Seit 2013 hole ich mir jedes Jahr eine Gurke. Keine Gewürz- oder Salatgurke (wobei die Anzahl pro Jahr da auch nicht viel höher ist). Nein, eine besondere Gurke. Die gusseiserne Gurkenmedaille vom Spreewaldmarathon. Da ich diesjahr aber zum zeitgleich stattfindenden Hamburg-Marathon angemeldet war, fielen die Optionen Laufen und/oder Skaten aus. Es blieb die Disziplin Paddeln übrig, die man den ganzen April über absolvieren kann. Das war letztes Jahr schon ein tolles Mini-Abenteuer gewesen, also warum nicht wieder? Tatsächlich fanden sich in der Marschgruppe auch einige Irre, die die 42 Kilometer mitpaddeln wollten und so starteten zwei Autos nur wenige Stunden nach der blutigen Wanderung vom Vortag in Berlin mit Kurs auf den Spreewald.
Pünktlich um halb zehn landet unser Auto mit Martin, Olaf und mir beim Bootshaus Leineweber, wo wir starten wollen. Das andere Auto muss noch einen Umweg über Lübbenau machen, um einen weiteren Paddler einzufangen. Nicht schlimm, denn so können wir gleich mal das Missverständnis mit den falschen, bereits zu Wasser gelassenen Booten, klären. Dass es die falschen sind, fällt mir aber auch dann erst auf, als ich versuche, mein Gepäck dort hinein zu quetschen, was recht erfolglos verläuft, obwohl ich genauso gepackt habe wie im Vorjahr. Einige Startunterlagen fehlen zudem, werden aber vor Ort schnell durch Blankounterlagen ersetzt. Na, solange es am Ende Gurken gibt!
Viel später als geplant starten vier Boote von Burg und folgen dem Lauf der Spree. Das Wetter meint es gut mit uns. 20 Grad und Sonne sind mehr als wir vom bislang räudigen Frühling erwarten konnten. Mit Martin im Boot habe ich offensichtlich einen richtig guten Paddler erwischt, denn die anderen drei Boote sind stets hinter uns. Teilweise sehr weit hinter uns. Zum Glück gibt es jede Menge Schleusen auf unserem Weg, die immer wieder dafür sorgen, dass wir zusammen kommen. Gleich in der ersten gibt es gleich mal ne Runde Gurken von Katharina geschmissen.
Die Fahrt entlang der Hauptspree ist locker flockig. Wir fahren ja auch mit dem Strom. Tatsächlich treffen wir auch ab und an auf weitere Paddler. Im Vorjahr war hier niemand sonst gewesen. Dass wir uns in der Vor-Osterwoche befinden und anscheinend alle Ausflügler selbst unter der Woche aus ihren Löchern gekrochen sind, merken wir, als wir beim Froschkönig die ersehnten Pellkartoffeln essen wollen. Alle Tisch sind besetzt. Alle? Zumindest draußen. Drinnen ist alles leer, aber da dürfen wir nicht hin, weil die Bedienung nicht hinterher kommt. Nach ein wenig Wartezeit wird dann doch noch ein Tisch für uns frei und wir laben uns am guten Essen. Fast jeder bestellt noch einen Nachtisch, die meisten die ortstypische Hefeplinse. Mit Aussicht auf den Sommerurlaub ordere ich mir stattdessen einen Schwedenbecher. Schön mit Eierlikör. Paddelt sich dann wie von alleine.
Bob, der Retter
Vom Froschkönig ist es nicht mehr weit bis zum Zeltplatz, wo wir nächtigen werden. Noch zum Mittag hat uns Bob angeboten, mal eben von Berlin in den Spreewald zu kommen, um mit uns abends zu grillen. Uns würden aber ein paar Sachen fehlen, geben wir zu bedenken. Wir haben ja keinen Grill. Und Fleisch fehlt. Grillkäse natürlich auch. Und Soßen! Am Ende klappert Bob mit einer Rieseneinkaufsliste einen Berliner Supermarkt ab, während wir schon unsere Zelte aufbauen. Wie auf einer Mini-Globeboot begutachtet jeder mal das Zelt des anderen, findet sein eigenes am Ende dann aber doch am besten. Dabei stellt Lea fest, dass sich ihr Equipment doch sehr von dem der anderen unterscheidet. Die versprochene Isomatte wurde leider vom potentiellen Mitbringer vergessen. Und ihr Nachbar gab ihr nur einen Schlafsack, der mehr an ein Handtuch erinnert. Zum Glück gibts ja Bob, der auch noch eine Isomatte mitbringt und ihr zudem selbstlos seinen Schlafsack überlässt.
Für mich persönlich ist dagegen Katharina die Retterin des Abends. Merke: packe Zelt und Heringe nie in getrennte Taschen des Rucksacks! Mein Zelt ist im Spreewald, die Heringe in Berlin. Und was so ein Ultraleichtzelt ist, das fliegt gern, wenn es nicht verankert ist. Zum Glück hat Katharina, für die ultraleicht dankenswerterweise ein Fremdwort ist, einen Sack gemischter Heringe dabei, von denen sie einige abgeben kann und am Ende immer noch welche übrig sind.
Die Flammen züngeln auf den Einweg-Grills. Schnell das Grillgut draufgeschmissen, denn die Brenndauer dieser Grills ist kürzer als eine Packung Bratwürste es bräuchte. Als Gruppe von sieben haben wir uns auch die einzige Feuerschale des Zeltplatzes gegönnt und sitzen noch weit bis in die Nacht (22 Uhr, denn dann ist Zapfenstreich) am Feuer und erfreuen uns am Vollmond und einiger “Passfotos” einschlägiger Apps, die auch noch nach Zapfenstreich wild zwischen den Zelten hin und her geschickt werden. Dem mobilen Internet sei dank.
Tag 2 – Es wird grausam
So früh wie es ins Bett ging, so früh geht es am nächsten Morgen auch wieder raus. Heute müssen wir gegen den Strom paddeln und es wartet die längere Hälfte auf uns. Zünftiges Frühstück vom Gas- und Holzkocher muss trotzdem sein. Katharina kocht Kaffee in Suppengröße, frische Croissants werden vom Zeltplatz geholt und allerlei mit kochendem Wasser zubereitet. Als wir pünktlich um 9 Uhr die Leinen losmachen, scheint die Sonne noch, aber es ist merklich kühler geworden.
Unseren zweiten Stempel für die Stempelkarte hole ich gleich nach der Bootsrolle als gesammelte Werke ab. Diesmal werde ich sogar gleich gehört und muss nicht eine halbe Stunde in die Küche brüllen. Teilweise fängt es an zu nieseln und die Regenjacken werden übergestreift. Wir paddeln in den malerischen Hochwald, wo uns ein älterer Herr während der Schleusenbedienung mit einer sehr gewagten Interpretation zur Entstehung des Spreewalds unterhält. Die Unterhaltung ist für manch ein Boot auch bitter nötig, denn so langsam lässt die Kraft und Ausdauer in den Armen nach.
Da kommt die Pause am dritten Stempelpunkt gerade recht. Für mich gibts wieder Pellkartoffeln mit Quark und hinterher Hefeplinse. Soviel hab ich mir im Leben nicht weggepaddelt. Der Kamin verbreitet wohlige Wärme und so richtig wollen wir da nicht mehr raus, um die letzten Kilometer zu paddeln. Aber wat mut, dat mut. Das üppige Grün des Spreewalds hebt die Laune wieder ein wenig. Und ein großes Platsch gefolgt von einer Herde Wildschweine, die einmal direkt vor uns quer durch den Fluss schwimmen, reist und aus der Lethargie des Paddel rein, Paddel raus.
Überhaupt meint es die Natur heute besser mit uns als am Vortag. Ein Reiherpärchen turtelt auf einer Wiese, ein Kälbchen schaut uns vom Ufer aus verdutzt an und am Ende schwimmt noch ein Nutria völlig tiefenentspannt an uns vorbei. Tiefenentspannt sind wir erst, als wir gegen 17 Uhr wieder am Bootshaus landen. Nach dem Entladen der Boote weicht die Erschöpfung auch dem Stolz, spätestens aber, als wir uns gegenseitig die hart erpaddelten goldenen Gurken um den Hals hängen. Schmerz vergeht, die Gurke bleibt!
ui da wäre ich wirklich gern dabei gewesen…na ja nächstes Jahr!
Nächstes Jahr klappt das bestimmt. Müssen wir frühzeitig planen. Siehst ja, wie schwierig das schon mit dem Bogenschießen ist 😀
Das klingt schon sehr cool und sieht auch richtig hübsch aus! Auch wenn das Wetter für so etwas gerne wie am ersten Tag sein dürfte.
Falls sich meine Adduktoren weiterhin wehren, weiß ich ja, was ich dann nächstes Jahr stattdessen mache 🙂
Ich sag’s ja, #LBC2018 im Spreewald 🙂 Allerdings ist der Paddel-Marathon offiziell schon vorbei. Aber ich würde dir auch so ne Gurke ausgeben 😉
Aber der Spreewald-Paddel-Marathon findet doch auch 2018 wieder statt, oder? Füg den Spreewald gerne bei der Abstimmung zur LBC-Location hinzu, meine Stimme hast du sicher und meinetwegen können wir den auch im April stattfinden lassen. Oder soll ich jetzt direkt schon rüber kommen, zum Paddeln und Gurke futtern? 🙂