Nein, natürlich war nicht alles pink. Brombeer war die offizielle Bezeichnung der vorherrschenden Farbe beim CRAFT Women’s Run. Laufshirts, Schweiß- und Haarbänder, Stoffbeutel, ja sogar Dixie-Klo’s… alles in Brombeer. Schon beim AVON Frauenlauf konnte man im rosa Läuferinnen-Schwarm kaum noch Individuen ausmachen. Offensichtlich lässt sich die weibliche Vorliebe für Farben tatsächlich auf Schattierungen von Rosa über Pink zu -natürlich- Brombeer reduzieren. Was soll’s. Ich hatte mit mir selbst ausgemacht, mich einfach mal auf den kompletten Wahnsinn einzulassen. Man kann ja schließlich nicht nur Trails und Hindernisläufe machen. Als Frau schon gar nicht.
Der Startschuss für die “lange” Distanz über 8 km sollte erst um 17 Uhr fallen. Eine schöne Zeit für mich als Abendläufer. Da der Veranstalter aber ein Women’s Village mit Angeboten rund um die Weiblichkeit versprach, dachte ich, es könne nicht schaden, schon ein weniger früher da zu sein. Um 14:30 Uhr traf ich vor Ort ein, um noch dem Start der 5 km-Läuferinnen beiwohnen zu können. Außerdem wollte ich sicherstellen, dass wenn ich schon im Event-Shirt laufe, nicht nur noch solche in Zeltgröße verfügbar sind.
Ich schaute mir erst das Warm Up der um 15 Uhr startenden Brombeermasse von der Tribüne aus an. Von hier hatte man einen schönen Ausblick über das Village. Die Anzahl der Teilnehmerinnen fand ich als sehr übersichtlich. Auch sonst empfand ich die Atmosphäre im Village als recht entspannt. Nur durch eine niedrige Hecke getrennt konnte ich zuschauen, wie die 5 km mit Seifenblasen und lauter Musik auf die Strecke geschickt wurden. Die zurückgebliebenen Männer und Familienväter trollten sich alsbald zum Grill- und Bierstand. Hätte ich nicht laufen müssen, wäre ich dem Beispiel gefolgt.
Statt dessen holte ich mir mein brombeerfarbenes Shirt mit der Aufschrift “Laufperle” (Wer denkt sich nur sowas aus?). Zu dieser Zeit gab es von XS bis 2XL noch alle Größen in ausreichender Stückzahl. Selbst XS saß bei mir recht locker, was ich angesichts der schon wieder hochsommerlichen Temperaturen von 28 Grad dann doch begrüßte. Ich streifte das Shirt über und inspizierte die Gutscheine, die es mit den Startunterlagen zusammen gab. Alle waren in irgend einer Form im Village einlösbar und so tigerte ich dorthin. Ich kam am Women’s Spa-Zelt vorbei, wo sich die Damen massieren lassen konnten. Gleich nebenan wurden rosa Blümchen auf Unterarme gemalt. Warum auch nicht.
Mein Weg führte mich dann zum Women’s Health-Stand. Hier konnten sich die laufenden Weibchen die Nägel in der Event-Farbe (Na? Richtig! Brombeer!) bepinseln lassen. Und weil ich nun einmal meinen Ich-erfülle-alle-Klischees-Tag eingeläutet hatte, stellte ich mich dort an. Eine geschlagene halbe Stunde. Obwohl nur fünf Mädels vor mir standen mit nachweislich je nur 10 Fingern. Immerhin hatte ich so lange genug Zeit, mir die Schlange der Läuferinnen am Runner’s World-Stand anzusehen, die ihren Gutschein für die Körperanalyse einlösen wollten. Das sparte ich mir, mein ganzes Vertrauen gehört meinem Withings Smart Body Analyzer, der mich jeden Morgen hämisch auslacht und meint, der Verzehr von Burger mit Pommes müsse mit entsprechendem Anstieg des Körperfettgehaltes gescholten werden. Die Lackiererin war supernett, aber eher von der gemütlichen Sorte. Und damit der Prozess zu fruchtfarbenen Nägeln nicht noch länger dauerte, wurde der Lack nicht in mehreren, sondern einer einzigen richtig dicken Schicht aufgetragen. Zugegeben gefiel mir der Lack sehr gut. Für ungefähr 10 Minuten. Dann war meine Geduld für den Trocknungsprozess aufgebraucht und ich fing an, in meinem Rucksack zu wühlen. Heraus kamen drei ziemlich verschmierte Nägel.
Ich setze mich auf die Wiese, um in meine Laufshorts zu wechseln, mich umzuschauen und die Sonne zu genießen. Währenddessen kam eine Werbeträgerin für den Berlin Marathon Inlineskating vorbei, die mir Lippenbalsam mit Honig gab und meinte, man könne ja zur Abwechslung auch mal Skaten. Da war ich die letzte, die man überzeugen müsse, da Skaten schon zu meinem Standardprogramm zählt. Dann zwei Mädels mit einem Körbchen Lachgummis und Nimm 2- Kaubonbons. Ich nahm das wörtlich und nahm beides. Keine Ahnung, von welcher Firma die beiden waren, Hauptsache endlich was zu Naschen! Essen kommt bei Frauenläufen sowieso immer zu kurz. Wahrscheinlich, weil alle immer und ständig auf Diät sind.
Kurz bevor ich meinen Rucksack abgab, holte ich noch das gratis Schweißband vom Sagella-Stand und einen Stick Magnesium von Nutri Lite. Und nur mit viel Disziplin konnte ich mich zurückhalten, nicht den vierten Shock Absorber-BH mit nach Hause zu schleppen, obwohl er hier 5 € günstiger war als sonst. Beim CRAFT Sportklamottenstand schaute ich präventiv gar nicht erst.
Noch schnell das Dixie-Klo aufgesucht (hätte ich mal lieber lassen sollen, nicht so lecker) und dann ging es zum Startbereich. Gerade als das Warm Up begann, tippte mir Judith auf die Schulter, die mich in dem pinken, äh Brombeer Einerlei tatsächlich entdeckt hatte. Wir verbrachten das Warm Up lieber mit quatschen. Ist ja schließlich n Frauenlauf! Sie wollte heute flitzen, ich dagegen wollte schicke Bilder machen. Und so sollten wir uns erst nach dem Ziel wieder sehen. Auch wir bekamen Seifenblasen und es ging los. Viel Gedrängel und Walkerinnen, die natürlich aus der ersten Reihe starten musste, machten es ohnehin auf den ersten Metern unmöglich, zu überholen, was meine Einstellung zu einem gemütlichen Lauf unterstützte.
Schon nach ca. 300 m war ich von der Kulisse überwältigt und musste das erste Mal für ein Foto stehenbleiben. Die rosa Laufperlen liefen oberhalb des Maifeldes und unterhalb des Glockenturms. Tolle Aussicht! Dann ging es einen fiesen kleinen Anstieg zum Glockenturm hoch und wieder runter. Noch bevor zwei Km gelaufen waren, kam schon der erste Verpflegungspunkt mit Wasser, an dem ich vorbei zog. Die Sprenkleranlage zum Benetzen der wortwörtlich heißgelaufenen Mädels nahm ich aber dankbar mit. Dann nach gut 3,5 km schon der nächste Verpflegungspunkt… Hier sowie am ersten Punkt sollten wir zweimal vorbeikommen. Vier Verpflegungspunkte auf 8 km. Mehr als viermal soviel wie beim SachsenTrail. Frauenlauf-Teilnehmerinnen scheinen einen enormen Wasserbedarf zu haben. Also tankte ich auch auf.
Bei knapp vier Km kamen plötzlich Frauen in rosa von rechts gelaufen. Ich fragte mich, woher die kamen. Ein Blick auf die Startnummern verriet, dass es Läuferinnen über die 8 km waren…die noch keine zwei Km hinter sich gebracht hatten. Der gleiche Anblick sollte sich nach knapp sieben Km noch einmal wiederholen. Wäre die Strecke 10 km lang gewesen, wäre das wohl auf Überrunden hinausgelaufen. Eigentlich war mir meine Zielzeit heute egal. Die Distanz war nicht klassisch, das Wetter zu heiß und ich aus dem Training. Angesichts der bis dahin erlaufenen Durchschnitts-Pace formulierte ich folgendes Ziel für mich: ab und an stehen bleiben und schicke Fotos machen, aber trotzdem mit der Durchschnitts-Pace unter 6 min/km bleiben. Mal was neues.
Fünf-sechs Mal blieb ich stehen und fotografierte die Laufkulisse des Olympiaparks. Ich genoss die Strecke, die am Maifeld entlang und über den Trainingsplatz von Hertha BSC führte, auch beim zweiten Durchlauf. Als kleine Gemeinheit wartete ein gleich zweimal zu erklimmender Anstieg mit Zuckersand auf die schwitzenden Mädels. Insgeheim kicherte ich ob dieses hindernislaufähnlichen Abschnitts in mich hinein und schnaufte hoch. Kurz danach bog die Strecke wieder ins Reiterstadion ab und es ging abwärts über die Wiese. Der Zielbogen war schon zum Greifen nah, da schaute ich hinter mich und sah die mir nachfolgenden Läuferinnen aufholen. So nich, Mädels! Ich nahm die Beine in die Hand und sprintete ins Ziel.
Nach 46:39 Minuten hatte ich ein paar schicke Fotos und war mit 5:50 min/km unter meiner Zielpace geblieben. Mission completed. Zu meiner Überraschung lag ich mit dieser gemütlichen Geschwindigkeit trotzdem auf Platz 178 von 947 Frauen und selbst in meiner Altersklasse auf Platz 27 von 140. Die anderen haben die Kulisse wohl noch mehr genossen. Ich freute mich, dass es im Ziel mal nicht nur Bananen, sondern auch Wassermelonen und Ananas gab. Wäre Ananas nicht immer so mühselig zu schlachten, wäre es eins meiner Grundnahrungsmittel.
Mit einem Bier-/Ananas-Mix in der Hand schlappte ich gleich zur Ausgabe der Finisher-Beutel, die zu diesem Zeitpunkt noch richtig leer war. Beim 5 km-Finish hatte ich nämlich schon die Warteschlangen beobachten können, die sich dort nach einigen Minuten und den ersten hundert Finisherinnen gebildet hatten. Einen kurzen Blick gönnte ich mir schon und erspähte Sekt darin und eine Flasche deit. Über zweiteres war ich eher verzückt, da Sekt nun nicht so mein Ding ist. Noch schnell ein Bild mit den Mädels gemacht, Shirt gewechselt und es ging per Bahn nach Hause. Die angebotenen Duschen habe ich nicht genutzt.
Zum Inhalt des Finisher-Beutels:
Der sollte angeblich einen Wert von 60 Euro haben. Nun ja. Vielleicht, wenn man den Wert der enthaltenen Gutscheine aufaddiert (15 Euro für Helpling, 10 Euro für CRAFT, Probetag im Meridian Spa). Ansonsten konnte man folgendes herausholen: einen Wasserbeutel mit Karabinerhaken von Sketchers, Probe für Kneipp Gesichtspflege, einen EAT NATURAL Riegel, ein Fläschchen Jules Mumm, eine Flasche deit, ein Kade Wärmepflaster, zwei kleine Flaschen Duschgel mit Fruchtduft, zwei CRAFT Haarbänder, eine Probe Sportwaschmittel von Perwoll, ein Notizblock, eine Probe Mundwasser von Great Breath, eine Tube Aroma-Duschgel von Kneipp, ein Fläschchen Intimwaschlotion von Sagella mit fragwürdigem Duft.
Mir hat der Lauf durch die schöne Kulisse gefallen. Statt einiger Goodies im Finisher-Beutel hätte ich mir zwar eine Medaille gewünscht, aber vielleicht gibt es die ja irgendwann mal. Mal sehen, wann ich mich das nächste Mal in die Welt der weiblichen Klischees stürzte. Frauenläufe schießen ja gerade genauso wie Hindernisläufe aus dem Boden wie die Pilze. Ich persönlich wühle mich aber lieber gepflegt durch den Schlamm und stelle mich bei Hindernissen anstatt am Nägellackierstand an.
Hehe bei deinem Beitrag musste ich ja an der ein oder anderen Stelle ein bisschen kichern. Ich kanns nich glauben dass du dir die Naegel hast lackieren lassen lach.
War schön dich mal wieder zu sehen. Bis Donnerstag dann!