Einreiseverbote, Quarantäneregeln, Flugstornierungen – für die Urlaubsplanung 2020 war doch erhöhte Kreativität und Flexibilität gefordert. Eigentlich sollte es im Mai nach Schottland zur TGO Challenge gehen und im Herbst mal wieder über den großen Teich nach Amiland. Obwohl ich schon so oft da war, wartet(e) immer noch der Yellowstone Nationalpark darauf, von mir entdeckt zu werden. Vier Tage paddeln auf Flüssen und Seen, zwei Backpacking-Trips und einige Tageswanderungen waren geplant, Flüge gebucht und Permits gesichert. Ich wollte ja endlich mal einen Bären sehen.
Nachdem meine großen Schottland- und USA-Pläne wie eine Seifenblase dank Corona zerplatzten, überlegte ich, was ich sonst unter den gegebenen Umständen mit dem Jahresurlaub anstellen könnte. Unkompliziert und spontan, aber trotzdem abenteuerlich sollte es sein. Und es durfte mein Knie nicht all zu sehr beanspruchen. Die letzte OP lag ja erst knapp drei Monate zurück und die nächste stand kurz bevor – das Kreuzband noch immer defekt. Schließlich entwuchs einem gemütlichen Abend Ende August bei einem Glas Wein der Gedanke: Warum nicht einfach das nagelneue Mountainbike satteln, mit der Fähre nach Schweden übersetzen und sich treiben lassen? Mein Orthopäde sagt schließlich auch immer: “Fahren Sie Fahrrad.”
Ich setzte mich kurzerhand an den Computer und überlegte, wie viele Kilometer man in gut zwei Wochen über Stock und Stein entspannt schaffen könnte. Kalmar sah nach einem guten Wendepunkt aus und so überließ ich einfach komoot die grobe Planung im Mountainbike-Modus. Ein bisschen hier und da die Strecke zurecht gezuppelt und die rund 800 Kilometer lange Rundtour war nach einer Stunde fertig.
Mitte September startete ich also mit der Fähre von Rostock nach Trelleborg. Von dort ging es ab nach Norden, tief in die Naturreservate und Wälder hinein. Die Mountainbike-Route, die mir komoot zusammengestellt hatte, führte oftmals über herrlich ruhige Hinterlandstraßen und Gravelroads, aber vor allem an den ersten Tagen auch über felsige Wege und verschlungene Pfade wie den Skåneleden. Der hohen Trail-Kunst noch nicht ganz mächtig, hieß das für mich, das Bike streckenweise schieben und heben zu müssen. Inklusive über Leitern von Viehzäunen. Und so war ich sehr froh, dass ich für den Anfang nicht mehr als 50 Kilometer am Tag eingeplant hatte.
Je weiter ich nach Norden kam, umso wald- und seenreicher wurde die Landschaft. Ein schöner Zeltplatz nach dem nächsten. Trotz der Möglichkeit, wild zelten zu dürfen, übernachtete ich aber in fast der Hälfte aller Nächte in sogenannten Vindskydds – einfachen Holzverschlägen, die nach einer Seite offen und immer mit einer Feuerstelle ausgestattet sind. Lagerfeuerromantik pur! Die meisten davon fand ich relativ spontan über eine Google-Map und komoot und passte die Route von Tag zu Tag ein wenig danach an. Genau die Art von Spontanität, die ich mir erhofft hatte. Unterwegs Geschäfte zum Vorräte auffüllen zu finden, war genauso unkompliziert – das Bierchen am Abend gesichert.
Nach einem Stadtbummel in Kalmar zur Halbzeit fuhr ich auf dem Rückweg gen Süden immer mal wieder am Küstenstreifen entlang, um die salzige Seeluft aufzusaugen. Kleine Fischerhäfen, hübsche Dörfer, schmale Trails und immer wieder die Überraschung, wohin die Route wohl als nächstes führt.
Ein Abenteuer, das in einer Stunde am Computer entstand und mich immer noch mit tollen Erinnerungen versorgt. Nachmachen unbedingt empfohlen! Die Tour mit allen Etappen und den täglichen Erlebnissen findet ihr hier: