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Erfahrungsberichte aus den Trainingsmärschen für 100 km in 24 Stunden

[:de]40 km Grunewald – Eine Wandergruppe… is ja doll![:]

[:de]Dass meine erste selbstgeführte Wanderung 2018 noch im März eine klassische Winterwanderung werden würde, hatte ich bei der Planung so nicht geahnt. Anfang Januar hatte ich mit Blick auf den Kalender festgestellt, dass sowohl der Januar als auch der Februar gut mit offiziellen wie inoffiziellen Events gefüllt sind.
Im März ist es eh schöner und wärmer, dachte ich, als ich den 4. März für eine Wanderung mit 40 km ohne konkrete Strecke ankündigte. Januar und Februar waren für deutsche Verhältnisse überraschend warm ausgefallen. Aber das sollte nur eine Täuschung gewesen sein. Während die Vögel schon tirilierend in den Bäumen saßen und die Krokusse bereits ihre weißen und lila Köpfchen aus diversen Wiesen streckten, dachte sich der Winter: jetzt komm ich nochmal richtig!

-12 Grad zeigt das Thermometer, als ich die Route für meine Märzwanderung plane. Wohin nur? Bei den Temperaturen weit raus aus der Stadt ist keine gute Idee und viele fangen die Saison ja auch jetzt erst an, schaffen also noch keine 40 km. Aus einer schon längst geplanten Sommerroute durch den Grunewald stricke ich kurzerhand eine wintertaugliche und lade alle Teilnehmer zum Start am U-Bahnhof Ruhleben ein.

Hilfe, das Handy ist weg

Von mir zu Hause aus sind es gute 50 Minuten bis Ruhleben. Unterwegs treffe ich auf Diana, Christian und Hanna. Wir quatschen munter bis zur Zielstation, steigen aus und finden unten am Eingang eine bunte Traube Wanderwütiger. Fast alle sind da. Alle, bis auf Max. Der sitzt gemütlich im warmen Auto und lässt auf sich warten. „Fragen wir ihn doch mal, wie lange er noch braucht“, denke ich und greife zu meinem Handy. Ins Leere. Da, wo es sein sollte, ist es nicht. Und auch bei allen Alternativaufbewahrungsstellen finde ich es nicht. Hab ich doofe Kuh jetzt echt mein Handy in der Bahn liegen lassen? Ich renne hoch. Zum Glück ist Ruhleben der Endbahnhof der U2. Die Bahn steht noch dort und wartet auf die Wiederabfahrt in die andere Richtung. Ich hechte zum Abteil, wo wir saßen. Kein Handy. Ich frage eine dort sitzende Frau, ob sie ein Telefon gefunden hat. Nein. „Aber da drüben liegt doch was“, sagt sie. Tatsächlich liegt gegenüber von dort, wo ich saß, gut getarnt mein Telefon. Weiß der Fuchs, wie es da hin kam. Egal. Mit unglaublicher Erleichterung husche ich wieder nach unten zu meiner Wandergruppe. Während wir unser typisches Start-Gruppenfoto machen, kommt dann auch Max. Es geht los!

Spieglein, Spieglein

Unser Weg führt uns zur Murellenschlucht. Dort wollte ich schon einige Zeit hin, denn es soll ein wunderschöner Trail sein. Und das stimmt auch. Schon kurz nach Verlassen des Bahnhofes biegen wir rechts in den Wald ab. Sümpfe und Moorlandschaft umgeben den Waldweg. Und alles ist gefroren. Die Sonne strahlt durch die Baumwipfel und lässt das Eis glänzen. Bei einem Blick nach hinten erscheint mir unsere Gruppe auf einmal ums doppelte gewachsen. Ach nee, sind Trailrunner. Die laufen hier wahrscheinlich jeden Sonntag. Nun, heute sind wir hier. Wie eine Horde ultralangsamer Trailrunner bewegen wir uns durch den Wald und blockieren ihre Strecke, so dass sie sich woanders langschlängeln müssen.

Aus der Schlucht heraus geht es ordentlich bergauf und ich höre Geschnaufe hinter mir. Kalt ist sicher niemandem mehr. Wir sind jetzt genau hinter der Waldbühne. Hier stehen überall am Weg – völlig deplatziert – Verkehrsspiegel rum. Es soll wohl ein Kunstprojekt sein, erzählt mir jemand. Ein Mahnmal für den nationalsozialistischen Hintergrund der Murellenschlucht, wie ich später herausfinde. Ich glaube viel eher, dass die Spiegel dazu dienen, bei Konzerten besser Leute zu sehen, die über den Zaun der Waldbühne klettern.

 

Dass wir bei dieser Tour die sechsspurige Heerstraße an einer ampellosen Stelle überqueren müssen, hatte ich so gar nicht auf dem Schirm. Umso größer sind meine Augen als wir an der Stelle ankommen und ich eine Assoziation zu Frogger habe. Das ist ein putziges kleines PC-Spiel aus den 80ern, bei dem man Frösche über eine Straße bringen muss, ohne dass sie überfahren werden. So ungefähr muss das dann aus Autofahrersicht auch aussehen, als 35 bunte Quakfrösche über die startbefahrene Heerstraße hüpfen, aber heil auf der anderen Seite ankommen.

Wir biegen auf Pichelswerder ein, eine kleine Halbinsel, die noch zu Spandau gehört. Direkt am südlichen Ufer sind Schirme und Stände aufgestellt und ein Mann lässt sich zum Fenster raushängen. Ob die hier Glühwein haben?
„Hey, habt ihr Glühwein?“ „Na klar. Roten und weißen!“ Es sind zwar noch keine 7 Km gewandert, aber Glühwein schreit nach Pause. Einige huschen aufs improvisierte Örtchen, viele holen sich Glühwein und Kuchen und wärmen sich kurz an der Feuertonne auf, in der um halb elf morgens schon das Feuer knistert.

 

Im Blindflug durch den Grunewald

Bevor wir wieder aufbrechen, gebe ich meine Rolle als Navigator kurzerhand an Melli ab. Ich sehe nämlich seit ein paar Kilometern so gut wie nüscht mehr. Meine Augen zeigen mir deutlich, dass sie die Investition in ein neues, teureres Paar Kontaktlinsen missbilligen und schmieren irgendwelchen Kram von innen rauf. Ich sehe nur noch Nebel und den Bildschirm meines Handy kann ich schon gar nicht mehr richtig erkennen.

Und so trotte ich dann selbst mitten in der bunten Masse mit, glücklich, dass jemand anderer nun erstmal den Weg weist. Die ungewöhnliche Sanddüne im Grunewald kennen die meisten noch nicht. Ich freue mich immer sehr, meinen Mitwanderern neue Ecken Berlins und Brandenburgs zeigen zu können. Fast alle gehen automatisch direkt auf den Gipfel und dann gleich weiter zu der kleinen Eisfläche am Fuße der Düne. Blind wie ich bin, traue ich mich trotzdem hier rauf, denn der Tümpel ist klein genug, um gut durchgefroren zu sein. Ein bedrohliches Knacken aber lässt fünf von uns aufhorchen, als sie alle zusammen auf einer Stelle stehen. Bloß runter hier.

 

Nach guten 18 km kommen wir an unserer ersten (und einzigen) richtigen Pause an und veranstalten wie so oft einen Flashmob bei McDonalds. Während sich die meisten eine kleine Stärkung holen, verschwinde ich erstmal zur Toilette und putze die hässlichen Linsen. Erst danach erkenne Miri, die dort zu uns stößt und mich zu einem fetten Stück Schokotorte verführt.

Ich see was, was du nicht seest

Kurz nach Wiederaufbruch gelangen wir zur Krummen Lanke und sehen uns einem Meer von Spaziergängern und Ausflüglern gegenüber, die wie die Wilden über die Eisfläche auf der Krummen Lanke flitzen. Ein wenig verführerisch sieht es schon aus. Aber haben die Minusgrade nicht erst vor einer Woche eingesetzt? Wie dick kann die Eisschicht auf ein doch recht großen See schon sein? Nicht sehr, wie uns einige hundert Meter weiter bewusst wird. Auf der Seeseite, an der wir gerade vorbei gehen, ist noch nicht einmal eine dünne Eisschicht, sondern offenes Wasser. Auf dem Schlachtensee sehen wir das vom erhöhten Weg aus nochmal deutlicher. Die Schlittschuhfahrer und Eisbegeher sehen das von der Seite, von der der sie die Eisfläche aus betreten, wahrscheinlich nicht. Sogar ein Zelt steht dort bedrohlich nah an der Grenze zwischen Eis und offenem Wasser. Alles Anwärter für den Darwin-Award, wie jemand später treffend schreibt.

Ich kann zwar nach der Linsenreinigung wieder alles klar sehen, aber etwas anderes trübt nach gut 24 km mein Vergnügen. Mein linker Fuß tut genau an der Stelle weh, die mir schon nach dem Ostseeweg solche Schmerzen bereitet hatte, dass ich hinterher kaum noch auftreten konnte. Sind meine Füße auf einmal nicht mehr kompatibel zu meinen geliebten Hiking-Schuhen? Ich habe die „Schuhzunge“ im Verdacht. Einige schmerzvolle Kilometer weiter (die schon gar nicht mehr hätte gehen sollen), schnürt mir Miri die Zunge vom Gelenk weg, damit sie nicht mehr drückt. Und ich laufe weiter.

Schwan drüber und Schwein gehabt

Ein wenig seelische Linderung bringt der Anblick dutzender Schwäne, die in Ufernähe der Havel übers Eis watscheln und im Wasser gründeln. Ein Mikropäuschen für alle, auch die, die die Schwäne ignorieren. Der Hammer zum Schluss kommt ja noch. Erstmal scheuche ich alle den Karlsberg hoch, der zum Grunewaldturm führt. Am Ufer zu bleiben, wäre auch nicht caro-like gewesen. Dafür spare ich uns aber den Schlenker über Schildhorn, der uns sicher 300 m Fußweg spart.

 

Stattdessen geht es alsbald rechts wieder in den Wald, gefährlich nah an verführerischen BVG-Bussen vorbei. Die Sonne senkt sich langsam über den Baumwipfeln hinter uns herab. Es wird wohl knapp, den Gipfel des Drachenbergs noch pünktlich zum Sonnenuntergang zu erreichen. Viele sehen schon richtig kaputt aus und dazu zähle ich auch mich dank meines Fußes. Neben mir schreit Aivin auf einmal auf. Eine Wildschweinrotte guckt uns von links nur einige Meter entfernt an. Frischlinge sind auch dabei. Etwa sieben Schweine gucken etwa 20 Wanderer an. Und andersherum. Den Schweinen wird’s zuerst zu blöd und sie trollen sich zurück in den Wald.

 

Kurz bevor sich der Weg gabelt – rechts hoch zum Berg, links drumherum – stelle ich jedem den Aufstieg frei. Ausnahmslos alle entscheiden sich für… rechts! Der Aufstieg ist steil und hart. Oben weht ein fieser Wind und ich höre jemanden sagen: „Da hinten ist ja mal Zivilisation zu sehen!“ Ja, diese Tour hat sich nicht nach Stadt angefühlt. In der Dämmerung wuseln wir den Berg hinab. Die Glühweinpause hat uns leider den Sonnenuntergang dort oben gekostet.

 

Nur ganz wenige Meter trennen uns nun noch vom Ziel am S-Bahnhof Heerstraße. Nach neun einviertel Stunden finden wir uns zum Abschlussfoto dieser Winterwanderung bei bestem Wetter zusammen. Es war ein schöner Tag.

Ich hoffe, ich sehe ganz viele von euch ganz bald wieder!

Die Strecke zum Nachwandern

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[:de]Von Wunder-Lauch and why Karma is a bitch [:]

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66 km durch die Döberitzer Heide und Sacrow

Endlich ist wieder Sommer. Zumindest war er da für einen Tag, denn schaut man dieser Tage, kurz vor Mai, aus dem Fenster und aufs Thermometer, hat man gute Chancen, DAS zu sehen: Schnee! Da wir davon bei unseren Wanderungen im Januar und Februar schon genug hatten, war es nur recht und billig, mit Sonne und warmen Temperaturen gesegnet zu sein.

Ausnahmsweise geht es diesmal an einem Sonntag auf die Pirsch. Nicht ganz uneigennützig, denn ich war ja gestern Abend mal eben noch den Airport Night Run als Personal Pacerin gelaufen und die Zeiten hätten sich gebissen. Ausgeschlafen ist jetzt nicht das Wort, was mir über die Lippen kommt, als ich um 7:30 Uhr in den Zug Richtung Dallgow steige. An jeder Station kommen mehr arme Irre in Wanderklamotten dazu. Punkt 8:30 Uhr geht’s los auf die Tour. Warten müssen wir heute nicht, denn der nächste Zug käme sowieso erst in einer Stunde. Ein kleiner Trupp, der schon einen Bahnhof weiter gestartet war, hat das Zeitmanagement auch im Griff und stößt pünktlich zu uns.

Die Döberitzer Heide mit ihren Bisons wartet auf uns. Entlang staubiger Wege führe ich die Menge aber erstmal auf etwas, was sich als Berg betitelt… aber nicht danach aussieht. Wo ist denn hier der Gipfel? Zeit für ein Päuschen. Testweise will ich heute mal alle Stunde bis anderthalb Stunden Pause machen, dafür jeweils nur für 10 Minuten. Angeblich soll man mit diesem System weiter kommen, als würde man laufen bis man nicht mehr kann. Mal sehen.

Kurz nach dem Berg merke ich, dass ich so gut wie gar nichts mehr sehe. Ein Nebelschleier hat sich anscheinend auf meine Kontaktlinsen gelegt und ich schaue wie durch Zuckerwatte. Nicht mal mein eigenes Handydisplay erkenne ich mehr. Damit navigiert es sich verdammt schlecht, aber zum Glück ist vorne jemand, der weiß, wo es langgeht. Nachdem ich jedoch nicht mal mehr erkenne, ob die braunen großen Dinger da Pferde oder Rindviecher sind, mache ich doch mal kurz halt und versuche, die Linsen zu säubern. Klappt zumindest so lange, um zu erkennen: es sind Bisons.

Ein Wunder von Lauch

Überquert man beim Verlassen der Döberitzer Heide die B2, gelangt man direkt in den Königswald und den malerischen Potsdamer Ortsteil Sacrow. Dem folgen wir immer am Ufer, entlang des Krampnitzer Sees, Jungfernsees, der Havel und dem Königssee. Dort, wo es vom Ufer mal kurzzeitig weggeht, duftet es auf einmal verführerisch würzig nach – ja was eigentlich? Schnittlauch? Zwiebeln? Knoblauch? Wo kommt hier mitten im Wald dieser Geruch her? Um uns herum wächst nur Kram, der Schneeglöckchen erstaunlich ähnlich sieht, aber keine sind. Das sei Bärlauch, klärt mich jemand auf. Dass auch das nicht ganz richtig ist, finde ich erst später in einer Bilderrecherche raus, denn wie Bärlauch sah das Zeug nicht wirklich aus. Es ist Wunder-Lauch, auch bekannt als Berliner Bärlauch. Der Wunder-Lauch wächst und blüht vor dem Bärlauch und breitet sich wiesenartig aus. Einige von uns fangen auf einmal an, wie Kühe um sich herum zu grasen. Frischer als hier, bekommt man das Grünzeug sicher nicht.

Die Halbinsel Sacrow ist vielseitig. Kaum sind wir aus dem Königswald raus, stehen wir schon im Schlosspark, dann vor der imposanten und einzigartigen Heilandskirche (hier wurde z. B. KeinOhrHasen gedreht), um dann den kleinen Ausläufer Meedehorn zu umwandern, der hauptsächlich mit Kleingärten bebaut ist. Alle Gaststätten haben geschlossen, daher muss es das Wasser aus dem nachbarlichen Gartenschlauch tun, um die Wasserblasen aufzufüllen.

Karma is a bitch

Kurz vor dem ersten Ausstiegspunkt bei 32 km quatsche ich so mit Christoph. Der erzählt mir von seiner Erkältung am Hals. Dass die sich bei ihm nur auf den Hals beschränkt, amüsiert mich königlich und ich lache mit Miri zusammen tränen. Die nächsten Sekunden verlaufen dann wie in Zeitlupe. Ich sehe noch die Wurzel und wie sich mein Fuß darin verfängt. Der Waldboden kommt daraufhin meinem Gesicht immer näher und irgendwas klatscht mir von hinten in den Nacken und auf den Kopf. Mein Schienbein durchfährt ein ruckartiger Schmerz. Und dann liege ich da, mitten im Dreck. Der Deckel meines Rucksacks war nicht richtig geschlossen und liegt auf meinem Kopf, mein Sonnenbrille habe ich plattgedrückt und verbogen. Hände sandig-waldig und beim Aufstehen sehe ich auch, warum mein Schienbein so weh tut. Einmal schön an der Wurzel blutig geschrammt. Aua!

Hätte ich mal meine Klappe gehalten und mich nicht so amüsiert. Statt dessen muss ich mich über meine eigene Tolpatschigkeit einfach nur wegpacken. Ich hätte meinen Abflug zu gern in Zeitlupe gesehen. Slapstick kann nicht besser sein.

Eigentlich wäre da die Bushaltestelle im Ortsteil Kladow genau der richtige Zeitpunkt gewesen, um mit der triefenden Wunde auszusteigen. Schließlich war ich ja so oder so in Zeitnot, denn am nächsten Tag ist ja schon wieder Spreewaldmarathonpaddeln angesagt. Aber nein. Caro latscht weiter. „Die paar Kilometer noch bis S-Bhf Pichelsberg gehen auch noch“. Die paar Kilometer sind im Übrigen 21 km. Gute vier Stunden Fußweg also. Vernunft abgeschaltet, Bein ordentlich desinfiziert (noch mal Aua) und weiter. Das Wetter ist halt so schön und die Gesellschaft so nett.

Den letzten beißen die Hunde

Ein kleines Grüppchen hat den Ausstiegspunkt quasi überrannt und ist meilenweit vor uns hinteren. Bei einer Gaststätte machen sie gerade Pause und ich bekomme Bilder von Kugeleis über die lahme Mobilverbindung geschickt. Das macht Vorfreude und ich vergesse sogar mein schmerzendes Schienbein. Eine gefühlte Ewigkeit (für beide Seiten) später, kommen wir endlich auch bei der Gaststätte an.

Da sitzt noch unser Vorläufer-Grüppchen und knabbert genüsslich am Eis. Aber ratet mal was: das Eis ist alle! Stattdessen gibt es nur eine schnöde Cola. Ob das auch noch die Auswirkung des Karmas ist?

Wir raffen uns gemeinsam wieder auf. Gut so, denn je ruhiger ich mich verhalte, umso mehr macht sich das Schienbein wieder bemerkbar. Der bewaldete Weg entlang des Westufers des Sacrower Sees lenkt zum Glück ab. Irgendwie ist der Tag aber heute doch anstrengend. Habe ich mich doch noch nicht gut genug vom Airport Run erholt? Ist es das plötzliche Sommerwetter gepaart mit drohendem Sonnenbrand? Die Strecke? Keine Ahnung, aber ich bin nicht die einzige, der es so geht. Bei der nächsten Kurzpause nach 41 km am nördlichen Ende des Groß Glienicker Sees beschließen wieder ein paar sonst unschlagbare Wanderer, den Bus Richtung Spandau zu nehmen. Und auch für mich steht ab hier fest: bis Pichelsberg lauf ich nicht mehr. Und bestelle mein persönliches Shuttle.

Dem Sonnenuntergang entgegen wandern wir entlang der Rieselfelder und sehen noch den Bus nach Spandau an uns vorbei fahren. Nach 46 km freue ich mich, dass da ein Auto auf mich wartet und meine geschundenen Knochen nach Hause fährt. Ja, für heute reicht es. „Morgen früh um 8 Uhr geht es schon wieder in den Spreewald, zum Marathonpaddeln“, denke ich. „Und du hast weder gepackt noch eingekauft!“ Und während ich das so denke, sehe ich im Vorbeifahren die anderen weiterwandern. Wohlgemerkt auf der falschen Route.

Wer die landschaftlich wunderschöne Strecke nachwandern möchte, findet sie hier

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[:de]Jahresauftakt-Wanderung: 35 km aufs Glatteis geführt[:]

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Die Jagdsaison hat wieder begonnen. Die Jagd auf Kilometer. Kilometer, die mich, dich und uns näher an unsere persönlichen Jahresziele bringen sollen, sei es der Mammutmarsch, Ostseeweg, Megamarsch oder die Horizontale. Egal. Wir wollen uns fit machen und dazu rückten am 21.01.2017 unglaubliche siebzig (!) Menschen in Hohenschönhausen an, um gemeinsam auf die erste Trainingswanderung zu gehen. Ganz viele bekannte und lieb gewonnene Gesichter waren da, aber auch einige motivierte Neuankömmlinge, über die ich mich besonders gefreut habe.

Grün im Beton - Startgruppe

Schon letztes Jahr war die erste Wanderung angesichts der winterlichen Bedingungen eine Herausforderung. Das sollte diesmal nicht besser werden. Schnee und Eis. Fast die gesamten 35 km lang. Nun ja. Einige waren das ja schon von der Polarnacht gewohnt. Einen stadtnahen Kurs hatte ich gebastelt, der trotzdem viel Grün (in unserem Fall Weiß) versprach und etliche Ausstiegspunkte für die eigene Planung und das eigene Können.

Um 9:30 Uhr stapften wir also los. Schon nach den ersten Metern war klar: das wird eine anstrengende Wanderung. Immer wieder glitschte mein rechter Fuß in die eine Richtung, der linke in die andere. Äußerste Vorsicht und kleine Tippelschrittchen waren angesagt. Ziemlich schnell waren wir aus der Stadt raus und hatten einen schönen Blick auf die Felder, sofern man sich traute, den Blick vom Boden zu heben. Die Wuhle, ein kleines Flüsschen durch den geographischen Osten Berlins, begleitete uns alsbald zu unserer rechten.

Nach gut acht schlüpfrigen Kilometern hatte ich die Besteigung des Großen Ahrensfelder Berges geplant. Der Weg da hoch sah allerdings nicht besser aus als der bislang schon zurückgelegte Weg. Option 1: den Dingen trotzen und sich mühsam hochwinden, Option 2: vorsichtig weiter um den Berg unten herumschliddern. Etwa 30 Tapfere/Verrückte entschieden sich tatsächlich für Option 1, so dass sich unsere Gruppe an der Stelle erstmal trennte. Und wer die Route so plant, der muss da natürlich auch hoch. Immer schön einen Fuß vor den anderen setzen. Schneefreie Flächen ausmachen und nutzen. Atmen nicht vergessen. Nachdem der erste Abschnitt gemeistert war, bot sich erstmal das gesamte Bild dessen, was noch auf uns wartete. Ein steiler, vereister und verschneiter Abhang. Ziemlich viele fragten sich, warum genau sie sich um Himmels Willen für Option 1 entschieden hatten. Die letzten Stufen – natürlich auch von Eis überzogen – und der Anblick von oben war eine kleine Belohnung für die Mühe. Auf dem “Gipfel” wäre ein schöner Pausenplatz gewesen. Im Sommer. Bei Sonnenschein. Und 20 Grad. Heute war hier nur eine weitere Eisfläche zu finden. Kurz verschnauft und runter ging es wieder. Wir konnten die anderen ja nicht so lange in der Kälte frieren lassen.

Grün im Beton - Ahrensfelder Berg Gipfel Panorama

Der Weg hinunter war dann die eigentliche Herausforderung. Wo es nicht durchs Eis glatt war, war es glitschig durch den vom weggetauten Schnee nassen Matsch. Ein paar Unglücksraben landeten dann doch im Dreck, manch einer auch mehr als einmal. Zum Glück ohne schlimmere Folgen.

Tippel, tippel an der Wuhle entlang und dann ein ganzes Stück geradeaus, geradewegs nach Mahlsdorf, wo unser erster Pausenplatz wartete. Flashmobartig fielen wir bei Burger King ein. Ein Fastfood-Brater sollte doch mit etwa 50 Menschen klarkommen. Dachte ich. Die Realität sah leider anders aus. Die Filialmitarbeiter waren völlig überfordert und der Kaffeeautomat das Nadelöhr schlechthin. Zeit, auf Toilette zu gehen, war genug, denn die letzten kamen erst nach einer dreiviertel Stunde überhaupt zum Bestellen. Was landete auf meinem Tablett? Salat und gesunde Sachen… nicht. Ein Hot Blondie (die heiße Vanillesoße lief direkt aus dem Gebäck heraus), frittierte Zwiebelringe und… Eis! Na klar. War ja noch nicht eisig genug.

Mit Eis als Wegzehrung ging es weiter. Wir passierten die Kaulsdorfer Seen, die ich gar nicht so groß vermutet hätte. Etwas weiter südlich kehrten wir wieder nach Norden um und folgten dem Teil der Wuhle, den wir durch den Abstecher zum Burger König verpasst hatten. Ein paar wirklich schöne und interessante Gespräche hatte ich schon geführt, als wir am S-Bhf Wuhletal ankamen und für einige hier nach gut 25 km Schluss war. Gute Vorsätze, strotzende Motivation, Optimismus, Inspiration und Tatendrang… all das war mit uns auf dem Weg.

Den nächsten Berg, die Biesdorfer Höhe, lies ich angesichts der leidenden Mienen am Ende doch aus. Es reichte schon, den zur Abwechslung glatten Weg drumherum zu meistern. Ein paar Kilometer später fragte ich mich, warum uns eine kleine Horde Wanderer jagt. Wer ist denn noch so verrückt und vor allem: warum rennen die uns wie blöd hinterher? Eine kleine Gruppe hatte es sich doch zur Aufgabe gemacht, den Berg in Angriff zu nehmen. Der Abstieg war aber wohl weniger lustig gewesen und hatte immens Zeit gekostet. Tapfer, meine Lieben!

Die Dämmerung begann nach etwa 30 km, die bevorstehende Nacht anzukündigen. Einen kleinen Zwischenstopp, diesmal bei der Konkurrenz, hatte ich noch eingeplant. Die kamen irgendwie besser mit einem Rudel ausgehungerter Wanderer klar. Zwischen Curly Fries und Burgern kam dann die Idee auf, einfach der (geräumten) Hauptstraße zu folgen, statt wie geplant durch die Hintergärten zu schleichen. Zu sehen gäbe es da sowieso nicht mehr viel, da es inzwischen schon reichlich dunkel geworden war. Und noch mehr Eis… nein danke!

Die letzten drei Kilometer folgten wir daher einfach der Straße. Kein Rutschen, kein Gleiten, kein Schliddern. War doch auch mal schön! Nach guten 8 Stunden waren wir wieder am Anfang der Reise angekommen: am S-Bhf Hohenschönhausen. Erschöpft, aber glücklich versammelten wir uns zum schon Tradition gewordenen Abschlussfoto, bevor wir uns in alle Winde verstreuten.

34,7 km zeigte meine GPS-Uhr da an. Die konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Wie ein wildgewordener Lemming rannte ich noch drei Runden über den dunklen Parkplatz. 35 km! Gut, jetzt kann ich ins Auto steigen 🙂

Ich hoffe, die nächste Wanderung setzt uns nicht so zu. Vielleicht, ganz vielleicht, haben wir ja da schon ein bisschen Frühling! Ach ja, und Gregor muss uns unbedingt mal seine preisgekrönte Himbeer-Sahnetorte mitbringen, von der er mir so vorgeschwärmt hat. Ich kann seitdem an nichts anderes mehr denken…

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[:en]Schlemmertour 2016[:de]Schlemmertour 2016 – Eine Wanderung in den Süßigkeitenbergen[:]

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Vielen Dank, dass ich hier und heute die Ehre habe, einen Gastbeitrag zu schreiben und nicht wie gewohnt auf www.nordicfamily.de über meine Outdooraktivitäten berichte. Und meine neu entdeckte Leidenschaft für‘s Wandern und zwar für das Wandern längerer Strecken, ist ja auch mehr eine Aktivität unter der Kategorie „Nur die Mama!“

Während des Ostseeweges 2016 werde ich erstmals auf den Blog EarnYourBacon aufmerksam und bin erstaunt, wie viele Anhänger im echten Leben an Trainingswanderungen und persönlichen Treffen teilzunehmen scheinen. Das könnte etwas für mich sein, denke ich und behalte die Aktivitäten auf Facebook und im Blog im Auge.

Vor der Schlemmertour

Die „Schlemmertour“ wird angekündigt, 40 Kilometer, drei Fabrikverkäufe von Süßigkeitenherstellern sind auf der geplanten Strecke zu finden. Das könnte in allen Dimensionen etwas für mich sein und ich klicke “Interessiert“ – vor einer Woche wird daraus ein „Ich nehme teil“.

Ich habe vor knapp vier Wochen eine 40 Kilometer Wanderung absolviert, davor den Ostseeweg, davor wiederum kleinere Wanderungen, Waldläufe und naja ein bisschen Kung Fu Training, Jogging, Radfahren, was man halt so macht. Ich fühle mich jedenfalls einigermaßen gewappnet, bin trotzdem nervös, was mich erwarten wird und ob ich mit der Gruppe mithalten kann.

Ich versuche noch einige Bekannte zu motivieren, auch teilzunehmen, keiner kann kommen. So werde ich außer Carola Keßler erstmal niemanden kennen. Wie spannend.

Es ist Freitag, der Wetterbericht für Samstag zeigt erst einen Tropfen Regen und dann nachmittags zwei Tropfen Regen. In der Facebookgruppe  „Marschgruppe EarnYourBacon“ hat sich jedenfalls über die Wettervorhersage noch niemand geäußert – alles Wanderprofis. Nur körperliche Abgeschlagenheit und Arbeit sind Gründe, nicht an der „Schlemmertour“ teilzunehmen.

Der Start und die Grundausrüstung zur Schlemmertour

Ich entschließe mich, erst mal loszugehen. Es gibt ja auch schließlich Möglichkeiten, einen Bus oder die Bahn zu nehmen, und vorher aufzuhören.

Etwas überstürzt verlasse ich halb neun am Samstag das Haus, im Rucksack ein paar Kleinigkeiten zum Essen und Trinken verstaut. Er ist nicht ganz leicht. Entgegen meiner letzten guten Erfahrungen mit ausgelatschten Turnschuhen zu gehen, entscheide ich mich aufgrund des Wetters für meine wasserdichten, aber auch schweren Wanderschuhe. Weiterhin trage ich meine heißgeliebte Matschhose, atmungsaktiv und wasserdicht, darunter eine Merinowollhose, oben ein Merino Longsleeve, Woolpowerstrickjacke und eine Regenjacke. Eine Stunde S-Bahnfahren lässt das Gefühl aufkommen, dass ich zu warm angezogen bin.

Das erste Süßigkeiten Outlet

Wittenau im Norden von Berlin ist unser Treffpunkt. Schon auf dem Bahnsteig begrüßen sich wanderlustig aussehende Damen, vor dem Bahnhof versammelt sich ein Grüppchen, was in den nächsten Minuten zu 25-30 Leuten anwächst. Erwartungsvolle Gesichter schauen auf Handydisplays und plappern etwas von Schokolade und Keksen. Der Bahlsen Fabrikverkauf ist nur ein paar Meter entfernt.

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Vor dem Tor schießen wir erst einmal das obligatorische Gruppenfoto. Ich kämpfe mit meiner Wanderapp und möchte noch schnell die aktuelle Landkarte runterladen, deshalb schaue ich nicht wirklich in die Kamera – da sieht man mal, was so wichtig ist.

Die Mitarbeiterinnen an der Bahlsen Kasse schauen etwas ungläubig, als wir gegen kurz nach zehn den Laden stürmen. Ich schaue etwas ungläubig, als ich sehe, was für Mengen an Süßigkeiten in den Wanderrucksäcken verstaut wird. Ich selbst kann mich aufgrund dieser Wander App Geschichte nicht richtig auf die Auswahl konzentrieren und schnappe einfach spontan ein paar Dinge – darunter Cookie Aufstrich und etwas für die Füllung von Weihnachtskalendern für die Kids.

Nach einer Viertelstunde stehen alle wieder bereit zum losmarschieren. Die Rucksäcke sind prall gefüllt mit Kalorien. Wir laufen durch Wittenau, entlang großer Straßen und durch Industriegebiete. Das Wetter hält sich. Hin und wieder wird man angesprochen, was wir hier machen. So eine große Marschgruppe sieht man nicht alle Tage und in der Zeitung war unsere „Veranstaltung“ auch nicht angekündigt. Ich unterhalte mich angeregt und nehme eine Mischung aus trubeliger Stadt, Geschichten aus Nah und Fern wahr.

Ich wünsche mir, dass wir bald mehr in den Herbstwald gehen. So genau habe ich mir die Strecke vorher nicht angeguckt, aber ein bisschen Grün war schon zu sehen.

Auf Bahlsen folgt Storck. Beim eigentlichen Storckwerk werden wir auf einen anderen Ort verwiesen. Zum Glück ist dies nur ein kleiner Umweg. Auch hier werden Rucksäcke weiter gefüllt. Sogar raffinierte Tragekombinationen (siehe Bild) kommen zum Einsatz. Die Frage ist: Ab jetzt viel Essen und weniger tragen oder wie?

Ich stopfe mir beim Gehen ein Brötchen rein, ich befürchte, offizielle Pausen gibt es bei den Profis nicht.

Pause auf der urbanen Wanderung

Aber ich frag mal vorsichtig in die Runde. Carola hat sich nach Storck verabschiedet und war bei den letzten Wanderungen die Pausenkoordinatorin. So viele gemütliche Picknickplätze gibt es in der Stadt nicht. Entdeckung: Spielplatz mit Bänken. Eine echte Pause tut not. Bei mir jedenfalls. Ich schlürfe ein bisschen Kürbissuppe aus meinem Thermobehälter und trinke einen Kaffee. Schoki hat auch noch Platz. Und jetzt ein gemütliches Mittagsschläfchen – nein nicht wirklich – ich bin viel zu aufgeregt :). Wir sind jetzt knapp vier Stunden gewandert und ich rechne damit, dass wir ca. zehn Stunden brauchen.

Processed with Snapseed.

Zum Glück gibt es eine richtige Toilette an der Tankstelle nebenan. So sind eben urbane Wanderungen: Spielplatz als Picknickplatz, Tankstelle für sanitäre Einrichtung.

Aber es kommt auch noch anders. Wir schreiten, schlurfen und eilen auch durch Wälder und Gartenanlagen. Die Bäume sind noch einigermaßen belaubt. Wenn die Sonne scheinen würde, gäbe es hier einen Farbenwettstreit aus Gelb und Orange. Es duftet nach feuchtem Laub und nasser Erde.

Hier in den Wäldern begegnen uns wenig andere Menschen.

Schlemmertour

Schlemmer Regen auf Schlemmertour

Gegen drei fängt es an zu nieseln. Einer nach dem anderen zieht sich etwas über oder, ich staune wieder, kleine Schirme werden aufgespannt.

Es gibt aber auch das Prinzip: Ich lass mich nass regnen, am Ende ziehe ich mich um, dann bin ich wieder trocken.

Nun ich liege mit meinen wasserdichten Hosen und meiner Regenjacke irgendwo dazwischen. Ich freue mich über meine trockenen Füße. Es wird gegen vier immer dunkler.

In kleinen Straßen weisen die Laternen den Weg, in unwegsamen Gelände leuchten ein paar Stirnlampen.

Der Moment der Wahrheit

In Falkensee an einer T-Straße kommt der Moment der Wahrheit. Wer gehört hier zu den richtigen Cracks und was ist mit mir selbst? Biege ich nach links ab (Abbruch der Wanderung) oder nach rechts (Fortsetzung – kaum ein weiterer guter Ausstieg möglich). Laut Navi sind es noch 15 Kilometer bis zum Ziel, nach meiner Rechnung sind das 3 Stunden.

Ich stelle mir kurz vor, wie es jetzt in einer warmen Badewanne wäre. Aber dann denke ich mir, was sind schon 15 Kilometer und 3 Stunden im Regen laufen. Schließlich will ich wissen, wie das ist, vor allem was der Unterschied zu der sonnigen Herbstwanderung mit Heiko und dem halben Ostseeweg ist. Ich habe den großen Drang Erfahrungen zu sammeln, mit mir selber und meiner Ausrüstung und all den anderen motivierten Menschen.

Die letzte Etappe mit „der wilden Dreizehn“ Es bleiben Dreizehn Wanderer auf dem Weg zum Ziel. Für mich wird es ruhiger und beginne langsam eine Blase unter der linken Fußsohle zu spüren. Bei jedem kurzen Halt wird mir klar, dass Pausen in der Phase irgendwie nicht gut sind. Lieber schnell einen Apfel im Gehen wegschnurpsen und eine Tüte von den Mandeln, die ich bei Bahlsen erstanden habe. Meine Laufapp sagt mir, ich hätte schon über 2.000 Kalorien verbrannt – das sind 4 Tafeln Schokolade – Jippijeh.

Am Morgen erzählte ich meinem Mann noch, dass ich schon irgendwie vom Zielort wegkommen würde. Keine Sorge, er muss mich nicht abholen.

Mit jedem Kilometer wünsche ich mir mehr, dass da ein warmes trockenes Auto auf mich wartet und mich flugs nach Hause fährt. Ich höre eine tollkühne Geschichte von einer Wanderkollegin, die ihr Auto um halb sieben am Ziel abgestellt hat und dann anderthalb Stunden mit den öffentlichen zum Startpunkt gereist ist. Planung ist alles, denke ich und hoffe weiterhin auf meinen lieben Mann.

Die letzte Etappe der Schlemmertour im Regen

Weiter setze ich Fuß vor Fuß, höre nebenbei etwas von Ultraläufen, der Zugspitze und anderen Extremen. Ich bin wirklich blutige Anfängerin. Und überaus fasziniert von allem, was in dieses Metier gehört. Mittlerweile auch von wasserdichten Trailrunningschuhen, die wahrscheinlich die Hälfte von meinen schweren Wanderbotten wiegen. Nun ein Versuch war es wert und die Auswahl im Schuhregal war nicht so groß, aber für eine 40 Kilometer Wanderung mit über 50 Prozent Asphalt würde ich nicht wieder Wanderstiefel wählen. Eine Erkenntnis.

schlemmer-14

Tapfere 12 sind im Ziel der Schlemmertour 2016

Ich bin Bummelletzte und laufe fast auf die Gruppe auf, die stehen bleibt. Was ist los, denke ich und sehe vorne ein Auto, in dem ein Hund bellt. Wachschutz. Uff, nicht, dass wir hier nicht weiter laufen dürfen und wieder zurück (wie weit?) müssen. Rechts von mir sind Bahnschienen. Eine freundliche Wachschützerin erklärt, dass dies Bahngelände sei, wir dürften weitergehen, aber bis Bahnhof Elstal ist es noch ein Stückl. Ein dunkler Matschweg mit knöcheltiefen Pfützen ist unser Begleiter für die nächsten paar Kilometer. Ich hatte auch gar nicht damit kalkuliert, dass man bei unsicherem Untergrund und Dunkelheit auch langsamer wird. Die Kilometerangaben bis zum Ziel variieren auf den Geräten, auf einigen sind wir auch schon nicht mehr auf der Route, sondern auf einer Abkürzung.

Auf meinem Gerät sind wir schon bei knapp 41 Kilometern als wir wieder auf einer Asphaltstraße landen. Mein Telefon klingelt. Wo wir denn seien, mein geliebtes Abholauto wartet am Ziel.

Etwas umständlich mit nassen Fingern gelingt es mir dann doch meine Position elektronisch zu übermitteln und einige Minuten später hält ein Auto mit gleißenden Scheinwerferlicht neben mir auf der Straße. Wie wunderbar – mein Mann.

Es ist zwar ein bisschen geschummelt, nicht am Zielort gewesen zu sein, aber die 41 Kilometer sind geschafft. Wir fahren am Zielort vorbei und ich befürchte, dass man auf dem Gelände, eventuell noch ewig den erhofften Schokoladenladen gesucht hätte….. Amerikanisch anmutende Parkplätze und Shoppingmalls in Elstal. Die tapferen Zwölf haben es nicht mehr weit und freuen sich dann auch auf Wärme und Trockenheit.

Danksagungen

Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich mir nur so wenige Namen gemerkt habe, obwohl ich doch mit einigen erfahrenen Wanderern lange erzählt habe und sehr dankbar bin.

Danke an alle, die mich Anfängerin mit ihrer positiven Stimmung motiviert haben, die interessante Geschichten zum besten gegeben haben und uns sicher durch den Dschungel navigiert haben – ich freue mich wieder dabei sein zu dürfen. Danke an Carola Keßler für die Planung der Route und Melissa Steinberg für die Initiative.

Zum Nachwandern für Menschen mit großem Süßigkeitenhunger hier der Link zur Route “Schlemmertour 2016”.

route

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[:de]60 km unterwegs auf dem Havelradweg – Zu Fuß. (K)Eine gute Idee![:]

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Die Generalprobe für den Ostseemarsch! Zwei Wochen, bevor es wieder ernst wird, sollte die letzte lustige Wanderung stattfinden. „Lustig“ ist allerdings das letzte Wort, was mir über die Lippen gekommen wäre, wenn ich an die finalen Kilometer zurück denke.

Seit Anbeginn unserer Trainings hatte ich immer eine Route vorgegeben. Für dieses Wochenende wollte ich aber mal die Kreativität und Ideen der Gruppe nutzen und so kamen auch etliche schöne Vorschläge zutage. Bei einer kleinen Abstimmung ging der Havelradweg von Brandenburg an der Havel bis nach Werder als haushoher Favorit hervor. Aber weil das ja nur 41 km Wegstrecke sind, hatte ich die Route noch bis Potsdam auf gut 60 km verlängert – für die ganz Verrückten.

Viel zu früh…

…klingelte dann am Samstag der Wecker. 6:30 Uhr! Damit wir um 9 Uhr losmarschieren können. Wer, zur Hölle, hat sich denn DAS ausgedacht. Von Lichterfelde fuhr ich erstmal mitten in die Stadt, um dann mit dem RE1 wieder ganz weit raus zu fahren. Donut und zwei Kaffee hielten meine Moral aber hoch. Bis auf wenige Ausnahmen hatten die anderen wohl einen ähnlichen Tagesbeginn – zumindest verrieten das die verschlafenen Augen im Zug und am Start in Brandenburg.

havelradweg-start-brandenburg-havel

Da geht’s nicht lang!

Ein paar Tage vorm Abmarsch hatte ich mir die Strecke mal grob angesehen und festgestellt, dass der Anfang fast ausschließlich an der Bundesstraße entlang führt. „Das geht doch bestimmt schöner“, dachte ich und plante mit GPSies und Google Maps um. Nun. Es gibt einen Grund, warum der Streckenbeginn immer an der Bundesstraße lang läuft. Vor Ort stellte sich die Lage nämlich ein wenig anders dar, als GPSies und die Satellitenansicht es vermuten ließen. Der ursprünglich geplante Weg endete jäh vor einem Zaun. Dann eben in den nächsten Weg abbiegen und über‘n Acker. So der Plan.

Nachdem ich schon als Erkunder vorgeprescht was, um die Lage zu checken, bellte auf einmal ein Hund los und ein alternder Gartenbesitzer/Bauer mit ausladendem Bauch „rannte“ aus seinem Kabuff raus und schrie mit in der Luft wedelnden Armen: „Wo wollt IHR denn? HALT! SOFORT stehenbleiben!“ Aus seinem Zaun heraus trat er nicht, wahrscheinlich waren wir dann doch zu viele. Ich versuchte zu erklären, dass wir nur einen Weg zum Havelradweg suchten, um nicht wieder zur Hauptstraße zurück zu müssen. „Und da wollt ihr hier einfach durchrennen? Da is STROM auf’m Zaun. Nur dahinten…da ist keiner drauf.“ Ich dachte erst, das wäre der Hinweis, wir könnten da lang. Schien aber nicht so. „Das is ja wie in der Kolchose! Da is auch jeder lang gelaufen, wo er wollte. Kann ja wohl nicht wahr sein!“ Zeit, umzukehren. Hier würde es nicht weitergehen. Der Mann war ja bissiger als sein Hund.

Als wir wieder am Bahnhof waren, hatten wir schon 2,5 km hinter uns. An sich nicht viel. Wenn man aber noch rund 41 bis 58 km vor sich hat, dann zählt jeder Meter. Also bissen wir in den sauren Apfel und liefen an der Bundesstraße entlang, aber immerhin auf der Originalroute. Nach etwa 8 Kilometern verließen wir sie Richtung Norden durch kleine Dörfchen und weitere 2 Kilometer weiter erreichten wir auch endlich die Namensgeberin dieses Weges: die Havel.

Der Sommer ist noch da

Wunderschön windet sich der Fluss hier am Wegesrand entlang, umgeben von hohen Büschen, Schilf und Bäumen. Kaum ein Boot ist unterwegs, stattdessen Reiher, Kühe und unzählige Gänse, die sich wohl schon auf den Start gen Süden vorbereiten.

havelradweg

Dass der Herbst langsam bevor steht, davon merkten wir allerdings nichts. Bei 27 Grad bretterte die Sonne von oben auf uns herunter und der Asphalt wärmte gleichzeitig noch von unten. Das kurze Stück, das uns durch ein Wäldchen führte, war eine richtige Erfrischung. Direkt am Wegesrand stand ein hohler Baum, groß genug, um einen Menschen aufzunehmen. Natürlich kletterte ich dort hinein, auch wenn ich dann schon wieder ganz weit hinten marschieren würde, weil alle anderen weiter zogen. Aber wann kann man schon mal buchstäblich IN einen Baum klettern? Angeblich kann man bis nach oben krabbeln und rausschauen. Dafür war mir aber der Inhalt zu bröckelig und ich wollte nicht den ganzen Baum zum Einsturz bringen.

Kurz vorher hatte ich noch schnell meine Socken gewechselt. Was hatte ich mir denn dabei gedacht, Low-Cut-Socks anzuziehen? Die scheuerten schon nach etwa 3 km, aber ich wollte nicht dort schon anhalten. Nachdem ich eine Abkürzung übers Feld genommen und mir den ganzen Sand in die Schuhe geschaufelt hatte, war es aber dann doch nötig. Meine Hacken waren schon richtig wundgescheuert. Prima, Caro. Nix dazugelernt in den vorherigen Wanderungen.

3 km sind sehr relativ

Nach gut 16 km stand einigen schon ins Gesicht geschrieben, dass eine erste Pause fällig war. Karsten kannte da einen Strand. Der sei nur noch 3 km entfernt. Nur noch. Na gut, für einen schönen Pausenplatz läuft man auch gern mal ein paar Meter weiter. Wir liefen an den Orten Götz und Götzerberge vorbei, fanden eine Lore von einer alten Ziegelei, fielen fast über zeltende Angler bei den Fischteichen und liefen immer noch. 3 km waren lange vorbei. Das Gemurre wurde lauter und mindestens zwei Leute zogen quasi schon einen Fuß nach.

Erst nach etwa 21 km erreichten wir endlich den sagenumwobenen Strand und ließen uns auf Bänke oder einfach in den Sand fallen. Futtern, Wunden lecken und Austreten war angesagt. Teilweise wurde die Pause auch für ein Minutenschläfchen genutzt.

Auf zum Eis

Und weiter ging es in der prallen Mittagshitze. Anscheinend hatten wir kurz vor der Pause einen Eisladen verpasst, so dass wir dem diskreten Wegweiser des Eiscafés/ Partyhofs Sans Souci ohne weitere Diskussion des Ob-oder-ob-nicht folgten. Die Gäste und auch Kellner des Eiscafés waren einen derartigen Anblick wohl nicht gewohnt. Entsprechend verständnislos und pikiert schauten sie uns an, während wir das Klo stürmten, um die Wasserblasen aufzufüllen, uns den Schweiß abzuwischten, große Colas auf Ex tranken und die Eistheke halb leer kauften. Sonderlich gut rochen wir sicher nicht.

Dass der Hinweis „Letzte Möglichkeit bis Werder“  des Eiscafés Sans Souci nur ein platter, aber funktionierender Marketingtrick ist, merkten wir dann in Phöben. Dort machten wir nämlich für das nächste Eis eine Pause. Selbstverständlich hatten wir uns das verdient. Schließlich waren wir weiter in der Sommerhitze über den Asphalt geschlichen, vorbei an Feldern und einer Pferderennsprunghindernisbahn, stellenweise dem Fernwanderweg E10 folgend.

Erster Endspurt – Wäre ich bloß in den Zug gestiegen

Werder war ja nicht mehr weit. Trotzdem waren wir alle froh, als wir endlich das erlösende Autobahnschild sahen. Die Sonne stand schon tief am Himmel, denn wir waren nun auch schon 10 Stunden unterwegs. Seit mehreren Kilometern hatte ich bereits mit mir gerungen, ob ich dem Schweinehund folge und in den Zug in Werder steige. Erst Gregors Pizza, die er mir als Stärkung für die noch kommenden Kilometer überließ, überzeugte mich, doch noch die Runde bis Potsdam voll zu machen. An meinen Waden entdeckte ich große, dicke Quaddeln, für die ich keine bessere Erklärung hatte als Sonnenallergie. Sie juckten nicht, taten nicht weh, also dachte ich mir nichts weiter dabei. Während knapp 20 Leutchen in Werder „Tschüss“ sagten, machten wir uns zu siebt auf den Weg in die Nacht.

Zweiter Endspurt – Darf ich mich bitte hinsetzen und sterben?

Der verheißungsvolle Name „Wildpark“ war leider nicht viel mehr als der Name eines Ortsteils, den wir hinter uns ließen, als gerade die Sonne über Werder unterging. Die Nacht kam schneller als erwartet und schon waberten wir im Stockdunkeln über die Straße, rechts und links im Gebüsch raschelte und rannte es. Nach einer Stunde fielen die ersten Bemerkungen des Nur-noch-ankommen-wollens. Ja. Das zählte ich mich dazu. Etwa 8 Kilometer vor Potsdam fing mein linker Knöchel an, zu schmerzen. 8 Kilometer, die zur Hölle werden sollten. Wir waren für meinen Geschmack verdammt schnell unterwegs. Klar, wir wollten ja ankommen. Etwa 5 Kilometer vor Potsdam fragte ich mich, ob ich das noch schaffe und versuchte, den Fuß beim Auftreten so zu drehen, dass es weniger weh tat. Aussichtslos.

3 Kilometer vor Potsdam machten wir noch einmal eine Mikropause, die nicht alle für notwendig erachteten. Ich schon. Und wenn es nur war, um drei Minuten schmerzfrei zu sein. 2 ½ Kilometer vor Potsdam wollte ich mich an den Wegesrand setzen und heulen. Aber ich dachte mir, ich sei schon 58 Kilometer gelaufen, da überlebe ich die letzten zwei auch noch. Überleben traf es dann wohl. Ich hinkte irgendwie weiter und wollte am liebsten das Schild küssen, das den Potsdamer Hauptbahnhof in nur wenigen hundert Metern anpries. Hinter mir machten sich weitere Ausfallerscheinungen bei meinen Mitwanderern breit. Ich war so froh, als es endlich vorbei war.

Ein Radweg ist ein Radweg!

Auf dem Rückweg wollte ich mir am liebsten die Beine abhacken, weil sie so weh taten. Die Quaddeln waren noch größer und mehr geworden. Und ich hatte das Gefühl, wie ein Iltis zu riechen, was sicherlich auch so war. Am nächsten Morgen merkte ich meine Achillessehnen beidseitig sehr heftig. Nach der 65 km-Wanderung im April hatte ich mich deutlich besser gefühlt.

60 km auf Asphalt ohne jegliche Dämpfung sind anscheinend keine gute Idee. Entsprechend Bammel habe ich nun vor dem Ostseeweg, denn der scheint einen ähnlichen Asphaltanteil zu haben. Asphalt ist nichts für Wanderer, zumindest nicht für eine solche Distanz! Ich bin gespannt, wie  unsere Körper im Gegensatz zum Mammutmarsch, der viel durch Wald und Feld geführt hat, reagieren werden. Da ich eine Woche später zum Halbmarathon im Disneyland aufbreche, muss ich Prioritäten setzen. Wenn es schlecht läuft und ich Schmerzen während der Wanderung habe, weiß ich: Prio 1 haben Donald und Co.!

Vielen lieben Dank auch an Olaf, der mir ein paar Bilder zur Verfügung gestellt hat!

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[:de]Der letzte Marsch des Mammuts – Kopfsteinpflaster des Todes[:]

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Last41k Mammut title

Brennende Fußsohlen, schmerzende Knie, zeckende Oberschenkel und eine schlafproblembehaftete Nacht – das und nicht weniger bescherten mir die letzten Kilometer der Mammutmarschstrecke aus dem Mai.

Hunderte hatten sich bereits Monate auf das Saisonhighlight „Mammutmarsch 2016“ vorbereitet. Ein kleiner unbeugsamer Teil davon ließ sich nach dem unfreiwilligen Abbruch aber nicht unterkriegen und wollte wissen, was auf die Wanderer gewartet hätte, wären sie die vollen 100 km in 24 Stunden gegangen. Und so trafen sich rund 30 ehemalige Teilnehmer des Mammutmarschs Ende Juli am Bahnhof Gusow, dem eigentlichen Ziel des Events.

Last41k Gusow

Aus logistischen Gründen starteten wir von hinten mit dem Ziel Rehfelde, wo die Bahn mehr als 1x die Stunde verkehrt. Da einige das letzte Teilstück der Originalroute als zu asphalt- und bundesstraßenlastig kritisiert hatten, hatte ich mal wieder die Maus geschwungen und die Strecke mit mehr Grünanteil interpretiert.

Um 10.40 Uhr liefen wir los, ab in die Wälder Brandenburgs, wo die mobile Netzabdeckung noch ein Fremdwort ist. Ganz zum Leidwesen von Diana und mir, denn wir hatten heute noch ein weiteres Ziel: ganz viele Eier brüten. Ja. Brüten. Selbstverständlich bin auch ich dem Pokémon-Wahn verfallen. Und mit Diana war ich in guter Gesellschaft. Statt Portale zu erobern, wollten wir uns heute neben Kilometerschrubben ganz dem Monsterfang hingeben… und ab und zu einen Geocache ausbuddeln. Da ich in Karsten einen hervorragenden Navigator mit an Bord der Truppe hatte, konnte ich mich daran machen, Ratzfatze und Raupies aufzuspüren. Dachte ich zumindest. Da hatte ich aber die mobilfunktechnische Ausstattung in der Gegend überschätzt.

Ein gutes hatte das auf der anderen Seite: ich konnte die wunderschöne Landschaft genießen, durch die die Strecke führte. Soviel Natur um uns herum. Durch die etwas verregneten Vorwochen war die Vegetation mancherorts geradezu explodiert und hatte sich zu einem deutschen Urwald entwickelt. Das Klima nahm sich da nicht aus. Es fühlte sich alles subtropisch an und brachte uns ordentlich zum Schwitzen.

Last41k Urwald2

Wenn wir nicht durch Wälder spazierten, führte uns die Route über Graslandschaften, Feldwege und auch vorbei an Maisplantagen, deren Stauden mich teilweise um sicher einen Meter überragten. Gerade hier war der Boden ziemlich uneben, verwachsen und es ging bergauf und bergab. Wenn man bedenkt, das dies die letzten Kilometer einer 100 km-Wanderung sind, ist das ziemlich anspruchsvolles Terrain.

Die erste Pause machten wir im ländlichen Hermersdorf. Meine Hoffnung auf eine kalte, zuckerhaltige Cola wurde leider durch die Abwesenheit von einer Einkaufsmöglichkeit enttäuscht. Hier gab es einfach mal nix. Außer vielleicht die zukünftigen Weihnachtsbraten. Als Pausenplatz suchten wir uns die Kirchenmauer aus. Wahrscheinlich hat die Kirche hier sonst nie so viele Besucher. Immerhin gab es in Hermersdorf einen Pokéstop, da das mit dem Eierbrüten nicht so voran ging, wie Diana und ich uns das vorgestellt hatten.

Kaum aus Hermersdorf raus, fand ich mich in einem Meer von Sonnenblumen wieder. Zugegeben, es war zwar sommerlich heiß, zu heiß fürs Wandern, aber der Sommer hatte aus der Mammutstrecke etwas großartiges gezaubert, was wir im Mai so nicht gesehen hätten.

Und auch kulinarisch hatte unsere Tour einiges zu bieten. Ab und an fand ich wilde Brombeeren und einer der Feldwege war gesäumt von Mirabellen- und Apfelbäumen. Plötzlich hing eine Schar Wanderer in den Ästen und pflückte die frischen Früchte, was das Zeug hält. Neben dieser unerwarteten Erfrischung trafen wir auf weitere Schönheiten und Kuriositäten an der Strecke wie ein Hexenhäuschen, den pfundigen Weg zur Kalorienpromenade, fanden einen Wegweiser zur Hölle und eine kleine Wassermühle im Nichts.

Im beschaulichen Buckow fanden wir endlich die langersehnte Zivilisation wieder und stürzten uns gleich auf den ersten Imbiss, den wir finden konnten, da der einzige Supermarkt um 16:30 Uhr wohl schon zu hatte. Auch egal, hier gab es kalte Cola, Bier, Eis. Also alles, was das Wandererherz begehrt. Auch Pokémons, die gefangen werden wollten. Die Stärkung war mehr als nötig, denn wie wir feststellten, lag Buckow anscheinend auf einem Berg. Noch ein Berg! Wir schnauften hoch und wieder ging es ab in die Wälder Brandenburgs.

Wunderschöne Seenlandschaften zogen an uns vorbei und ließen in mir das eine oder andere Mal die Sehnsucht aufkeimen, einfach mal reinzuhüpfen. Aber wir hatten ja noch ein paar Kilometer vor uns und ich keine Badesachen dabei. Doof.  Sogar den Jakobsweg kreuzten wir!

Last41k Jakobsweg

Unser Grüppchen hatte sich mal wieder ordentlich auseinander gezogen. Warum die anderen da vorn so rannten, wusste ich nicht so recht. Sie würden den nächsten Zug sowieso nicht mehr erreichen können. Daher machten einige von uns extrem langsam oder sogar Pause oder warteten auf die letzten, denn der Endspurt gestaltete sich mehr als grausam. Eine endlose gerade Kopfsteinpflasterstraße, auf der jeder Stein in eine andere Richtung zeigte, ließ unsere Gelenke ausdrücken: “Wir haben keinen Bock mehr!” Das Ding zog und zog sich. Da half nur gemeinsames jammern. Am Ende angekommen bemitleideten wir uns erstmal alle gegenseitig und fragten uns, wie wir das Stück wohl beim Mammutmarsch befunden hätten. So ein Sch…!

Nach gut 9 Stunden kamen wir am Sportplatz Rehfelde an und wenig später am Bahnhof, wo unsere Vorreiter tatsächlich noch saßen und auf den Zug warteten. Ein gemeinsames Abschiedsfoto war natürlich Pflicht. Und das Versprechen: nächstes Jahr machen wir die Strecke wieder. Aber diesmal in einem Rutsch!

Last41k Rehfelde Gruppe[:]

[:de]Vom Mammutmarsch zum Möwenmarsch – 35 km durch Berlin[:]

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EYB-Wanderung Alt-Tegel

Vor zwei Monaten schlichen wir auf den Spuren des Mammuts durch die Brandenburger Pampa. Aber der Abschluss des Mammutmarschs, der ja eigentlich keiner war, sollte keineswegs das Ende unserer gemeinsamen (Trainings)Wanderungen bedeuten. Schließlich gibt es noch so viel zu entdecken, noch ewig viel zu bequatschen und immer in Bewegung zu bleiben… und das alles nicht allein.

Auch, wenn ich es langsam nicht mehr sein sollte, war ich überrascht und überaus erfreut, dass letzten Samstag wieder an die 40 von Euch in Alt-Tegel auftauchten. Unserem Startpunkt für die 35 km-Tour „Zwei Forste & eine Fähre“, die ich in liebevoller Kleinarbeit für uns ausgearbeitet hatte.

EYB-Wanderung Startgruppe

Ganz viele bekannte Gesichter und auch ein einige wenige neue. Während wir noch auf die letzten Nachzügler warteten, machten wir schon mal das inzwischen schon Tradition gewordene Gruppenfoto zum Start. Ich machte eins, sollte dann aber auch (mal) mit rauf. Also drückte ich einem vertrauenserweckenden Passanten meine Kamera in die Hand. Dass der kaum bis gar nicht Deutsch verstand und auch mit Fotoapparaten nicht sonderlich vertraut war, merkte ich dann erst, als er ihn mir wieder in die Hand drückte, irgendwas in irgendwas sagte und kein Foto drauf war. Schwamm drüber!

Kurz nach 10 verschwanden wir auch schon im Tegeler Forst. Herrliche duftende kleine Waldwege empfingen uns. Mal wurden sie breiter, mal führten sie einem einem Spielplatz vorbei, auf dem gerade ein Kinderfest stattfand.

Und keine fünf Kilometer später kam das, was man bei einer Wanderung mit mir erwarten kann: ein Berg. Genauer gesagt, der Ehrenpfortenberg, der sogar eine natürlich Erhebung darstellt. Die meisten Berge Berlins sind ja alte Mülldeponien oder Schuttberge. Wen die Geschichte des Ehrenpfortenberg interessiert, lese sich einfach das Schild durch.

Ein wenig Murren hörte ich zwar hinter mir als es bergauf ging, aber das riesige hölzerne Gipfelkreuz, das in keinem Verhältnis zu den Höhenmetern steht, sorgte für ein wenig Entschädigung.

Ab da ging es gemächlich Richtungs Hennigsdorf, dem nördlichsten Punkt unserer heutigen Reise. Während wir so vor uns hin zogen, ließen wir noch einmal den Mammutmarsch Revue passieren, diskutierten über dessen Zukunft und redeten über den im September anstehenden Ostseeweg. Es wurde bemängelt, dass ich noch gar kein Maskottchen für den Ostseeweg hatte. Stimmt! Aber was auch? Das Mammut lag so nahe, aber was für die Ostsee? Ein Seehund? Eine Krabbe? Irgendwann beschlossen wir, den Ostseeweg einfach umzutaufen in “Möwenmarsch”. Da müsste man nicht mal die Initialen ändern. Klare Sache. Der Ostseeweg heißt jetzt Möwenmarsch. Zumindest bei uns.

Über diese hoch philosophischen Gedanken waren wir dann auch schon in Hennigsdorf angekommen. Eigentlich ein paar schöne Plätze für eine Pause. Aber wie immer waren wieder ganz vorn einige richtig schnell und an den schönen Plätzen vorbei gezogen. Manuel bot sich an, nach vorn zu sprinten, um die Herde an einem geeigneten Plätzchen zum Pausieren zu überzeugen. Hinten war das Bedürfnis nach einer Pause nämlich deutlich höher als vorn.

Als schon eine einladende Wiese zum ein Hinplumpsen einlud, erklärte Karsten sehr überzeugend, dass nur 500 m weiter ein noch viel schöneres Fleckchen sei. Also Karsten, deine 500 m sind schon sehr optimistisch. Aber in der Tat fanden wir einmal über die Brücke rüber eine Wiese, die zwar nicht schöner war, aber zwei entscheidende Vorteile bot: es gab einen Imbiss und es gab Toiletten. Eis, Pommes, Döner, Kaffee… alles mögliche wurde nachgefragt. Obwohl mein Rucksack voll mit Futter war, erlag ich dem Heißhunger auf Pommes. Andere waren da standhafter.

EYB-Wanderung Pause

Auch wenn wir heute viel Zeit und nur eine kurze (!) Strecke vor uns hatten, hielten wir die Pause auch so: kurz. Je länger man sitzt, umso schwerer fällt es, wieder aufzustehen und weiterzulaufen. Und da Martin, obwohl bereits lange im Voraus angekündigt, hier nicht die Gelegenheit ergriff, baden zu gehen, zogen wir weiter nach Spandau hinein. Nach ein paar Kilometern an der Havel entlang verschwanden wir wieder im Wald. Diesmal im Spandauer Forst. Die Strecke hieß ja nicht umsonst “Die zwei Forste…”

EYB-Wanderung Ab in den Wald

Eine Mini-Rast machten wir am Kleinen Mittelheidesee. Hier wollte Martin ja ursprünglich baden. Leider war der See vor lauter Schilf nicht zu sehen. Und auch die Kuhlake, an welcher wir entlang spazierten, hatte nicht wirklich Badequalität.

Die Fähre war nicht mehr weit. Der Spandauer Forst erinnerte mich an meine Kindheit. Meine Großeltern waren oft mit mir hier gewesen, Wildschweine füttern. Leider wusste ich nicht, wo das Gehege war. Umso überraschter war ich, als uns unser Weg, den ich ja wieder nur am Rechner geplant hatte, direkt dorthin führte. Auf einmal hingen alle am Zaun und begutachteten das Rotwild und später die Schweinchen.

EYB-Wanderung Begeisterung am Tiergehege

EYB-Wanderung Spandauer Forst Brücke

Als wir bei den Schweinchen ankamen, waren “wir” nur noch zu fünft. Alle anderen hatten ihre Faszination anscheinend deutlich schneller unter Kontrolle gekriegt und waren bereits von dannen gezogen. Völlig unverständlich für uns hintere. Wer hatte es denn da schon wieder eilig? Egal. Wir würden uns an der Fähre wieder treffen.

Und so war es dann auch. Ganz weit entfernt sahen wir die Gruppe nochmal im Wald vor uns. Ein wenig Ratlosigkeit an einer Ecke hielt sie wiederum auf, so wir keine fünf Minuten später wieder alle vereint waren und auf die Fähre warteten, die gerade beim Anlegen war. Da diese Fähre nicht nur eine reine Personenfähre, sondern vielmehr für den Autotransport von Tegel nach Spandau herhält, war die Fahrfrequenz von 10 Minuten erfreulich hoch. Niedrig dagegen war der Preis. 60 Cent kostete uns die Überfahrt pro Nase. Fast hätte ich den Fährmann übers Ohr gehauen, als ich ihm einen Euro gab und meinte “Kannst mir 50 Cent wiedergeben. Stimmt dann so”. Rechnen müsste man können.

Endspurt! Am Mittelheidesee hatte ich mutigerweise meine bequemen Wanderschuhe gegen LUNAs getauscht und war nun schon etliche Kilometer mit ihnen unterwegs. Dass die (so gut wie) keine Dämpfung haben, merkte ich schon. Eigentlich wollte ich bis zum Ende darin laufen, aber 4 Kilometer vor dem “Ziel” gab ich klein bei und wechselte wieder in meine Wanderschuhe, die sich danach anfühlten als würde ich auf Wölkchen laufen. Durch meinen Boxenstopp war ich auf einmal gaaaanz hinten. Flotten Schrittes holte ich die letzten auf, die ersten waren aber schon wieder etliche hundert Meter voraus. Plötzlich kamen die uns entgegen. Ups. Falscher Weg. Schon war ich wieder vor uns nahm den richtigen.

Der vermeintlich richtige Weg führte uns geradewegs auf einen… Zaun. Aha. Danke GPSies. Hinter dem Zaun stand die “Dicke Marie”. Nein nein, keine voluminöse zurückgelassene Dame mittleren Alters. Die “Dicke Marie” ist angeblich Berlins ältester Baum. Vor so einem Wahrzeichen braucht es ein Gruppenfoto.

Dahinter fanden wir dann auch den Weg, der noch einmal wunderschön durch den diesmal südlichen Teil des Tegeler Forsts führte. Ein paar Hügelchen weiter war dann aber Schluss mit Natur und plötzlich fanden wir uns schon neben einer vierspurigen Straße wieder.

EYB-Wanderung Weg Dicke Marie

Das Ende unserer heutigen Tour besiegelten wir am Wasser. Unsere beiden Wasserratten Martin und Ralf waren ja nun leider nicht zu ihrem Bad gekommen. Vielleicht hingen sie deswegen so sehnsüchtig über dem Gewässer. Nach unserem traditionellen Abschlussfoto verstreuten wir uns wieder in alle Richtungen. Für mich gab es an dem Abend noch ein leckeres Grill-Happening.

Auch ohne auf etwas zu trainieren sind diese Wanderungen immer wieder eine großartige Gelegenheit, aus dem Alltag auszubrechen und in die Natur zu gehen. Und das quasi direkt vor der Haustür. Nächstes Mal müssen wir dann aber doch ein wenig weiter raus: es geht nach Gusow, denn wir wollen die letzten 40 km wandern, die uns beim Mammutmarsch gefehlt haben. Wie immer gilt: wer dabei ist, ist dabei und jeder Neuankömmling ist herzlich willkommen!

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[:de]Mammutmarsch-Abschlussgrillen: Wir zeigen Flagge![:]

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Mammutmarsch Grillen glühende Kohle

Hunderte von Kilometern sind wir zusammen gewandert, tausende von Kalorien haben wir verbrannt und hunderttausende von Schritten getan. Zeit, nach dem Event, auf das wir gemeinsam hintrainiert hatten, ein wenig Ruhe einkehren zu lassen und die verlorenen Kalorien wieder hinein zu schaufeln. Zeit zum Grillen!

Zwei Wochen nach dem aus Sicherheitsgründen abgebrochenen Mammutmarsch wollten wir tapferen EarnYourBacon-Wanderer nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern das Erreichte feiern. Denn erreicht hatten wir alle etwas großes, wenn es auch nicht für jeden die 100 km am Stück waren: wir haben uns als kleine Gemeinschaft zusammen gefunden. Und zwar so gut, dass wir uns nicht (mehr) nur als Mittel zum Zweck treffen wollten.

Beim Organisieren von Wandertrainings kam ich mir viel sicherer vor als bei der Planung unseres Grillabends auf dem Tempelhofer Feld. Grills waren bis kurz vor Beginn der Veranstaltung eher Mangelware, aber dann kam zu meiner “Männerhandtasche”
noch ein Standgrill und etwas, was erst noch ein Grill werden wollte (aber erstaunlich gut funktionierte).

Außerdem propagierte ich ganz optimistisch, dass wir uns ja am Grillplatz Nahe Columbiadamm treffen könnten, weil man da so gut Parkplätze kriegen täte.

Wo bitte geht´s hier zum Parkplatz?

Als ich am Samstag gegen 15:45 Uhr dort entlang fuhr – Auto voller Grill, Kohle und jeder Menge Grillgut – war das einzige, was ich nicht finden konnte: ein Parkplatz. Ich fuhr einen Kilometer oder zwei in die eine Richtung, ein oder zwei Kilometer wieder zurück. „Toll, Caro. Hast du gut gemacht.“ Wenn ich irgendwann mal bei der NASA arbeite, schicke ich die Astronauten sicher auch auf einen Planeten, auf dem man nicht landen kann.

Mit mehr Glück als Verstand wurde dann doch noch ein Platz direkt am Eingang frei. Und wie es scheint, kann ich unter Druck besonders gut einparken.

Kurz vor vier suchte ich ein Plätzchen für ca. 30 Leute inmitten der Grillhochburg auf dem Tempelhofer Feld. Karsten kam kurz nach mir und fand mich nur durch Zufall. Warum genau hatte ich mir heute nicht mein Mammutmarsch-Shirt angezogen, sondern mein nerdiges Pacman-Shirt? Ich hoffte, dass ein Post mit meinem Standort weiterhelfen würde. Auch wenn mein Standort mit „Friedhof“ überschrieben war.

Mammutmarsch Grillen Caro2

Nach und nach trudelten immer mehr Mammuts ein. Einige hatten sogar ihre Shirts an, so dass es den Neuankömmlingen leichter fiel, uns im Gemenge zu erkennen. Erst rauchte nur mein Grill und wurde bestückt, dann kam der angekündigte Standgrill. Ein Riesending! Von da an brauchten wir uns keine Gedanken mehr über zu wenig Grillfläche machen. Leider machte ich mir auch nicht sonderlich viele Gedanken über mein Grillgut, sondern stand meist schwatzend herum. Folge: mein Fleisch und Käse hatten stets dieselbe Farbe: schwarz.

Aber es gab ja soviel leckeres zu essen. Kuchen. Donauwelle, Rhabarberkuchen und Kirschkuchen. Salate. Kräuterbaguette und mehr Fleisch.

Gefräßige Stille stellte sich aber nie ein. Es wurde (wenig) gequatscht über den Mammutmarsch an sich, Pläne gemacht für das nächste Highlight, den Ostseemarsch und viel einfach so geredet und gespielt. Einige hatten Neugier für ein  – ich nenne es mal skandinavisches Holz-Boccia –Spiel entwickelt und schmissen mit Holz nach Holz. Die Regeln waren nicht so richtig klar. Die beiwohnenden Hunde waren mit Seifenblasenjagen beschäftigt oder wurden als Fotomodelle zum Hundewurm missbraucht. Wir selbst machten natürlich auch traditionsgemäß ein Gruppenfoto. Den Blicken der umhersitzenden Griller zufolge passiert sowas nicht oft auf dem Tempelhofer Feld.

Mammutmarsch Grillen Gruppenfoto

Kurz vor 20 Uhr schleppte Patrik dann eine Mammutmarsch-Flagge an. Wie geil! Die hätten wir schon vor vier Stunden gut gebrauchen können.

Das Feld sollte heute um 21:30 Uhr schließen. Schließen heißt hier: man kommt noch raus, aber nicht mehr rein. Also dachten wir uns eine Stunde vorher, man könne ja noch die Ananas auf den Grill schmeißen, der aber schon aus war. Also Grill wieder an, Ananas nach Martin-Art (gezuckert und mit Minze in Vierteln) zubereitet und ab unter den Deckel. Dass ich eigentlich schon für fünf gegessen hatte, verdrängte ich mal, als ich merkte, dass unter den Kirschen auf dem Kuchen auch noch Pudding war. Rein damit!

Während die Ananas vor sich hin garte, erzählte Gregor was von seiner Geranienzucht, ich stiebitzte ein paar Stücke der Ananas und aß sie todesmutig roh. Gegart, warm und mit karamellisiertem Zucker schmeckte sie jedoch um Längen besser. Nur der Rum zum Flambieren hat gefehlt. Dann hätten uns die Ordner aber wohl auch vom Feld geschmissen.

Kurz vor 22 Uhr – als die Sonne schon hinter dem Horizont verschwunden war, teilten wir Kuchen und Grillsaucen auf und verabschiedeten uns in verschiedene Richtungen. Die meisten gingen zum Haupttor mit dem Drehgitter. Da ich aber vor dem Nebeneingang parkte, latschten Gregor und ich mit Sack und Pack dorthin. Das Tor war natürlich schon zu. Ich, die ich keine Lust hattte, einen Umweg zu laufen, kletterte eben über den etwa zwei Meter hohen Zaun und Gregor musste mit. Eine zerbrochene Barbecuesaucenflasche später waren wir am Auto, der Grillabend vorbei.

Wenn wir uns alle wiedersehen, werden die Kalorien wieder abtrainiert. Es gibt schon Termine – selbstredend! Wir müssen ja für den Ostseeweg laufen. Und überhaupt. Das macht schließlich Spaß! Komm doch auch mal (wieder) mit.

Mammutmarsch Grillen Nachthimmel

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[:de]7. Mammutmarsch-Training, 65 km: die Generalprobe![:]

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Schon drei Monate ist es her, dass wir die ersten 30 Km als Testwanderung gelaufen sind. An dem Tag im Januar lag noch dichter Schnee und wir mussten mit einer Eisdecke kämpfen, die sich den ganzen Teltowkanal entlang zog. Und nun, Anfang Mai, bin ich schon ein wenig betrübt, dass unser letztes Training schon Geschichte ist.

Mühlenbeck am 30. April 2016. Die zweite S-Bahn des Tages kommt an und ist bevölkert mit funktionsbekleideten bunten Gestalten. Es ist noch so früh, dass es kaum jemanden am Bahnhof gibt, der sich über diesen Anblick wundert. Wir selbst haben uns inzwischen daran gewöhnt, schräg angeschaut zu werden, wenn wir als Wanderhorde die Wälder, Orte und Stadt unsicher machen.

Mammutmarschtraining 7 Startgruppe

Heute geht es auf zur größten Tour des Trainings. Zumindest für einige. Für diejenigen, die zwar noch einmal in Bewegung kommen, aber nicht noch einen drauf setzen wollen, habe ich ganz kurzfristig eine kleinere Runde im gleichen Gebiet zusammengestellt. Klein bedeutet hierbei dennoch die beachtliche Distanz von 35 km.

Es geht los durch das verschlafene Mühlenbeck. Verschlafen trifft es diesmal so richtig, denn bei einem Haus werden spontan die Fenster aufgerissen, als wir schnatternd vorbei ziehen. „Ihr habt uns geweckt!“ Der frühe Vogel und so. Dass das Klärwerk direkt um die Ecke liegt, riecht man heute deutlich. Klärwerk gepaart mit intensiver Landluft ist schon eine besondere Note, an die sich die gemeine Stadtnase erst einmal gewöhnen muss.

Der Zehnrutenweg führt uns genau an den Waldrand des Mühlenbecker Landes. Kaum hinein gestiefelt, tut sich auch schon das erste Hindernis auf: Sumpfgelände. Zum Glück haben sich die Bäume so praktisch darüber drapiert, dass wir alle mit ein wenig Geschick trockenen Fußes auf der anderen Seite ankommen.

Auf der linken Seite tut sich vor uns der Mühlenbecker See auf. Nur einer von vielen Seen, an denen wir heute vorbei kommen werden. Im Gänsemarsch geht es sumpffrei am Seeufer entlang.

Wie aus dem Nichts tut sich vor uns ein Schloss auf. Schloss Dammsmühle, das verlassen und vergessen im Wald ein Dasein fristet, das es eigentlich nicht verdient hat. Aber wie so oft fehlen Zeit, aber noch viel mehr Geld, um dieses schöne Gemäuer instand zu setzen oder auch nur zu erhalten. Es verfällt einfach. Am dazugehörigen See haben sich ein paar Camper niedergelassen und schippern mit ihrem Ruderboot umher.

Wir schrammen an den Ausläufern von Wandlitz vorbei. Links liegen jede Menge verlassene Kasernengebäude, während der Wald auf der rechten Seite nach einem idealen Pilzwald ausschaut. Leider habe ich heute keine Zeit, die Gebäude näher unter die Lupe zu nehmen, geschweige denn auf die Pilzsaison zu warten.

Unsere erste Pause wollen wir an dem Punkt machen, wo sich große und kleine Runde aufsplitten, also etwa nach 14 km. Auf der GPSies-Karte entdecke ich ein Schutzhüttensymbol. Unsere geplante Route führt zwar nicht dort entlang, aber ob wir uns links oben lang gehen oder rechts unten… Eine Chance auf Sitzplätze sollte man sich nicht entgehen lassen, auch wenn ich befürchte, dass die Hütte genauso verlassen und heruntergekommen sein wird wie vieles in dieser Gegend.

Meine Befürchtung wird glücklicherweise nicht erfüllt. Die Schutzhütte ist riesig, mit genug Plätzen drinnen als auch draußen um eine Feuerstelle herum. Sogar Lampen hängen an der Decke, die, sofern man einen Generator mitbringt, sogar mit Strom betrieben werden könnten. Eine Luxushütte für unsere Pause. Das einzige Manko: der Wald ist hier ziemlich licht. Und mit unseren schreiend bunten Klamotten sieht man jeden, der mal aufs „Örtchen“ verschwinden will, noch auf einige hundert Meter Entfernung. Ein umgestürzter Baum sorgt dann doch noch für ein wenig Privatsphäre.

Mammutmarschtraining 7 Pause1 Panorama

Etwa sechs Männlein und Weiblein verabschieden sich und nehmen die kleine Route in Angriff. Für uns Verrückte, die wir heute meinen unbedingt 65 km wandern zu wollen, geht der Weg weiter Richtung Liepnitzsee. Ein Steg führt einige Meter am Ufer entlang und in der Ferne winkt eine kleine Gaststätte. Ob die wohl Eis hat? Nach drei Minuten konspirativer Überlegungen entscheiden wir uns gegen den Ausflug zur Gaststätte. Obwohl doch alle Wandermägen nach Eis zu lechzen scheinen.

Während wir noch darüber sinnieren, wie großartig jetzt ein Eisbecher wäre, taucht vor uns ein Campingplatz mit einem kleinen Café auf. Jedes Camping-Café hat doch Eis! Also beschließe ich kurzerhand eine außerplanmäßige Pause am „Liepnitzstübchen“, um den Gelüsten nach tiefgekühlten Süßigkeiten nachgehen zu können. Ein paar bleiben standhaft und können der Verführung widerstehen, die meisten greifen aber dankbar zu. Eis geht einfach immer.

Frisch gestärkt und schleckend verschwinden wir wieder im Wald. Eine Truppe, die der Standhaften, hat sich schon auf den Weg gemacht, bevor sich der letzte bei uns seiner Hosenbeine hat entledigen können. Die sind nun ganz schön weit vorne. Es wird bergig. Natürlich im Rahmen von Berlin-Brandenburg. Aber bergig! Unter uns liegt der Bogensee, auf den ein weiteres verlassenes Haus hinunter blickt. Danach wird es ein wenig abenteuerlich, denn der Weg, der auf der Karte klar erkennbar ist, ist es hier im Wald so gar nicht. Vielleicht unter den ganzen Blättern und umgefallenen Bäumen.

Mammutmarschtraining 7 Berge Prenden

Ich starre nur aufs Handy und drehe mich mal hierhin, mal dahin und hoffe irgendwann wieder auf etwas zu treffen, das wie ein Weg aussieht. Und da ist dann auch wirklich einer. Die vorderen sehe ich schon wieder nicht mehr. Hm. Einholen wird schwer. Zumindest mit fairen Mitteln. Aber wer die Karte hat, hat die Karte. Und die zeigt einen Pfad an, der einmal gerade durch führt und nicht die Kurve entlang, die die anderen schon genommen haben. Jetzt wird geschummelt! Wir verlassen erneut den Weg und schlagen uns einige hundert Meter buchstäblich durchs Dickicht bis wir wieder auf der richtigen Route landen. Niemand zu sehen. Etwa 10 Mann hatte ich bei der Aktion im Schlepptau und die dürfen jetzt eine Pause machen. Keine 5 Minuten später kommt die Spitzentruppe den Weg entlang. „Ihr habt doch abgekürzt! Wir haben euch vom Parallelweg aus gesehen.“ Wir lachen alle und ziehen dafür aber wieder gemeinsam weiter.

Wir passieren den Strehlsee und kommen an einem kleinen Bauernhof vorbei. Der Bauer hält sich hier statt „normalen“ Schweinen Wildschweine, die neugierig angelaufen kommen. Dann plötzlich stehen wir an einer Straße, der Prendener Allee. Was immer sich GPSies dabei gedacht hat, aber ein Fußweg ist das nicht. Ein paar hundert Meter laufen wir also an der Landstraße entlang. Einen anderen Weg zum Wald gegenüber scheint es laut Karte nicht zu geben.

Mammutmarschtraining 7 Prendener Allee

Nach 31 km machen wir uns für die zweite Pause auf einer Wiese mit Löwenzahn breit. Schuhe werden ausgezogen, Nudelsalatüten gezückt und die Wasservorräte geprüft. Für 65 km ausreichend Wasser mitnehmen, noch dazu bei dem sonnigen Wetter, ist fast unmöglich, wenn man sich nicht tot schleppen will.

Mammutmarschtraining 7 Pause2 Panorama

Ich ziehe auch mal meine Schuhe aus und will nur ein paar Schritte im kühlen Gras genießen. Schwerer Fehler, denn wie ich schmerzhaft feststelle, ist die Wiese übersät mit kleinen Brennnesseln, die man auf den ersten Blick nicht sieht. Autsch! Schnell Hirschtalg auf die brennenden Stellen und sonstigen geschundenen Areale geschmiert und Socken gewechselt. Diesmal bin ich mit kurzen CEP-Söckchen und passenden Calf Sleeves gestartet. Das sind Kompressions-„Ärmel“ für die Waden. Die langen Kompressionssocken, die ich bei zwei vorherigen Wanderungen anhatte, sind für mich bei den unnormal langen Wanderungen zu unflexibel, weil ich in der Pause meine Füße mit Hirschtalg einreiben will, aber die Socken schwer an- und auszuziehen sind, wenn es mal schnell gehen muss.

Nach kurzer Beratschlagung wird die dritte Pause bei McDonalds in Bernau sein. Dort ist auch der zweite und gleichzeitig letzte Ausstiegspunkt des Tages und beim Burgerbrater können wir alle mindestens unsere Wasserblasen auffüllen. Bis dahin sind aber noch gute 14 km zu gehen.

Der Uferweg am Hellsee, der zur 66-Seen-Wanderung gehört, ist unsere nächste Etappe. Kleine Bäche und Hütten versprühen ein bayerisches Flair im Brandenburger Umland. Der Wald, aber diesmal nicht unser Weg, wird wieder sumpfig. Mit ein wenig Phantasie sieht man in den Abendstunden sicher Irrlichter und Moorgeister hier entlang irren. Um diese Uhrzeit jedoch sind es nur Reiter, die uns von hinten  scheuchen. Aber wir müssen hier sowieso rechts abbiegen.

Vor uns tut sich eine große Wiesenlandschaft auf, die wir durchwandern und die Abendsonne genießen. Denn schon kurz darauf geht’s wieder, ihr ahnt es schon: in den Wald. Unsere Route überquert eine Straße, aber der Weg geht nicht direkt geradeaus weiter, sondern ein ganzes Stück versetzt. Da vermisse ich Lea. Die war doch eben noch neben mir. Also warte ich lieber an der Straße, denn aus dem Wald kommend sieht man nicht unbedingt, wo es dann weiter geht. Und ich glaube, sie hatte keine Karte. Minuten um Minuten vergehen. Keine Lea. Also zurück gehen. Lea suchen. Und da steht sie, versteckt hinterm Baum mit dem Handy friemelnd. Sie hatte mich auch nicht gesehen und nun versucht, im Land des nichtvorhandenen mobilen Datennetzes auf die Schnelle die Route herunterzuladen. Nun aber schnellen Schrittes den anderen nach.

Mammutmarschtraining 7 Bernau Wiese

Am Wegesrand finden wir (und der Anblick kommt mir bekannt vor), Martin, der eine seiner individuellen Pausen macht. Er will später wieder zu uns stoßen, wenn wir bei McDonalds fertig sind. Wir holen noch Markus ein, der aber in Bernau auch aussteigen will. Am Horizont sehen wir hinterm Rapsfeld dann das rettende goldene M. Es ist ja noch so weit weg.

Mammutmarschtraining 7 McDonalds Bernau Raps

Beim Burgerbraten gibt es Luft und wieder Hirschtalg für die Füße sowie Pommes und Eiskaffee für die Seele. Natürlich muss ich bei McCafé meine EC-Karte im Lesegerät vergessen, was mir erst vier Tage später auffallen wird. Meine Füße brennen noch von den Nesseln und die Fußsohlen wollen eigentlich auch nicht mehr weiter gehen. Aber es sind noch 20 km bis zum Auto. Das wird schon irgendwie. Mit jeder Pause fällt das Aufstehen schwerer und erst recht, wenn man an der Basis zum Fast Food sitzt. Die vordere Gruppe, die natürlich viel eher bei McDonalds war, ist schon aufgebrochen, um noch eine Schleife zu wandern, die ich eingebaut hatte, um die 65 km zu erreichen. Ich persönliche sch… heute auf die Schleife. Dann sind es halt nur 64,5 km.

Mein persönliches Highlight wartet ja nun noch: die Schönower Heide. Der Weg führt einmal um ein umzäuntes Gebiet herum. Bei der Planung hatte ich gedacht, es sei militärisches Übungsgebiet. Stattdessen ist es eher ein riesiges Wildgehege… im ehemaligen Militärübungsgelände. Neben Bunkern grasen hier die Rehe und Hirsche. Ich bedanke mich im Vorbeigehen beim Produzenten des Hirschtalgs und freue mich über diese schöne Landschaft.

 

8 km vor dem Ziel machen wir noch einmal eine kurze Rast. Alle Vorräte, die bislang nicht gegessen wurden, werden jetzt feilgeboten. Schließlich will niemand mehr etwas nach Hause schleppen. Nach einer wilden Würstchen-Muffin-Gummitier-Schlacht und ein wenig Alibi-Dehnen startet der Endspurt. Die Sonne ist schon verschwunden und es dämmert heftig. Zur Aufmunterung aller (hauptsächlich aber von mir selbst) lasse ich laut das Schlumpflied vom Telefon dröhnen. Damit marschiert es sich gleich viel leichter. Noch einen Ausflug zur Sesamstraße mit „Manamana“ und dann gebe ich auch erstmal wieder Ruhe. In Schönwalde flattern derweil mächtig große Fledermäuse über unsere Köpfe hinweg.

Zeit für die Stirnlampen. Die GPSies-Route führt uns wieder in die Irre. Ein bequemer Weg verläuft entlang einer Mauer. Laut GPSies müssen wir aber eine Kurve drum herum laufen. Da ist aber nur Gestrüpp. Stur der Route auf der Karte folgend staksen wir durch Efeu und Brennnesseln (!), nur um dann genau auf dem Weg zu landen, der von der Mauer kam. Klasse.

Mammutmarschtraining 7 Schönwalde Laterne

Und keine fünf Minuten später wieder ein Such-den-Weg-Spiel. Eigentlich sollte hier ein Weg haarnadelartig vor der Hauptstraße in den Wald abzweigen. Eigentlich. Wieder staksen. Diesmal durch Laub. Dann scheine ich den Weg gefunden zu haben. Leider entpuppt der sich als sumpfige Furche. Als ich schon alle zur sicheren Straße schicken will, ruft Martin ganz weit weg, er habe ihn gefunden. Etwa 40 Meter weiter links als eingezeichnet.

Die abenteuerliche Nachtwanderung geht weiter, denn wir landen prompt in einem Rapsfeld. Der Weg ist aber so angegeben. Ob der Bauer wohl nicht weiß, dass ein Wanderweg direkt durch seinen Raps führt? Die Vordersten rufen uns vom anderen Ende des Feldes zu und sind durch ihre Stirnlampen im Rudel gut zu erkennen. Einen kurzen schwachen Moment überlege ich, mit den anderen einfach direkt übers Feld zu laufen statt die vorgesehene Kurve. Zum Glück habe ich diesen Gedanken wieder verworfen, denn dann hätten wir vor einem Wassergraben gestanden.

Die letzten Kilometer kommen uns endlos vor. Außerdem führt die Dunkelheit und der Grad der Erschöpfung dazu, dass uns das Lauftempo irrsinnig schnell und damit anstrengend vorkommt – obwohl wir langsamer unterwegs sind als am Anfang.

14 einhalb Stunden später kommen wir am S-Bhf Mühlenbeck wieder an. Die nächste Bahn fährt um 22:30 Uhr, daher schnell noch ein Siegerfoto gemacht. Wir sind so gut!

Mammutmarschtraining 7 Mühlenbeck Ziel

Ich bin mal wieder völlig im Eimer. Die Füße brennen und ich bin müde. Als ich zu Hause angekommen meine Schuhe, Socken und Sleeves ausziehe, traue ich meinen Augen nicht. Alles dick geschwollen und pustelig. Ob das nun an den Sleeves oder den Brennnesseln oder einer Mischung aus beidem liegt… keine Ahnung. Fakt ist aber, dass die Sleeves bei geschwollenen Fesseln zu sehr einschneiden. Es wird beim Mammutmarsch also komplett ohne Kompression gehen müssen.

Mammutmarschtraining 7 Füße

Fazit nach 7 Trainingswanderungen

Mit jeder Wanderung habe ich meine persönliche Grenze erreicht und trotzdem bei der nächsten immer wieder überschritten. Zum Mammutmarsch fehlen noch 35 km mehr, was etwa 7-8 Stunden entspricht. Das muss gehen, auch wenn ich jetzt schon weiß, dass der Kopf mich nach vorne peitschen werden muss.

Meine Ausrüstung habe ich ausgiebig testen können und am Ende viel mehr Wasser mitgeschleppt, als ich am 14.5. brauchen werde. Am Gewicht kann ich also noch sparen. Ob ich nun das Optimum an Schuhen/Socken gefunden habe, weiß ich nicht. Wenn sie mich 100 km tragen, ist das Ziel erreicht. Besonders schön werden meine Füße hinterher aber auf keinen Fall aussehen. Soviel ist sicher.

Am allerwichtigsten ist aber: Ich habe tolle, supernette, durchgeknallte Menschen kennen gelernt und ich freue mich schon sehr, in weniger als einer Woche in einer Riesenstartgruppe mit Euch loszulatschen. Zu unserer Herausforderung des Jahres!

Und da nach dem Mammutmarsch vor dem Mammutmarsch ist, werde ich zusehen, dass wir auch in den Monaten danach ein paar schöne Touren machen. Sicher nicht 65 km, aber 30-40, damit wir genug sehen und erkunden, aber auch ausreichend Zeit haben, ein wenig zu entspannen. Ich freu mich, wenn ihr wieder mit dabei seid. Einfach so. Weil es Spaß macht.

mammutmarsch

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[:de]6. Mammutmarsch-Training: Wandergruppe sprengt Fähre![:]

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Die Planung

Ich sitze vor meinem Laptop mit einem Glas Rotwein und plane eine Wanderroute. Draußen herrscht eisige Kälte, denn es ist Dezember. Die Wanderroute ist erst für den nächsten April vorgesehen, aber man braucht ja einen Plan, um sich für den Mammutmarsch vorzubereiten. Auf GPSies und Google Maps schaue ich, wo man so lang gehen könnte, wo es schön ist. Mal hier geklickt, mal da geklickt und schon zwei Stunden später ist die 55 km-lange Runde fertig. Bei näherem Hinsehen stelle ich fest, dass es an dieser einen Stelle, wo das Gewässer Dahme überquert werden muss, gar keine Brücke gibt. Oh! Da fährt nur eine Fähre. Na gut. Warum auch nicht.

Zu diesem Zeitpunkt schaue ich trotzdem mal lieber nach den mammutmarsch-trainingsplanFahrzeiten der Fähre. Hm. Die letzte fährt abends um 20 Uhr. Das wird ja bei geschätzten 12 Stunden Wanderzeit recht knapp. Erst sehr viel später flüstert man mir über Facebook die glorreiche Idee zu, die Route einfach umzudrehen.

Vier Monate später sitze ich wieder am Rechner. Durch die Erfahrungen der letzten fünf Wanderungen habe ich festgestellt, wie wichtig Ausstiegspunkte sind. Leider hat die 55-km-Tour durch Grünau aber keine. Mist. In mühsamer Kleinstarbeit, aber diesmal ohne Rotwein, stricke ich nochmal um, suche nach öffentlichem Nahverkehr, der die Beibehaltung der Route trotzdem noch möglich macht. Finde zwei Busse, die grundsätzlich recht regelmäßig fahren sollen, aber immer mal wieder eine anderthalbstündige Pause einlegen – natürlich genau dann, wenn wir eigentlich an der Haltestelle ankommen sollte. Nochmal neu stricken. Passt irgendwie.

Ich lasse mir nochmal die Anzahl der Teilnehmer durch den Kopf gehen. Geschätzte 50. Ob die Fähre wohl Platz für so viele Leute hat? Denke bei der kurzen Strecke eher an ein nussschalenartiges Paddelboot mit Fährmann, dem man ein paar Silbertaler in die Hand drückt. Also rufe ich mal lieber bei jemandem an, der sich damit auskennt: die BVG. Die hört so eine Frage nach der Kapazität der Fähre auch nicht häufig. „Äh, da muss ich mal fragen.“ Aus „Äh“ wird 49. Ich frage, ob da noch eine 50. Person raufpasst. „Also das müssen Sie dann mit dem Käpt´n klären.“ Na schön. Im winterlichen Rotweinrausch hatte ich beim Planen der Route nicht gedacht, dass das zum Problem werden könnte…

Auf zu 55 km

Samstag morgen, 7:30 Uhr. Mein Handy klingelt. Ich bin schon seit 15 Minuten in der üblichen Aufbruchspanik, weil ich wieder so lange getrödelt habe. Nina ist am Telefon.
„Wo bist du denn? Es geht doch um 7:30 Uhr los. Hier sind schon ganz viele.“
„Nein, nein, ich habe doch die Veranstaltung auf 8:00 gelegt. Ich schließe ja gerade erst meine Haustür ab und mache mich auf den Weg.“

Heute breche ich den Rekord und bin innerhalb von 25 Minuten von Lichterfelde in Grünau angelangt. Ich husche über die Ampel zur buntgekleideten Gruppe und entschuldige mich vielmals, falls noch irgendwo 7:30 Uhr als Anfangszeit stand. Fragende Blicke. Keiner der hier Wartenden war von 7:30 Uhr ausgegangen und Nina ist nicht da.

Mammutmarschtraining 6 Fähre

Zehn nach 8 brechen wir auf Richtung Fähre. Ein paar von uns sollen wohl schon übergesetzt haben. Etwa 30 Männlein und Weiblein nehmen mit mir die Fähre um 8:18 Uhr und sehen schon die anderen auf der gegenüberliegenden Seite warten. Um etwaigen Diskussionen mit dem Käpt´n bezüglich Fährenüberlastung aus dem Weg zu gehen, hatte ich schon letzte Woche vorgeschlagen, in Etappen die Fähre zu nutzen. Da noch ein paar mehr Wanderwütige mit der nächsten Fähre und einige direkt zu dieser Seite kommen, warten wir im Rudel. Nina sehe ich aber auch hier nicht. Komisch. 62 Männer und Frauen ziehen dann los. Soviele Fährgäste hat die BVG auf dieser Linie sicher den ganzen Monat sonst nicht.

Mammutmarschtraining 6 Wandergruppe EarnYourBacon

Es geht los Richtung Müggelberge. Ich unterhalte mich eine ganze Weile mit Steffi. Sie entschuldigt sich, dass sie mich heute morgen so früh angerufen hat. Häh? Mich hat heute morgen nur Nina angerufen. Ich schau nochmal in meine Anrufliste. Zwei Anrufe von Nina. „Nein, das war doch ich“, meint Steffi. Oh man. Anscheinend hab ich sie in meinen Kontakten als Nina abgelegt. Mit Foto. Natürlich von Nina. Das kommt in dem Gewirr von Messengern schon mal vor. Kein Wunder, dass Nina nicht da war.

Das ist übrigens Steffi, nicht Nina :)

Das ist übrigens Steffi, nicht Nina 🙂

Wer schon mal mit mir unterwegs war, der kennt das schon. Ich schaffe es irgendwie immer die hügeligsten Routen zu finden. Diesmal ist ein besonderes Schmankerl dabei: die Treppen hoch zum Müggelturm. Aber nicht ganz hoch. Außer Uwe, der zieht natürlich einfach durch. Beim Anblick des Schilds „Zum höchsten Berg Berlins“ werde einige Gesichter spontan grün. Dabei geht’s heute gar nicht dort hinauf, nur herum. Ein paar Abtrünnige wollen aber auch hier das Gipfelkreuz nicht verpassen.

Mammutmarschtraining 6 Müggelberge

Hinterher geht es nach Müggelheim. Da stellen die Vordersten schon fest, dass die GPSies-Route durch ein abgeschlossenes Privatgartentor führt. Ups. Das hatten wir schon mal. Da ein kleiner Weg drumherum geht, entern wir heute mal nicht zu sechzigst den Garten.

An einem kurzen Abschnitt treffen wir zum ersten Mal auf Wasser und Lena, Uwes fitte Schäferhündin nutzt die Gelegenheit, um einen Schluck aus der Großen Krampe zu nehmen. Schon geht’s zurück in den Wald, den wir aber bald wieder verlassen müssen, da der einzige Weg über die Gosener Landstraße und den Gosener Graben führt. Jetzt kann/muss ich zum ersten Mal mein Pfeifchen einsetzen, das im Starterpaket zum Paris Marathon enthalten war. Die vordere Truppe latscht nämlich die unromantische Hauptstraße geradeaus weiter, statt scharf rechts in den grünen Wald abzubiegen. Das laute Trillern holt die Vordersten wieder zurück. Das ist wohl im klassischsten Sinne das, was man unter „jemanden zurückpfeifen“ versteht.

Ein bisschen Quantenphysik

Wir laufen entlang einer renaturieren Mülldeponie, da bekomme ich hinter mir ein Gespräch mit, in dem Wortfetzen wie Sockentheorie und Reibungskoeffizenten auftauchen. Jetzt wird’s aber wissenschaftlich. Die Wrightsocks sollen angeblich durch ihre zwei Lagen einen sehr geringen Reibungskoeffizenten haben. Na hoffentlich wissen das die Füße auch!

Die erste Pause legen wir auf einer großen Wiese ein. Natürlich wähle ich mir meinen Sitzplatz genau so aus, dass ich mich in ein Ameisennest setze. Ich bin kein großer Fan von Ameisen, zumindest nicht, wenn sie nicht durch mindestens eine Glasscheibe von mir getrennt sind. Neben Quallen sind das die Tiere auf dem Planeten, die mich am wenigsten mögen und am häufigsten ärgern. Also weg hier.
Nebenan werden Wurstbrote und Nudelsalat ausgepackt und schon die ersten Blasen versorgt und Füße mumifiziert. Es kommen immer noch ein paar Nachzügler, während die ersten schon wieder aufbrechen wollen oder einfach weiterlatschen. Wir werden also wie gehabt in mehreren Kleinstgrüppchen am Ziel ankommen.

An der Wernsdorfer Schleuse befindet sich nach 18 km der erste Ausstiegspunkt mit der Bushaltestelle. Nur eine Teilnehmerin verlässt uns hier. Wir laufen vorbei an einem alten Laden, den anscheinend jeder fotografiert hat und tauchen bald wieder in den dichten Wald ab. Der Weg, den ich mir als wunderbaren Waldweg vorgestellt hatte, ist eher eine für Waldarbeiten aufbereitete Schotterpiste, die schnurgeradeaus führt. Leider laufen wir die Piste viel länger geradeaus als ich geplant hatte, weil ganz vorn nicht nach links abgebogen wird. Sehnsüchtig schaue ich dem grasbewachsenen Weg hinterher, während ich dran vorbei ziehe. Meine Pfeife ist leider nicht mehr laut genug, weil die Vordersten schon fast außer Sichtweite sind.

Um weiteres Unglück zu vermeiden (geradeaus hätte schnurstracks in eine Sandgrube geführt), renne ich so weit nach vorn, dass die Falschläufer gerade noch in Pfeifreichweite sind. Rechts geht’s lang. Jetzt bleibe ich aber auch ganz vorn. Hin und her rennen ist doch anstrengend.

Mammutmarschtraining 6 Turm

Eine kleine Schleife führt uns zum ehemaligen NVA Treib- und Schmierstofflager. Alte heruntergekommene Gebäude säumen den Weg und wecken bei einigen den Entdeckergeist. Ich husche mal schnell einen Berg hoch. Riesige Tanks sind in den Berg eingelassen, in die Metallleitern hinunterführen. Für mehr Erkundung ist leider keine Zeit, ich bin schon wieder fast ganz hinten.

Der Weg wird jetzt recht experimentell, führt durch Dickicht und Gestrüpp und einen kleinen Graben. Dann sind wir wieder auf einem befestigten Weg, der noch zum Lager gehört. Wir lassen die letzten Gebäude, die nutzlos in der Gegend herumstehen, hinter uns liegen und machen uns auf den Rückweg.

Für die zweite Pause setzen wir uns nach 32 km ins Gras und genießen die Sonne. Füße werden versorgt, das leibliche Wohl gepflegt und Dehnübungen durchgeführt. Diesmal setze ich mich nicht in eine Ameisenkolonie, stattdessen spaziert eine Zecke über mein Handy. Gut. Zecken zählen auch nicht zu meinen Favoriten. Fehlen heute nur noch Blutegel.

Nach der Schleife kommen wir wieder an Wernsdorf vorbei, wo sich noch einige wenige dankbar verabschieden, um auf den Bus zu warten. Dass diese nie kommen werden, kann zu diesem Zeitpunkt noch keiner ahnen. Merke: verlasse dich am Wochenende nicht auf Busabfahrtzeiten außerhalb von Berlin.

Mammutmarschtraining 6 Wernsdorf Kirche

Nur noch 15 km haben wir vor uns. Das Wasser begleitet uns nun zur linken, während wir einen Spaziergang entlang des Ufers der Schmöckwitzer Halbinsel machen. Die Spitzengruppe haben wir schon wieder verloren. Ein paar finden wir dann aber im Gras lümmelnd wieder.

Die dritte und letzte Pause genießt die „Schleichergruppe“ in der Abendsonne am Seeufer. Ich ziehe jetzt auch zum ersten Mal meine Schuhe für einen Sockenwechsel aus und frage mich, warum meine Füße so aussehen, als hätte ich weder Socken noch Schuhe angehabt. Sandig, dreckig, dunkel. Jetzt schon in meine LUNA Sandalen zu schlüpfen, traue ich mich noch nicht. Sind noch zuviele Km zu gehen und ich habe mit den Dingerchen noch gar nicht trainiert. Für den Fall, dass ich meine Wanderschuhe aber nicht mehr ertrage, habe ich sie aber dennoch dabei.

Hier hätte Ihr Start sein können

Der Endspurt schrammt an Eichwalde vorbei, dem ursprünglichen Startpunkt für den Mammutmarsch 2016. So bekommt ein kleiner Teil der Teilnehmer ein wenig Eichwalder Luft zu schnuppern. Schön ist es hier allemal.

Mammutmarschtraining 6 Eichwalde
Mein Handy klingelt wieder. Steffi ist dran. Eine andere diesmal. Da sind noch zwei bei Rewe abgebogen um sich Kaffee zu holen, kennen aber den Weg nicht. Also lasse ich die anderen ziehen und warte auf die Koffeinjunkies. Mit Steffi teile ich mir mein Red Bull und frisch gestärkt holen wir die anderen bald wieder ein. Sie erzählt mir, dass sie Wrightsocks trägt und trotz niedrigem Reibungskoeffizenten Blasen bekommen hat. Ihren Füßen fehlen wohl die Kenntnisse in Socken-/Quantentheorie, sonst hätten sie gewusst, dass sie darin keine Blasen kriegen können.

Mammutmarschtraining 6 Luna Sandals

Die letzten Kilometer. Der Weg windet sich an der Krummen Lake entlang, einen Miniflüsschen mit Sumpfgebiet, das früher einmal meine Laufstrecke gewesen ist. Etwa anderthalb Kilometer vor Grünau packe ich dann doch noch meine LUNAs aus und schlüpfe hinein, obwohl es nur etwa 10 Grad warm ist. Wie wunderbar, wenn die Füße auf einmal Luft bekommen und nichts mehr reibt. Allerdings sind die Sandalen quasi ohne jegliche Dämpfung. Mehr als die kurze Strecke wäre wirklich nicht angemessen gewesen.

Das Abschlussfoto machen wir unterm Irrgarten-Schild. Es passt einfach so schön. Dann geht’s zurück über die Autobahn Richtung Badewanne. In einer Woche setzen wir noch einen drauf und wollen 65 km rocken. Ja. Wir sind schon ganz richtig im Irr(en)garten!

Mammutmarschtraining 6 Ziel

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