[:de]Outdoor-Urlaub in Kalifornien – 10 Tage abseits des Mainstreams[:]

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Kalifornien, der Sunshine State. Ruft man die Bildersuche bei Google auf, finden sich Strände, Palmen und Eindrücke von Los Angeles und San Francisco. Dabei hat Kalifornien so viel mehr und vor allem ganz andere Seiten zu bieten. Wüsten, Berge und Schnee sind nur einige großartige Dinge, die ich in meinem 10tägigen Outdoor-Urlaub im November erlebt habe.

November klingt schon sehr nach Winter. Und ja, mancherorts kann es auch in Kalifornien sehr kalt werden. Das Klimadiagramm versprach Tagestemperaturen um die 20 Grad und ein Gefälle auf 0 bis 3 Grad in der Nacht. Mein warmer Daunenschlafsack wanderte also quasi als erstes in den Koffer, nachdem ich den Flug für rund 450 € nach Los Angeles gebucht hatte, denn die meisten Tage wollte ich im Zelt übernachten.

Mit dem Zelt durch die USA

Zelten in den USA ist eine Erfahrung, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Ob direkt an der Kante des Grand Canyon, am Ufer des Colorado Rivers oder unter der Milchstraße mitten in der Wüste des Joshua Tree Nationalparks – legales Campen ist hier erlaubt und sogar erwünscht. Über die Seite Freecampsites.net findet man für das eigene Zielgebiet auf einen Blick alle Möglichkeiten für freies Campen in der Natur (sogenanntes dispersed camping) und auch halb erschlossene Zeltplätze, auf denen meist eine Essbank und eine Feuerstelle je Zelt zur Verfügung stehen. Für letztgenanntere gibt es in der Regel eine Box, in welche die geringe Übernachtungsgebühr (etwa 10 Dollar pro Campsite) hineingeworfen wird. Dabei ist es egal, wieviele Zelte auf einer Campsite stehen und wieviele Personen diese belegen.

Viele Nationalparks erlauben zudem das Zelten im Hinterland, dem Backcountry. Einzige zu beachtende Regel für das Aussuchen des Platzes: er muss mindestens 1,6 km von der nächsten Straße und 300 m vom nächsten Weg entfernt sein. Müll wird selbstverständlich wieder mitgenommen, Hinterlassenschaften vergraben. Derartige Freiheit, was das Zelten angeht, kenne ich sonst nur aus den skandinavischen Ländern.

Camping in USA Grand Canyon Fence Point

Regelungen und Einschränkungen können von Staat zu Staat, Waldgebiet zu Waldgebiet und Nationalpark zu Nationalpark abweichen. Aus Naturschutzgründen darf beispielsweise nur eine geringe Anzahl an Menschen täglich im Grand Canyon zelten. Hierfür werden sogenannte Permits ausgegeben, die Monate vorher beantragt werden müssen und nur für genau den beantragten Platz und Tag gelten. Im Waldgebiet rund um Los Angeles benötigt man dagegen für eine Zeltübernachtung einen Adventure Pass, der einen aber nicht an einen bestimmten Platz bindet, sondern für das gesamte Gebiet gilt. Daher macht es immer Sinn, sich vorher über die Bedingungen zu informieren.

On the road again

Tag 1 – Auto abholen und Shopping

Nach Alaska und Texas ist Kalifornien der drittgrößte von 50 US-Bundesstaaten. Wenn man nur 10 Tage Zeit hat, ihn zu erkunden, macht es Sinn, sich ein Auto zu mieten. Allein der Weg vom Los Angeles Flughafen zu den umliegenden Bergen, die direkt an die Stadt grenzen, schlägt mit 50 km zu Buche. Das Auto, ein Mittelklasse-SUV, holte ich wie immer unkompliziert am Flughafen ab und machte mich auf den Weg nach Arcadia, einem Vorort von Los Angeles. Wichtigster Punkt des verbliebenen Tages: Einkaufen. Fast ausschließlich steuere ich dafür einen WALMART an. Hier gibt es von ultrasüßem, aber leckeren Porridge, galonenweise Milch und eimergroßen Chili con Carne-Dosen über Medikamente bis hin zu flauschigen Decken und palettenweise Dosencola alles, was man für einen Roadtrip braucht. Meine Empfehlung: immer mindestens drei Galonen (12 Liter) Trinkwasser an Bord haben. Das verbraucht sich beim Wandern, Kochen und täglicher Körperhygiene in der Wildnis sehr schnell. Und sollte man tatsächlich mal einen Tag später zu einem Supermarkt kommen oder gar liegen bleiben, ist immer noch ausreichend Wasser vorhanden. Den Luxus von wild blubbernden Flüssen hat man in Kalifornien nur selten, um die Vorräte aufzufüllen und sollte sich keinesfalls darauf verlassen. Im Zweifel ist ein eingezeichneter Fluss einfach ausgetrocknet.

Tag 2 – Bergwandern in den San Gabriel Mountains

In den 10 Tagen wollte ich vor allem eins: wandern! Die Gegend um Los Angeles bietet dafür einen idealen Ausgangspunkt. Vor einigen Jahren hatte ich die Seite vom ModernHiker entdeckt, der Wanderrouten abläuft und beschreibt. Beim Stöbern nach den schönsten Touren rund um L. A. fand ich die eine, die mich vom Namen her schon überzeugte: die Wanderung hoch zur Strawberry Peak, einem Gipfel, der der Namen wohl erhalten hatte, weil er wie eine umgedrehte Erdbeere aussähe. Ich persönlich glaube, der Namensgeber hatte einfach einen Strawberry Daiquiry zuviel getrunken.

Strawberry Peak Mountaineers Route

Was mich bei der Beschreibung zur Route gleichermaßen begeisterte wie Gänsehaut hervorrief, waren die Abschnitte, die nur durch Klettern zu überwinden sind. Klettern ist eine meiner Leidenschaften. Und trotzdem weiß ich, wie ich und mein Körper reagieren, sobald ich ungesichert an einer Bergwand klemme und in den Abgrund schaue. Panik und zitternde Gliedmaßen machen sich breit. In diesen Moment hilft nur tief Luftholen und den Fokus auf den nächsten Schritt und Griff richten. Ich wusste, das würde eine Herausforderung werden. Und gerade deswegen wollte ich genau dort hinauf. Nicht etwa über den gemächlichen, harmlosen Weg, der alternativ zur Verfügung stand. Nein, wenn dann schon über die sogenannte „Mountaineers Route“, die laut ModernHiker für Experten klassifiziert ist und in den meisten topographischen Karten nicht einmal eingezeichnet.

Die erste Herausforderung des Tages war es schon, den Trailhead zu finden. Ohne die genauen Positionsdaten fast unmöglich, denn der Einstieg zum Colby Canyon Trail war nur eine unauffällige Parkbuchte ohne jegliche Beschilderung. Anhand der Bilder und der Wegbeschreibung musste das aber stimmen. Geparkt und losgelaufen. 17,5 km und 830 Höhenmeter lagen bevor. Die Stirnlampe hatte ich wie immer rein präventiv im Gepäck, denn eigentlich sollte die Zeit reichen, um im Hellen wieder am Auto anzukommen. Eigentlich.

Böse Wüstenpflanzen und Monsterzecken

Zum Wandern ist die Tagestemperatur im November ideal. 20-25 Grad, strahlender Sonnenschein. Da die Gegend nicht gerade für ihre reichen Wasservorräte und Flüsse bekannt ist, sind gemäßigte Temperaturen dem Hochsommer vorzuziehen. Der Pfad hoch zum Strawberry Saddle, wo der Abzweig auf die Mountaineers Route sein sollte, wand sich teilweise serpentinenhaft durch die trockene, aber dennoch reichlich mit Pflanzen gesegnete Hochwüste. Überall riesenhafte Agaven, wie man sie bei uns nur in botanischen Gärten zu Gesicht bekommen. Die Blätter aber: messerscharf. Obwohl ich mich vorsah und eine sehr robuste Trekkinghose anhatte, stachen und schnitten die Spitzen hindurch. Gerade, als ich sichergehen wollte, dass die Hose aber an sich noch lochfrei war, sah ich etwas achtbeiniges sich an meinem Oberschenkel hochwinden. Etwas, was ich hier in den Bergen so gar nicht erwartet hatte: eine riesige Zecke. Ein einheimischer Wanderer, dem ich später auf der Route begegnete, erzählte, dass die Tiere gerade hier in den Bergen zu Hause sind. In Tannenwälder wie bei uns sind sie selten zu sehen. Wieder was dazu gelernt. Entsprechend regelmäßig suchte ich mich ab dem Zeitpunkt ab.

Die Pumpe geht

Den Abzweig zur Mountaineers Route verpasste ich natürlich erstmal, fand ihn dann aber doch recht schnell. Hoch ging es. Mit heftiger Steigung. Und dann stand ich vor dem ersten Felsmassiv, vor dem ich einen heiden Respekt hatte. Sah an sich harmlos aus. Ich suchte nach aufgesprühten Pfeilen, die laut Beschreibung vom ModernHiker den Weg über die Steine weisen sollten. Es waren keine da. Die ersten zwei Versuche, einen Weg zu finden, endeten an steil abfallendem Gelände. Keine Chance. Auf der Westseite sah es gut aus. Trotzdem raste mein Herz. Jeder Schritt und falsche Griff konnte mein letzter sein, denn einmal im Fallen ging es nur noch weiter nach unten. Dass die Steine ständig unter meinen Händen abbröckelten und Geröll sich unter meinen Schuhen löste, machte die Sache nicht besser. Ich atmete tief ein, versuchte mich unter Kontrolle zu kriegen. Andere Leute sind doch auch schon hier lang. Die Felsen waren zwar instabil, aber die dort wachsenden Pflanzen fest verwurzelt. Von Busch zu Strauch hangelte ich mich nach oben, den Blick nach vorn, bloß nicht nach unten. Interessant, welchen psychologischen Unterschied das macht, ob ich mit Seil gesichert bin, oder nicht. Nach einer Million gefühlter Herzschläge war ich oben. Doch das sollte erst die Vorstufe des Kletterns gewesen sein.

Unterhalb des Gipfels änderte sich die Vegetation von Wüste hin zu eher alpinem Gebiet. Große Granitbrocken und kleine Kiefern säumten den Weg. Vor zwei Jahren hatte in dieser Gegend Kaliforniens ein Feuer gewütet und große Teile der Flora zerstört. „Die Kante zum Gipfel der Strawberry Peak sieht steil aus, weil sie es ist“. So lautet die weitere Wegbeschreibung. Ja, das konnte ich durchaus bestätigen. Und trotzdem sehen die Dinge immer von Ferne harmloser aus, als wenn man direkt davor steht und gar den Weg sucht. Eine erneute Kletterpartie. Höher, steiler, größere Felsstufen. Die aber diesmal aus massivem Granit, der nicht bröckelte und ich war auch ein wenig gefasster. Man wächst mit seinen Herausforderungen! Ich wollte ja unbedingt hier lang. Selbst der Einheimische hatten nun schon mehrfach betont, wie blöd er gewesen war, diesen Weg allein zu gehen.

Strawberry Peak Panorama small

Ankunft auf der Erdbeerspitze

Nach gut dreieinhalb Stunden war die Zitterpartie vorbei und das (Zwischen)Ziel erreicht: der Gipfel der Strawberry Peak mit Ausblick auf die San Gabriel Mountains. Eine verrostete, offene Metallbox enthielt ein winziges Gipfelbuch und Stift. Außer uns war heute keine hergekommen. Zeit für ein Clifbar und Waffeln. Nirgends und niemals schmeckt so etwas so gut wie bei einem solchen Ausblick und getaner Arbeit. Erstaunlich windstill war es hier oben. Der Einheimische blieb nur etwa 10 Minuten sitzen und entschied sich, die gleiche steile Route auch wieder zurück zu gehen. Er hatte es eilig und die Rundtour war um einiges länger. Und wenn die Rundtour 100 km lang gewesen wäre: hinunter hätten mich keine zehn Pferde die Mountaineers Route gebracht. Hoch war schon schlimm. Hinunter, wo ich noch in den Abgrund sehen müsste? No way! Außerdem wollte ich noch die wohlklingenden Strawberry Meadows sehen und den Holzwegweiser mit liebevoll geschnitzten Erdbeeren, der sich irgendwo auf dem Weg befinden sollte.

Ein Rückweg, der sich gewaschen hat

Die andere Seite des Berges war tatsächlich um einiges flacher und harmloser. Kein Klettern, kein Wimmern, einfach laufen. Große Teile der Strecke lagen jetzt im Schatten und es war merklich kühler. Auch die Vegetation hatte sich an den Schatten angepasst. Große Büsche und Bäume bestimmten die Bergseite. Nach etwa 13 km kam die Erdbeerwiese – Strawberry Meadows -in Sicht. 13 km. Die ganze Tour sollte doch nur 17.5 km sein. Und der Parkplatz war noch ewig weit weg. Egal. Würde schon passen. Hier fand ich auch endlich das Schild mit den süßen Erdbeerschnitzereien, das noch vergleichsweise neu aussah. Ab hier änderte sich die Vegetation bei jeder Ecke, um die man bog. Auf einmal stand ich auf einer Lichtung umgeben von riesigen Kiefern. Und nicht nur die Kiefern waren riesig. Von den zugehörigen Zapfen können sich die deutschen Tannen eine Scheibe abschneiden. Allerdings wollte ich nicht darunter stehen, wenn so ein ananasgroßes, mit scharfen Spitzen besetztes Teil herunterkommt.

Nach 17,5 km war klar: der Weg ist nicht nur 17,5 km lang. Irgendwer log. Entweder die Beschreibung oder mein GPS. Zu dem Zeitpunkt war ich gerade erst wieder am Abzweig zur Mountaineers Route angekommen und die Sonne bereits am Untergehen. November ist zwar eine klimatisch günstige Zeit zum Wandern, die frühzeitig untergehende Sonne setzt dem Tag jedoch mit 16:30 Uhr einen knappen Zeitrahmen. Eine halbe Stunde später war der Trail einfach im Schwarz der Nacht verschwunden. Muss ich erwähnen, dass es hier oben Berglöwen gibt? Ich ignorierte den Gedanken, setzte meine Stirnlampe auf und …suchte nach schönen Steinen. Dunkler würde es jetzt eh nicht mehr werden. Stattdessen konnte ich von hier oben die Lichter des Großraums Los Angeles genießen.

Distanz ist relativ

Nach fast 20 km und 9 Stunden auf der GPS-Uhr war die Tagestour vorbei. Soviel Zeit hatte ich für diese an sich kurze Distanz nicht erwartet. 20 km in den Bergen sind eben doch etwas anderes als im Berliner Flachland. Stolz und glücklich war ich aber, mich und meine Ängste an ausgesetzten Bergen überwunden zu haben. Nervenkitzel ist schon was schönes.

Der Zeltplatz wurde im Stockfinstern gesucht und gefunden, das Essen schnell gekocht und hastig im Schlafsack verschwunden, denn die Temperaturen waren plötzlich auf nur noch 3 Grad gefallen. Ein abendlicher Ablauf, der sich in diesem Urlaub noch sehr häufig wiederholen sollte.

 

 

Das Video zur Tour gibt es hier

hiking_strawberry peak

 

Tag 3 führt euch direkt zum legendären Pacific Crest Trail…

Meine Ausrüstung für den Trip

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