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ÖTILLÖ – was klingt wie der neueste Streich aus der Bettenabteilung eines schwedischen Möbelgiganten ist in Wirklichkeit eines der härtesten Ausdauerevents der Welt. Alljährlich schwimmen und rennen die Teilnehmer von Insel zu Insel, 26 an der Zahl. Dabei sind 65 km zu laufen und 10 km zu schwimmen. Immer abwechselnd. Dieser aus einer schwedischen Schnapslaune entstandene Sport ist nun auch nach Deutschland herübergeschwappt. Genauer gesagt: nach Rheinsberg nahe Berlin.
Irgendwann im Januar huschte bei Facebook eine Nachricht des SCC über meinen Bildschirm. SwimRun in Rheinbergs. Ich musste mich erstmal belesen, was das überhaupt war. Keine 5 Minuten später stand fest: das ist verrückt. Da mach ich mit! Ich bin zwar kein Schwimmer, aber das geht schon.
SwimRun-Training am Schlachtensee
Je weiter das Jahr voranschritt, umso voller wurde mein Kalender. Ein Wochenende im Allgäu, das nächste im Harz, übernächstes im Erzgebirge… ich war ja gar nicht mehr zu Hause. So schwer es mir fiel, drückte ich den SwimRun in Rheinsberg in den Skat bzw. vertagte ihn auf 2017. Ein wenig vom Spaß wollte ich aber trotzdem mitnehmen. Der SCC als Ausrichter bot im Juni drei SwimRun-Trainingstermine am Schlachtensee an. Kostenlos.
Den letzten angebotenen Termin wollte ich dann auch endlich wahrnehmen. Zwar hatte ich vorher meine Zweifel, ob ich denn da nicht ein wenig fehl am Platze war… so ohne Kraulen zu können. Und auch sonst bewege ich mich im Wasser bevorzugt mit einem großen Gummi-Donut fort. Egal. Abbrechen stünde ja immer noch zur Debatte, falls ich gar nicht hinterher käme.
Richtige Schwimmsachen habe ich nicht und mein Urlaubsequipment, bestehend aus Schnorchel und Flossen, durfte wohl nicht ganz passend sein. Also entschloss ich mich, in kurzen Laufklamotten zum Training zu gehen. Immerhin meine Laufschuhe sollten einigermaßen geeignet sein. Die Reebok All Terrain Super hatte ich mir extra für Hindernisläufe zugelegt, weil das Wasser dort direkt rauslaufen kann. Dass ich mit meinem Outfit in der goldenen Mitte liegen würde, hätte ich nicht gedacht.
Bunt ist das Wort, was die Teilnehmer dort am ehesten beschreibt. Ganz offensichtlich gibt es die Standardausrüstung für SwimRuns nicht bzw. hat sich noch keine etabliert. Von Profi-Triathlonanzügen mit Pullboys und Paddles über normale Laufsachen bis hin zum Leopardenbikini mit pinken Laufschuhen war alles vertreten. Besonders spitze fand ich ja die Schnorchelhilfe von Decathlon, eine Mischung aus Hannibal Lecter, Jason, dem Eishockeymörder und Leuchtfisch.
Der sympathische und gut gelaunte Pawel, seines Zeichens SwimRun-WM-Teilnehmer ÖTILLÖ 2014 leitete das Training an. „Wir laufen erst ein paar hundert Meter. Und wenn ich sage: jetzt ins Wasser, dann springt ihr ohne zu zögern hinein“. Ok. Machen wir.
Etwa einen halben Kilometer liefen wir am Ufer des Schlachtensees entlang als es zum ersten Mal hieß: ab ins Wasser! Und wir sprangen. Ohne Zetern, ohne Mimimi. Dafür war gar keine Zeit. Einmal über den See schwimmen. Warum waren die anderen denn so verdammt schnell? Klar, die kraulten und ich musste mich mit Brustschwimmen mühsam über Wasser halten. Und das war verdammt anstrengend. Das Ufer wollte gar nicht näher kommen. Während ich noch auf der Mitte des Sees rumpaddelte, waren die ersten bereits wieder ins Laufen verfallen. Oh man! Ich kroch nach einer gefühlten Ewigkeit japsend ans Ufer. Keine Zeit zu verschwenden, weiter ging es mit Laufen. Das kam mir dagegen wie Erholung vor. Vanessa, die zum SwimRun in Rheinsberg angemeldet war und für mich zu den Profis hier zählte, drückte mir ihre Paddles zum Testen in die Hand. Wahrscheinlich hatte sie mich ertrinkenden Seehund während ihrer Extrarunde beobachtet.
Dass Paddles nicht unbedingt ideal fürs Brustschwimmen geeignet sind, merkte ich beim nächsten spontanen Überqueren des Sees. Ein wenig besser ging es mit Rückenschwimmen. Aber keine Chance, an die anderen heran zu kommen. Am Ufer relaxte ein Pärchen, er in einer Reifenschaukel, die halb über dem Wasser baumelte. „Ihr habt ja Schuhe an!“ Erstaunte Blicke, als wir dem Wasser entstiegen. Bei der nächsten Schwimmeinlage fragte uns ein badendes Mädel, was wir hier eigentlich veranstalten. „Na SwimRun. Kommt aus Schweden! Rennen, schwimmen, rennen, schwimmen. In voller Montur“. „Aha, was es nicht alles gibt!“
Nach dem vierten Überqueren des Sees war nicht mehr ganz eindeutig, wo die Masse entlang gerannt war. Nasse Fußtapsen im Sand wiesen zumindest die Richtung. Irgendwann waren die aber weg. Waren alle wieder spontan ins Wasser gesprungen? Da schwamm aber keine wilde Horde. So weit weg konnten die doch nicht sein. Weiter getrabt. Und weiter. Plötzlich kam Pawel von links aus der Uferböschung gesprungen. “Weiter, weiter… Endspurt!” “Aber ich hab doch den letzten Schwimmabzweig verpasst…” “Egaaaal! Ab mit dir ins Ziel.” Okay. Was der Pawel sagt, wird gemacht.
Höllisch anstrengend war das Training gewesen, aber ein wahrer Gaudi. Zu schade, dass ich mich diesjahr nicht doch noch für den SwimRun in Rheinsberg entschlossen hatte. Aber Vanessa, die war da. Und hier schreibt sie euch, wie es war.
Bericht von Vanessa zum SwimRun Rheinsberg über 19 km
Als ich das erste Mal vom „Swimrun“ las, war mein erster Gedanke: „Wie abgefahren. Das will ich unbedingt mitmachen.“ Als ich dann später mehr drüber nachdachte, wich der Gedanke schnell einem neuem: “Was soll der Scheiß?”
Da ich nichts weiter vorhatte und auch mal wieder aus meiner Alltagstrainingsroutine ausbrechen wollte, fand ich mich dann trotzdem am 10.07.2016 am Start in Rheinsberg wieder.
Es standen 19 km auf dem Plan, diese waren etwa auf 17 km Laufen und 2 km schwimmen aufgeteilt.
Vorher hatte ich meine neue Sportart ganze zweimal erprobt und war mir inzwischen über mein Equipment sicher: Pullboy, Paddles, Triathloneinteiler sowie meine alten leichten Schuhe sollten es werden. Die Organisation vor Ort war echt geglückt: Startnummernausgabe im Hafenhotel Rheinsberg, Abgabe der Klamotten etc. im Zelt daneben… Dann ging es mit dem Bus zum Start. Es lief alles reibungslos. Bei etwa 270 Teilnehmern war das ganze auch recht gut überschaubar.
Der Start war um 11 Uhr. Heißt: Es hatte schon eine ordentliche Temperatur.
Dann ging es auch schon los. Die Schläufer starteten in drei Wellen mit 5 Minuten Abstand.
Zuerst hielt ich es für übertrieben und dachte an den Berlin Marathon, wie lange es dauern würde, wenn alle 5 Minuten etwa 100 Leute starten würden – eine lustige Vorstellung. Bei diesem Event war es aber sicherlich eine gute Idee, denn der Lauf ging komplett über kleine Wander- und Laufwege, meist direkt am Wasser und über Stock und über Stein.
Nach ca. 1,5 km hieß es dann: Ab ins Wasser. Durch die hohen Außentemperaturen von um die 30 Grad war das eine herrliche Erfrischung. Kaum waren die Sachen einigermaßen trocken, durfte man schon wieder ins Wasser. Die längste Laufstrecke betrug 5 km, die längste Schwimmstrecke etwa 600 Meter. Die Wechsel waren auf Dauer anstrengender als erwartet. Ich hatte wirklich die komplette Strecke Spaß, richtig Spaß! Und werde das sicherlich noch mal machen.
Im Ziel gab es dann noch Pasta mit Blick auf den Hafen. Alles im allem: ein super organisiertes Event mit abwechslungsreichen Lauf- und Schwimmstrecken und einer hübschen Medaille.
Und seit ihr nächstes Jahr auch dabei, wenn es heißt: Schläufer oder Läufer? Mich trifft man ganz sicher da an. Natürlich als Schläufer 🙂
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Toller Bericht,freud mich,dass du ihn geschrieben hast,wie war denn dein Testlauf im Schlachtensee
so?
Ich bin jetzt ein Schläufer und das wird nicht mein letzter Wettkampt sein:-)
Mit sportlichen gruss
Marcus
Großartig eure beiden Berichte. Also ist ja wohl völlig klar, dass ich diese Gaudi nächstes jahr mitmache. Auchwenn dafür der tria an krumme Lanke ausfallen muss. Wir wollten eh ein test im teufelssee machen, oder?
Sammie, wir müssen unbedingt noch unseren Schlauf im Teufelssee machen, so lange noch Sommer ist 🙂
Rheinsberg hat eine lange kulturelle Tradition. Sie geht schon auf den damaligen Kronprinzen Friedrich zuruck, der um sich bildende Kunstler und Musiker versammelte. Ehemaliges Kavalierhaus, seit 1991 ist hier die Bundes- und Landesmusikakademie untergebracht, welche das Schlosstheater betreibt