebten Badewannentrick zu finden, kosten mich einige Stunden. Aber noch zwei Tagesmärsche von der Zivilisation entfernt bleibt mir nichts anderes übrig. Am Ende finde ich den Quälgeist und flicke ihn mehr oder weniger fachmännisch. Gut genug, dass die Matte auch noch Jahre später mein Begleiter sein wird.

Mit einer missmutigen Stimmung wandere ich am nächsten Tag durch die Wildnis. Bei solch schönen Ausblicken kaum vorstellbar, dass hier schlechte Laune aufkommen kann. Und trotzdem macht mich der Trail heute mürbe. Es geht immer am Hang lang und meine Knöchel schmerzen. Der Weg ist noch steiniger als sonst und Ranger ist auf einmal schneller unterwegs als ich. Ich glaube, es ist die Schokolade, die mir fehlt…

 

Duschen? Was ist das?

Was hinauf geht, kommt auch herunter. Langsam und stetig lasse ich die Höhen der Mazatzal Wilderness hinter mir. Ganz in der Ferne kann ich schon das Mogollon Rim erspähen: die südwestliche Kante des Colorado Plateaus, das sich über die vier Bundesstaaten Utah, Colorado, New Mexiko und natürlich Arizona erstreckt.

Etliche Male war ich dort schon auf Entdeckungstour. Noch nie aber bin ich soweit dorthin gewandert. Die Emotionen nehmen gerade überhand und so rollt mir die eine oder andere Glücksträne übers staubige Gesicht. Die letzte Dusche habe ich in Superior genossen – das ist jetzt über sieben Tage her…

Zeit für ein Bad! Zum Glück liegt der East Verde River auf der heutigen Strecke. Hemd, Hose, Socken. Alles wird mehrfach durchs klare Wasser gezogen; und wird trotzdem nicht sauber. Ich bade im Fluss wie ein Spatz in einer Pfütze. Ranger sitzt am Ufer und kann das gar nicht nachvollziehen. Ob nun einen Tag mehr oder weniger stinken, ist jetzt auch egal.

 

– Weiter geht’s mit Part 10

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[:de]Der Dodentocht zu seinem 50. Jubiläum – Ein Erfahrungsbericht[:]

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Gastbeitrag von Ronny G.: 100 KM Wanderung „Dodentocht 2019“ am 9. und 10. August 2019, rund um
Bornem/Flandern in Belgien


Einmal in Belgien wandern gehen. Was bietet sich dazu besser an, als sich unter die Massen von Menschen zu mischen, die nun schon seit 50 Jahren alljährlich die Gegend um Bornem „unsicher“ machen.

Nach einem Tipp Anfang des Jahres von meinem guten Freund Robert „Bob“ Müller, wonach man unbedingt an einem der Wanderhighlights neben den „4 Daags“ im holländischen Nijmegen auch einmal am berühmten „Dodentocht 100 KM“ in Belgien teilgenommen haben muss, war es unbedingt wichtig, den Anmeldetermin nicht zu verpassen. Erfahrungsgemäß sollen wohl auch für diese Veranstaltung die Tickets innerhalb von Stunden, und wir reden hier von ca. 13 bis 14 Tausend, weggehen. Glücklicherweise konnte ich mir mit Startnummer 10510 eines der auf 13.000 limitierten Tickets ergattern.

Der „Dodentocht“, so wie ich mich habe aufklären lassen, auf Deutsch „Todesumzug“ oder auch umgangssprachlich „Totenkopfmarsch“ hat in Belgien seit 1970 eine große Tradition und findet alljährlich im August rund um die Stadt Bornem in Flandern statt. Das ganze gleicht mittlerweile einem Volksfest und läuft unter dem Motto „Walking for a better World“. Die Teilnehmerzahlen stiegen stetig an. Für dieses Jahr galt erstmalig die Limitierung auf 13.000 Teilnehmer und diese kommen aus vielen europäischen Ländern und Kontinenten. Auf einen Beitrag in Wikipedia wird verwiesen.

Zur Strecke

Die Strecke führt ca. 100 KM rund um die Stadt Bornem. Bornem selbst liegt im Dreieck zwischen Antwerpen, Brüssel und Gent im nördlichen Teil von Belgien Richtung Niederlande. Nächst größere Stadt ist Sint-Niklaas. Insgesamt 15 Verpflegungspunkte liegen zwischen Start und Ziel. Dazu gibt es eine relativ flache und an sich ohne wirkliche optische Reize gefüllte Streckenführung. Den Reiz an dieser Wanderung bildet aber nicht wie sonst gewohnt, das Panorama was man häufig auf Strecken in Deutschland findet, sondern der Volksfestcharakter dieser Veranstaltung. Aber der Reihe nach.

Anreise nach Belgien

Für die Hinfahrt hatte ich zwei Optionen. Eine Tour mit Bob und seinem „Bus“ hin und zurück oder auf eigene Faust. Die erste Variante wäre die sicher schönere gewesen. Mit einigen Mitgliedern vom Team „EarnyourBacon“ hätte ich gemeinsam noch ein „Zeltabenteuer“ am Eventort verbracht.

Die zweite Variante wäre die Selbstanreise mit Bahn und PKW gewesen, immerhin ca. 1.300 KM von meinem Wohnort (Erfurt) und insgesamt 16 Stunden Reisezeit (hin und zurück). Da ich mich mit dem Zelten noch nicht so „angefreundet“ habe, ging es dann doch auf eigene Faust los. Bis nach Aachen mit dem Auto und dann noch drei Stunden Bahnfahrt bis nach Bornem. An sich soweit ohne Vorkommnisse. Aber spätestens ab der vorletzten Bahnstation bekam man einen Eindruck, was für Menschenmassen sich da in Bewegung gesetzt hatten. Mittlerweile bin ich ja doch auch das eine oder andere größere Event gewohnt (Mammutmarsch, Megamarsch, Horizontale-Jena, Karwendelmarsch, um nur einige der größeren WanderEvents zu nennen, sofern man das als „groß“ bezeichnen kann). Aber dieses Mal sollten ganz andere Maßstäbe gesetzt werden, zumindest für meine bisher bekannten.

Es geht los

Ca. zwei Stunden vor dem Start, bei herrlichstem Wanderwetter (Sonnenschein und etwas über 20 Grad Wärme) konnte ich mir von Bob auch meine Startunterlagen abholen, die er mir freundlicherweise vorab besorgt hatte. Auf dem Weg zum Zeltplatz ging es schon durch viele Menschen und man fühlte sich wie auf einer riesengroßen Partymeile. So etwas Ähnliches hatte ich vielleicht vor 15 Jahren bei der Love Parade in Berlin erlebt. Auf dem Zeltplatz traf ich neben Bob und seiner Partnerin Lea (die gute Fee vom Mammutmarsch) auch einige andere Wanderfreunde an. Nach einem kleinen Plausch mit gesponserten Kaffee und Gewürzgurke (der Wandernahrung schlechthin) ging es zum Startort.

Auf dem Weg dorthin begegneten einem erneut sehr viele Menschen aller Altersgruppen und unterschiedlicher Aufmachung. Die einen wirkten wie, als wenn es zu einem Halbmarathon am Sonntagvormittag ging, andere hatten sich bunt verkleidet und wiederrum andere sahen aus, als wenn Wandern eine völlig neue Art der Fortbewegung wäre. Am Startort angekommen überwältigte einem erneut die schiere Menge an Menschen, die sich auf einem großen Platz sammelten. Zum Start selber gab es zwei verschiedene Starttore, von wo aus jeweils etwa die Hälfte der Teilnehmer startete um sich dann nach ein paar Kilometern wieder auf einer gemeinsamen Hauptstrecke zu treffen.

Punkt 21 Uhr, nach einer Ansprache (die leider nicht auf Deutsch, aber durch die Sprachverwandtschaft doch ganz gut zu verstehen war) und entsprechender musikalischer Einstimmung öffneten sich die „Schleusen“ und die Masse setzte sich in Bewegung. Knapp 20 Minuten (!) nach dem offiziellen Start passierte dann auch ich das Starttor. Erwähnenswert ist hier noch zweierlei: Es gibt für jeden Teilnehmer einen Chip für die Zeitnahme, was nun wiederrum doch ein wenig den sportlichen Charakter dieser Wanderung unterstreicht und offenbar auch nicht von irgend jemanden in Frage gestellt wird (ich brauche da nur immer wieder an die Diskussionen in Bezug auf Marschevents in Deutschland erinnern). Und zum anderen, ist es tatsächlich möglich, dass tausende Menschen durch ein Starttor passen können, ohne dass man schubsen muss, Panik entsteht oder sonst was. Man sieht, es geht. Gute Beispiele hier sind auch der Rennsteiglauf und nochmal als Vergleich der Karwendelmarsch.

Massenbewegung

Und nun kommt das eigentliche an diesem Event. Der Marsch durch die Massen. Vorneweg sei erwähnt dass man, wenn man sich in einem normalen Marschtempo vorwärts bewegt, von KM 1 bis KM 100 nie, aber auch wirklich nie, an irgendeiner Stelle alleine unterwegs ist. Das war auch für mich mal etwas vollkommen neues, abgesehen von dem einen oder anderen Marsch, den man nur bei Tageslicht macht und auch da nicht nur 50 Menschen mitmarschieren. Und dadurch, dass durch den späten Startzeitpunkt man sich auch gleich in die Nacht hinein bewegt, bekommt das ganze einen besonderen Reiz. Dieser wird aber noch davon getoppt, dass sich die Karawane von Menschen die ersten 20 bis 30 KM durch viele Ortschaften schiebt, wo sich wahrscheinlich ganz Belgien zu einer riesengroße Partymeile versammelt hat und mit Musik und Klatschen die Menschen die da so durchmarschierten (manche vielleicht auch durchrannten) anfeuerten. Böse Zungen behaupten allerdings, dass es in der Anfangszeit des Marsches den Grund hatte, dass die Einwohner ihre Grundstücke vor „Wildpinklern“ schützen wollten. Seis drum..jeder Marsch hat so seine kleinen Anekdoten und „Legenden“.

Durch diesen „Partymarsch“ verging natürlich die Zeit sehr zügig und man hatte auch nie wirklich das Gefühl, es müsste anstrengend werden. Dazu kommt noch, dass die offiziellen Verpflegungsstationen zwar am Anfang etwas weiter auseinander lagen, aber man immer in diesen Ortschaften von irgendjemanden was angeboten bekommen hatte. Leider verlor ich kurz nach dem Start die übrigen Teilnehmer der Gruppe um Bob herum und noch mehr traf mich dann von Bob selbst im Laufe des Tages die Nachricht, dass er zwischenzeitlich aussteigen musste. Wie weit es jetzt alle gekommen waren, vermag ich nicht mitzuteilen. Ich denke aber, dass es alle bis zum Ziel geschafft haben.

Nach einer kurzweiligen Nacht, zu der ich nicht einmal die Taschenlampe zücken musste, da sowieso alles durch andere herum „taghell“ erleuchtet war, führte der Marsch weiter über Feld und Waldwege. Ein Highlight der Nacht war sicher noch der Weg durch einen Schlosspark. Nur schob sich die Masse da weiter unaufhaltsam durch, so dass nicht viel Zeit für „Muße“ blieb.

Mit Anbruch des Tages und der Hälfte der Strecke kamen bei mir noch keine Anzeichen von Schmerzen oder Anstrengung. Das kann zum einen daran gelegen haben, dass ich ja das ganze Jahr über solche Art von Wanderungen bereits hinter mich hatte, oder einfach auch daran, dass durch das Besondere an dieser Wanderung man nie wirklich das Gefühl hatte, es ist etwas, was den Körper jetzt wirklich fordert, solange man natürlich nicht auf Geschwindigkeit aus ist, sondern einfach nur auf das „Mitschwimmen“ in der Menge und dem stressfreien „Genuss“ beim Wandern auskostet.

Irgendwie lichteten sich doch aber auch nun die Reihen der vor und hinter einem marschierenden Menschen, ohne aber sich alleine zu fühlen. Bei dem einen oder anderen merkte man auch an, dass die bisherigen Kilometer doch nicht ganz spurlos blieben. Es boten sich mit dem Sonnenaufgang auch ein paar schöne Momente und sich die Zeit zum fotographieren zu nehmen. Es gibt eben Momente, die erlebt man nicht immer und es sind auch immer wieder schöne Erinnerungen. Wie die Erinnerung an die endlosen Maisfelder. Nun weiß ich auch, woher die „Cornflakes“ und das „Popcorn“ kommen. Zwischendurch konnte man sich auch die Zeit nehmen, mal den einen oder anderen Teilnehmer neben, vor und hinter sich zu beobachten. Leider waren Gespräche nicht wirklich möglich. Aber die Wanderbegeisterung scheint in Belgien wirklich sehr hoch zu sein. Von 16 bis 86 wandert da alles mit.

Countdown

So etwa 20 km vor dem Ziel meinte das Wetter nun, noch eine kleine Aufgabe stellen zu müssen und schaltete kurz auf „Tief“. Man muss auch wissen, obwohl Bornem in Zentralbelgien gelegen, ist es bis zur Nordsee und dem Atlantik nicht sehr weit. Aber ein paar kurze Schauer erfrischten nach der teilweise schwülen, aber auch windigen Nacht. Und als es gegen Mittag ging, machte sich auch wieder die Sonne breit, so dass es auf den letzten 10 Kilometern nur noch ein „Auslaufen“ war.

Auch für mich selbst überraschend, sah ich mich vor einer neuen persönlichen Wanderbestzeit entgegen gehen, obwohl die Strecke (viel Asphalt) ähnlich wie die „7 Seen- Wanderung“ bei Markkleeberg/Sachsen ist und die mich jedes Jahr herausfordert und ich da nie unter 20 Stunden ankomme.

Mit Sonnenschein und alle drei bis vier Kilometer eine Verpflegungsstation ansteuernd ging es nun so langsam dem Ziel entgegen. Und dieser Zieleinlauf hatte es noch mal in sich. Ca. 1 km durch den Ort Bornem bis zur Ortsmitte auf einem extra für den Teilnehmer abgesperrten Weg durch Massen von Menschen die jubelten. Das wird sich bei mir einprägen und war nun in meiner mittlerweile 9-jährigen Wanderkarriere, abgesehen von dem einen oder anderen ähnlichen Zieleinlauf, doch ein einmaliges Erlebnis. Und das konnte ich trotz der zurück gelegten 100 km sehr gut genießen.

Im Ziel gab es dann neben dem einen oder anderen kleinen Präsent den berühmten Anstecker mit dem „Totenkopfkreuz“ und der Zahlenklammer. Das Ziel selbst..Nun ja, man sitzt dann in einem großen Zelt. Hinter einem der Zieleinlauf und nach vorne zu der Weg in die Stadt zurück. Das ist dann etwas merkwürdig geregelt. Da schleicht man sich aus dem Zelt heraus und findet sich in den Menschenmassen wieder. Für den einen oder anderen, dem doch die Füße glühen etwas unglücklich, zumal auch sämtliche Lokalitäten in einem gefühlten Umkreis von 1 KM überfüllt waren und sich die Gelegenheit, bei Kaffee und Kuchen das Erlebte noch mal Revue passieren zu lassen, nicht bot. Für Auswärtige ohne Anhang oder ähnlichem, sehr schwierig. Auch allgemein denke ich, sollte der Weg aus dem Ziel heraus entweder anderes gestaltet werden oder der Zielort wie Startort sein. So schön der Zielort und der Weg dahin auch sein mögen, danach ist das ganze Erlebnis wie „abgeschnitten“.

Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Es ist auch Geschmackssache. Ich hab es eben nach einer solchen Wanderung eben immer gerne etwas ruhiger. Man ist ja auch schon lange unterwegs und vielleicht auch etwas übermüdet. Ich muss dazu erwähnen, dass ich mit dem Aufstehen Freitagmorgens, der Fahrt zum Start und der Wanderung als solchen bereits über 32 Stunden auf war und die Rückfahrt ja noch zu bewältigen war. Irgendwie fand sich dann doch noch in dem Ort etwas Ausserhalb der Massen ein kleiner Platz zum Ausruhen und nach etwa einer Stunde Erholung, hieß es sich auf den Rückweg zu machen. Auch die Rückfahrt verlief soweit planmäßig, auch wenn die Autofahrt ein paar mehr Pausen beansprucht hatte (und in keinster Weise zu empfehlen ist! Safety first!). Schließlich kam ich dann aber doch, mittlerweile war es Sonntagmorgen, gegen ein Uhr wieder zu Hause an.

Es war ein sehr langer, intensiver und doch kurzweiliger Wochenendtrip.

Das positive?: Eindeutig das Eventfeeling.
Das negative?: Man wohnt einfach zu weit weg um das Ganze kostengünstig zu planen.
Eine Wiederholung?: Ist angedacht. Wann? Das wird sich ergeben.
Was vergessen?: Ganz sicher.

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[:en]Arizona Trail – Part 6: The rattlesnake and the restrooms[:de]Arizona Trail – Part 6: Nachts in der Toilette… und Klapperschlangen gibts doch![:]

[:en]The plan was to start the nearly 5.000 feet ascent to Mount Lemmon pretty early in the morning to take advantage of the cool hours. After last night’s exciting Search & Rescue mission there is no way for an early departure. Instead I have breakfast with Beryl and Laura, evaluate the last hours and say goodbye to them at half past eight.

The first miles feel easy due to my increased physical condition. Well. This changes abruptly after I pass Romero Pass with a breathtaking view of Tucson down below. The trail is so steep that I merely crawl up. Every few minutes I have to take a break and struggle to breath.

“Do they want to kill the Arizona Trail-Hiker here”, I think and take a seat on a fallen tree.

 

 

Wilderness of rocks

After some more exhausting climbing I arrive at a fork… and get lost for the very first time. Mount Lemmon Trail sounds logical after all. But I’m surprised that this one leads downhill again and I check the Guthooks App. Oops, in fact I should have turned right into the Wilderness of rocks. Fortunately I only have to go back a few yards.

It is very tempting to just stop in the Wilderness of rocks and call it a day. Smooth sandstone, tall conifers and a romantic rippling river are absolutely seductive. “I will certainly not have been here for the last time, but for today I have to go on”, I admonish myself as I swing my backpack on my back again after a longer snack break.

While I take pictures of the Arizona Trail sign for the umpteenth time , a young hiker in a neon-orange shirt approaches from behind. We stop for a moment, realize that we both have the same destination for the day and start the last stage together. Larryboy is craving for a fat pizza in Summerhaven. While hiking, I tell him about my plan to spend the night in the infamous restrooms of the community center, where some thruhikers had already set up camp. He is completely thrilled and wants to follow the plan.

At 4:35 p.m. we arrive at the pizzeria and read the sign in disbelief: “Ovens are switched off half an hour before closing time”. Seriously? We ask again. After all, we are only five minutes late. No chance. And all the other restaurants (two in number) have not even started the season yet. Dejected, I do my resupply in the small but well-stocked grocery store and get a hot chocolate for free to cheer me up. it is already pretty chilly on Mount Lemmon and extremely windy, so that I give up trying to warm up a can of chicken fricasse on my wood stove. Instead Larryboy and I make ourselves comfortable in the vestibule of the community center restrooms. Fresh water, toilets, electricity, fast WIFI and a sheltered place. What more could a thruhiker want?

Rattlesnake

Since Larryboy has to pick up a parcel from the local post office which is closed until 9 a.m., we say goodbye and I start my descent from Mount Lemmon over the Oracle Ridge. There is an unexpected amount of ascent and the wind almost knocks me off the trail. I spot some deer and at a cow tank I discover another Horned Lizard, which hides quickly in the bushes.

The terrain becomes flat and the trail is winding its way through tiny hills. Perfect to make up for yesterday’s lost miles. Shortly before crossing the Tucson Globe Highway I look for a suitable campground for the night. Suddenly: rattling! Reflexively I jump back. There on the right, directly at the trail, I see it: my first rattlesnake. She flickers and rattles wildly, makes me understand: “Attention. Here I am!”

I try to assess the situation and wait some minutes. Continuing on the trail is not an option, because there is still this energetically rattling animal. I don’t like the thought of walking through the low bushes around the snake. Who knows if there is not the next snake waiting, which I don’t see so easily through the undergrowth. But the rattler isn’t even thinking about moving off the trail. So I have no other choice and start stalking through shrub and cactus around it. I don’t want to camp anywhere near the snake so I hike on.

The sun is already setting as I arrive at the Tiger Mine Road Trailhead, where I put my first water cache half a month ago. Unfortunately, someone helped himself to my water gallon, but it is covered with heart stickers. Who steals water and sticks hearts on a gallon? Besides, there are a lot of others beside my gallon, but none with stickers. Strange. I can’t find a nice campspot, everything is overgrown, so I set up my tent in the parking lot of the trailhead. An older couple is spending the night here in their camper. Harriet, the owner, invites me for a glass of wine. I’m not saying no to that. In her camper there are more animals than people. Rabbits and dogs. With white wine and mixed sweet and salty popcorn I tell Harriet about my adventure and she listens eagerly. Just about 10:30 p.m. and thus far after hiker midnight I say goodbye after she gives me her number. “Just in case”, she says.

 

Heart Bandit

When I’m about to take down my tent the next morning, Larryboy arrives. He had spent the night on the other side of the highway. I tell him the story of my stolen water and he laughs: “Well, that should be your trailname: Heart Bandit”. Every thruhiker gets a trail name while hiking a long distance trail. From Peppermint Skunk to DJ Night Cakes, everything is possible. The main thing is that the name tells a story. The water thief who spreads heart stickers on water gallons is now mine.

Today, I hike again with Larryboy. It’s nice to have someone to chat with every now and then. Especially if you walk through a passage where there is almost no shade. That’s a good distraction. After a short lunch break, which we spend clamped to an old concrete wall, we meet Ranger. Larryboy had hiked with him on the Continental Divide Trail last year. What a coincident. While the three of us talk, the next thruhiker comes along: a Mexican with the absolutely Spanish-sounding name “Klaus”. He takes a break while Ranger joins us.

We want to make it to Beehive Well, which, according to some reports, is a rather nasty source of water, but also the only one for miles. The rumours are true, because the water in Beehive Well is not just a green broth. There are a lot of bees flying around at the only extraction point, which are not very happy about us stealing their disgusting water. As if this wasn’t enough, a dead bird floats around in the tank. Delicious.

While treating lots of water and cooking food, Larryboy and I decide to start hiking at 5:30 am tomorrow. Klaus, who also makes camp for the night at Beehive Well, is joining the plan. A bad mistake, as will turn out later.

– Continue to part 7 –

 [:de]So früh wollte ich meinen Aufstieg zum Mount Lemmon beginnen, spätestens um 7 Uhr morgens aufbrechen, um noch in den kühlen Morgenstunden die 1.600 Höhenmeter hinter mich zu bringen. Nach der aufregenden Search & Rescue-Aktion der letzten Nacht ist aber an zeitigen Aufbruch nicht zu denken. Stattdessen frühstücke ich gemütlich mit Beryl und Laura, werte die letzten Stunden aus und verabschiede mich erst gegen halb neun von ihnen.

Die ersten Kilometer sind harmlos und ich freue mich, dass meine gestiegene Kondition die Höhenmeter anscheinend nur so purzeln lässt. Nun ja. Das ändert sich schlagartig, nachdem ich am Romero Pass mit atemberaubender Aussicht auf das darunter liegende Tucson vorbei bin. Der Trail ist auf einmal so steil, dass ich teilweise nur noch auf allen Vieren nach oben krieche. Alle paar Minuten muss ich Pause machen und ringe nach Luft.

„Wollen sie hier die Arizona Trail-Hiker töten?“, denke ich und nehme erstmal auf einem umgestürzten Baum Platz.

 

Wilderness of rocks

Nach einigen weiteren haarsträubenden und kräfteraubenden Kletterpassagen komme ich an einer Weggabelung an… und verlaufe mich zum allerersten Mal. Mount Lemmon Trail klingt doch logisch. Dass dieser aber wieder bergab führt, wundert mich dann doch und ich schaue noch einmal in der Guthooks App nach. Ups, tatsächlich hätte ich rechts in die Wilderness of rocks abbiegen müssen. Zum Glück muss ich nur einige wenige hundert Meter wieder zurück.

Es fällt mir ganz schwer, in der Wilderness of rocks nicht einfach halt zu machen und mein Zelt aufzuschlagen. Glatt geschliffener Sandstein, hohe Nadelbäume und alle Nase lang ein romantisch plätschernder Fluss sind absolut verführerisch. „Hier werde ich sicher nicht zum letzten Mal gewesen sein, aber für heute muss ich weiter“, ermahne ich mich, als ich nach einer längeren Snackpause wieder den Rucksack auf den Rücken schwinge.

Während ich gerade gedankenverloren das xte Arizona Trail-Schild fotografiere, nähert sich von hinten ein junger Hiker in einem neon-orangen Shirt an. Wir bleiben kurz stehen, stellen fest, dass wir beide dasselbe Tagesziel haben und machen uns gemeinsam auf die letzte Etappe. Larryboy, so sein Trailname, will heute unbedingt noch eine fette Pizza in Summerhaven in sich hinein schaufeln. Bis zur Schließzeit um 17 Uhr sollten wir das schaffen. Ich hingegen erzähle ihm von meinem Plan, die Nacht in der berüchtigten Toilette des Community-Centers zu verbringen, in der wohl schon einige Thruhiker ihr Lager aufgeschlagen hatten. Er ist völlig begeistert und will dem Plan folgen.

Um 16:35 Uhr stehen wir in der Pizzeria und lesen ungläubig das Schild: „Die Öfen werden eine halbe Stunde vor der Schließzeit abgeschaltet.“ Echt jetzt? Wir fragen nochmal nach. Schließlich sind wir nur fünf Minuten über der Zeit. Keine Chance. Und alle anderen Restaurants (zwei an der Zahl) haben ihre Saison noch überhaupt nicht begonnen. Niedergeschlagen erledige ich mein Resupply im kleinen, aber gut sortierten Lebensmittelladen und erhalte zur Aufmunterung eine heiße Schokolade gratis. Auf Mount Lemmon ist es jetzt schon kalt und extrem windig, so dass ich den Versuch, eine Dose Hühnerfrikasse über meinem Holzkocher aufzuwärmen, recht bald aufgebe. Stattdessen machen Larryboy und ich es uns im Vorraum der Toiletten gemütlich. Fließend Wasser, Toiletten, Strom, schnelles WLAN und ein geschütztes Plätzchen. Was will man als Thruhiker mehr?

 

Klapperschlange in Sicht!

Da Larryboy noch ein Paket vom hiesigen Postamt abholen und bis zur Öffnung um 9 Uhr warten muss, verabschieden wir uns zunächst und ich mache mich auf den Abstieg von Mount Lemmon über das Oracle Ridge. Der Abstieg ist mit unerwartet viel Aufstieg verbunden und der Wind haut mich fast vom Trail. Ein paar Rehe lassen sich blicken und an einer Kuhtränke entdecke ich einen weiteren Horned Lizard, der sich schnell im Gebüsch verkriecht.

Danach geht es tatsächlich geschmeidig den Berg hinunter und die Landschaft wird flach. Perfekt, um die verlorenen Kilometer vom gestrigen Tag aufzuholen. Kurz vor der Überquerung des Tucson Globe Highways halte ich Ausschau nach einem geeigneten Zeltplatz für die Nacht. Auf einmal: Rasseln! Reflexartig mache ich einen Sprung nach hinten. Da rechts, direkt am Trail, liegt sie. Meine erste Klapperschlange. Sie züngelt und rasselt wild, gibt mir zu verstehen: „Achtung. Hier liege ich!“ Ich versuche, die Situation einzuschätzen und warte einige Zeit. Über den Trail weiter zu gehen, ist keine Option, denn dort liegt ja das energisch rasselnde Tier. Durch das niedrige Gebüsch um die Schlange herum zu gehen finde ich auch nicht prickelnd. Wer weiß, ob dort nicht die nächste Schlange wartet, die ich durch das Gestrüpp nicht so einfach sehe. Aber die Klapperschlange denkt gar nicht daran, sich auch nur einen Zentimeter von ihrem Platz zu bewegen. Mir bleibt also nichts anderes übrig und so stakse ich bedacht in einem Halbkreis durch Strauch und Kaktus um sie herum. Hier meine Nacht zu verbringen, hake ich damit ab und wandere weiter.

 

Die Sonne geht bereits unter als ich am Tiger Mine Road Trailhead ankomme, wo ich vor einem halben Monat meinen ersten Wassercache platziert hatte. Leider hat sich jemand an meiner Wassergallone bedient, dafür ist sie übersät mit Herzchenaufklebern. Wer klaut denn Wasser und klebt dann Herzen auf die Gallone? Zudem liegen neben meiner Gallone noch etliche andere, keine ist jedoch mit Aufklebern versehen. Seltsam. Einen idyllischen Zeltplatz finde ich nicht, alles ist zugewachsen, also baue ich mein Zelt auf dem Parkplatz des Trailheads auf. Ein älteres Ehepaar steht dort bereits mit ihrem Camper. Harriet, die Frau, lädt mich zu einem Glas Wein ein. Dazu sage ich nicht nein. In ihrem Camper gibt es mehr Tiere als Menschen. Karnickel und Hunde. Bei Weißwein und gemischtem süß-salzigen Popcorn erzähle ich Harriet von meinem bisherigen Abenteuer und sie lauscht gespannt. Erst gegen 22:30 Uhr und damit weit nach Hiker midnight verabschiede ich mich, nachdem sie mir ihre Nummer gibt. „Für alle Fälle“, sagt sie.

 

Heart Bandit

Als ich am nächsten Morgen dabei bin, mein Zelt abzubauen, kommt Larryboy angeschlappt. Er hatte die Nacht noch jenseits des Highway verbracht. Ich erzähle ihm die Geschichte meines geklauten Wassers und er lacht: „Well, that should be your trailname: Heart Bandit“. Jeder Thruhiker fängt sich in seinem Wandererleben einen Trailnamen ein. Von Peppermint Skunk bis DJ Night Cakes ist alles denkbar. Hauptsache der Name erzählt eine Geschichte. Die des herzchenaufkleberverteilenden Wasserdiebes ist nun meine.

Den Tag über wandere ich wieder zusammen mit Larryboy. Es ist ja doch schön, ab und zu jemandem zum Schwatzen zu haben. Vor allem, wenn man eine Passage wandert, auf der es so gut wie keinen Schatten gibt. Das lenkt ab. Nach einer Mittagspause, die wir an eine alte Betonmauer geklemmt verbringen, treffen wir auf Ranger. Larryboy war mit ihm im letzten Jahr ein wenig auf dem Continental Divide Trail gewandert. Zufälle gibt’s. Und als wir zu dritt reden, kommt der nächste Thruhiker vorbei: ein Mexikaner mit dem absolut spanischen Namen „Klaus“. Er macht erstmal Pause, während Ranger sich uns anschließt.

Wir wollen es bis zum Beehive Well schaffen, der gemäß einiger Berichte eine ziemlich unschöne Wasserquelle darstellt, aber auch die einzige weit und breit. Die Gerüchte bewahrheiten sich, denn das Wasser im Beehive Well ist nicht nur eine grüne Brühe. Es fliegen an der einzigen Entnahmestelle jede Menge Bienen herum, die sich wenig begeistert zeigen, dass wir ihnen ihr widerliches Wasser klauen. Zudem treibt zwei Meter weiter ein toter Vogel im Tank umher. Lecker.

Die nächsten Stunden mit Wasser filtern und Essen kochen verbringend, beschließen Larryboy und ich, am morgigen Tag bereits um 5:30 Uhr morgens loszuwandern. Klaus, der sein Nachtlager ebenfalls am Beehive Well aufschlägt, ist bei dem Plan dabei. Ein böser Fehler, wie sich später herausstellen wird.

– Weiter zu Teil 7 –

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[:en]Arizona Trail – Part 4: Cozy campfire[:de]Arizona Trail – Part 4: Anderthalb Tage Lagerfeuer[:]

[:en]Start from the beginning: Part 1


5:30 a.m. The tent is soaking wet, inside and outside. Well, that’s included if you decide to camp next to a river. The view and the chance of some hygiene in the clear water are worth it. Even today, the temperatures will rise up to 90 degrees. So we start early again.

The Arizona Trail passes through two national parks: Saguaro National Park and the breathtaking Grand Canyon. For both you need a permit if you want to stay overnight. Of course, there is not just one website or procedure to get permits for the parks. So I had to apply for Saguaro National Park by fax two months before my planned stay and personally pick up the hand-filled scraps of paper in the office for the Rincon Wilderness. The office was not even close to the Arizona Trail, so I was glad to have been traveling by car before.

Leaving Rincon Creek I walk through the foothills of Saguaro National Park and feel like I’m in a huge cactus garden. Wherever I look, I see gigantic Saguaro cacti. In many of them I discover fist-sized holes where the native woodpeckers live. The trail is getting steeper steadily. Over 15 miles I will climb about 4,500 vertical feet today to Mica Mountain. The sun is already burning at 10 a.m. and there is no shade, unless you hide directly behind one of the enormous cacti. A few streams that cross the path are a perfect refreshment. Cold and delicious!

I quit my selfmade rule to take the first break after 6 miles, because the climb takes much longer than expected. Heat and altitude take their toll. I am so pleased with the small forest that surrounds the first of two campsites in the national park. The sweaty hiking shirt and shorts are hung in the sun to dry and I am just relaxing on the ground. There are still several vertical feet waiting for me and it won’t be any cooler for some hours.

The trail is getting steeper and I am moving at a snail’s pace. The Saguaro have vanished, now I am walking along small, crippled juniper trees until they also disappear and make room for large conifers. It gets cooler in the late afternoon. Manning Camp, where I want to set up camp cannot be far away. I discover a tent in the woods and say hello. No answer from the inside, although someone is obviously moving in it. About 15 minutes later, I see the first campfire spots and wooden benches from Manning Camp. Only two sites are occupied so far, so I have almost free choice. It should be a nice spot, since I have a permit for two nights and plan a zero day tomorrow.

At about 7 p.m., the fire is lit between and my tent is set up between four tall conifers. Firewood and pine cones are abundant here. Besides washing clothes, cooking, relaxing, watching the squirrels and keeping the fire burning, I am doing nothing for one and a half days.

 

Mileage record and the mobile trail angel

Being lazy for a day has its price. In order for my hiking partner to reach his return flight from Tucson in time, we will have to hike 23 miles. Being optimistic, since most of the day should be downhill, I crawl out of the tent in the morning and put on not one, not two, but three layers of clothes. It is cold, only 30 degrees. That’s exactly how I start hiking today. After 15 minutes, I get rid of the first layer, after 30 minutes another one. As soon as you get moving, you will feel quite warm.

Reality catches me pretty soon. It seemed nice to just go downhill, but the trail is so steep and full of scree that I have to descend very slowly and with extreme caution. It takes almost two and a half hours for covering 6 steep miles, almost as long as uphill. At the foot of Mica Mountain, the trail tends to get flat. At a trailhead a van is parked, the side door half open. Someone is starting to move in a sleeping bag as we pass by. We try to be as quiet as possible and have already reached the other side of the road as a young guy calls us:

“Are you hiking the Arizona Trail?”

“Yes, we are.”

We go back to the van and the sleepy guy comes towards us. He has cold beer and coke in the car. We already took both from the trail magic, which he had put behind a shady rock and reject thankfully. Somehow he seems familiar to me, so I ask him what his name might be. “Neemor”.

Neemor … Neemor … where do I know Neemor from? Then it occurs to me! This year, a documentary about the Arizona Trail is being filmed. I heard about that from Darwin on the trail and Neemor was the camera guy. Why he quit the trail, I ask him. He had to quit due to knee issues. Now he travels along the Arizona Trail with his van doing trail magic. Darwin is already in Pine.

This is hard, I think and hope that something like that won’t happen to me. We say goodbye after a short chat, because there is still a long way to go today. We conquer the hills that characterize the landscape in this section. Many thistles grow here, most of them are bigger than me! At a water reservoir with questionable water quality a small stream flows along. Slim, but big enough to be home to a loudly croaking frog. There are some wild horses in the distance. I am very clumsy trying to jump over another stream. What the hell, my feet will be dry later on again.

Due to all the hot weather and sweat, I rubbed the inside of my thighs sore. Sweat, sunscreen and friction have formed red, burning stains on both sides. The sun is already starting to disappear behind the mountains, as we are going uphill again. The last climb before reaching the Molino Basin Campground, which is located directly on a highway.

My doubt that due to the infrastructural situation (you can get there by car) already all sites are taken, is confirmed, as we try to find a free camp spot in the dark with our headlamps. The trail provides! A few campers have taken two spots, but need only one this night. After about 23 miles of hiking, I am more than happy about this. Thanks, Arizona Trail. I can always rely on you.

 – Continue to Part 5 –

[:de]Von Anfang an lesen: Part 1


5:30 Uhr. Das Zelt ist klatschnass, innen wie außen. Das gibt es halt gratis dazu, wenn man beschließt, direkt neben einem Fluss zu zelten. Die Aussicht und die Chance auf eine weitere Körperwäsche im klaren Wasser sind es das alle mal wert. Auch heute versprechen die Temperaturen mal wieder an der 30-Grad-Grenze entlang zu schrammen. Frühes Aufbrechen ist also angesagt.

Es geht in den ersten von zwei Nationalparks, durch die der Arizona Trail führt: Saguaro Nationalpark und der atemberaubende Grand Canyon. Für beide braucht man ein Permit, eine Aufenthaltsgenehmigung, wenn man dort die Nacht verbringen will. Natürlich gibt es kein einheitliches Vorgehen für die Nationalparks, was das betrifft. So musste ich zwei Monate vor meinem geplanten Aufenthalt per Fax das Permit beantragen und den handausgefüllten Papierschnipsel persönlich im Büro für die Rincon Wilderness abholen. Das lag selbstverständlich auch nicht gleich beim Arizona Trail, so dass ich froh war, vorher mit einem Auto unterwegs gewesen zu sein.

Vom Rincon Creek wandere ich nun durch die Ausläufer des Saguaro Nationalpark und fühle mich wie in einem Kakteengarten. Wo ich hinsehe riesige Saguaro-Kakteen. In vielen von ihnen entdecke ich faustgroße Löcher, in denen die heimischen Spechte hausen. Der Trail steigt nun stetig an. Über rund 23 km werde ich heute etwa 1.500 Höhenmeter auf den Mica Mountain hochklettern. Die Sonne brennt schon um 10 Uhr und Schatten gibt es nicht, es sei denn, man stellt sich direkt hinter einen der hüttenhohen Kakteen. Erfrischung bringen einige wenige Bäche, die den Weg kreuzen und Schmelzwasser führen. Kalt und köstlich!

Meine Regel, die erste Pause nach 10 km zu machen, werfe ich diesmal über Bord, denn der Aufstieg dauert weit länger als vermutet. Hitze und Höhenmeter fordern ihren Tribut. Umso mehr freue ich mich über den kleinen Wald, der den ersten der zwei Zeltplätze im Nationalpark umgibt. Das schweißnasse Wanderhemd und -shorts werden ausgezogen und in die Sonne zum Trocknen gehängt, die Zeltunterlage auf den Boden gelegt und die Beine hoch. Es warten noch etliche Höhenmeter auf mich und kühler wird es ja auch nicht.

Der Weg wird immer steiler und es geht nur noch im Schneckentempo voran. Die Kakteen sind schon lange kleinen, krüppeligen Wacholderbäumen gewichen und diese verschwinden ebenfalls zusehends und machen Platz für große Nadelbäume. Zum späten Nachmittag wird es endlich kühler. Manning Camp, das Tagesziel, kann nicht mehr weit sein. Ich erspähe ein Zelt im Wald und grüße fröhlich. Keine Antwort aus dem Zelt, obwohl offensichtlich jemand darin herumwurschtelt. Dann eben nicht. Etwa 15 Minuten später erblicke ich die ersten Feuerstellen und Holzbänke vom Manning Camp. Nur zwei Plätze sind bislang belegt, ich habe also fast freie Auswahl. Es darf auch durchaus ein schönes Plätzchen sein, denn ich habe ein Permit für zwei Nächte und plane einen Zero Day morgen.

Zwischen vier hohen Nadelbäumen steht gegen 19 Uhr mein kleines Zelt und das Feuer wird angezündet. Feuerholz und Tannenzapfen gibt es hier massenweise, so dass das Feuer auch am nächsten Tag fast von morgens bis abends durchbrennt. Außer Wäsche waschen, kochen, relaxen und den Eichhörnchen zusehen passiert also absolut nichts. Und das ist auch mal schön so.

 

Kilometerrekord und ein magischer Abbrecher

Einen Tag faul sein hat seinen Preis. Damit mein Wander-Partner seinen Rückflug von Tucson rechtzeitig erreicht, müssen heute rund 37 km geschrubbt werden. Völlig optimistisch, denn es geht ja viel bergab, krabbel ich am Morgen aus dem Zelt und ziehe mir nicht eine, nicht zwei, sondern drei Lagen an Klamotten an. Es ist bitterkalt, nur -1 Grad. Genau so stapfe ich auch erstmal los. Nach 15 Minuten fällt die erste Schicht, nach 30 Minuten eine weitere. Sobald man wieder in Bewegung kommt, wird einem schon von ganz alleine warm.

Der Optimismus weicht recht schnell der Realität. Zwar geht es stetig bergab, der Trail ist aber so steil und mit Geröll übersät, dass ich nur mit Tippelschritten und äußerster Vorsicht absteige. Für die 10 km abwärts brauche ich fast zweieinhalb Stunden, fast genauso lange wie bergauf. Am Fuß von Mica Mountain angekommen wird es aber tendenziell flach. An einem Trailhead steht ein Van, die Tür halb offen. Jemand regt sich im Schlafsack, als wir vorbei gehen. Leise versuchen wir uns davon zu stehlen und sind schon auf der anderen Straßenseite, da ruft uns ein junger Kerl hinterher

„Are you hiking the Arizona Trail?“

„Yes, we are.“

Wir gehen wieder zurück Richtung Van und der verschlafene Kerl kommt uns entgegen. Er hätte kühles Bier und Cola im Wagen. Beides hatten wir uns aber schon von der Trail Magic genommen, die er tollerweise hinter einem Felsen im Schatten bereitgelegt hatte und lehnen daher dankend ab. Irgendwie kommt er mir bekannt vor, daher frage ich ihn nach seinem Namen. „Neemor“.

Neemor… Neemor… woher kenne ich Neemor? Dann fällt es mir ein! In diesem Jahr wird eine Dokumentation über den Arizona Trail gedreht. Davon hatte ich bei Darwin on the trail gehört und Neemor war der Kameramann. Warum er nicht mehr auf dem Trail ist, frage ich ihn. Er musste wegen Knieproblemen abbrechen und fährt nun mit seinem Van am Arizona Trail entlang und verteilt Trail Magic. Darwin sei schon in Pine. Die Dokumentation würde aber trotzdem weiter geführt werden.

Das ist bitter, denke ich und hoffe, dass mir nicht etwas ähnliches passiert. Wir verabschieden uns nach einem kurzen Schwätzchen, denn es liegt noch ganz viel Wegstrecke vor uns. Relativ geschmeidig überwinden wir die Hügel, die die Landschaft auf diesem Abschnitt prägen. Viele Disteln wachsen hier, die meisten sind größer als ich! An einem Wasserspeicher mit fragwürdiger Qualität fließt ein schmaler Bach entlang. Schmal, aber groß genug, einen laut quakenden Frosch zu beheimaten. Ein paar Wildpferde stehen in einiger Entfernung und amüsieren sich wahrscheinlich königlich, als ich bei meinem Versuch, über einen weiteren Bach zu springen, mitten hinein platsche. Was solls, die Füße werden schon trocken werden.

Inzwischen habe ich mir allerdings die Innenseite meiner Oberschenkel wund gerieben. Schweiß, Sonnenmilch und Reibung haben zu roten, brennenden Flecken auf beiden Seiten beigetragen. Die Shorts weiter hoch zu krempeln, bringt zumindest ein wenig Linderung. Die Sonne schickt sich bereits an, hinter den Bergen zu verschwinden, als es auch für uns noch einmal bergauf geht. Der letzte Anstieg vor dem Molino Basin Campground, der direkt an einem Highway liegt.

Meine Befürchtung, dass wegen der infrastrukturellen Lage bereits alle Plätze belegt sind, bestätigt sich. Als wir im Stockdunkeln mit den Stirnlampen versuchen, einen freien Campspot zu finden, sind wir erfolglos. Aber wie schon so häufig trifft auch diesmal der Spruch „the trail provides“ zu. Ein paar Camper haben zwei Spots besetzt, brauchen an diesem aber nur einen und bieten uns den zweiten großzügig an. Nach rund 37 km Rekordstrecke bin ich darüber mehr als glücklich. Danke, Arizona Trail. Auf dich ist immer Verlass.

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[:en]Arizona Trail: Part 3 – Something magic[:de]Arizona Trail: Part 3 – Ein bisschen Magie [:]

[:en]The next days promise to be hot again. 25 degrees doesn’t sound like much at first. Paired with no shade and a scorching sun, you don’t want to imagine how it is with 30 degrees and more. I am very grateful for the current reports on the water sources that are on the way. An old cow watering place seems to me to be a pure luxury, because smaller streams, which were reported as flowing source a few days ago, are now only a trickle or even no longer there. On sections 5 and 6 in southern Arizona you can really rely on no source. But I hope to be able to do so, because I don’t want to carry 8 litres of water just in case. At least once it will be really narrow. My water is all and the last potential water caches on the trail crossing roads were empty. Another hinterland road crosses the Arizona Trail. And luckily there are two gallons with the inscription “AZT hiker – public”. I can’t thank the anonymous Trail Angels enough.

The journey continues in scorching heat. During a photo stop a red ant thinks it has to bite my foot. My foot swells up quite a bit over the next few kilometers and the poison of the Arizona ant torments me permanently. Only after about 20 km I hardly notice the pain anymore, because my ankles hurt much more. I have to think of something. It can’t go on like this for the next 1,140 km. Yes, that’s right. I’ve done 100 miles, that’s 100 miles.

But the last mile to the day’s destination doesn’t want to go by. Every few seconds I look at the clock and despair that only about 100 meters have passed again. The path winds through a cactus garden and feels as if I am walking in circles. I don’t care that the only water source “Twin Tanks” far and wide consists only of a mud hole with lots of cow shit in and around it. What are water filters for? In any case, I can’t take another step. The tent is pitched with a limp, dinner is devoured and then my feet finally have a break again. 

First Trail Magic

The next stage promises relief on the water front. To know that running water is guaranteed is like chocolate milk in paradise! That drives you forward. For the first time I use my trekking umbrella to protect myself from the sun. At Highway 83 I find my very first Trail Magic in a supply box: besides gallons of water there is a plastic box full of chip bags, bars, cookies. Time for a break and an entry in the Trail register for chips and water.

It is a good day, because some time later I arrive at the promised running water, the Las Cienegas Creek. Crystal clear it flows there under a few high railway bridges. A good opportunity for a long overdue full body wash. And because it’s already quite late, dinner is cooked on the spot. The Hamburg hikers suddenly show up and do the same to us. A full bath and cooking dinner. Actually they wanted to camp here, but that is prohibited around the Creek. But they don’t want to go much further.

After dinner we saddle up the chickens again and look for a suitable place to camp, which we find a few minutes later on a hill overlooking the railway tracks. Watching trains is funny. If I had known that the trains rush through the night every half hour, I would have looked for something else. And I’m not even woken by the rattling trains. The tent stands in the direction of the signal system and shines right into my face. I wake up as soon as the light turns green and I know: in 5 minutes another train is coming. No more camping at railway tracks. Learned something again.

Packages and Pizza

Completely tired I start the next morning. The hamburgers are no different. But we are all driven by a thought. The thought of pizza and beer in the Colossal Cave, a tourist point where cave tours are offered. The souvenir shop there accepts packages from and for hikers. I had brought my resupply package personally, the hamburgers had had some things sent there. Without a break we hike through the morning and mighty Saguaro cactus fields, which amaze us time and again.

10 o’clock we arrive at Colossal Cave. Luckily the pizza oven is being started. I pick up my package and start packing. The two hamburgers are really unlucky. Two of their packages never arrived. Without filter and food they don’t want to walk further and stop their hike, which should have gone to Oracle, at this point. A whole four hours pass in Colossal Cave, but at some point they have to go on. The daily destination at Rincon Creek is still 10 km away. Sicked by the beer I look for the way back to the AZT, meet a Canadian who also wants to go to Utah and we walk together until the end of the day.

The creek has swollen to a deep, fast flowing river. Because it is so beautiful on the beach-like shore, we decide to take a wet tent due to the threatening condensation and set up camp here. Sitting at the campfire we don’t even notice that Hiker Midnight is long gone before we crawl into our sleeping bags around 11 pm.

 

 – On to part 4 –

[:de]Die nächsten Tage versprechen wieder heiß zu werden. 25 Grad hören sich erstmal nicht wirklich viel an. Gepaart mit keinerlei Schatten und sengender Sonne möchte man sich aber auch nicht vorstellen, wie es denn bei 30 Grad und mehr ist. Sehr dankbar bin ich für die aktuellen Reports zu den Wasserquellen, die auf dem Weg liegen. Eine algige Kuhtränke erscheint mir schon als purer Luxus, denn kleinere Bäche, die vor ein paar Tagen noch als fließende Quelle gemeldet wurden, sind inzwischen nur noch ein Rinnsal oder gar nicht mehr vorhanden. Wirklich verlassen kann man sich auf den Abschnitten 5 und 6 in Süd-Arizona auf keine Quelle. Aber die Hoffnung wandert mit, denn 8 Liter Wasser für alle Fälle mitzuschleppen, habe ich keine Lust. Zumindest einmal wird es echt eng. Mein Wasser ist alle und die letzten potentiellen Wasser-Caches auf den Trail kreuzenden Straßen waren leer. Eine weitere Hinterlandstraße kreuzt den Arizona Trail. Und dort stehen zum Glück zwei Gallonen mit der Aufschrift „AZT hiker – public“. Ich kann den anonymen Trail Angels gar nicht genug danken.

Weiter geht es bei sengender Hitze. Bei einem Fotostopp meint eine rote Ameise, mich in den Fuß beißen zu müssen. Mein Fuß schwillt auf den nächsten Kilometern ordentlich an und das Gift der Arizona-Ameise quält mich nachhaltig. Erst nachdem rund 20 km geschafft sind, merke ich den Schmerz kaum noch, denn meine Knöchel tun mal wieder viel mehr weh. Ich muss mir etwas einfallen lassen. Das kann nicht die nächsten 1.140 km so weiter gehen. Ja, genau. 100 Meilen und damit 160 km sind schon geschafft.

Der letzte Kilometer zum Tagesziel aber will nicht vergehen. Alle paar Sekunden schaue ich auf die Uhr und verzweifle daran, dass wieder nur etwa 100 Meter vergangen sind. Der Weg schlängelt sich durch einen Kakteengarten und fühlt sich an, als würde ich im Kreis laufen. Dass die einzige Wasserquelle „Twin Tanks“ weit und breit nur aus einem Matschloch mit äußerst viel Kuhkacke drin und drumherum besteht, ist mir völlig wurscht. Wozu gibt es Wasserfilter? Ich kann jedenfalls keinen einzigen Schritt mehr tun. Humpelnd wird das Zelt aufgebaut, das Abendessen verschlungen und dann haben die Füße endlich wieder Pause.

Erste Trail Magic

Die nächste Etappe verspricht Erleichterung an der Wasserfront. Garantiert fließendes Wasser voraus zu wissen, ist wie Schokomilch im Schlaraffenland! Das treibt voran. Zum ersten Mal nutze ich meinen Trekkingschirm, um mich vor der Sonne zu schützen. Am Highway 83 finde ich in einer Supplybox meine allererste Trail Magic: neben reichlich Gallonen an Wasser gibt es eine Plastikkiste randvoll mit Chipstüten, Riegeln, Keksen. Zeit für eine Pause und einen Eintrag im Trail register zu Chips und Wasser.

Es ist ein guter Tag, denn einige Zeit später komme ich am versprochenen Fließwasser an, dem Las Cienegas Creek. Glasklar fließt er da unter ein paar hohen Bahnbrücken entlang. Eine gute Gelegenheit für eine längst überfällige Ganzkörperwäsche. Und weil es schon recht spät ist, wird auch gleich noch das Abendessen vor Ort gekocht. Die Hamburger Wanderer tauchen auf einmal auf und tun es uns gleich. Ein Vollbad und Abendessen kochen. Eigentlich wollten sie hier zelten, aber das ist rund um den Creek verboten. Viel weiter wollen sie aber auch nicht mehr gehen. Nach dem Essen werden also wieder die Hühner gesattelt und ein geeigneter Zeltplatz gesucht.

Den finden wir wenige Minuten später auf einer Anhöhe mit Blick auf die Bahnschienen. Züge beobachten ist doch lustig. Hätte ich gewusst, dass die Züge die ganze Nacht alle halbe Stunde durchrauschen, hätte ich mir wohl doch was anderes gesucht. Dabei werde ich noch nicht mal durch die ratternden Züge geweckt. Das Zelt steht in Richtung der Signalanlage und die leuchtet mir genau ins Gesicht. Ich werde wach, sobald das Licht grün leuchtet und weiß: in 5 Minuten kommt wieder ein Zug. Nie wieder zelten an Bahnschienen. Wieder was gelernt.

Päckchen und Pizza

Völlig unausgeschlafen starte ich in den nächsten Morgen. Den Hamburgern geht es nicht anders. Aber uns alle treibt ein Gedanke voran. Der Gedanke an Pizza und Bier in der Colossal Cave, einem Touristenpunkt, an dem Höhlenführungen angeboten werden. Der dortige Souvenirshop nimmt Pakete von und für Wanderer an. Ich hatte mein Resupply-Paket persönlich vorbei gebracht, die Hamburger hatten sich einiges dorthin schicken lassen. Ohne Pause wandern wir schnellen Schrittes durch den Vormittag und mächtige Saguaro-Kakteen-Felder, die uns ein ums andere Mal zum Staunen bringen.

Gegen 10 Uhr kommen wir bei Colossal Cave an. Zum Glück wird gerade der Pizzaofen angeschmissen. Ich hole mein Paket ab und fange an, einzupacken. Die beiden Hamburger haben richtig Pech. Zwei ihrer Pakete sind nicht angekommen. Ohne Filter und Verpflegung wollen sie nicht weiter laufen und brechen ihre Wanderung, die eigentlich bis Oracle gehen sollte, an diesem Punkt ab. Ganze vier Stunden vergehen in der Colossal Cave, aber irgendwann muss es ja weitergehen. Das Tagesziel am Rincon Creek liegt noch 10 km entfernt. Angeschickert durch das Bier suche ich den Weg zurück zum AZT, treffe eine Kanadierin, die ebenfalls bis Utah gehen will und wir gehen bis zum Ende des Tages zusammen.

Der Creek ist zu einem tiefen, rasch fließenden Fluss angeschwollen. Weil es am strandartigen Ufer so schön ist, beschließen wir, ein nasses Zelt am Morgen durch die drohende Kondensation zu riskieren und schlagen unser Lager hier auf. Am Lagerfeuer sitzend merken wir gar nicht, dass Hiker Midnight lange vorbei ist, bevor wir gegen 23 Uhr in die Schlafsäcke kriechen.

 

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[:de]Endlich wieder Neuigkeiten![:]

[:de]Über drei Monate kein neuer Post! Das gab’s ja hier noch nie. Stimmt. Aber nicht, weil der Blog hier auf einmal einschläft. Ganz im Gegenteil. Jetzt geht es erst richtig los. Jetzt, da die technischen Schwierigkeiten keine mehr sind.

Vier Monate war ich nun im amerikanischen Backcountry unterwegs. Zwei davon auf dem Arizona Trail. Meine Bemühungen, regelmäßig Blogbeiträge hier zu veröffentlichen, scheiterte immer wieder an der meist nur rudimentär vorhandenen Bandbreite des WLANs in Motel, die ich auch nur alle paar Tage mal zu Gesicht bekam. Mobiles Internet hatte ich nicht und die WLAN-Verbindungen waren so schwach, dass meine App sich schlichtweg weigerte, Blogbeiträge hochzuladen. Um einigermaßen die Qualität meiner Beiträge aufrecht zu erhalten, entschloss ich mich daher Anfang April, vorerst auf die Veröffentlichung zu verzichten und hauptsächlich Facebook und Instagram zu nutzen, um euch einigermaßen auf dem Laufenden zu halten. Da funktionierte zumindest besser als über den Blog.

Nun, da ich wieder in der Zivilisation angekommen bin, wird es nach und nach die Aufbereitung meines Arizona Trail-Abenteuers geben, auf welches ich so lange hin gearbeitet hatte. Blut und Schweiß sind geflossen. Ob und wie ich an der Grenze Utahs angekommen bin? Das lest ihr in den nächsten Wochen. Vorab gibt es schon einmal Part 1 bis 3, der Rest wird nach und nach veröffentlicht. Zudem gibt es jede Menge Videomaterial. Ihr dürft euch also auch auf einige Episoden auf YouTube freuen.

Nun aber an die Arbeit. Ich zumindest. 🙂

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