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[:de]Fjällräven Classic 2017 – Tag 3: Von Höhepunkten und Trennungen[:]

[:de]Von vorne lesen? Hier geht es zu Tag 1


Frühes Aufstehen lohnt sich. Denn wer sich am dritten Tag des Fjällräven Classic gegen halb acht aus seinem Zelt schälte, wurde Zeuge eines wunderbaren Naturschauspiels. Eine Herde aus über 100 Rentieren (wer Zeit hat, kann auf dem Bild genau nachzählen) zog in einiger Entfernung am anderen Flussufer gen Norden und bescherte uns einen Anblick, wie man ihn wohl nur in den Weiten Lapplands erwarten kann. Warme Sonnenstrahlen und eine Rentierherde zum morgendlichen Instant-Kaffee… was kann es schöneres geben?

Unserer selbstauferlegten Disziplin folgend brechen wir um 9 Uhr mit Sack und Pack Richtung Sälka, unserem nächsten Checkpoint auf. Der sollte etwa 9-10 Kilometer entfernt sein und eine Sauna für die Teilnehmer bereithalten. Vier von uns wollen diesem heiß-fröhlichen Vergnügen für ein paar Stunden frönen und richten uns bereits auf einen sehr langen Wandertag ein, denn die anderen fünf wollen indes schon weiterziehen und es geht ja heute auch noch über den Pass. Pläne werden geschmiedet, wie wir uns dann am Abend wieder zusammenfinden wollen, denn der Trennungsschmerz wäre heute noch zu groß. Das Wetter meint es heute wieder gut mit uns und lässt die Sonne vom Himmel strahlen. Das Türkisblau der Flüsse und Wasserfälle, die wir immer wieder überqueren, kommt besonders schön zur Geltung und lässt uns immer mal wieder staunend innehalten.

Was sind wir heute schnell

Zu unserer aller Überraschung kommen nach schon 6,5 km ein paar Häuschen in Sichtweite. Da kann doch nicht schon Sälka sein? Doch, da steht ein blaues Checkpoint-Zelt in der Mitte. Und so sammeln wir bereits um 11:50 Uhr unseren nächsten Stempel und Nachschub an gefriergetrocknetem Futter ein. Das Saunahäuschen steht etwas weiter unten direkt am Fluss, in dem man sich nach dem Saunagang abkühlen kann. Voller Vorfreude hüpfen wir Richtung Sauna… um dann mit hängendem Kopf wieder zur Gruppe zurück zu kehren. Sauna gibt es erst ab 16 Uhr. So lange wollen wir dann doch nicht warten. In Alesjaure, dem übernächsten Checkpoint gibt es ja auch nochmal eine Gelegenheit auf Sauna und so können wir zu neunt noch länger weiterziehen. Zumindest statte ich aber noch schnell einem meiner liebgewonnenen Toilettenzelte einen Besuch ab. Dass diese gegenüber fest installierten Toilettenhäuschen wegen der guten Luft durchaus zu bevorzugen sind, habe ich schon in Singi festgestellt. Darin befindet sich ein kleines Plastikklo mit einem integrierten Urinseparator. Was für ein schönes Wort. Letztlich hängt in einer Klobrille eine Plastiktüte für „hinten“ und ein Trichter für „vorne“. Klopapier gibt’s vom Stock. Spartanisch, aber gut.

Der heutige Tag ist mein persönliches landschaftliches Highlight. Wir wandern durch das grüne Valley, rechts und links erheben sich majestätisch die Berge schwedisch Lapplands. Ein paar Kilometer weiter finden wir uns an einem kleinen See wieder, in dem eine Möwe dekorativ auf einem Stein hockt und uns scheinbar fasziniert zuschaut. Wiesen mit knallgelben Sumpfdotterblumen und kleinen Tümpeln säumen unseren Weg und links begleitet uns ein mächtiger rauschender Fluss durchs Tal.

Unsere Mittagspause verbringen wir am Fuße eines kleinen Hügels und direkt in Flussnähe. Während die Gaskocher angeschmissen werden, suche ich erstmal meine noch nassen Klamotten raus. Für die 10 Tage Trekking habe ich je zwei Paar Socken und zweimal Unterwäsche dabei, die täglich gewechselt und gewaschen wird. Irgendwie muss der Kram ja trocken werden und so hängt mein Höschen dann eben beim Mittagessen zwischen den Trekkingstöckern. That´s trail life! Einen schönen Anblick gibt es dafür auf der anderen Flussseite, wo uns ein kleiner Regenbogen quasi ins Land der Gummibärenband verzaubert, so kitschig mutet das an.

Auf zum Höhepunkt

Nach der Mittagspause wartet der gefürchtete Aufstieg zum Tjäktapass, dem höchsten Punkt des Fjällräven Classic, auf uns. Auf dem Höhenprofil unseres Wanderpasses sieht der Anstieg respekteinflößend aus. Bis dorthin geht es noch gemächlich weiter durchs Valley. Während wir uns wieder durch Matschepampe gemixt mit Felsen kämpfen, wird mir immer wärmer und ich ziehe Schicht für Schicht aus.

Aus einiger Entfernung sehen wir gut, wie sich die kleine Kette aus Wanderern den Pass nach oben windet und bald schon stehen wir selbst am Fuße der Bergschneise, die es zu überwinden gilt. Ich latsche allen voran locker flockig die Höhenmeter entlang. Irgendwie habe ich gerade Energieüberschuss. Außerdem will ich den anstrengenden Aufstieg schnell hinter mich bringen. Ich latsche und latsche… und plötzlich bin ich schon fast oben. Am Meditationsplatz lasse ich meinen Rucksack fallen und nutze die Gelegenheit, den unglaublichen Ausblick über das zurückgelegte Valley zu fotografieren. Unsere vierpfotigen Begleiter sind wenig begeistert, den Aufstieg an der Leine zurücklegen zu müssen. Da ich schon mal oben stehe, werden die Hundis einfach losgelassen und fetzen den Berg hoch… um sich dann von Janine und mir einfangen zu lassen. So geht Hundebergtransport!

Ein paar Höhenmeter sind es noch, dann sehen wir die Schutzhütte am Tjäktapass. Ein fieser Wind weht hier oben, so dass wir uns erstmal auf die Rückseite der Hütte verkrümeln. Der Gipfelwhisky, den ich in kleinen Plastikfläschchen mitgeschleppt habt, ist jetzt endlich fällig und schmeckt hier oben gleich doppelt so gut. Nach einem halberfrorenen Gruppenfoto vor der Schutzhütte stellen wir fest, dass diese sogar offen ist. Warum nicht gleich so? Hier drin ist es gleich viel weniger windig, so dass wir uns nochmal zu einem Foto zusammenrotten. Der höchste Punkt ist damit geschafft. Und gleichzeitig auch schon 75 km des gesamten Treks. Auf einmal ging das doch sehr schnell.

Zeltplatzsuche par excellence

Lange halten wir uns nicht am Pass auf, denn der Wind ist zum einen eisig, die Zeit vorangeschritten und wir müssen ja auch noch einen Zeltplatz finden. Gemäß der Streckenbeschreibung braucht es nach dem Pass dafür einige Kilometer, da dahinter erstmal eine lange Steinwüste folgt. Und die Streckenbeschreibung hat recht. Wo man hinblickt: Steine! Nun, ich liebe Steine. Aber zeltbar ist diese Gegend hier nicht.

Wir wandern und wandern bis es schon richtig spät ist und wir einiges an Kilometern hinter uns gebracht haben. Jetzt endlich einen Zeltplatz zu finden, wäre klasse. Jeder potentiell schöne Platz wird bei näherem Begutachten jedoch wieder verworfen. Der Wind weht überall einfach zu heftig. Also geht es weiter. In der Ferne erblicken wir nun auch schon den nächsten Checkpoint, Tjäktja, und beschließen, mangels gutem Zeltplatz, dort in der Nähe nach einem passenden Platz zu suchen.

Am Checkpoint gibt es zum Stempel noch herrlich heißen Kaffee und die großartigsten Brownies der Welt. Auf einmal zerstreut sich die Gruppe. Zwei wandern in die eine Richtung zur Zeltplatzsuche, zwei in eine andere. Bei Gruppen bekommen aber von der Suche der jeweils anderen jedoch nichts mit, so dass der Rest erstmal verdutzt im Gras sitzt, seine Brownies isst und wartet, was passiert. Während Gruppe 1 nach gefühlter Ewigkeit wieder zurückkommt und uns einen nicht ganz so windigen Platz für die Nacht zeigt, bleibt Gruppe 2 verschwunden. Erst ein Suchtrupp in Form von Steve holt die beiden wieder zurück. Ralf sieht´s gelassen, während Martin über die mangelnde Abstimmung schimpft und meint, er hätte den perfekten Platz ganz hinten am Horizont gefunden. Da schon alle Zelte aufgebaut sind, bleiben wir beim Platz mit reduzierter Qualität.

In einer Senke finden wir uns für allabendliche Real Turmat-Essen vom Gaskocher ein. Mir ist schon wieder so kalt, dass ich mich fast komplett in meinen Schlafsack kuschele und gefüttert werden muss. Ralf tut es mir gleich und so sitzen wir wie die Raupen mit den anderen beim Essen. Alt wird heute keiner von uns, denn der Tag war schön, aber sehr anstrengend. Nachdem die letzten Sonnenstrahlen hinter den Bergen verschwunden sind, tun wir es ihnen gleich und verschwinden in den Zelten mit dem Wissen: morgen steht tatsächlich eine Trennung bevor.

 

– Weiter geht es zu Tag 4 –

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[:de]Fjällräven Classic 2017 – Tag 1: “Das schaffen wir nie in 5 Tagen!”[:]

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Die Geschichte des Fjällräven Classic in einem Beitrag zu erzählen, wäre sicher machbar. Aber wird das dem tagelangen Event wirklich gerecht? Zugegeben, das ist zum Teil nur ein vorgeschobener Grund. Denn wer mich und meinen Blog kennt, weiß: es fällt mir schwer, mich kurz zu fassen. Zu schön war die Zeit, zu erlebnisreich die Tage, zu perfekt der Team-Spirit, daher schreit unsere Reise ins schwedische Lappland nach einem Mehrteiler. Den ersten gibt es heute.

Tag 0 –  Mein Gepäck bleibt wohl in Stockholm

Um 4:40 klingelt der Wecker. Gruselige Zeit. Mit den Öffis geht’s es zum Flughafen. Die Fahrt im Express-Bus ist allerdings weit weniger entspannt, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich dachte an gemütliches Kaffeebecherschlürfen und Croissantknabbern im Sitzen. Die Realität zeigt mir das Bild von Heringen, die in ein Glas gepfercht und beim Transport wild durcheinander geschüttelt werden. Am Flughafen dann die nächste Ernüchterung. “Wollen die alle nach Schweden?” Die Reihe am Gepäckschalter ist endlos und geht kaum voran. Kann ja nur besser werden. Der nette Mann vom Bodenpersonal bemerkt treffend: “Heute wollen aber viele nach Kiruna. Sonst immer nur so zwei-drei Leute. Heute sind’s 18!” Was die wohl vorhaben?

Einen Direktflug von Berlin nach Kiruna gibt es nicht. Daher landen wir vier vom neunköpfigen EarnYourBacon-Team, das sich im Februar geschlossen für das Event gemeldet hat, erstmal in Stockholm zwischen. Fliegen macht hungrig, daher gibt es erstmal den angeblich besten Burger Schwedens (zum Glück gibt es den gleich am Flughafen!). Danach verlaufen wir uns erstmal im falschen Terminal und landen aber am Ende zwischen einer Masse Menschen, die wie wir aussehen: Outdoorhosen, Wanderschuhe, Rucksäcke als Handgepäck, Funktionskleidung am ganzen Leib. Nur Johanna fällt mit ihren Jeans irgendwie aus dem Raster. Da sie nur fürs Event anreist, kann sie sich ihre Alltagssachen bequem vom Basecamp in Kiruna zum Zielort Abisko transportieren lassen. Für uns andere geht die Reise danach noch weiter, daher besteht unser Outfit schon zu 100 % aus Outdoorkrempel.

Während wir so auf den Einstieg warten, schaue ich aus dem Fenster zu, wie die Taschen ins Flugzeug verladen werden. Taschen und Rucksäcke werden auf ein steiles Gepäckband gelegt und in den Rumpf transportiert. Und da kommt meine Tasche… fährt nach oben… und fällt auf der anderen Seite des Bandes herunter. Äh. Blöd. Nun liegt mein Gepäck da. Unterm Flugzeug. Außerhalb der Sichtweite der Gepäckpackjungs. Und nu? Es ist ein ziemlich komisches Gefühl, das eigene Gepäck dort liegen zu sehen, aber nichts tun zu können. Nachdem fast alles verladen ist, erbarmt sich doch noch einer der Jungs dazu, die Tasche in den Vogel zu befördern. Uff. Ich muss den Fjällräven Classic also nicht nackt laufen.

Wir werden mehr

Vom Kiruna Airport werden wir direkt mit einem Bus-Shuttle des Veranstalters ins Basecamp in der Högalidskolan gefahren. Der Zeltplatz Camp Ripan ist gleich nebenan, wo Steve und Janine, die vorher schon paddeln waren und mit dem Zug angereist sind, uns ein Plätzchen freigehalten haben. 22,50 € zahlt man pro Nacht je Zelt.

Nachdem unsere Behausungen aufgestellt sind, geht es zum Basecamp in der Schulturnhalle. Hier gibt es gefriergetrocknete Trekkingnahrung in allerlei Geschmackssorten von Pulled Pork über Lammgryte (liebevoll Lammgrütze von uns genannt) bis hin zu Chili con Carne und Kabeljau. Kistenweise stehen hier die orangen Packungen von Real Turmat zur Verfügung. Ich wäre nicht ich, wenn ich nicht neugierig in die noch nicht ausgepackten Kisten schauen würde. Hier gibts schließlich noch mehr leckere Sorten. Und wer weiß, welche Sorten es dann nur noch an den Checkpoints gibt. Mit einem ganzen Rucksack voll Real Turmat, Schwedenbrot, unserem Wanderpass, einem knallorangen Wimpel, Wanderkarte und sehr hochwertigem Müllbeutel (andere würden das als Packsack verkaufen) geht es wieder Richtung Zeltlager.

Am Abend hören wir uns noch einen Vortrag an, der einen für unseren Geschmack zu hohen botanischen Anteil hat und für einige als besseres Schlafmittel fungiert. Einen ersten Vorgeschmack auf die Heerscharen von Mücken gibt es gleich hinterher und Steve kann mal wieder seinen Mückenhut zücken. Recht früh geht es in die Federn, denn der nächste Tag wird aufregend und anstrengend zugleich.

Tag 1 – Los geht die outdoorige Menschenkette

Um kurz vor 10 Uhr stapfen wir mit Sack und Pack zum Bus-Shuttle, dass die Massen zum Startort nach Nikkaluokta fahren soll. Endlich treffen wir in der beachtlichen Schlange auch die letzten Teammitglieder Karsten, Conny und Ralf, die mit dem Auto angereist sind. Eine gute Stunde dauert der Transfer, aber es ist immer noch genug Zeit bis zum Start der Startgruppe 2 um 13 Uhr. Aufgeregt werden Fotos gemacht, die Rucksäcke noch einmal justiert, die Hund befüttert und beruhigt, Chips gegessen. Alle Rucksäcke werden handverwogen. Bei den Mädels ist das Standardgewicht zwischen 15,5 und 16 kg, während bei den Herren bis zu stolze 21,5 kg gemessen werden.

Pünktlich um 13 Uhr geht es dann endlich los! Team EarnYourBacon setzt sich mit hunderten anderer Trekker aus allen möglichen Nationen in Bewegung. Die ersten Schritte der 110 km-langen Strecke sind getan.

Gemächlich bewegt sich die gutgelaunte Menschenschlange voran. Schon nach wenigen Minuten ist unser Team auseinander gezogen. Ein paar müssen noch mehr justieren als andere und einige sind einfach mal deutlich flotter unterwegs. Die 16 kg auf meinem Rücken merke ich schon und denke jetzt bereits an den Rentierburger, der uns angeblich nach 5 km winken soll, während Ralf einen ersten Schluck frisches Flusswasser zu sich nimmt. Unser Weg führt uns bis dahin durch kleine Birkenwälder und nach einem Weilchen dort hinaus ins offenere Feld. Wir steuern genau auf die verschneiten Berge zu. Die Wege sind matschig und steinig. Ein Zustand, der uns bis zum Ende hin begleiten wird. Unsere zwei felligen Teammitglieder müssen ihre erste wackelige Stahlbrücke überqueren und machen das besser als so mancher Mensch.

Lap Dånalds in Sicht!

Nach guten 5 km bin ich mehr als froh, dass die erste Pausenstation mit den versprochenen Rentierburgern erreicht ist. Es regnet ein wenig, aber das stört mich weit weniger als mein dringendes Bedürfnis, eine Toilette aufzusuchen. Die Schlange an den Burgern ist sowieso ewig lang, also stellen sich ein paar von uns an, während ich die hölzernen Klohäuschen aufsuche.

Für zwei Burger, ein Bier und eine Zimtschnecke werde ich stolze 40 € los. Natürlich kann man hier in der Wildnis mit Kreditkarte zahlen, wie überall in Schweden. Wer glaubt, der Rentierburger würde hauptsächlich aus dem namensgebenden Tier bestehen, der irrt. Einige kleine dünne Scheiben Rentierwurst, gut versteckt unter dem Rindfleischpaddy. Das ist der Rentierburger. Egal. Er schmeckt!

Nach einer recht ausgiebigen Pause geht es weiter. Wir haben heute noch einiges an Wegstrecke vor uns. Eigentlich wollen die meisten von uns am Fuße des Kebnekaise, dem höchsten Berg Schwedens, zelten, um am nächsten Tag die Besteigung desselbigen in Angriff zu nehmen. Die Realität holt uns aber nach gut 10 km schon ein. Für die kurze Strecke brauchen wir unerwartet lange. Fast vier Stunden! Das Terrain ist schwierig, so dass jeder Schritt konzentriert getan werden will. Trotzdem möchte man ja auch ab und an noch mal einen Blick auf die wunderschöne Landschaft werfen und das Panorama einsaugen. Die Last auf dem Rücken macht die Sache nicht einfacher, geschweige denn schneller.

Die Kebnekaise Fjällstation – unser erster Checkpoint – kommt nach etwa 16 km in Sichtweite. Zu diesem Zeitpunkt bin ich echt schon ziemlich fertig und frage mich, worauf ich mich da eingelassen habe. Was habe ich mir denn dabei gedacht, sowas 1.300 km lang in Arizona mit täglich 25 km machen zu wollen, wenn ich nach einem Tag mit gerade 16 km völlig im Eimer bin? Meine Hüften, wo der Rucksack aufliegt, schmerzen wie die Hölle. Meine Füße tun weh und ich muss schon wieder dringend auf die Toilette. Etwa der Hälfte unserer Gruppe geht es auch nicht anders und so beschließen wir, heute nicht einmal mehr bis zum ersten Checkpoint zu gehen.

Auf einer Anhöhe finden wir eine schöne Stelle für unsere sechs Zelte. Es ist windig und frisch, daher wird in Windeseile aufgebaut und zu Abend gegessen. Das gefriergetrocknete Essen zaubert allen noch einmal ein Lächeln auf die Lippen. Es ist richtig gut! Um 21 Uhr sind alle in den Zelten verschwunden. Auf meinen Hüftknochen haben sich tiefrote, geschwollene Kreise gebildet, die ein wenig wie ein Bluterguss aussehen. Ich habe keine Ahnung, wie ich damit morgen meinen Rucksack tragen soll. Also kuschel ich mich erstmal meinen warmen Daunenschlafsack, den ich mir kurz vor der Reise noch zugelegt habe. Heute ist heute und morgen ist morgen.

– Weiter zu Tag 2 –

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[:de]Vorbereitungen zum Fjällräven Classic – ein Ritt durch 8 Monate[:]

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Oktober 2016

Erstes oder bereits fortgeschrittenes Beschnuppern der Teilnehmer des Grüppchens, das sich dem Plan verschrieben hat, im August 2017 gemeinsam die 110 km von Nikkaluokta bis Abisko zu bestreiten. Mögen wir uns denn überhaupt?

10.01.2017 10 Uhr

Mit blutunterlaufenden Augen hibbelig am Rechner auf Arbeit sitzen und warten, bis der Server endlich die Anmeldungsseite freigibt. Hoffen, dass nicht genau jetzt ein emsiger Kollege oder gar der Chef in der Tür steht und etwas ganz dringendes will. Denn was gibt es jetzt wichtigeres, als sich einen der begehrten 2.000 Startplätze für den Fjällräven Classic 2017 zu sichern?

Februar 2017

Planung der Reise zu acht in illustrer Runde und Videokonferenz mit den Verhinderten. Es wird gegessen, es wird gelacht und geschwatzt. Es wird erstaunlich wenig geplant. Wird schon!

März bis Mai 2017

Review der eigenen vorhandenen Ausrüstung. Eigentlich hab ich doch fast alles bereits. Die Lighterpack-Liste füllt sich. Kann eigentlich morgen losgehen.

Juni 2017

Probeliegen mit Outdoorfeeling. Heißt Übernachtung im heimischen Garten, was an diesem Abend zum Zeltlager mutiert. Isomatten werden Probegelegen, Topfgewichte verglichen, Defizite aufgedeckt, Zelte kopfüber aufgebaut, die Brennbarkeit von feuchtem Toilettenpapier untersucht und Schuhe eingewandert.

Juni-Juli 2017

Ein neuer Schlafsack muss her. Der alte, fast schon eingepackte, ist zu schwer. Und die Komforttemperatur mit +1 Grad immer noch im verbesserbaren Bereich auf -2 Grad. Die alte Isomatte ist auch nicht mehr schön genug. Und Klamotten. Eigentlich brauche ich noch eine dem Event angemessene Zipp-off-Hose. Und neue Merinoshirts. Da kann ich noch 10 Gramm sparen! Vielleicht sollte ich doch über Trekkingstöcke nachdenken? Ich bestelle einfach alles und bin mal eben um die 1.000 € los.

01.08.2017

Mein Taschenmesser ist viel zu schwer. Ich brauch ein neues. Deswegen bestelle ich gleich drei. Man weiß ja nie.

04.08.2017

Mein Ultraleicht-Handtuch ist zu klein. Und im Verhältnis zu schwer. Ich brauch ein neues. Zum Glück ist Globetrotter um die Ecke und möchte mir einen 100 g leichten Hauch von Nichts verkaufen, der trotzdem für den Saunabesuch die pikantesten Körperstellen bedeckt.

05.08.2017

Probepacken. Alles, was noch nicht verwogen und in kleinste Beutel verpackt wurde, wird nachgeholt und akribisch auf dem Wohnzimmerboden aufgereiht. Tausende Schokoriegel, an sich zu schwere Fotoausrüstung, Zelt, Schlafsack… alles traut beieinander. Verpackt wiegt der Rucksack 11,5 kg. Kommen noch ein halbes Kilo Trekkingstöcke und das Gefrierfutter in Schweden dazu. Alter Schwede!

06.08.2017

Man redet mir (erfolgreich) ein, dass meine geplante und quasi schon gepackte Jacken-Kombi für die Ansprüche – schwerer Rucksack und Dauerregen –  nicht ausreichend sei. Panikkauf einer hundsteuren Regenjacke, die hoffentlich a) für den Preis noch Kaffee kochen kann und b) bis Mittwoch ankommt.

07.08.2017

Nervöser Anruf beim Online-Outdoorausstatter, da Paket noch nicht losgeschickt wurde. Die haben natürlich Sommerschlussverkauf und müssen erstmal Herr über die tausende Bestellungen vom Wochenende werden. Der nette Herr an der Hotline ist aber zuversichtlich, dass es noch klappen könnte. Betonung auf „könnte“. Daher spontane Bestellung der gleichen Jacke in anderer Farbe beim einschlägigen Online-Großhändler mit Zustellung am nächsten Tag. Sicher ist sicher. Dann trage ich eben Cerulean statt Violet Wine. Die Kreateure der Farbgebungen hatten sicher auch das eine oder andere Glas Wein, als sie sich die Namen ausdachten.

Dazu kommt dann noch ein Mützennetz zum über den Kopf ziehen. Ohne das überlebt man angeblich nicht in Lappland. Kann ich gleich nächste Nacht im heimischen Schlafzimmer testen.

Heute

Mit Spannung verfolge ich an meinem letzten Arbeitstag die Bestellentwicklung meiner Jacken. Jacke 1, die violettweinfarbene vom Samstag, ist zwar angeblich noch gestern Abend losgeschickt worden, bewegt sich aber kein Stück vom Versandort weg. Jacke 2 dagegen, bestellt erst gestern, ist bereits im Zustellfahrzeug auf dem Weg zu mir. Ich würde sagen, wir haben einen Gewinner und das beruhigt meine inzwischen aufgeriebenen Nerven ungemein. Und die Farbe, die kann ich mir mit einem Glas violettem Wein auch schöntrinken *hicks*

Meine Packliste scheint mir (wie auch vor Monaten schon) final. Aber mal schauen, was mir morgen noch einfällt, was ich UNBEDINGT noch brauche…

 


Meine Ausrüstung für den Fjällräven Classic 2017

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[:de]Fjällräven Classic 2017 – Schwedisch Lappland, ich komme![:]

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Lappland, das Land der zahllosen Flüsse, flauschiger Rentierherden, hoher Berge und Permafrost. So ganz anders als die heißen, trockenen Wüsten, die ich in den letzten Jahren als Urlaubsziel bevorzugt habe. Im Hochsommer klettern die Temperaturen nicht weiter als bis auf 20 Grad und nachts können sie in den Bergen auch durchaus mal bis auf den Gefrierpunkt runtergehen. Und dennoch habe ich mich mit acht lieben Leuten aus meiner Wandergruppe am 10. Januar aufgeregt vor den Rechner gesetzt, um eines der begehrten Starttickets für den Fjällräven Classic zu ergattern.

Fjällräven Classic – Wandern und Zelten im Rudel?

Das Event findet seit 2005 alljährlich im August statt. 2.000 Startplätze gibt es, die in diesem Jahr binnen von drei Tagen vergriffen waren. Die vordersten Startgruppen 1-3 waren sogar innerhalb einer Stunde ausverkauft. Sie starten von insgesamt 8 Wellen als erste. Auf die Wanderer warten 110 spannende, anstrengende und landschaftlich eindrucksvolle Kilometer. In wievielen Etappen die 110 km bewältigt werden, ist den Wanderern selbst überlassen. Einige laufen sie sogar in einem Tag durch, während die meisten es aber gemächlich angehen lassen und sich in der Regel drei bis fünf Tage Zeit nehmen, die Gegend rund um den Polarkreis zu genießen.

Im Startgeld von etwa 230 € pro Person sind der Transfer von Kiruna zum Start in Nikkaluokta enthalten, sowie Verpflegung in Form von gefriergetrocknetem Essen, Gaskartuschen, Wanderpass und -karte, ein Signaltuch und am Ende eine Finishermedaille. Aus Berichten habe ich schon gelesen, dass man an den Checkpoints, an denen man seinen Wanderpass zur Kontrolle abstempeln lassen muss, sogar in die Sauna gehen kann. Und ab und an warten kulinarische Überraschungen am Wegesrand auf die Wanderer.

Der höchste Berg Schwedens

Der Trail des Fjällräven Classic führt auf dem nördlichen Teil des berühmtesten Wanderweg Schwedens entlang: dem Kungsleden, zu deutsch “Königsweg”. Aber auch ein weiteres Highlight liegt dicht dabei. Der höchste Berg Schwedens, der Kebnekaise, von dessen Gipfel aus man ein Zehntel Schwedens überblicken können soll, lädt bei schönem Wetter zu einem kleinen Abstecher ein. Mit rund 2.100 m Höhe ist er zwar an sich nicht sonderlich hoch, aber eben auf diesem Breitengrad vergleichbar mit einem 3.000 er in den Alpen.

Ich packe in meinen Rucksack…

Obwohl einige Dinge vom Organisator gestellt werden, gibt es immer noch genug, was selbst mitgenommen werden muss. Einige Ausrüstungsgegenstände sind sogar Pflicht. Sollte man sie bei einer “Rucksackkontrolle” nicht dabei haben, bekommt der Teilnehmer eine happige Zeitstrafe aufgebrummt. Da das aber u. a. solche Dinge wie Zelt, Schlaftsack und Kocher betrifft, wäre ein Vergessen dessen schon Strafe genug. Schuhe und Socken sind übrigens keine Pflicht… Handschuhe und Mütze dagegen schon.

Durch meine Outdoorreisen der letzten Jahre bin ich zum Glück schon recht passabel ausgestattet. Zelt, Rucksack, Outdoorkleidung, Kocher sind vorhanden. Einen warmen Schlafsack von Yeti bringe ich mit, der zwar kein Leichtgewichtswunder ist, aber ich vertraue ihm für die Reise, es sei denn, es findet sich etwas vergleichbar warmes mit weniger Gewicht. Ob die Daune die womöglich feuchten bis nassen Klimaverhältnisse gut verträgt, wird sich zeigen. Meinen geliebten Solo Stove werde ich wohl leider zu Hause lassen, da ich mit (trockenem) Holzmangel rechne. Stattdessen kommt ein klassischer Gaskocher ins Gepäck.

Meine Packliste habe ich hier schon einmal begonnen. Sie ist allerdings noch nicht im finalen Status.

Was mir noch fehlt, sind Trekking-Stöcke. Und da bin ich mir nicht einmal sicher, ob ich sie will und brauche. Aber vielleicht ist genau das die Gelegenheit, mich vom positiven Effekt beim Bergauf- und Bergabwandern zu überzeugen, den Trekkingstock-Anhänger immer darstellen.

Rentiere, Wasser und Sterne

Auch wenn das Risiko besteht, dass es wie in 2016 die ganze Zeit wie aus Kübeln schüttet, freue ich mich einfach auf dieses Abenteuer. Ein großer Vorteil gegenüber dem Wüstenwandern: um Wasser brauche ich mir in Lappland keine Sorgen zu machen. Wahrscheinlich bräuchte ich nur einen langen Strohhalm, um rechts und links aus den glasklaren Flüssen und Bächen zu trinken. Ich kann es kaum erwarten, durch die nordische Berglandschaft zu wandern, die Felswände und Weiten zu bewundern, die erste Rentierherde zu beobachten, abends am Lagerfeuer zu sitzen und die funkelnden Sterne über mir zu genießen. Noch sieben lange Monate…


Meine Ausrüstung für den Fjällräven Classic 2017

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