4.500 Kilometer Wildnis – der PCT steht an

Als ich vor rund zweieinhalb Jahren abwägen musste, ob ich es mir leisten kann, eine weitere Auszeit für 2021 zu nehmen oder doch besser auf ein Jahr später zu vertagen, da wäre eine Glaskugel nicht schlecht gewesen. Ich hätte eine mehr als zwei Jahre andauernde Pandemie gesehen.  Continue reading

[:de]April, April: Hüttensaison-Einläutung im Elbsandsteingebirge[:]

[:de]Das erste Mal die neue Isomatte aufpusten.

Zum ersten Mal Trekkingstöcke benutzen.

Erstmals den Gaskocher anfeuern und das erste Trekkingessen genießen.

Die ersten Liter Flusswasser filtern und die erste Nacht in einer Hütte.

Lang, lang ist es her, dass ich all das zum ersten Mal gemacht habe. Umso mehr freue ich mich, wenn mich jemand begleitet, der alle diese Dinge noch vor sich hat. Am letzten Wochenende ist mir eine gute Freundin pünktlich zum Start der Trekkingsaison ins Elbsandsteingebirge gefolgt und hat sich auf das kleine Abenteuer rund um die gemütlichen Trekkinghütten und malerischen Tafelberge eingelassen. 

Tag 1: Vom Feierabend direkt nach Kleinhennersdorf

Kaum sind die Hütten und Biwakplätze entlang des Forststeigs eröffnet, bin ich auch schon wieder im Elbsandsteingebirge. Diesmal mit dabei: die liebe Ivette. Freitag nach der Arbeit sausen wir mit dem Auto nach Kleinhennersdorf und schlappen los. Ob wir unser Zelt am Biwakplatz aufschlagen oder lieber doch in eine der gemütlichen Hütten einkehren, wollen wir spontan entscheiden.

Der angeblich stundenlange Schneefall hat sich leider nicht bemerkbar gemacht. Zwar liegen hier und da Krümel rum, aber die erhoffte Neuschneedecke liegt anscheinend woanders. Die Microspikes bleiben daher im Auto. Angesichts des doch netten Wetters nehmen wir den Kleinen Zschirnstein mit Aussicht mit und schlagen dann aber den Weg Richtung Haselmausbaude ein. Es ist doch ziemlich frisch und ein warmer Kamin überzeugt dann doch. 

 
 

Durch den Wildbretkeller geht’s also zum Krippenbach, wo wir ordentlich Wasser auffüllen. Als wir um die Ecke biegen, sehen wir schon Rauch aus der Haselmausbaude aufsteigen. Ein freundlichen Pärchen öffnet uns die Tür zur schon vorgewärmten Hütte. Nach einem köstlichen Trekkingessen und süffigem Tee breiten wir unsere Schlafsäcke auf dem Dachboden aus, der gefühlt 15 Grad kälter ist als der Kaminraum. Gute Nacht.

 
 

Tag 2: Von Hütte zu Hütte, von Stein zu Stein

Ein erster Kaffee im Schlafsack und ein gemütlich knisternder Kamin eine Etage tiefer – so kann ein Morgen beginnen. So gemütlich, dass wir erst kurz nach 10 Uhr aufbrechen. Auch heute haben wir unsere Tour schon wieder umgeplant. Zur Steinsammlung soll der Pfaffenstein, Spitzstein und Katzstein kommen. Nebenbei will ich mir mal den recht neuen Biwakplatz am Quirl anschauen.

 
 

Das Wetter schickt sich an, deutlich schöner zu werden, als die pessimistischen Wetterfrösche es vorhersagten. Finden wir gut, denn wie immer sind so weniger Menschen unterwegs. Zumindest bis zum Pfaffenstein. Da treffen sich heute anscheinend alle Touristen, so dass wir ein Päuschen vor der noch geschlossenen Berggaststätte einlegen, schauen, ob die Barbarine noch steht und dann weiter ziehen.

 

 

Am Mäuseborn vorbei steigen wir noch einmal hoch zum Katzstein. Warum nur liegen Katz und Maus hier so dicht beeinander? Wie dem auch sei, die Aussicht samt Katzenskulptur sind wie immer den Aufstieg wert. 

 

 

Von hier ist es nur noch ein Katzensprung (…) zur Rotsteinhütte, die heute unser Nachtquartier sein wird. Während wir Holz fürs Feuer hacken, kommt der nette Hüttenbetreuer vom Sachsenforst vorbei und weist mir den Weg zur Quelle: „Da im Grünen. Quasi bei der ersten Fichte.“ So weit, so ungenau. Und so suche ich erst auch an der völlig falschen Stelle, komme aber am Ende mit sechs Litern frischem Quellwasser zurück. Die wollen natürlich erstmal gefiltert werden, und so rühren wir rhythmisch mit dem UV-Filter in der Flasche herum.

 
 

Gegen 18.30 Uhr ziehen drei Mädels in die nun schon von uns vorgewärmte Hütte. Viel zu sagen haben sie uns nicht. Das liegt vielleicht auch daran, dass pünktlich zu ihrem Erscheinen unser Glühwein im Ofen überkocht und spontan den Rauchmelder auslöst. Der erste Eindruck und so…

 

Tag 3: Bergspätzle auf Sächsisch zum Wintereinbruch

Der letzte Morgen wird aus durch einen wunderschönen Sonnenaufgang versüßt. Klirrend kalt ist es dennoch, so dass es einige Kilometer dauert, bis meine Hände nach einem recht frühen Aufbruch mal auftauen.  

 

 

Über das schöne Cunnersdorf, dass sich anscheinend für Ostern nochmal richtig aufgeputzt hat, geht es schnurstracks Richtung Gohrisch. Unsere drei deutlich jüngeren Mitübernachterinnen, die schon eine halbe Stunde vor uns aufgebrochen sind, holen wir ziemlich bald ein. Am Eichhörnleweg geht’s weiter und bald ächzen wir die unzähligen Stufen zum Gohrisch hoch. Windig ist’s, aber noch sonnig und der Ausblick wie immer atemberaubend. Damit haben wir auch richtig Glück, denn es scheinen die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu sein.

Nur einen Tafelberg weiter gönnen wir uns zünftige Bergspätzle, Nudeln, Tee und ein Radler. Draußen fängt es ganz allmählich an zu schneien. Zwei Kilometer sind es nur zum Auto. Die brauche ich auch, denn das doch recht üppige Essen liegt mir schwer im Magen. Und die Kohlensäure des Radlers weiß auch nicht, wohin mit sich. Ich lerne wohl nie dazu.

 

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[:de]Von Mexiko nach Kanada – ein Trainingsplan muss her![:]

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Drei endlos erscheinende Jahre ist es her, dass ich auf meine letzte – wirklich lange – Weitwanderung gestartet bin. Mitte April ist es nun endlich so weit: Ich werde wieder einen Schritt vor den anderen setzen. Startpunkt: die Grenze zwischen Mexiko und den USA. Ziel: Kanada! Bei rund 1.430 Schritten, die ich pro Kilometer im Schnitt mache, sind das über 6 Millionen Schritte, die auf 4.250 Kilometern vor mir liegen. Zu diesen Millionen von Schritten gesellen sich noch etwa 120.000 Höhenmeter. Und als wäre das nicht schon genug, schleppe ich dabei Tag ein, Tag aus noch meine gesamte Ausrüstung aus Zelt, Schlafsack, Isomatte, Klamotten, Kocher, Topf, Wasser, Essen für mehrere Tage und derlei Kleinkram mit mir herum. Der Körper dankt es einem, wenn man dieses Abenteuer nicht direkt von der Couch aus startet. Doch wie trainiere ich am besten für einen Tagesschnitt von 30 Kilometern in den Bergen von Kalifornien, Oregon und Washington?

Nun bin ich zwar kein Anfänger was Weitwandern anbelangt. Dennoch muss ich zugeben: Ich war schon mal fitter. Vor dem Arizona Trail war ich regelmäßig laufen, hab die eine oder andere längere Wanderung gemacht und war natürlich mehrmals die Woche im Fitnessstudio. Meine letzten Laufversuche liegen schon einige Zeit zurück. Von meinem letzten Besuch im Fitnessstudio ganz zu schweigen. Die Pandemie hat dem Schweinehund eine gehörige Portion Futter verabreicht.

Eine neue Motivation

Auch das andauernde Home Office führt nicht gerade zu erhöhter Mobilität. Also habe ich mir schon seit dem Herbst auf die Fahne geschrieben: Wann immer ich ins Büro fahre, geht’s auf dem Rückweg in die Berge. Wer Berlin kennt, weiß, dass der Ausdruck „Berge“ völlig fehl am Platze ist. Mit 120 Meter Höhe ist der Teufelsberg wohl eher ein Hügel, der benachbarte Drachenberg sogar noch 20 Meter niedriger. Man nimmt, was man kriegt. Und die steile Skipiste des Teufelsberges von unten nach oben zu hecheln, geht dann doch mehr auf die Muskeln und bringt die Pumpe in Schwung, als ich dachte. Und im dunklen Winter gibt es gleich noch das Paket zum erweiterten Orientierungstraining und einen wunderschönen Sternenhimmel mit dazu.

Eine absolut erfahrene Weitwanderin, die den Pacific Crest Trail schon mehrmals gewandert ist, rät ohnehin: zwei- bis dreimal die Woche den vollbepackten Rucksack auf den Rücken und raus – eine Stunde, vielleicht zwei. Das ist tatsächlich machbar und gar nicht so schwer. Am Wochenende schweife ich dann doch weiter und versuche zwischen 27 und 32 Kilometern zu schrubben. Bislang fühlt es sich super an und der Sitz des Rucksacks kann gleich nochmal überprüft werden.

Da ich mich mit reinen Trainingswanderungen aber nicht zufriedengeben mag, gibt’s immer mal zwischendurch ein kurzes Krafttraining obendrauf. Gerade der Rücken hat es bitter nötig, hier merke ich meine Defizite am meisten. Und da ich mich noch immer nicht überwinden kann, wieder ins Fitnessstudio zu gehen, helfen allerlei Gerätschaften, die ich auch bequem zu Hause nutzen kann, dabei, aus dem Home Office auch ein Home Gym zu machen. Langhanteltraining, Liegestütze und Planking – wozu noch aus dem Haus gehen? Hast du die Sachen erst einmal zu Hause, findest du zahlreiche Angebote über YouTube bis hin zu bezahlten Diensten, die dir passende Übungen vermitteln.

Bislang kann ich sagen: Es läuft gut. Und wenn ich mich weiter so disziplinieren kann, fühle ich mich gut vorbereitet. Nun muss nur noch die Pandemie verschwinden und die Schneemassen sich im Zaum halten. Dann steht dem Spaziergang von Mexiko nach Kanada nichts mehr im Weg.[:]

[:en]Arizona Trail – Part 10: Exchanging rocks for pine trees[:de]Arizona Trail – Part 10: Tausche Steine gegen Nadelwald[:]

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“Firearms training! No trespassing! Arizona Trail hikers okay.” This sign on the side of the trail does make me a little queasy. But what can you do? After all, we have to move forward. So I open the rusty barbed wire gate and hike into the shooting area. At least there are no shots to be heard right now.

Today is a great day, because after eight days I’m finally going back to a small town. It’s about time, because my powerbank is completely empty and I could only supply my devices with my ultralight solar panel. Plus, I can’t see the fish-shaped crackers anymore – the only edible left in my feedbag.

Pine is a charming small town surrounded by coniferous forest, with deer and elk roaming freely. The local brewery not only serves the legendary Arizona Trail Ale – a specially brewed beer – but also new shoes, which I had shipped here. After more than 700 kilometers, I have to say goodbye to my first pair with a heavy heart. We have been through a lot together. In the evening, I meet up with a few other Thruhikers at the only pizzeria in town. A feast that no one can get enough of.

 

Bye bye, des(s)ert!

With the ascent out of Pine, I finally leave the desert behind. The rock still bears the typical reddish color, but pines, juniper trees and deep green shrubs grow around me. Again and again I stumble across a rushing stream filled by the melting snow or an ice-cold spring. I also meet the East Verde River up here again – as a rippling mountain stream.

The Mogollon Rim wants to know it again. Steep and rocky – I climb the edge of the massive Colorado Plateau over the Arizona Trail. It’s warm, but the fragrant conifers provide lovely shade. Although I’m quite fit by now, the elevation gain is a real challenge.

 

 

Made it to the top! That was some effort. But the beauty here on the Colorado Plateau compensates for all the pain. At 2,200 meters, a turquoise stream meanders along the forested Arizona Trail. And what do I see flashing through the trees? Snowfields! It’s not like the nights are getting warmer.

The season does change from winter to spring to summer. But the further north I get, the higher the individual sections are as well. Temperatures around the freezing point are still not uncommon at night. So tempting are the places where other hikers must have camped before me. Artfully piled up stone fireplaces let me become almost weak to call it a day. But it’s still a few miles to the Utah border…

Instead, Ranger and I hike on to the Blue Ridge Campground, where I had deposited a few gallons of water in the high snow in mid-March. At least I thought it would have been just around the corner. In fact, I have to hike just roughly one mile to the water supply and back to the campground with four gallons of water in each hand. Lord, also one copes with that in the meantime. For the first time in a long time I also start a real campfire for Ranger and me. Normally we are much too tired for that. Today we manage to stay awake until 10 pm.

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„Achtung, Schießübungen! Zutritt verboten! Arizona Trail Wanderer okay”. Bei diesem Schild am Wegesrand wird mir doch ein wenig mulmig. Aber was will man machen? Es muss schließlich voran gehen. Also öffne ich das rostige Stacheldrahttor und wandere hinein ins Schießgebiet. Immerhin sind gerade jetzt keine Schüsse zu hören.

Heute ist ein großer Tag, denn nach acht Tagen geht es endlich wieder in eine kleine Stadt. Zeit wird’s, denn meine Powerbank ist komplett leer und meine Geräte konnte ich nur noch leidlich mit meinem ultraleichten Solarpanel versorgen. Außerdem kann ich die fischförmigen Cracker nicht mehr sehen – das einzige, was mir im Futtersack noch an Essbarem verblieben ist.

Pine ist eine bezaubernde Kleinstadt, umgeben von Nadelwald, mit Hirschen und Rehen, die hier frei umherstreifen. In der örtlichen Brauerei gibt es nicht nur das legendäre Arizona Trail Ale – ein speziell gebrautes Bier – sondern auch neue Schuhe, die ich mir hierher habe schicken lassen. Nach über 700 Kilometern muss ich mich von meinem ersten Paar schweren Herzens verabschieden. Wir haben zusammen viel durchgemacht. Am Abend treffe ich mich mit ein paar anderen Thruhikern in der einzigen Pizzeria im Ort. Ein Fest, von dem niemand genug kriegen kann. Außerdem hat der General Store der Kleinstadt alles im Angebot, was ich mir nur wünschen kann: Allen voran meine geliebten Rocky Road Riegel, die es immer seltener gibt, je weiter ich nach Norden wandere.

 

Bye bye, Wüste!

Mit dem Aufstieg aus Pine lasse ich die Wüste nun endgültig hinter mir. Das Gestein trägt zwar noch immer die typisch rötliche Farbe, um mich herum wachsen aber Kiefern, Wacholderbäume und tiefgrüne Sträucher. Immer wieder stolpere ich über einen rauschenden, von der Schneeschmelze gefüllten Bach oder eine eiskalte Quelle. Auch den East Verde River treffe ich hier oben wieder – als plätschernden Gebirgsbach.

Der Mogollon Rim will es nochmal wissen. Steil und steinig – ich erklimme mir die Kante des massiven Colorado Plateaus über den hier unbarmherzigen Arizona Trail. Es ist warm, aber die duftenden Nadelbäume spenden herrlichen Schatten. Obwohl ich inzwischen recht fit bin, sind die Höhenmeter eine echte Herausforderung.

 

 

Oben angekommen! Das war noch mal ein Akt. Aber die Schönheit hier auf dem Colorado Plateau entschädigt für alle Mühen. Auf 2.200 Metern schlängelt sich ein türkiser Bach entlang des bewaldeten Arizona Trails. Und was sehe ich da durch die Bäume blitzen? Schneefelder! Es ist nicht so, dass die Nächte wärmer werden.

Die Jahreszeit wandelt sich zwar von Winter zu Frühling zu Sommer. Doch je weiter ich nach Norden komme, desto höher liegen die einzelnen Abschnitte auch. Temperaturen um den Gefrierpunkt sind in der Nacht weiterhin keine Seltenheit. Umso verlockender erscheinen mir die Plätze, an denen andere Wanderer vor mir gezeltet haben müssen. Kunstvoll aufgeschichtete Steinkamine lassen mich fast schwach werden, den Tag einfach Tag sein zu lassen. Aber es sind noch ein paar Kilometer bis zur Grenze Utahs…

Stattdessen wandern Ranger und ich weiter zum Blue Ridge Campground, wo ich Mitte März einige Gallonen Wasser im hohen Schnee hinterlegt hatte. Zumindest dachte ich, es wäre gleich ums Eck gewesen. Tatsächlich muss ich knapp zwei Kilometer zum Wasservorrat weiter wandern und mit je vier Litern Wasser pro Hand wieder zum Zeltplatz zurück. Herrje, auch das verkraftet man inzwischen. Zum ersten Mal seit langer Zeit reiße ich auch ein richtiges Lagerfeuer für Ranger und mich an. Normalerweise sind wir dafür einfach viel zu müde. Heute halten wir bis 22 Uhr durch.

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[:en]Miles to go – preparing a thruhike[:de]Einen Fuß vor den anderen – eine Weitwanderung vorbereiten[:]

[:de]Der Rucksack ist gepackt, die Schuhe geschnürt. Vor dir liegen mehrere Tage, Wochen, ja vielleicht sogar Monate, in denen der Weg dein Zuhause ist. Ob hundert, tausend oder fünftausend Kilometer – eine Weitwanderung ist immer etwas Besonderes. Dabei ist das reine einen Fuß vor den anderen zu setzen aber nur ein Teil deines fantastischen Abenteuers. Fast genauso spannend ist die Zeit davor, wenn du deinen Trip vorbereitest.

 

Wieviele Kilometer nehme ich mir pro Tag vor? Welches Equipment wandert mit? Wo bekomme ich neues „Futter“? Wie bereite ich meinen Körper auf diese neue Belastung vor? Viele Fragen gilt es zu beantworten, die aber genau eines bedeuten: grenzenlose Vorfreude auf das, was kommt. Der 160 Kilometer lange West Highland Way in Schottland, der fast doppelt so lange Heidschnuckenweg in Deutschland, der 1.300 Kilometer weite Arizona Trail oder der Pacific Crest Trail mit seinen 4.260 Kilometern Länge, auf den ich mich gerade selbst vorbereite – sie alle haben ein gutes Stück Planung abverlangt und die Zeit bis zum tatsächlichen Start extrem versüßt.

Du planst etwas Ähnliches? Perfekt! Dann lass dir von mir erzählen, was mich in den Monaten vor dem sogenannten Traillife jedesmal am meisten beschäftigt und bewegt.

Die Strecke

Ich bin ein absoluter Freund von Papierkarten. Stunden und Tage kann ich über einer Papierkarte eines bestimmten Gebietes verbringen, neue Wege und Kleinode wie Felsformationen, Heidelandschaften und gemütliche Schutzhütten entdecken, Abenteuer stricken. Das erste, was ich mir für eine Weitwanderung zulege, ist eine Papierkarte. Die bleibt in der Regel wegen des hohen Gewichts am Ende zu Hause, aber für die visuelle Planung ist sie Gold wert und zeigt dir, was dich am Wegesrand noch so erwartet. Vielleicht magst du deine Strecke nach deinen Wünschen anpassen, wenn du etwas Spannendes gleich um die Ecke findest.

 

Tageseinteilung

Ganz am Anfang steht bei mir stets die Frage, wieviel Zeit ich mir für einen Trail nehmen kann und möchte. Das hängt unter anderem von meiner Urlaubszeit, der Streckenbeschaffenheit (flach oder gebirgig) und meiner Kondition ab, aber auch vom zu erwartenden Wetter. Um meinen Körper erst einmal langsam an die tägliche Belastung heranzuführen, plane ich für die ersten Tage möglichst nicht mehr als 25 Kilometer am Tag ein. Deine Gelenke und Bänder werden es dir danken. Zu oft habe ich es gesehen, wie einige Mitwanderer ambitioniert mit 40 oder 50 Kilometern starteten. Die traf ich wenige Tage später wieder, gestrandet in Hotels oder auf Zeltplätzen, um ihre Wunden zu lecken.

Bist du lange Strecken mit Gepäck gewöhnt, kann es natürlich auch mal ein bisschen mehr sein. Aber sei versichert: Je länger du unterwegs bist, fallen dir nach ein paar Wochen auch 35 bis 40 Kilometer nicht mehr schwer. Spätestens dann ist auch deine einst geplante Tageseinteilung überholt, denn wieviel du wirklich schaffst, hängt von etlichen nicht planbaren Faktoren ab. Für den Arizona Trail hatte ich ein ausgefeiltes Excel-Sheet über die gesamten 1.300 Kilometer. Schon nach 700 Kilometern hatte ich zwei Tage Vorsprung herausgewandert. Es kommt immer alles anders als du denkst!

Einkaufen und Wasserquellen

Übernachtest du hauptsächlich in festen Unterkünften und Ortschaften, kannst du das Kapitel quasi überspringen. Willst du aber wild zelten, biwakieren oder in Schutzhütten nächtigen, braucht es schon etwas mehr an Überlegung und Logistik. Anhand deiner Tageseinteilung kannst du ungefähr abschätzen, ob du täglich an einem Lebensmittelgeschäft vorbeikommst, um deine Essenvorräte aufzufüllen oder sogar an einem Pub wie in Schottland, wo wir fast jeden Tag zu Mittag gegessen haben. Führt deine Planung dich nur alle paar Tage mal in eine Ortschaft, gilt es entsprechend viele Portionen an Frühstück, Snacks und Abendessen einzupacken bis du wieder einkaufen kannst.

Ähnlich sieht es mit Wasser aus. Speziell auf dem Heidschnuckenweg galt es zu wissen, wann wir das letzte Mal unsere Trinkflaschen auffüllen können und wie weit am nächsten Tag die nächste Wasserquelle entfernt ist. Das lag vor allem an unserer coronabedingten Planung, die darauf aufsetzte, dass noch immer ein Beherbergungsverbot besteht. Nicht eine von uns geplante Schutzhütte lag an einem Flüsschen oder See. Fürs abendliche Kochen und die Überbrückung der ersten Kilometer am Folgetag schleppten wir also teilweise vier Liter pro Person von der letztmöglichen Wasserquelle (sei es ein Fluss oder eine Toilette in einem Restaurant) über weite Strecken zum Tagesende bis zu unserem Tagesziel. Kaum etwas ist schlimmer als nach einem langen Wandertag am gewässerlosen Ziel anzukommen und festzustellen, dass man zu wenig oder gar kein Wasser mehr hat.

Das Equipment

Ultraleichtrucksack oder ein superhaltbarer Trekkingrucksack mit allen Schnörkeln? Daunenschlafsack oder doch Synthetik? Zelt, Tarp oder Hängematte? Im Urwald von Wanderausrüstung kann man sich schon mal verl(k)aufen. In vielen Gruppen lese ich immer wieder die Frage nach Empfehlungen. Natürlich empfiehlt jeder genau das, womit er selbst zufrieden ist. Aber nicht umsonst gibt es tausende von Rucksackmodellen, die sich in Passform, Features, Material und Gewicht unterscheiden.

Welcher für dich der Richtige ist, kannst du nur selbst herausfinden. Auch ich bin mit recht schweren Rucksäcken in mein Trekkingleben gestartet, weil es eben das ist, was man von (deutschen) Händlern so empfohlen bekommt. Inzwischen bin ich aber nur noch mit absolut leichten Modellen unterwegs, die neben dem Vorteil des geringen Gewichts aber auch eine Notwendigkeit mit sich bringen: Auch dein gesamtes weiteres Equipment muss ebenso leicht sein, denn das Maximalgewicht ist bei diesen Rucksäcken extrem begrenzt. Recherchiere, probiere und stelle fest, was für dich passt. Wahrscheinlich wird es am Ende nicht bei einem Rucksack bleiben.

Daune oder Synthetik? Ein Daunenschlafsack ist einfach um ein vielfaches leichter als ein vergleichbar warmer Synthetikschlafsack. Warum also überhaupt einen aus Kunstfaser in Betracht ziehen? Bist du in feuchtem Gebiet oder mit hoher Regenwahrscheinlichkeit unterwegs, wärmt dich ein Synthetikschlafsack auch noch, wenn er klamm oder feucht geworden ist. Nasse Daunen dagegen verlieren ihre Isolierungseigenschaften und du frierst.

In meinem Schrank liegen inzwischen mehrere Zelte, ein Tarp (Zelt ohne Boden) und eine Hängematte. Und jedes Stück wird immer mal wieder benötigt. Vor allem in Deutschland schaue ich gern mal in das Wald- und/oder Naturschutzgesetz des jeweiligen Bundeslandes. Ist in Berlin das Zelten und sogar Lagern verboten, ziehe ich mit der Hängematte los. In Niedersachsen sind Zelte verboten, also ist für mich das Tarp perfekt. Ihm fehlt zur Eigenschaft eines Zeltes eben der Boden. Stattdessen lege ich eine separate, wasserdichte Matte unter. Kleine Krabbeltiere finden ihren Weg natürlich trotzdem hinein. In Brandenburg dürfen Wanderer für eine Nacht ihr Zelt aufschlagen. Hier ist die Lage absolut unkompliziert. Du siehst, auch hier kommt es drauf an, was du vor hast und vor allem wo. 

Um dir mal einen Einblick in meine Ausrüstung zu geben, findest du hier die komplette Liste der Dinge, die ich auf meiner neuntägigen Wanderung auf dem Heidschnuckenweg mit dabei hatte. Natürlich mit detaillierten Gewichtsangaben, versteht sich.

Die Fitness

Last but not least ist es wichtig, deinen Körper ausreichend vorzubereiten. Ein ausgewogenes Training, um deine Muskeln zu stärken, hilft dir, die plötzliche Belastung des schweren Rucksacks besser zu verkraften. Damit schützt du zudem deine Gelenke und Bänder. 

Testwanderungen

Für einen Marathon trainiert man am Besten durch Lauftraining. Du denkst es dir wahrscheinlich schon: Eine Weitwanderung trainierst du idealerweise durch mehrere längere Testwanderungen. Damit bekommst du ein Gefühl für den Bewegungsablauf, den du Tag für Tag über viele Stunden durchziehen wirst. Wo schmerzt es? Wo reiben Socken oder Schuhe? Wo merke ich Schwächen im Muskelapparat? Für mich ganz typisch: Spätestens nach 25 Kilometern schmerzen meine Fußsohlen und teilweise auch die Knöchel. In der Regel gibt sich das nach rund zwei Wochen. Ein gutes Training kann diese schmerzvolle Zeit der Gewöhnung jedoch verkürzen.

Muskeln aufbauen

Besonders wichtig zur Vermeidung von Rückenverletzungen ist ein stabiler Core. Das heißt: gezieltes Training deiner Rücken- und Bauchmuskulatur. Vor dem Arizona Trail bin ich daher ein Stammgast im Fitnessstudio geworden. In Coronazeiten ein Luxus, der leider wegfällt. Stattdessen habe ich mich zu Hause recht gut mit Kraftgeräten wie einem Rückentrainer ausgestattet. Für die Kondition und die Bauchmuskulatur habe ich mir zudem eine Rudermaschine geliehen, die aber eher ein schönes Möbelstück geworden ist. 

Letzten Endes kann man über die Vorbereitung einer Weitwanderung durchaus Bücher füllen, was einige ja auch tun. Dies soll daher eher als Einstieg in deine Planung dienen. Denn selbst recherchieren, Blogbeiträge lesen und YouTube-Channels durchforsten gehört doch heutzutage genauso dazu. Und macht dazu noch Spaß![:]

Arizona Trail – Part 9: Winter is still here

[:en]”Gee, what’s that?” When I wake up in the morning, glittering ice crystals are beaming at me from inside my tent wall. And even the residual water in my charcoal-blackened pot is frozen. At 1,700 meters, it’s still winter in Arizona in mid-April. But the rising sun sizzles away the ice in no time, leaving a comforting warmth in its wake.

It is Easter Sunday. But apart from an encounter with a Cottontail Rabbit – a rabbit with a cotton-white fur – the Easter holiday passes me by without a trace. For the first half, the Arizona Trail is like a long, drawn-out roller coaster ride. Every conceivable mountain range is taken along. With the Four Peaks Wilderness I now leave the penultimate one. Its beauty with all the fascinating rock formations and babbling brooks will be hard to beat.

 

 

Half full or half empty?

I have to run, run, run. Not because time is breathing down my neck. Contrary to my expectations, I’m a day and a half ahead of schedule. It’s the scenery that drives me forward. The constant new impressions. What might it look like around the next bend? Rolling, cactus-covered hills? Massive mountains? Endless flatlands? Or something completely different?

In the middle of the unpronounceable Matzazal Wilderness I cross the so-called Halfway Point – I have made half of the Arizona Trail. And already I get wistful. Only half of it lies ahead of me! The kilometers fly away in the meantime only so under my feet and the ascents are no longer quite so deadly.

In the meantime, I sleep more often without my tent than with it. Falling asleep in the evening with a view of the stars simply can’t be beat – even if I can’t really see sharply without my contact lenses, one of which I lost about two weeks ago. But all that somehow doesn’t matter at all out here.

 

No air left

At some point it had to happen with all the pieksigen stuff yes times: My sleeping pad has a hole. Shortly before bedtime, I notice that my “bed” is running out of air. Countless attempts to find the tiny tear without the popular bathtub trick cost me several hours. But still two days march away from civilization I have no other choice. In the end, I find the tormentor and patch it more or less expertly.

Good enough that the mat will still be my companion years later.With a disgruntled mood I hike the next day through the wilderness. With such beautiful views, it’s hard to imagine that a bad mood can arise here. And yet, the trail wears me down today. It always goes along the slope and my ankles hurt. The trail is even stonier than usual and Ranger is suddenly going faster than me. I think it’s the chocolate I’m missing….

 

 

Shower? What’s that?

What goes up, comes down. Slowly and steadily I leave the heights of the Mazatzal Wilderness behind me. In the distance, I can already see the Mogollon Rim: the southwestern edge of the Colorado Plateau, which stretches across the four states of Utah, Colorado, New Mexico and, of course, Arizona.

Several times I was already there on a discovery tour. But I have never hiked so far there. The emotions just take over and so one or the other tear of happiness rolls down my dusty face. The last shower I enjoyed in Superior – that was over seven days ago…

Time for a swim! Fortunately, the East Verde River is on today’s route. Shirt, pants, socks. Everything gets pulled through the clear water several times; and still doesn’t get clean. I bathe in the river like a sparrow in a puddle. Ranger sits on the bank and can’t comprehend this at all. One day more or less of stinking, what does it matter?

[:de]„Herrje, was ist das denn?“ Als ich am Morgen aufwache, strahlen mir glitzernde Eiskristalle vom Inneren meiner Zeltwand entgegen. Und auch das Restwasser in meinem kohlegeschwärzten Topf ist gefroren. Auf 1.700 Metern ist in Arizona Mitte April noch immer Winter. Die aufgehende Sonne brutzelt das Eis aber in nullkommanix weg und hinterlässt wohlige Wärme. Es ist Ostersonntag. Aber mal abgesehen von der Begegnung mit einem Cottontail Rabbit – einem Kaninchen mit baumwollweißem Puschel – geht das Osterfest ziemlich spurlos an mir vorbei.

Es geht wieder hinab auf 1.000 Höhenmeter. Auf der ersten Hälfte gleicht der Arizona Trail einer langgezogenen Achterbahnfahrt. Jede erdenkliche Bergkette wird mitgenommen. Mit der Four Peaks Wilderness verlasse ich nun die vorletzte. Ihre Schönheit mit all den faszinierenden Steinformationen und plätschernden Bächen wird schwer zu übertreffen sein.

 

Halb voll oder halb leer?

Ich muss laufen, laufen, laufen. Nicht etwa, weil mir die Zeit im Nacken hängt. Entgegen meiner Erwartungen bin ich anderthalb Tage vor meinem Zeitplan. Es ist die Landschaft, die mich nach vorn treibt. Die ständigen neuen Eindrücke. Wie mag es hinter der nächsten Biegung aussehen? Sanfte, kakteenüberzogene Hügel? Massive Berge? Unendliches Flachland? Oder ganz etwas anderes?

Mitten in der unaussprechlichen Mazatzal Wilderness überschreite ich den sogenannten Halfway Point – die Hälfte des Arizona Trails habe ich geschafft. Und schon werde ich wehmütig. Nur noch die Hälfte liegt vor mir! Die Kilometer fliegen inzwischen nur so unter meinen Füßen hinweg und die Anstiege sind gar nicht mehr ganz so tödlich.

Inzwischen schlafe ich öfter ohne mein Zelt als mit. Abends mit Blick in die Sterne einzuschlafen, ist einfach nicht zu übertreffen – auch wenn ich ohne meine Kontaktlinsen, von denen ich vor rund zwei Wochen eine verloren habe, nicht wirklich scharf sehe. All das ist hier draußen aber irgendwie völlig egal.

 

Die Luft ist raus

Irgendwann musste es bei all dem pieksigen Zeugs ja mal passieren: Meine Isomatte hat ein Loch. Kurz vor dem Schlafengehen merke ich, dass meinem „Bett“ die Luft ausgeht. Unzählige Versuche, den winzigen Riss ohne den beliebten Badewannentrick zu finden, kosten mich einige Stunden. Aber noch zwei Tagesmärsche von der Zivilisation entfernt bleibt mir nichts anderes übrig. Am Ende finde ich den Quälgeist und flicke ihn mehr oder weniger fachmännisch. Gut genug, dass die Matte auch noch Jahre später mein Begleiter sein wird.

Mit einer missmutigen Stimmung wandere ich am nächsten Tag durch die Wildnis. Bei solch schönen Ausblicken kaum vorstellbar, dass hier schlechte Laune aufkommen kann. Und trotzdem macht mich der Trail heute mürbe. Es geht immer am Hang lang und meine Knöchel schmerzen. Der Weg ist noch steiniger als sonst und Ranger ist auf einmal schneller unterwegs als ich. Ich glaube, es ist die Schokolade, die mir fehlt…

 

Duschen? Was ist das?

Was hinauf geht, kommt auch herunter. Langsam und stetig lasse ich die Höhen der Mazatzal Wilderness hinter mir. Ganz in der Ferne kann ich schon das Mogollon Rim erspähen: die südwestliche Kante des Colorado Plateaus, das sich über die vier Bundesstaaten Utah, Colorado, New Mexiko und natürlich Arizona erstreckt.

Etliche Male war ich dort schon auf Entdeckungstour. Noch nie aber bin ich soweit dorthin gewandert. Die Emotionen nehmen gerade überhand und so rollt mir die eine oder andere Glücksträne übers staubige Gesicht. Die letzte Dusche habe ich in Superior genossen – das ist jetzt über sieben Tage her…

Zeit für ein Bad! Zum Glück liegt der East Verde River auf der heutigen Strecke. Hemd, Hose, Socken. Alles wird mehrfach durchs klare Wasser gezogen; und wird trotzdem nicht sauber. Ich bade im Fluss wie ein Spatz in einer Pfütze. Ranger sitzt am Ufer und kann das gar nicht nachvollziehen. Ob nun einen Tag mehr oder weniger stinken, ist jetzt auch egal.

 

– Weiter geht’s mit Part 10

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[:de]Der zweite Kreuzbandriss – Geduld ist eine Tugend[:]

[:de]Einmal das vordere Kreuzband ersetzt zu bekommen, ist schon keine besonders schöne Erfahrung. Wenn dir aber nach rund zwanzig Jahren bei einer eigentlich ganz anderen Untersuchung des Knies vom Orthopäden deines Vertrauens gesagt wird, dass es komplett instabil sei und er an meiner Stelle und mit meinen Plänen das nochmal machen lassen würde – dann, ja dann werden alle Erinnerungen der damaligen Tortur wieder sehr lebendig.

Vor zwanzig Jahren, nach meinem Skiunfall, hieß das: Kreuzbandplastik aus der Semitendinosus-Sehne, zehn Tage Krankenhausaufenthalt, zwei Wochen an Krücken und sechs Wochen Ausfall auf der Arbeit. Nun ist damals zum Glück nicht mehr wie heute. Viele Prozesse wurden stark verkürzt und die Krankenhäuser entlassen die Patienten lieber früher als später nach Hause. Thrombosespritzen kann man sich schließlich auch selbst geben.

Wenn das Kreuzband wieder reißt – Kreuzbandplastik in zwei Akten

Im ersten Moment nahm ich die Aussicht auf eine erneute Operation des Kreuzbandes den Umständen entsprechend gelassen. Schließlich war mein Knie seit der ersten nie ganz perfekt gelaufen. Immer wieder sprang es mal aus der „Halterung“, wollte der Oberschenkel in eine andere Richtung als das Schienbein. Rotationsinstabilität nennt der Fachmann das. Die wurde in den letzten Jahren auch immer schlimmer und hatte letztlich dazu geführt, dass zum einen das Kreuzband wieder hinüber war und auch der Meniskus inzwischen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Mein Orthopäde stellte mir daher drei verschiedene Optionen vor, die eintreten konnten:

  1. Die Bohrkanäle der alten Kreuzbandplastik liegen so gut, dass diese bei der erneuten Plastik nicht stören und das vordere Kreuzband kann zusammen mit dem Meniskus in einer Operation behandelt werden.
  2. Die Bohrkanäle müssen erst mit Knochenmaterial gefüllt werden, verheilen und dann das Kreuzband nach rund drei bis sechs Monaten in einer zweiten Operation wiederherstellt werden.
  3. Wie 2., nur dass zusätzlich der Meniskus genäht und nicht nur ein bisschen geglättet werden muss. Das wiederum hieße, statt nur zwei Wochen an Krücken gehen zu müssen, ganze sechs Wochen an Gehhilfen ohne Belastung.

Natürlich hoffte ich im Juni, als es zur Operation unters Messer ging, auf Variante 1). Was es werden würde, sollte ich erst nach der OP erfahren. Man müsse schließlich reingucken, um zu wissen, was zu tun ist.

Bohrkanäle zuspachteln

Leider lagen die Bohrkanäle bei mir nicht ideal, so dass die Chirurgen im ersten Schritt tatsächlich nur die alten Bohrkanäle mit Knochenmaterial füllen konnten. Zudem wurde hier auch gleich noch der Meniskus mitgemacht. Zu meinem großen Glück musste er zwar genäht werden, aber so unkritisch, dass ich dennoch gleich nach der OP voll belasten durfte. Auch wenn sich das erst einmal anhört, als könne man sofort aus dem Krankenbett springen und los latschen, sieht die Realität doch anders aus.

Das Bein war ziemlich steif und es dauerte etwa fünf Wochen, bis ich einigermaßen rund lief. Übers Fahrradfahren hangelte ich mich langsam wieder auch an andere Sportarten heran. Nach rund acht Wochen konnte ich meinen geplanten Wildwasserkurs in meinem Packraft durchführen, nach zehn Wochen durch das Elbsandsteingebirge wandern und nach drei Monaten sogar noch einen ausgedehnten Bikepacking-Urlaub in Schweden machen. Das Knie machte mit.

Zweite Wahl beim Kreuzbandersatz – die Quadrizepssehne

Mitte Oktober ging es dann erneut ins Krankenhaus. Zwischendurch hatte ich mir des Öfteren die Frage gestellt, ob das denn überhaupt noch notwendig sei. Es lief doch alles so gut. Aber mehrere Fachärzte bestätigten: das Knie ist instabil. Wenn ich weiterhin tausende Kilometer mit Gepäck wandern will, komme ich um ein neues Kreuzband nicht herum.

Wieder wachte ich im Krankenbett mit einem dicken, weißen Verband auf. Wieder mühte ich mich mit dem Fläschchen für Wundflüssigkeit ab. Mit den Krücken durch das Krankenhauszimmer und Bad zu jonglieren, war kein Spaß. Nach knapp zwei Tagen wurde ich aber schon wieder entlassen. Im eigenen Bett schläft es sich ja doch besser und in Zeiten von Corona erst recht.

 

Wieder auf die Beine kommen

Zwei Wochen an Krücken vergingen schier endlos. Mit Stoffbeuteln um den Hals transportierte ich Dinge von A nach B, da ja beide Hände voll waren. Trotzdem wagte ich mich zumindest mal für einen Kilometer mit Krücken auf einen Spaziergang im Wald. Ab der dritten Woche war ein absolutes Highlight, mal eine Kaffeetasse in einem Schwung von einem Zimmer ins nächste tragen zu können, ohne sie ständig zwischendurch irgendwo abzustellen.

Bei jedem Arzt- und Physio-Termin war jeder stets zufrieden mit meinem Fortschritt. Jeder außer mir. Dank der Motorschiene konnte ich mein Knie schon nach zwei Wochen auf 90 Grad beugen. Trotzdem fühlte es sich schwer an und an geschmeidiges Treppe rauf- oder runtergehen war nicht zu denken. „Geduld und Arbeit – das liegt jetzt vor Ihnen,“ so mein Arzt. Immer wieder schaute ich auf das Therapieblatt zum Kreuzbandriss, das man mir im Krankenhaus überreicht hatte. Laut dem sollte ich schon viel weiter sein. Leider berücksichtigt dieses Faltblatt nicht, ob es sich dabei um den ersten Kreuzbandersatz handelt oder einen wiederholten.

 

Geduld ist eine Tugend

Nach nun knapp zehn Wochen bin ich eine gute Woche ohne die Gelenkorthese unterwegs. Ab einem bestimmten Moment hatte ich nur noch das Gefühl, dass sie auf meine doch recht lange Narbe drückt, die einmal längs über das Knie verläuft. Es ist schon ein erheblicher Unterschied, ob das erstbeste Implantat, die Semitendinosus-Sehne, entnommen und als Ersatz verbaut wird oder ob der sonst so kräftige Oberschenkelmuskel dafür herhalten muss.

In meinem Plan finde ich für Woche 7 bis 12 folgende Empfehlung: „Befund- und beschwerdeadaptierte sukzessive Reintegration in den aktiven Leistungssport.“ Nun, daran kann ich im Moment leider noch gar nicht glauben. Nach meinem ersten, sehr optimistischen Versuch einer längeren Wanderung von rund siebeneinhalb Kilometern sagte mir mein Knie am nächsten Tag erstmal „Nee danke“. Aber was möchte man auch bei nur 40 Minuten Physiotherapie pro Woche erwarten? Dagegen beruhigt mich die Recherche zur Rehabilitation von anderen Kliniken dann doch. Hier spricht man von Krankengymnastik in Woche 7 bis 12 und erstem Lauftraining nach vier Monaten. Es ist, auch moralisch, immer wichtig, sich eine weitere Meinung einzuholen.

Die lange Aufbauphase wäre ich ja zu gern im Fitnessstudio angegangen. Gezieltes Muskeltraining ist nun extrem wichtig. Nun sitzen wir wieder im Lockdown fest, alle Fitnessstudios sind geschlossen. Was bleibt, ist wieder einmal Heimtraining mit den passenden Geräten. Und wenn es die Temperaturen erlauben, werde ich mich in den nächsten Tagen mal auf meinem Fahrrad probieren. 

Mein Arzt wird wohl recht behalten. Es braucht viel Geduld und Arbeit. In diesen Zeiten ist es ohnehin schwer, große Ziele zu planen und umzusetzen. Trotzdem bleibe ich optimistisch, dass die TGO Challenge im kommenden Mai mein Wander-Comeback sein wird. Und das große Ziel, der Pacific Crest Trail in 2022, ist weiterhin fest in Planung. Schließlich will das brandneue Kreuzband ja genutzt werden.

 

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[:en]Sticks & Stones – a Swedish Bikepacking Adventure[:de]Über Stock & Stein durch Südschweden – ein Bikepacking Abenteuer[:]

[:en]Entry bans, quarantine rules, flight cancellations – vacation planning for 2020 required increased creativity and flexibility. The TGO Challenge in Scotland in May and across the big pond to Amiland in the fall were actually planned. Although I’ve been there so many times, Yellowstone National Park is still waiting to be discovered by me. Four days paddling on rivers and lakes, two backpacking trips and some day hikes were planned, flights booked and permits secured.

After my big plans for Scotland and the USA burst like a soap bubble thanks to Corona, I thought about what else I could do with my annual vacation under the given circumstances. It should be uncomplicated and spontaneous, but still adventurous. And it should not put too much strain on my knee. The last operation was only three months ago and the next one was imminent – the cruciate ligament was still defective. At the end of August, over a glass of wine, the thought arose from a pleasant evening: Why not just saddle up the brand new mountain bike, take the ferry to Sweden and let yourself drift? After all, my orthopedist always says: “Ride a bike.”

Without further ado, I sat down at the computer and thought about how many kilometers one could easily manage over hill and dale in two weeks. Kalmar looked like a good turning point and so I just left the rough planning to komoot in mountain bike mode. A little bit here and there the route was straightened up and the round trip of about 800 kilometers was finished after one hour.

In the middle of September I started with the ferry from Rostock to Trelleborg. From there it went off to the north, deep into the nature reserves and forests. The mountain bike route, which komoot had put together for me, often led over wonderfully quiet hinterland roads and gravel roads, but especially on the first days also over rocky paths and winding trails like the Skåneleden. Not quite up to the high trail art yet, this meant for me that I had to push and lift the bike in parts. Including over ladders of cattle fences. And so I was very happy that I had not planned more than 50 kilometers a day for the beginning.

The further north I came, the more wooded and lakey the landscape became. One beautiful campground after the next. Despite the possibility of wild camping, I spent almost half of all nights in so-called Vindskydds – simple wooden sheds, which are open on one side and always have a fireplace. Pure campfire romance! I found most of them relatively spontaneously via a Google-Map and komoot and adjusted the route a little bit from day to day. Just the kind of spontaneity I had hoped for. Finding stores to fill up supplies on the way was just as uncomplicated – securing the beer in the evening.

After a city stroll in Kalmar at half time, I drove back south along the coast to soak up the salty sea air. Small fishing harbours, pretty villages, narrow trails and always the surprise where the route would lead to next.

An adventure that was created in one hour on the computer and still provides me with great memories. I highly recommend copying! You can find the tour with all stages and the daily experiences here:

[:de]Einreiseverbote, Quarantäneregeln, Flugstornierungen – für die Urlaubsplanung 2020 war doch erhöhte Kreativität und Flexibilität gefordert. Eigentlich sollte es im Mai nach Schottland zur TGO Challenge gehen und im Herbst mal wieder über den großen Teich nach Amiland. Obwohl ich schon so oft da war, wartet(e) immer noch der Yellowstone Nationalpark darauf, von mir entdeckt zu werden. Vier Tage paddeln auf Flüssen und Seen, zwei Backpacking-Trips und einige Tageswanderungen waren geplant, Flüge gebucht und Permits gesichert. Ich wollte ja endlich mal einen Bären sehen.

Nachdem meine großen Schottland- und USA-Pläne wie eine Seifenblase dank Corona zerplatzten, überlegte ich, was ich sonst unter den gegebenen Umständen mit dem Jahresurlaub anstellen könnte. Unkompliziert und spontan, aber trotzdem abenteuerlich sollte es sein. Und es durfte mein Knie nicht all zu sehr beanspruchen. Die letzte OP lag ja erst knapp drei Monate zurück und die nächste stand kurz bevor – das Kreuzband noch immer defekt. Schließlich entwuchs einem gemütlichen Abend Ende August bei einem Glas Wein der Gedanke: Warum nicht einfach das nagelneue Mountainbike satteln, mit der Fähre nach Schweden übersetzen und sich treiben lassen? Mein Orthopäde sagt schließlich auch immer: “Fahren Sie Fahrrad.”

Ich setzte mich kurzerhand an den Computer und überlegte, wie viele Kilometer man in gut zwei Wochen über Stock und Stein entspannt schaffen könnte. Kalmar sah nach einem guten Wendepunkt aus und so überließ ich einfach komoot die grobe Planung im Mountainbike-Modus. Ein bisschen hier und da die Strecke zurecht gezuppelt und die rund 800 Kilometer lange Rundtour war nach einer Stunde fertig.

Mitte September startete ich also mit der Fähre von Rostock nach Trelleborg. Von dort ging es ab nach Norden, tief in die Naturreservate und Wälder hinein. Die Mountainbike-Route, die mir komoot zusammengestellt hatte, führte oftmals über herrlich ruhige Hinterlandstraßen und Gravelroads, aber vor allem an den ersten Tagen auch über felsige Wege und verschlungene Pfade wie den Skåneleden. Der hohen Trail-Kunst noch nicht ganz mächtig, hieß das für mich, das Bike streckenweise schieben und heben zu müssen. Inklusive über Leitern von Viehzäunen. Und so war ich sehr froh, dass ich für den Anfang nicht mehr als 50 Kilometer am Tag eingeplant hatte.

Je weiter ich nach Norden kam, umso wald- und seenreicher wurde die Landschaft. Ein schöner Zeltplatz nach dem nächsten. Trotz der Möglichkeit, wild zelten zu dürfen, übernachtete ich aber in fast der Hälfte aller Nächte in sogenannten Vindskydds – einfachen Holzverschlägen, die nach einer Seite offen und immer mit einer Feuerstelle ausgestattet sind. Lagerfeuerromantik pur! Die meisten davon fand ich relativ spontan über eine Google-Map und komoot und passte die Route von Tag zu Tag ein wenig danach an. Genau die Art von Spontanität, die ich mir erhofft hatte. Unterwegs Geschäfte zum Vorräte auffüllen zu finden, war genauso unkompliziert – das Bierchen am Abend gesichert.

Nach einem Stadtbummel in Kalmar zur Halbzeit fuhr ich auf dem Rückweg gen Süden immer mal wieder am Küstenstreifen entlang, um die salzige Seeluft aufzusaugen. Kleine Fischerhäfen, hübsche Dörfer, schmale Trails und immer wieder die Überraschung, wohin die Route wohl als nächstes führt.

Ein Abenteuer, das in einer Stunde am Computer entstand und mich immer noch mit tollen Erinnerungen versorgt. Nachmachen unbedingt empfohlen! Die Tour mit allen Etappen und den täglichen Erlebnissen findet ihr hier:

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[:de]Vom Elbsandsteingebirge auf den OP-Tisch[:]

[:de]

Mitte Juni ging es nochmal auf ein vorerst letztes kleines Abenteuer ins Elbsandsteingebirge. Die zwei Jahre alten Trekkingtickets wollten schließlich endlich mal eingelöst werden. Und so starteten wir am Freitag um 19.30 Uhr in Königstein, übernachteten auf dem recht neuen Trekkingplatz Nikolsdorf und zogen dann weiter zum Taubenteich. In der coolen Biwakschachtel hatten wir eine äußerst gemütliche Nacht und einen klasse Abend am Lagerfeuer, das nur dort erlaubt ist. Sonntag ging es wieder zurück in die Heimat.

 
 

 

Die Touren zum Nachwandern findet ihr hier:

 
Vom S-Bahnhof Königstein zum Biwakplatz Nikolsdorf
Vom Biwakplatz Nikolsdorf zum Biwakplatz Taubenteich
Vom Biwakplatz Taubenteich nach Bad Schandau 
 

Warum ein vorerst letztes Abenteuer? Vor ein paar Wochen hatte ich starke Schmerzen im Knie. Das MRT brachte einen Meniskusanriss und schlimmer noch eine Reruptur meines vor 18 Jahren (falsch) reparierten Kreuzbands hervor. Der Doc sagte: „In Ihrem Alter und bei dem, was Sie noch vorhaben, lohnt sich ne OP noch“.

Leider ist eine erneute Kreuzbandplastik um ein Vielfaches komplizierter als die erste. Die Bohrkanäle müssen erstmal zugespachtelt werden, dann Krücken und Reha. Erst nach rund vier Monaten kann dann das Kreuzband gemacht werden. Dann erneut Krücken, eine Schiene und Reha. 2020 ist so ein Jahr, das sollte ich aus dem Kalender streichen.

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[:en]How a thruhike changes your life[:de]Wie ein ThruHike dein Leben verändert[:]

[:en]”Well, you’ll come back totally changed!”

No matter who I told two years ago that I just wanted to hike through the entire state of Arizona for two months, the reaction was almost always the same. For many, it was usually associated with the idea of a pilgrimage. Self-discovery and so on. I always tried to put that into perspective in the best possible way. I just wanted to go hiking, enjoy nature. And that just once longer than the usual two to three weeks annual vacation. What difference does that make to me?

Exactly one year ago I finished my thruhike of the Arizona Trail at the Utah state line. Has nothing really changed?

Simplicity

On March 18, 2019 I started my adventure at the Mexican border. On my back a 65 liter backpack with a tent, sleeping pad, quilt, some extra clothes or layers, a solar panel and stuff that I would need on such a trip on foot through the desert. The amount of clothes and utensils was no different than if I had only been on the trail for four days.

My daily routine was absolutely simple: take down the tent, put everything in my backpack, start hiking, eat, find water sources, hike, hike, hike, enjoy the view, find a place for the evening, cook food, prepare sleeping quarters, sleep. And again and again. After a while, every piece of equipment had a permanent place in the backpack. And when nothing was lying around in the morning, everything was packed. It’s as simple as that.

Shopping was just as easy. Go into the general store, get a quick overview. A few cookies, lemon cake, tortillas, tuna and chicken and something warm for the evening for X-days. After ten minutes I was usually done. The smaller the shop, the faster the resupply.

Mile after mile of great landscapes, unique postcard motives. Wow-thoughts only alternate with where the best place for a break is. Where is the next water source? How many layers do I put on today? What do I eat from my food bag tonight? Can I pet this snake?

Making contact. No problem. In the outdoors everyone is with the same purpose: get out, enjoy nature, leave the daily routine and the masses behind. Some in their RVs and some – like me – just with their backpack on their back. Somehow, despite the remoteness, I was never alone and yet only surrounded by the people I wanted to spend time with. On the trail, you quickly figure out if you are on the same wavelength and you end up hiking together for weeks. Or you let go after a few hours or even minutes.

This simplicity soon becomes a habit.

Back to reality

From the Hike to the holiday

After these wonderful 800 miles from Mexico to Utah the break from everyday life was not over yet – but it was different. With the rental car we wanted to go from Nevada via Utah to Colorado and California. A great plan, but at the beginning I was totally overwhelmed.

The arrival in Las Vegas with my sparse equipment and the dirty hiking gear put me into a world where I suddenly felt like an alien. With my trekking poles in my hands, the satellite messenger on my backpack and the crumpled water bottles, the dressed-up Las Vegas travellers in the colourful glitter world gave me scornful looks.

During the first big shopping for the big road trip I fled from the huge WalMart after twenty minutes of complete lack of planning. Too many people, too much choice, too much of everything. Switching from my small 65-liter backpack universe to this confusing SUV rental car drove me crazy. Clothes everywhere, which I found superfluous in this amount. Two tents, two sleeping pads, two sleeping bags, boats, paddles, waterproof vests, ice axes, bear canister, fire bowls, wood and gas stoves. And tons of small stuff without system. So much time wasted searching for things. I wanted my simplicity back and more than once I stood frustrated in front of the jam-full car for the first days.

From vacation to everyday life

At some point, every holiday and sabbatical comes to an end. In order to make my return home a little softer, I had planned on another week of buffer time in Berlin – my place of residence – instead of going straight to work the next day as usual.

The return to my apartment felt strange. I had sublet it for the duration of my absence, but there was no sign of that anymore. It was as if I had never been away. Doing the laundry, unpacking luggage, shopping, going through the mail. Everyday life was back. From 100 to zero.

From everyday life to work

“Hello, welcome back. We have some very urgent tasks waiting for you.”

Whether I was gone for a week or five months, the reaction of my colleagues was basically the same. Certainly I hadn’t expected a huge welcome party. But I would have appreciated a little more interest and care after an unusually long absence with a lot of adventures. Isolated in my (involuntary) individual office I felt quite out of place and excluded.

It took almost a month until my boss had a kind of return conversation with me. Time enough to realize: it can’t go on like this. I have to change something. Something that will increase my motivation in the sometimes pointless everyday life of administration. My attempt for an internship in corporate communications in my own company was rejected by my then department head. He thought I would only want to pursue my hobby. It’s strange that this can be interpreted as a disadvantage to want to do what you are interested in and studied for. What you “burn for”.

Other employers have (also) nice jobs

So the job advertisement of a freelance editor at the provider of route planning and navigation in the outdoor sector „komoot” came out just in the right moment. Komoot – in the southern German language area that means as much as practical and simple. Simplicity was exactly what I was looking for now. So I updated my 13-year-old CV, made an appointment for application photos and sent my documents digitally. About three weeks later I had a video conference with the chief editors and another week later the digital freelancer contract fluttered into my email inbox.

My task: planning exciting tours, creating and describing suitable routes, researching great areas and thus preparing unique adventures in nature for the users. A job that is fun, that makes sense for me. After my self-imposed trial period of one and a half months, I reduced my administrative job to 30 hours a week to have more time for the freelancer job.

 

After a good eight months now I can say for myself: the change was absolutely right and important. In the meantime I work much more than before my sabbatical. 48 to 50 hours a week are less the rarity than more the rule. Nevertheless I am much happier and more balanced. It’s worth a lot if you can work at least partly with passion on one thing – while the rest pays the rent and secures further sabbaticals.

Komoot as a hundred percent remote job also shows me that it can be absolutely pragmatic on the job and that a company can be successful despite or exactly because of this. An approach from which many companies and administrations can cut a slice. For me it is the step into a changed present and the way into a new future. Germany forever? Certainly not.

A new attitude to life

But it’s not only the job that has changed. The weeks in the wilderness, with all its beauty and challenges, have made me extremely relaxed and calm. With the new attitude, not to get upset or annoyed about things that you cannot change, life is much more relaxed. That starts with the weather. It won’t rain less if you mope all the time. Instead, there is much more positive energy to look forward to a warm dinner, a dry hut or the next rays of sunshine. Or the new contact lenses, if you’ve been hiking in the backcountry with just one in your eye for three weeks because the other one broke.

In the meantime I am also ready to leave things to themselves. At the beginning of June 2019, I hiked with my boat into the desert for a five-day river trip to the other end of the Canyonlands National Park – without knowing how I would get back to the car that was parked 80 miles away in Moab. Before the Arizona Trail it was unthinkable for me to get involved in complete lack of planning. But the trail showed me: There is always a solution! 

 

After I had hiked back from the Colorado River through the canyons for two days after the tour, I sat – in the shade of a small bush – next to a trailhead. I made myself a cup of coffee, because I was waiting for the German tourist I had met during the hike, who had offered to take me back to Moab by car. At that moment an older couple asked me if they could give me a ride. Just like that. There is always a solution.

And that’s it with hiking?

Of course not. Before I started the Arizona Trail, I asked myself if I would be tired of living in a tent after that. On the contrary. Weeks before crossing the state border to Utah it was obvious to me: the next trail has to come. And it must be longer. 800 miles are gone too fast. So since October I have been saving for the next sabbatical: six months in 2022. The Pacific Crest Trail from Mexico to Canada is firmly planned. Because: Home is, where you pitch your tent.

 [:de]„Na, da wirst du ja total verändert wiederkommen!“

Egal, wem ich vor zwei Jahren erzählte, dass ich mal eben zwei Monate durch den kompletten Bundesstaat Arizona wandern will – die Reaktion war fast immer dieselbe. Für viele war das meist mit der Vorstellung einer Pilgerreise verbunden. Selbstfindung und so. Ich versuchte das dann immer bestmöglich zu relativieren. Ich wollte doch nur wandern gehen, die Natur genießen. Und das einfach mal länger als die üblichen zwei bis drei Wochen Jahresurlaub. Was soll das schon groß in mir ändern?

Exakt vor einem Jahr beendete ich meinen Thruhike auf dem Arizona Trail an der Staatsgrenze zu Utah. Hat sich tatsächlich nichts geändert?

Einfachheit

Am 18. März 2019 startete ich mein Abenteuer an der mexikanischen Grenze. Auf dem Rücken einen 65-Liter-Rucksack mit Zelt, Isomatte, Quilt, ein wenig Wechselklamotten beziehungsweise Schichten, einem Solarpanel und Kram, den ich auf so einem Trip zu Fuß durch die Wüste brauchen würde. Dabei war die Menge der Klamotten und Utensilien nicht anders, als wie wenn ich nur vier Tage unterwegs wäre.

Mein Tagesablauf war absolut simpel: Zelt abbauen, alles im Rucksack verstauen, loswandern, essen, Wasserquellen finden, wandern, wandern, wandern, die Aussicht genießen, einen Platz für den Abend finden, Essen kochen, Schlafquartier herrichten, schlafen. Und wieder von vorn. Nach einer gewissen Zeit hatte jeder Ausrüstungsgegenstand einen festen Platz im Rucksack. Und wenn am Morgen nichts mehr herumlag, war folglich alles eingepackt. It’s as simple as that.

Einkäufe liefen genauso easy. Rein in den Laden, kurzen Überblick verschaffen. Ein paar Kekse, Zitronenkuchen, Tortillas, Tunfisch und Huhn aus der Plastiktüte und etwas Warmes für den Abend für X-Tage. Nach zehn Minuten war ich meistens fertig. Je kleiner der Laden, desto schneller das Resupply.

Kilometer um Kilometer großartige Landschaften, einzigartige Postkartenmotive. Wow-Gedanken wechseln sich nur damit ab, wo der beste Pausenplatz ist. Wann die nächste Wasserquelle kommt. Wieviel Schichten ziehe ich heute an? Was esse ich heute Abend aus meinem Futterbeutel? Kann ich diese Schlange streicheln?

Kontakte knüpfen. Kein Problem. In der Natur ist jeder mit demselben Zweck: Rauskommen, den Alltag und die Massen hinter sich lassen. Manche in ihren Wohnmobilen und manche – wie ich – nur mit dem Rucksack auf dem Rücken. Irgendwie war ich trotz der Abgeschiedenheit nie allein und doch nur von den Menschen umgeben, mit denen ich Zeit verbringen wollte. Sehr schnell merkt man auf dem Trail, mit wem man auf einer Wellenlänge ist und gegebenenfalls auf einmal Wochen zusammen wandert oder wen man nach ein paar Stunden, gar Minuten ziehen lässt.

Diese Einfachheit wird recht bald zur Gewohnheit.

Zurück zur Realität

Vom Hike in den Urlaub

Nach diesen wunderbaren 1.300 Kilometer von Mexiko nach Utah war die Auszeit noch nicht zu Ende – aber anders. Mit dem Mietauto sollte es von Nevada über Utah nach Colorado und Kalifornien gehen. Ein toller Plan, der mich anfangs aber total überforderte.

Schon die Ankunft in Las Vegas mit meiner spärlichen Ausrüstung und den siffigen Wanderklamotten versetzte mich in eine Welt, in der ich mich plötzlich wie ein Alien fühlte. Mit meinen Trekkingstöcken in der Hand, dem Satellitenmessenger am Rucksack und den zerknitterten Wasserflaschen sahen mich die herausgeputzten Las Vegas-Reisenden in der bunten Glitzerwelt nur schräg von der Seite an.

Beim ersten Großeinkauf für den großen Roadtrip floh ich nach zwanzig Minuten völliger Planlosigkeit aus dem riesigen WalMart. Zu viele Menschen, zu viel Auswahl, von allem zu viel. Von meinem kleinen 65-Liter-Rucksack-Universum auf diesen unübersichtlichen SUV-Mietwagen zu wechseln, machte mich schier wahnsinnig. Überall Klamotten, die ich in dieser Menge überflüssig fand. Zwei Zelte, zwei Isomatten, zwei Schlafsäcke, Boote, Paddel, Wasserschutzwesten, Eisäxte, Bärenkanister, Feuerschalen, Holz- und Gaskocher. Und tonnenweise Kleinkram ohne System. Ewig viel Zeit verschwendet auf der Suche nach Dingen. Ich wollte meine Einfachheit wieder und mehr als einmal stand ich die ersten Tage frustriert vor der vollgestopften Karre.

Vom Urlaub in den Alltag

Irgendwann endet jeder Urlaub und jedes Sabbatical. Um die Heimkehr ein bisschen weicher zu gestalten, hatte ich mir noch eine Woche Pufferzeit in Berlin – meinem Wohnort – eingeplant, statt wie sonst gleich am nächsten Tag auf Arbeit durchzustarten.

Die Rückkehr in meine Wohnung kam mir seltsam fremd vor. Ich hatte sie für die Dauer meiner Abwesenheit untervermietet, aber davon war nichts mehr zu sehen. Als wäre ich nie weggewesen. Wäsche waschen, Gepäck ausräumen, einkaufen, Post durchsehen. Von 100 auf null.

Vom Alltag zur Arbeit

„Hallo, willkommen zurück. Wir haben hier ganz dringende Verfahren, die schon auf dich warten.“

Ob ich nun eine Woche weg war oder fünf Monate. Die Reaktion der Kollegen war im Prinzip gleich. Sicherlich hatte ich keine Riesen-Willkommensparty erwartet. Ein bisschen mehr Interesse und Kümmern nach doch ungewohnt langer Abwesenheit mit etlichen Abenteuern aber schon. Isoliert in meinem (unfreiwilligen) Einzelbüro kam ich mir direkt nach meiner Rückkehr ziemlich deplatziert und ausgeschlossen vor.

Fast einen Monat dauerte es, bis mein Chef eine Art Rückkehrgespräch mit mir führte. Zeit genug um festzustellen: so geht es nicht weiter. Ich muss etwas verändern.  Etwas, was meine Motivation in dem teilweise so sinnlos erscheinenden Verwaltungsalltag wieder hebt. Mein Versuch, im eigenen Unternehmen mal in die Unternehmenskommunikation hinein zu schnuppern, wurde von meinem damaligen Abteilungsleiter abgeschmettert. Damit würde ich ja nur meinem Hobby nachgehen wollen. Seltsam, dass einem das als Nachteil ausgelegt werden kann, das tun zu wollen, wofür man sich interessiert und studiert hat. Wofür man „brennt“.

Andere Arbeitgeber haben (auch) schöne Jobs

Da kam die Stellenanzeige eines Freelance Editors beim Anbieter für Routenplanung und Navigation im Outdoorbereich komoot genau richtig. Komoot – das bedeutet im süddeutschen Sprachraum so viel wie praktisch und einfach. Einfachheit war genau das, was ich jetzt suchte. Also möbelte ich meinen 13 Jahre alten Lebenslauf auf, machte einen Termin für Bewerbungsbilder und schickte meine Unterlagen digital ab. Rund drei Wochen später führte ich ein Gespräch mit den Chefredakteuren per Videokonferenz und eine weitere Woche danach flatterte der digitale Freelancer-Vertrag in mein Email-Postfach.

Meine Aufgabe: Spannende Touren planen, passende Routen erstellen und beschreiben, tolle Gebiete recherchieren und so den Nutzern einzigartige Abenteuer in der Natur vorbereiten. Eine Arbeit, die Spaß macht, die für mich Sinn macht. Nach meiner mir selbstauferlegten Probezeit von anderthalb Monaten reduzierte ich meinen Verwaltungsjob auf 30 Stunden die Woche, um mehr Zeit für den Freelancer-Job zu haben.

 

Nach nun gut acht Monaten kann ich für mich sagen: die Veränderung war goldrichtig und wichtig. Inzwischen arbeite ich weit mehr als vor meinem Sabbatical. 48 bis 50 Stunden die Woche sind weniger die Seltenheit als mehr die Regel. Dennoch bin ich um Längen glücklicher und ausgeglichener. Es ist viel wert, wenn man zumindest teilweise mit Leidenschaft an einer Sache arbeiten kann – während der Rest die Miete bezahlt und weitere Sabbaticals sichert.

Komoot als hundertprozentiger Remote-Job zeigt mir zudem, dass es auch im Job absolut pragmatisch zugehen kann und trotzdem oder genau deswegen ein Unternehmen erfolgreich sein kann. Ein Ansatz, von dem sich so manche Firma und Verwaltung eine Scheibe abschneiden kann. Für mich ist es der Schritt in eine veränderte Gegenwart und der Weg in eine neue Zukunft. Deutschland für immer? Sicher nicht.

Eine neue Lebenseinstellung

Aber nicht nur beruflich hat sich bei mir einiges geändert. Die Wochen in der Wildnis, mit all ihren Schönheiten und Herausforderungen, haben mich extrem entschleunigt und gelassener werden lassen. Mit der neuen Einstellung, sich nicht über Dinge aufzuregen oder zu ärgern, die man nicht ändern kann, lebt es sich viel entspannter. Das fängt schon beim Wetter an. Es wird nicht weniger regnen, wenn man die ganze Zeit Trübsal bläst. Stattdessen gibt es viel mehr positive Energie, sich auf ein warmes Dinner, eine trockene Hütte oder die nächsten Sonnenstrahlen zu freuen. Oder die frischen Kontaktlinsen, wenn man schon drei Wochen nur noch mit einer einzigen im Auge durch die Landschaft gewandert ist, weil die andere kaputtging und man in den USA ohne Rezept an keinen Ersatz kommt.

Inzwischen bin ich auch bereit, einfach mal die Dinge ihrem Lauf zu überlassen. Anfang Juni 2019 wanderte ich mit meinem Boot in die Wüste zu einer fünftägigen Flussfahrt zum anderen Ende des Nationalparks Canyonlands – ohne zu wissen, wie ich hinterher die rund 130 Kilometer wieder zum Auto zurückkommen würde. Vor dem Arizona Trail für mich undenkbar, mich auf völlige Planungslosigkeit einzulassen. Der Trail aber hat mir gezeigt: Es findet sich immer eine Lösung! 

 

Nachdem ich nach der Tour zwei Tage vom Colorado River durch die Canyons wieder zurückgewandert war, saß ich – im Schatten eines kleinen Busches – neben einem Wanderparkplatz. Ich machte mir noch einen Kaffee, denn ich wartete auf die deutsche Touristin, die ich während der Wanderung getroffen hatte und die angeboten hatte, mich wieder nach Moab zum Auto zurückzubringen. In dem Moment fragte mich ein älteres Ehepaar, ob es mich irgendwo hin mitnehmen könnte. Einfach so. Es findet sich immer eine Lösung.

Und das wars mit Wandern?

Natürlich nicht. Vor dem Arizona Trail habe ich mir die Frage gestellt, ob ich danach erstmal satt bin vom Leben im Zelt. Ganz im Gegenteil. Schon Wochen vor dem Überschreiten der Staatsgrenze zu Utah war klar: der nächste Trail muss her. Und er muss länger sein. 1.300 Kilometer sind zu schnell vorbei. Seit Oktober spare ich also auf die nächste Auszeit: sechs Monate in 2022. Der Pacific Crest Trail von Mexiko nach Kanada ist fest geplant. Denn: Home is, where you pitch your tent.

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