Monatelang habe ich gegrübelt, wie ich mein Arizona Trail Projekt zeitlich, beruflich und finanziell realisiert bekomme. Mal eben für vier Monate zu verschwinden gestaltet sich in der Regel nicht ganz einfach, wenn man in einem festen Job ist und eine Wohnung mit Nebenkosten zu bestreiten hat. Von den Kosten für so ein Projekt mal ganz abgesehen.
Vier Monate (komplett) bezahlten Urlaub anzusparen ist mir durch meinen Tarifvertrag mit dazugehörigen Dienstvereinbarungen nicht möglich. Sowohl Überstunden als auch Jahresurlaub müssen bis zu einer bestimmten Frist jedes Jahr genommen oder alternativ ausgezahlt werden. Nur ein recht geringer Teil lässt sich in das Jahr, in dem ich meine Wanderung plane, mit hinübernehmen und für die vier geplanten Monate Auszeit verwenden. Nur etwa zwei Monate ließen sich inklusive meines Jahresurlaub zusammensparen. Und der Rest?
Unbezahlter Urlaub ist vor dem Hintergrund der anfallenden und laufenden Ausgaben nun so gar nicht attraktiv. Mal abgesehen davon, dass der Arbeitgeber das auch erst einmal genehmigen muss.
Kündigen? Davon möchte ich gar nicht erst anfangen. Das stand und steht nicht zur Debatte.
Die Lösung? Sabbatical vereinbaren!
Irgendwann kam mir die zündende Idee, mal zu recherchieren, was der für geltende Tarifvertrag zum Thema Sabbatical oder Sabbatjahr sagt. Und siehe da, ich wurde fündig!
Was ist eigentlich ein Sabbatical oder Sabbatjahr?
Ein Sabbatical ist eine Auszeit vom Job, die mehrere Monate bis zu einem Jahr andauern kann. Sie wird gern für berufliche Weiterbildung (z. B. Studium) oder persönliche Projekte wie Hausbau, längere Reisen oder auch bei Burnout in Anspruch genommen. Diese sogenannte Freizeitphase kann durch verschiedene Modelle „angespart“ werden:
- Aufbau von Zeitguthaben durch Überstunden und/oder Verzicht von Jahresurlaub
- Vollzeitarbeit mit Gehaltsverzicht
Idealerweise ist die Möglichkeit zur Inanspruchnahme eines Sabbaticals im Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag bereits geregelt. Nur dann besteht auch ein Rechtsanspruch darauf. Ist nichts geregelt, muss das individuell mit dem Arbeitgeber abgestimmt und die Rahmenbedingungen festgehalten werden. Rahmenbedingungen können sein: Anrechnung von Krankheitstagen, Folgen bei Nichtinanspruchnahme der Freizeitphase, Rückkehr an den alten Arbeitsplatz. Für Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes gibt es in fast allen Bundesländern Regelungen in den Tarifverträgen. Und das ist in diesem Fall auch mein Glück!
Antworten auf die Fragen 6 – 10 der 999 Fragen zum Arizona Trail Projekt
Wann fange ich mein Zeitsparen fürs Sabbatical an?
Ich werde im März 2017 anfangen, Zeit für meine Freizeitphase anzusparen, um im März 2019 meine Freizeitphase antreten zu können.
Welches Sabbatical-Modell nehme ich denn?
Der für mich geltende Tarifvertrag sieht verschiedene Modelle vor, die aber alle eins gemeinsam haben: eine mehrjährige Phase, in der man Vollzeit arbeitet und auf einen Teil seines Gehalts verzichtet. Danach schließt sich die bis zu einjährige Freizeitphase an.
Ich habe mich für das 27-Monate-Modell entschieden, d. h. 24 Monate in Vollzeit arbeiten bei Zahlung von 8/9 meines Gehalts, dann 3 Monate Freizeitphase (im Anschluss plane ich noch den Jahresurlaub, um auf 4 Monate zu kommen).
Das Modell hat folgende Vorteile für mich:
- Keine allzu hohen Gehaltseinbußen (denn die Reise muss ja auch finanziert werden). Gehaltseinbußen sind bis zur Hälfte des Gehalts möglich.
- Keine ewig lange Ansparzeit. Ich möchte mein Abenteuer gern recht zeitnah antreten. Wer weiß denn schon, wie fit ich noch in fünf Jahren bin? Außerdem nagt das Fernweh an mir. Ansparzeiten sind in meinem Tarifvertrag bis zu sieben Jahren möglich (für ein ganzes Jahr Freizeit)
- Die kurze Freizeitphase reißt mich nicht allzu lange aus dem normalen Alltag raus. Nach vier Monaten in den Job zurück zu kehren ist voraussichtlich einfacher als nach einem ganzen Jahr.
Was wird mein Chef dazu sagen?
Natürlich sollten und müssen solche Vorhaben mit dem Vorgesetzten abgestimmt werden. Schließlich hat er/sie am Ende das Problem, Personalersatz für die Dauer der Freizeitphase zu finden.
Da die Inanspruchnahme von Sabbaticals in meiner Arbeitsstelle nicht gerade verbreitet ist (ich bin wohl der erste Fall überhaupt), bin ich mit gemischten Gefühlen in das Gespräch mit meinem Chef gegangen. Ohne überhaupt zu hinterfragen, wofür ich die Auszeit haben möchte, hat er meinem Vorhaben zugestimmt. Es sei wichtig, dass Mitarbeiter sich auch verändern und mal was anderes machen. Erst als er den Antrag schon unterschrieben hatte, redeten wir darüber, was ich mit der Zeit anfangen will. Große Augen, aber weiterhin Zustimmung.
Vor der nächsten Genehmigung hatte ich noch mehr Respekt: die durch den Abteilungsleiter. Der war gerade erst vor einem Monat ins Haus gekommen und ich konnte gar nicht einschätzen, wie er auf mein Vorhaben reagieren würde. Ich wusste nur eins: entweder findet er es toll oder er fragt mich, was ich mir bei dem Blödsinn denke. Etwas dazwischen würde es nicht geben. Und so war es. Im Gegensatz zu meinem direkten Chef fragte er gleich, was ich denn machen will.
“Den Bundesstaat Arizona durchwandern!”
“Warum denn ausgerechnet Arizona?”
“Weil ich den Staat liebe und weil es mit 1.300 km noch ein recht kurzer Trail ist, an dem ich mich ausprobieren möchte.”
Unter seiner Unterschrift stehen jetzt die Worte: “Finde ich klasse!
Was mache ich, wenn das Sabbatical nicht genehmigt wird?
Diese Frage hat sich von Chefseite zum Glück erledigt. Nun muss mein Antrag noch durch den Personalrat (ja, so ist das im öffentlichen Dienst) und dann wird die Personalstelle wohl einige Fragezeichen auf der Stirn haben, wie sie das dann umsetzen sollen.
Muss meine Auszeit direkt an die Ansparzeit anschließen?
Es steht zwar nicht konkret im Tarifvertrag, dass die Freizeitphase direkt an die Ansparzeit anschließen muss, aber aus dem Modell kann man es eigentlich herauslesen. Das ist auch der Grund, warum meine “Sparphase” erst nächsten März beginnt, denn im März zwei Jahre später soll es losgehen auf die große Reise.
Hi Caro,
Vielen Dank für den interessanten Beitrag. Klasse, dass Du das angehst und dabei auch frühzeitig und mit Bedacht planst. Ich bin gespannt auf weitere Artikel hierzu und drücke Dir die Daumen, dass alles so klappt, wie Du es Dir vorstellst.
Liebe Grüße,
Hannah