„Bloß weg hier!“ – 5 Tage Bikepacking-Abenteuer aus Berlin

In 2020 haben wir uns zur ausgefallenen TGO Challenge mit den Booten vom Spreewald nach Berlin aufgemacht. In 2021, in dem die Pandemie und Einreiseverbote noch immer andauern, schwingen wir uns vor der Haustür direkt auf die gepackten Bikes und radeln raus nach Südwesten.

Tag 1 – Einfach erstmal raus aus der Stadt

Über hubbelige Trails, die meist eher für Reiter gedacht sind, treten wir durch Sand, Kiefernwälder und an der Nuthe entlang. Wir entdecken neue Seen und dass jede Freiwillige Feuerwehr einen Party-Pavillion hat. Es gibt nen groben Plan über den Hohen Fläming nach Ferropolis und zur Dübener Heide – fünf bis sieben Tage, je nachdem, wann die Powerbanks leer sind. Der erste Tag führt uns von Lichterfelde in Berlin fast stetig durchs Grüne. Ziel: der Forst Zinna bei Luckenwalde und Jüterbog. Dort finden wir außerhalb des Naturschutzgebiets eine Lichtung mit zahlreichen Sitzbänken, teilweise überdacht, einen Aussichtsturm und sogar eine kleine Theke, in der wir die Räder unterstellen können. Perfekt!

Tag 2 – Durch die Sümpfe zum Mittelpunkt der DDR

Ganze viermal nassgeregnet, aber die Klamotten trocknen zum Glück genauso schnell! Heute ging’s unter anderem durch wunderschöne NSG Zarth, wo wir eine Schwanenfamilie beobachten konnten, bei der Mama oder Papa drei kleine Schwäne auf dem Rücken transportierte. Einen tollen Ausblick über die knallgelben Rapsfelder hatten wir bei den Belziger Landschaftswiesen. Ziel war heute der Hohe Fläming. Nach einem Abstecher zum (Massen)Mittelpunkt der DDR und zu einem Lost Place suchten wir uns ein Plätzchen im Wald. Wasser gab es beim sehr nobel klingenden Artesischen Brunnen.

Tag 3 – Von der Burg zum Bergmolch

Was für ein genialer Tag, mal ganz ohne Regen! ☀️ Bei 22 Grad ging es runter nach Bad Belzig zu einem leckeren Döner und vorbei an der für diesen kleinen Ort beeindruckenden Burg Eisenhardt. Zu gern hätten wir einen Tag in der Steintherme verbracht, aber was will man in diesen Zeiten machen? Entlang der Plane hatten wir auf dem Bergmolchtrail jede Menge Spaß und tolle Aussichten. Den kleinen Molch haben wir leider nicht gesehen, aber der Trail ist superschön. Nachdem uns am Feiertag der Kaffee ausgegangen ist, fragten wir zaghaft am Campingplatz nach, der 10 Kilometer vor unserem eigentlichen Ziel lag. Und wir lernten, dass man unter bestimmten Bedingungen doch auf Zeltplätzen bleiben kann. Also Coronatest gemacht und den Tag spontan bei einem Radler beendet.

Tag 4 – Barockschlösser, Quarzmonster im Wald & die Stadt aus Eisen

Die heutige Etappe war mal wieder super spannend und abwechslungsreich! Vom Zeltplatz folgten wir noch ein paar Kilometer dem schönen Bergmolchtrail, dann ging es ab nach Süden. Ein wenig auf Abwegen entdeckten wir eine alte, schier endlose Quarzförderanlage mitten im Wald. Nach einer etwas längeren Drohnenbergungsaktion ging’s weiter zum Apollensberg mit einem herrlichen Blick über die Elbe. In Coswig konnten wir endlich unsere Vorräte auffüllen (allen voran Kaffee). Mit der Fähre setzen wir über, passieren den hübschen Wörlitzer Park (Fahrräder leider verboten) und Oranienbaum mit Schloss. Am Gremminer See angekommen bot sich ein großartiger Ausblick auf die mächtigen Maschinen von Ferropolis. Der fast volle Mond machte alles noch perfekter. 

Tag 5 – Von den Eisengiganten in Ferropolis zum Försterteich

Von den umliegenden Wäldern mit Ausblick auf die Halbinsel radelten wir heute gut vier Kilometer nach Ferropolis und gönnten uns einen Spaziergang durch die Geschichte des regionalen Bergbaus. Medusa, Big Wheel, Mosquito, Gemini und Mad Max – die Namen dürften so manch einen an berühmte Filmfiguren und Fabelwesen erinnern. Tatsächlich verbergen sich hinter den fantasievollen Namen gigantische Zeitzeugen des Bergbaus in Sachsen-Anhalt. Rund anderthalb Stunden spazierten wir hauptsächlich zwischen den eindrucksvollen Eisenriesen, die man aus nächster Nähe betrachten und bestaunen kann. Gemini, den knapp 2000 Tonnen schweren Absetzer, durften wir sogar begehen. Wer in der Nähe ist, sollte sich die tolle, wirklich einzigartige Ausstellung nicht entgehen lassen. 

Mit der Hoffnung auf einen leckeren, warmen Imbiss drehten wir eine Runde durch Gräfenhainichen und landeten dann doch auf dem Parkplatz der örtlichen Lidl-Filiale mit furchtbar süßer, blauer Fanta und Wraps aus dem Kühlregal. Besser als nix. Explizit als Wolfs-Streifgebiet ausgezeichnet empfing uns die Dübener Heide mit einem langgezogenen Aufstieg und dann immer wieder auf und ab wie eine Achterbahn. Mit einsetzen der Schlechtwetterfront landeten wir am Tagesziel, dem idyllischen Försterteich mit einer kleinen Schutzhütte. Zeit fürs Abendessen und einen heißen Tee.

Tag 6 – Matschschlacht durch die Dübener Heide

Nach fünf tollen Tagen, an denen das Wetter (zumindest entlang unserer Route) immer besser war als der Wetterfrosch es vermuten ließ, beenden wir am heutigen sechsten Tag unsere „Tour du Sud de Berlin“. Da der Regen am Morgen unaufhörlich aufs Zelt prasselt, haben wir es nicht eilig, loszuradeln. Also schnell raus aus dem Zelt, rein in die Schutzhütte und ein bis drei Kaffee gekocht. Und siehe da: Um 12 Uhr eine Regenpause! Die Niederschläge haben allerdings Spuren hinterlassen und die Wege ordentlich aufgeweicht. Matsch, Sand, Gräser, Pollen – alles findet sich irgendwo am Rahmen und an den Taschen wieder. So schön, dass ein Vogel direkt drin nisten könnte.

Fröhlich durch Pfützen spritzend rollen wir also durch Wald, Feld und kleine Dörfer Richtung Lutherstadt Wittenberg. Bislang sind wir von oben verschont geblieben. Das soll sich aber fünf Minuten vor Ankunft am Bahnhof ändern. Dicke, dunkle Wolken holen uns ein und hinterlassen uns triefnass beim Überqueren der Elbe. Das Wasser läuft von der Regenjacke in meine Hose und von dort am Bein entlang in Socken und Schuhe. Die Schaffnerin ist begeistert, als wir in den Zug springen und eine Wasserlache hinterlassen.

Sechs tolle Touren gehen damit mit knapp 300 Kilometern zu Ende. Sicher für manche ein Klacks. Aber wir haben wie so oft uns für die naturnahen und teilweise nicht ganz einfachen Wege entschieden. Unsere Hintern haben uns nun endgültig zu verstehen gegeben: Schafft euch gepolsterte Klamotten an. 😉

Falls du die Tour nachradeln oder als Inspiration nutzen willst, findest du sie hier: