[:en]Translation in progress[:de]„Good morning, everyone!“ tönt es durch die dünnen Zeltwände. Johan Skullman stapft durch den meterhohen Schnee und flötet die faule, noch in den Schlafsäcken liegende Bande wach. Wie kann man um 5:30 Uhr nur schon so wach sein? Mühsam öffne ich meine Augen. Die erste Nacht in Eis und Schnee war jetzt nicht wirklich erholsam. Irgendwie traue ich der sehr dünnen Isomatte nicht und habe womöglich allein deshalb die halbe Nacht vor mich hin gefroren. Aber alles Jammern hilft nichts. Um halb 8 fährt der Bus und bis dahin muss angezogen, frischgemacht, gefrühstückt und das Zelt ausgebuddelt und verpackt sein.
Die ersten Tätigkeiten gehen recht flott. Und das Zelt zu verpacken, kann ja so schwer auch nicht sein. Habe ich ja oft genug gemacht. Kleine Heringe aus dem Boden ziehen ist jedoch was ganz anderes als riesige Schneeheringe aus dem festgeklopften, gefrorenen Schnee herauszulöffeln. Verdammt anstrengend und zeitraubend. Und das gleich 16 Mal! Drei Stunden zwischen Aufstehen und Abfahrt sind also gut gefüllt.
Endlich zu den Hunden
Gefühlt endlos ist die Busfahrt nach Signaldalen, wo wir endlich, endlich unsere Hunde treffen werden. Als wir ankommen, dürfen wir natürlich nicht wie die kleinen Kinder aus dem Bus stürmen und zu ihnen. Der Plan ist klar vorgegeben: aussteigen, Gepäck ausladen, Gepäck für Stockholm abgeben, die Versorgungsbox abholen und auf die Musher warten. Ein ohrenbetäubendes Bellen erfüllt den kleinen Ort Signaldalen, denn 200 Hunde sind ganz wild darauf, sich heiße Pfoten zu rennen. Schließlich kommt Nora durch den Schnee gestapft und bringt uns zu unseren Schlitten, die schon gut gepackt sind. Rucksack, Versorgungspaket und Ausrüstung müssen noch untergebracht werden. Gar nicht so einfach, denn so groß ist der Schlitten dann doch nicht. Ein wenig Stopfen á la Tetris hilft und ich kann endlich meine Hundis begrüßen und durchstreicheln.
Ich habe einen fast reinen „Mädelsschlitten“. Nur ein Rüde ist mit dabei. Und die Mädels sind auch noch „in heat“, läufig also. Das kann ja lustig werden. Die Alaskan Huskies sind die freundlichsten Hunde, die mir je begegnet sind. Stürmisch, liebevoll, aufgeregt und für jede Streicheleinheit dankbar. Während die letzten Hunde an den Schlitten festgemacht werden, die letzten Ausrüstungsgegenstände auf die Teams verteilt und Interviews für Fjällräven gegeben werden, kuschele ich mich einmal durch meine Hunde durch und versuche, mir ihre Namen zu merken. Da die meisten davon nordisch sind und ich sie auch nur halb verstehe, bleiben bei mir erstmal nur Miami und Klara hängen.
Gegen halb zehn geht es endlich los! Ohne weitere große Einführung löst Nora den Anker aus dem Schnee und düst ab. Ich tue es ihr gleich und hoffe, nicht gleich auf den ersten Metern vom Schlitten zu fallen. Zusammen mit meinem fünfköpfigen (Menschen)-Team passieren wir sturzfrei die Fjällräven Polar-Flaggen und meine Hunde setzen zum ersten Überholen an. Was total verboten ist. Niemand überholt den anderen. Also stehe ich auf meiner Bremse. Und zwar fast die ganze Zeit. Meine Mädels wollen einfach Gas geben.
Es geht bergauf
Schon gestern wurden wir mit der Aussage schockiert, dass es am ersten Tag etwa 1.000 Meter in die Höhe geht. Hilfe für die Hunde ist daher angesagt. Mit einem Fuß kicke ich den Schlitten voran, wenn der Winterweg ansteigt. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich sonderlich hilfreich bin, aber ich gebe mein bestes. Plötzlich driftet mein Schlitten auch noch nach links in den Tiefschnee ab und plumps… liege ich zum ersten Mal im Schnee, der Schlitten umgekippt. Aber ich hänge noch dran. Wie gesagt: niemals den Schlitten loslassen! Ich rappel mich wieder auf und es geht weiter bergauf. Dasselbe Schicksal ereilt kurz nach mir die Engländerin Dany und den englischen Ungarn Ferenc hinter mir. Beide stecken so tief im Schnee, dass Nora erstmal zu Hilfe eilen muss.
Diese Testfälle gehören wahrscheinlich einfach dazu, denn danach läuft es für uns alle gleich viel besser. Wir fahren, wir kicken, wir genießen die Landschaften. Ich bin fast die ganze Zeit damit beschäftigt, auf der Bremse zu stehen, um Nora nicht zu überholen. Das tut mir besonders leid, wenn es bergauf geht und meine Hunde so schon schwer arbeiten.
Nach etwa 8 km erreichen wir schon die schwedische Grenze. Nicht, dass ich sie gesehen hätte, hätte Nora mich nicht darauf aufmerksam gemacht. Hier ist Nichts, nichts außer Weiß. Vor, hinter, neben mir. Sogar über mir, denn es ist reichlich bewölkt. Etwa weitere 10 km später erreichen wir nach guten zwei Stunden Fahrzeit den Pausenplatz.
Snack the dogs! Hunde füttern. Essen für Menschen aus dem Schlitten kramen. Thermoskannen mit heißem Wasser ranschleppen, sich in den Schnee fallen lassen, dehydriertes Futter mit heißem Wasser aufgießen und warten bis es weich genug zum Essen ist. Ich habe mir Chili con Carne rausgesucht und genieße es in vollen Zügen. Das Trekkingessen von Real Turmat ist richtig lecker, ich konnte es ja schon während es Fjällräven Classic fünf Tage lang verkosten. Viel Zeit bleibt nicht, denn Nora möchte schnell wieder aufbrechen. Noch schnell ins Plumpsklo und weiter geht es. Wir haben heute nochmal die doppelte Strecke vor uns.
Weiter geht es die verschneiten Berge hinauf. Wie die Schären im Wasser an der norwegischen und schwedischen Küste sind die Berggipfel rund geschliffen und schmiegen sich sanft durch die Landschaft. Nichts von schroffen Felsformationen zu erkennen. Es ist genau so, wie man sich das Winterwunderland vorstellt. Nur ohne Bäume. Die Baumgrenze haben wir schon längst passiert. Immer wieder kommt ein Anstieg nach dem anderen und nachdem wir eine 90 Grad-Wende machen, haut auch uns auch noch der Wind mit voller Wucht entgegen. Es ist kalt. Zum Glück bin ich schon in meinen kuscheligen Polarparka geschlüpft. Um den anzuziehen, wird aber nicht etwa angehalten. Alles, was so zu tun ist, wird während der Fahrt getan. Essen, trinken, anziehen, ausziehen, gymnastische Übungen, Fotos.
Gegen 17:30 Uhr kommen wir am Tagesziel an. Auf einer Bergkuppe gelegen befindet sich die Bergstation Råstojaure, wo wir unsere Zelte aufschlagen werden. Und nun beginnt der Stress. Hunde vom Schlitten befreien, eine ewig lange Metallkette auslegen und das Ende mit einem dicken Brett im Schnee vergraben. Hunde an die Kette leinen. Den Hunden das Geschirr ausziehen und Deckchen anziehen. Wasser holen. Wasser kochen. Hunderte dicke Hundewürste in kleine Scheiben hacken. Kleine Scheiben in Wasser auflösen und den Hunden servieren. Aufpassen, dass die Futterschalen nicht wegfliegen, wenn sie leer sind. Alleine das dauert schon gut anderthalb Stunden.
Zelt aufbauen. Im Gegensatz zu gestern brauchen wir heute vier Menschen für ein Zelt, denn der Wind fegt die Zeltplane einfach weg. Zelt ausschippen, einen Windschutz aus Schneeblöcken bauen, Schlafsäcke, Isomatten etc. ins Zelt schaffen. Und dabei das eigene Essen nicht vergessen. Weitere anderthalb Stunden weg. Und um 20.30 Uhr sollen wir schon bei Johann zum Appell antreten. Ich bin seit Ankunft nicht einmal dazu gekommen, auf Toilette zu gehen, was jetzt aber dringend fällig ist. Gegen den Sturm kämpfe ich mich zum Toilettenhäuschen und wieder zurück. Komme natürlich zu spät zum Appell.
Was wir heute gelernt haben, will Johann wissen und erzählt uns noch einiges zum öfteren, den Aktivitäten angepassten Kleidungswechseln während Schlittenfahrt und Arbeit. Besonders aufnahmefähig bin ich nicht mehr. Eigentlich will ich nur noch in meinen Schlafsack. „Noch drei Tage von der Sorte und ich bin tot“, denke ich. Beim Auspacken meines Schlafsacks merke ich, dass ich wohl den falschen gegriffen habe und mache mich auf die Suche nach meinem richtigen. Aber ich bin nicht die einzige. Bis endlich alle wieder ihre eigenen Utensilien haben, ist es nach 22 Uhr. Ich habe weder Fotos noch Videos gemacht. Einfach nur durchgeackert. Aber morgen soll der Tag kürzer werden. Mal sehen. Zumindest dürfen wir eine Stunde länger schlafen. Bis 5:30 Uhr. Hoffentlich ist es dann nicht mehr so windig.
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