Tag Archives: Wandern in Schweden

[:de]Fjällräven Classic 2017 – Tag 2: “Rentier im Wald und im Wrap”[:]

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4 Uhr nachts. Es ist taghell im Zelt. So ist das eben, wenn man oberhalb des Polarkreises seinen Sommerurlaub verbringt. Da hilft nur eins: Schlafsack über den Kopf ziehen und weiterschlafen. Bis um 7 Uhr, dann hat es sich ausgeschlafen. Beim Blick aus dem Zelt ziehen leichte Nebelschwaden über die grünen Hügel hinweg. Die ersten (oder letzten?) Wanderer mit knallorangem Fjällräven Classic-Wimpel sind schon wieder auf dem Trail unterwegs.

Wir wollen heute gegen 9 Uhr aufbrechen, schließlich haben wir gestern gemerkt, wie wenig Kilometer wir pro Stunde schaffen. Das heißt für uns: länger laufen, also früher los. Das vom Veranstalter gestellte Frühstück besteht aus Fruchtmüsli, das eigentlich heiß aufgegossen werden muss. Ich esse meins lieber kalt und knackig, da kommt der Zimtgeschmack besser heraus.

Vor dem Aufbruch habe ich ein wenig Bammel, denn meine Hüften hatten den Rucksackgurt gestern Abend kaum noch ertragen. Wie soll das nur werden? Beim Aufsetzen merke ich aber: es geht. Es tut gar nicht mehr (so) weh. Es scheint zu stimmen, dass sich der Körper erstmal einen Tag lang an die Last gewöhnen muss.

Rudolph im Wald

Zum Glück ist der erste Checkpoint nicht mehr weit. Kurz, bevor wir dort ankommen, wird unsere Aufmerksamkeit aber von einem anderen Wanderer auf einen Elch gelenkt, der angeblich irgendwo hinten im Unterholz liegen soll. Zwischen Birken und Zelten liegt da tatsächlich auf einer Mini-Lichtung etwas. Es ist aber kein Elch, sondern ein Rentier. Es ist wach und aufmerksam, stört sich aber überhaupt nicht an unserer Gegenwart. Wir machen leise Fotos von dem anmutigen Tier und ziehen uns wieder zurück.

Nach wenigen hundert Metern verlassen wir den Birkenwald und steuern geradewegs auf die Kebnekaise Fjällstation zu, wo wir endlich unseren ersten Stempel für den Wanderpass erhalten. Hier bekomme ich auch mein erstes Stück Kanelbullar – eine schwedische Zimtschnecke. Ich stehe ja auf die Dinger! Wir halten uns hier nur kurz auf, denn weit gekommen sind wir ja noch nicht. Trotzdem eignet sich die Pause, um ein paar Kleidungsschichten abzulegen. Die Sonne ist rausgekommen und es geht bergauf. Schwitzen garantiert.

Vor uns eröffnet sich schönstes Bergpanorama. Immer wieder rätseln wir, welcher Berg wohl der Kebnekaise ist. Der höchste Berg Schwedens. Dessen Besteigung haben wir als Gruppe zumindest für diesen Urlaub ad acta gelegt und freuen uns stattdessen, weiter gemeinsam mit Karsten, Conny und ihren Hunden das Abenteuer zu genießen. Sie wären heute sonst nicht mit uns auf den Berg gekommen und das hätte eine Trennung der Gruppe bedeutet. Stattdessen genießen wir zusammen die herrliche Landschaft und das unerwartet gute Wetter.

Auf Sonnenschein folgt Regen

Wie schnell sich das Wetter ändern kann, merken wir nach unserer zweiten Pause. Der Wind frischt auf, Wolken ziehen ins Tal. Und in dem Moment, wo wir wieder aufbrechen, tun das auch die Wolken. In Windeseile werden Regenjacken an- und Capes übergezogen. Zum Glück sind wir alle gut vorbereitet. Es geht weiter bergauf und der Wind wird richtig eisig. Aber die Zeit ist schon vorangeschritten und der Magen knurrt. Die meisten Hosen sind inzwischen durch den Regen ziemlich durchnässt. Trotz Warnung suchen wir uns einen Platz für die Mittagspause, der mal so richtig windig ist. Zeit, die nassen Klamotten zu tauschen. Trotzdem friere ich mir beim Wasserkochen einen Ast ab und will einfach nur wieder los, mich bewegen.

Nach einigen hundert Metern taue ich wieder auf und bin auch recht flott unterwegs. Heute läuft es besser als gestern. Das trifft aber leider nicht auf alle zu. Conny leidet sehr unter ihrem Rucksack, vor allem den Hüftgurten, so dass sie diese immer mal wieder öffnen muss. Da ich den gleichen Rucksack habe, bin ich froh, dass meine Hüftknochen anscheinend kompatibler dazu sind. Sie kommt damit nur schleppend voran, aber wir warten immer wieder abschnittsweise. Schließlich sind wir ein Team und wollen den Trekk gemeinsam schaffen.

Rentierwrap to go

Den nächsten Checkpoint – Singi – wollen wir heute auch noch mitnehmen. Dass es ihn gibt, treibt mich voran, denn ich muss schon seit einigen Kilometern dringend das schwedische  Essen loswerden. Gefriergetrocknetes Essen haut echt durch. Kaum kommt der Checkpoint in Sicht, fange ich an zu rennen. Es geht nicht mehr anders. Ich überhole alle in meiner Gruppe und noch weitere verdutzte Wanderer, springe über Steine und hüpfe durch den Schlamm. Endlich am Checkpoint angekommen, schmeiße ich nur noch den Rucksack gegen einen Felsen und stürze auf die Toilettenzelte zu. Erleichterung! Und so ein gutes Klima in dem privaten Klozelt.

Langsam trudeln die anderen ein und wir suchen uns ein schönes Plätzchen. Nun kann ich mich auf den zweiten Stempel konzentrieren und eine Portion des leckeren Rentierwraps holen, den es hier in einem Zelt gratis gibt. In dem Wrap ist auf jeden Fall mehr Rentier drin als auf den Rentierburger gestern drauf war. Dazu gibt es Kartoffelbrei und Preiselbeersauce. Die Schweden sind großartig.

Endspurt

Der Regen hat sich verzogen und der Plan steht, heute noch ein paar Kilometer zu schrubben. Einigen ist zwar gar nicht danach, aber was muss, das muss. Aus ein paar Kilometern werden genauer gesagt drei. Nach längerer Findungsphase bauen wir unser Mini-Zeltlager auf einer Anhöhe über einem Fluss auf, damit die Wasserversorgung gesichert ist. Danach werden erstmal die tapferen Hunde versorgt, die genauso erschöpft sind wie Frauchen und Herrchen und gleich nach dem Futter in einen tiefen Schlaf fallen.

Das Wetter belohnt uns für die Strapazen mit Sonnenstrahlen, die über die Bergkuppen direkt auf unsere Lager fallen. Trotz Sonne ist mir wie jeden Abend furchtbar kalt und so schlürfe ich meinen Tee schön in voller Montur aus dem Schlafsack heraus. Die Müdigkeit, Kälte und Mücken lassen uns alle aber wieder gegen 21 Uhr in den flatternden vier Wänden verschwinden. Am Schlaf hindert uns die frühe Uhrzeit nicht, die Augen fallen einfach zu. So kann ein Tag zu Ende gehen.

– Weiter zu Tag 3 –

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[:de]Fjällräven Classic 2017 – Schwedisch Lappland, ich komme![:]

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Lappland, das Land der zahllosen Flüsse, flauschiger Rentierherden, hoher Berge und Permafrost. So ganz anders als die heißen, trockenen Wüsten, die ich in den letzten Jahren als Urlaubsziel bevorzugt habe. Im Hochsommer klettern die Temperaturen nicht weiter als bis auf 20 Grad und nachts können sie in den Bergen auch durchaus mal bis auf den Gefrierpunkt runtergehen. Und dennoch habe ich mich mit acht lieben Leuten aus meiner Wandergruppe am 10. Januar aufgeregt vor den Rechner gesetzt, um eines der begehrten Starttickets für den Fjällräven Classic zu ergattern.

Fjällräven Classic – Wandern und Zelten im Rudel?

Das Event findet seit 2005 alljährlich im August statt. 2.000 Startplätze gibt es, die in diesem Jahr binnen von drei Tagen vergriffen waren. Die vordersten Startgruppen 1-3 waren sogar innerhalb einer Stunde ausverkauft. Sie starten von insgesamt 8 Wellen als erste. Auf die Wanderer warten 110 spannende, anstrengende und landschaftlich eindrucksvolle Kilometer. In wievielen Etappen die 110 km bewältigt werden, ist den Wanderern selbst überlassen. Einige laufen sie sogar in einem Tag durch, während die meisten es aber gemächlich angehen lassen und sich in der Regel drei bis fünf Tage Zeit nehmen, die Gegend rund um den Polarkreis zu genießen.

Im Startgeld von etwa 230 € pro Person sind der Transfer von Kiruna zum Start in Nikkaluokta enthalten, sowie Verpflegung in Form von gefriergetrocknetem Essen, Gaskartuschen, Wanderpass und -karte, ein Signaltuch und am Ende eine Finishermedaille. Aus Berichten habe ich schon gelesen, dass man an den Checkpoints, an denen man seinen Wanderpass zur Kontrolle abstempeln lassen muss, sogar in die Sauna gehen kann. Und ab und an warten kulinarische Überraschungen am Wegesrand auf die Wanderer.

Der höchste Berg Schwedens

Der Trail des Fjällräven Classic führt auf dem nördlichen Teil des berühmtesten Wanderweg Schwedens entlang: dem Kungsleden, zu deutsch “Königsweg”. Aber auch ein weiteres Highlight liegt dicht dabei. Der höchste Berg Schwedens, der Kebnekaise, von dessen Gipfel aus man ein Zehntel Schwedens überblicken können soll, lädt bei schönem Wetter zu einem kleinen Abstecher ein. Mit rund 2.100 m Höhe ist er zwar an sich nicht sonderlich hoch, aber eben auf diesem Breitengrad vergleichbar mit einem 3.000 er in den Alpen.

Ich packe in meinen Rucksack…

Obwohl einige Dinge vom Organisator gestellt werden, gibt es immer noch genug, was selbst mitgenommen werden muss. Einige Ausrüstungsgegenstände sind sogar Pflicht. Sollte man sie bei einer “Rucksackkontrolle” nicht dabei haben, bekommt der Teilnehmer eine happige Zeitstrafe aufgebrummt. Da das aber u. a. solche Dinge wie Zelt, Schlaftsack und Kocher betrifft, wäre ein Vergessen dessen schon Strafe genug. Schuhe und Socken sind übrigens keine Pflicht… Handschuhe und Mütze dagegen schon.

Durch meine Outdoorreisen der letzten Jahre bin ich zum Glück schon recht passabel ausgestattet. Zelt, Rucksack, Outdoorkleidung, Kocher sind vorhanden. Einen warmen Schlafsack von Yeti bringe ich mit, der zwar kein Leichtgewichtswunder ist, aber ich vertraue ihm für die Reise, es sei denn, es findet sich etwas vergleichbar warmes mit weniger Gewicht. Ob die Daune die womöglich feuchten bis nassen Klimaverhältnisse gut verträgt, wird sich zeigen. Meinen geliebten Solo Stove werde ich wohl leider zu Hause lassen, da ich mit (trockenem) Holzmangel rechne. Stattdessen kommt ein klassischer Gaskocher ins Gepäck.

Meine Packliste habe ich hier schon einmal begonnen. Sie ist allerdings noch nicht im finalen Status.

Was mir noch fehlt, sind Trekking-Stöcke. Und da bin ich mir nicht einmal sicher, ob ich sie will und brauche. Aber vielleicht ist genau das die Gelegenheit, mich vom positiven Effekt beim Bergauf- und Bergabwandern zu überzeugen, den Trekkingstock-Anhänger immer darstellen.

Rentiere, Wasser und Sterne

Auch wenn das Risiko besteht, dass es wie in 2016 die ganze Zeit wie aus Kübeln schüttet, freue ich mich einfach auf dieses Abenteuer. Ein großer Vorteil gegenüber dem Wüstenwandern: um Wasser brauche ich mir in Lappland keine Sorgen zu machen. Wahrscheinlich bräuchte ich nur einen langen Strohhalm, um rechts und links aus den glasklaren Flüssen und Bächen zu trinken. Ich kann es kaum erwarten, durch die nordische Berglandschaft zu wandern, die Felswände und Weiten zu bewundern, die erste Rentierherde zu beobachten, abends am Lagerfeuer zu sitzen und die funkelnden Sterne über mir zu genießen. Noch sieben lange Monate…


Meine Ausrüstung für den Fjällräven Classic 2017

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