Tag Archives: Colorado River

[:de]Ein Jahr Packrafting – lohnt sich die Anschaffung?[:]

[:de]Mal eben zum Feierabend mit dem eigenen Boot aufs Wasser? Das klang im endlosen Sommer 2018 einfach zu gut. Lange recherchierte ich nach dem perfekten Paddelboot für meine Bedürfnisse. Unkompliziert und leicht sollte es sein. Die meisten Kanus waren mir mit rund 11 Kilo für einen Einsitzer oder 17 Kilo für einen Zweisitzer einfach zu schwer, leichtere Alternativen oft langwierig und kompliziert aufzubauen. Ich wusste genau: wenn es zu aufwändig ist, werde ich das Boot selten bis nie nutzen.

Dann fand ich beim Stöbern im heimischen Globetrotter eine Bootsart, die genau das versprach, was ich wollte: ein Packraft. In der Dresdner Filiale drehte ich damit einige Runden im store-eigenen Pool, befand das Modell aber als zu abgespeckt.

Nach weiterer Internet-Recherche fand ich den Packrafting-Store, der Packrafts auch mal für ein Wochenende verleiht. Per Postpaket erhielt ich pünktlich zum Donnerstag Abend das MRS Microraft in Größe L. Meine Route hatte ich schon ausbaldowert: Samstag morgen wollte ich mit dem Bus zum Wannsee fahren und über zwei Tage wieder nach Hause paddeln. Die Nacht würde ich im Wald verbringen. Es mussten also neben dem Boot eine Hängematte, Isomatte, Schlafsack, Kocher und ein wenig Essen transportiert werden. Durch die geringe Größe des Packrafts im unaufgeblasenen Zustand ließ es sich ohne Probleme einfach am Boden des Rucksack festmachen, in dem das restliche Equipment Platz fand.

Innerhalb von 5 Minuten war das Packraft mithilfe des mitgelieferten Pumpsacks aufgeblasen. Mit ein paar Zurrgurten befestigte ich meinen Rucksack vorne auf dem Boot – und los konnte es gehen. Super easy. Genau so hatte ich mir das vorgestellt.

Tatsächlich war ich mit dem Boot schneller unterwegs als ich gedacht hätte, obwohl ich völlig relaxed die Paddel durchs Wasser zog. Nach rund 15 km war ich am Tagesziel angelangt und im Schnitt 4 km die Stunde gepaddelt. Da am nächsten Tag eigentlich nur noch 10 km Heimpaddeln geplant waren, aber ich noch den ganzen Tag Zeit hatte, machte ich mich auf eine größere Runde. Die Seenkette rund um Potsdam lud einfach dazu ein. Die Kayak-Fahrer zogen an mir vorbei, denn die schmalen Boote sind ja doch deutlich schnittiger geformt. Mir egal, ich hatte es ja nicht eilig. Erst, als ich auf den großen Wannsee auf meine letzten Kilometer einbog und mir Wind und Wellen entgegen schlugen, hatte ich das Gefühl, kaum vom Fleck zu kommen. Unablässiges Paddeln war nötig, um irgendwann am Ufer anzukommen. Ja, bei Gegenwind hat man im Packraft zu kämpfen!

Nichtsdestotrotz war mir am Ende der Tour klar: ich hab mich verliebt! Ich ließ die Luft aus dem Boot, rollte es zusammen, verstaute es am Rucksack und machte mich wandernd wieder auf zum Bus. Montag mittag, nachdem ich mein Leihboot schweren Herzens wieder zurück schicken musste, bestellte ich gleich mein eigenes Microraft.

Ein Paddel-Sommer

Mein kleines, blaues Boot kam nur zwei Tage später wohlbehalten bei mir an und mir wurde sogar die Wochenend-Leihgebühr auf den Kaufpreis angerechnet. Weil das Packraft an sich schon recht preisintensiv war, hatte ich im Shop nachgefragt, ob es erstmal mit den günstigen Paddeln getan ist, die ich auch bei der Testtour dabei hatte. Gewichtsmäßig unterschieden sich die Paddel im dreistelligen Euro-Bereich nicht wirklich vom 60 €-Basic-Set, für das ich mich am Ende auch entschied. Das Basic bekommt über die Zeit etwas mehr Spiel in den Verbindungen (Aluminium weitet sich ggb. Fiberglass etwas aus), das schränkt die Funktion nicht ein, ist aber ein Qualitätsmerkmal, wurde mir gesagt.

Die erste größere Tour führte über 2 1/2 Tage über die Müggelspree von Fürstenwalde nach Berlin-Erkner. Mit dem Zug fuhren wir an einem Freitag nachmittag nach Fürstenwalde, wanderten vom Bahnhof zur Spree, wo wir die Boote zu Wasser ließen. Die leichte Strömung der idyllischen Müggelspree machte das Vorankommen schneller und einfacher, die Wendigkeit des Packrafts half vor allem in den engeren Kurven. Campingausrüstung und Verpflegung ließ sich ohne Probleme an Bord unterbringen. 

Eine weitere Tagestour führte über die Erft mit einigen kleinen Wehranlagen. Hier machte sich das geringe Gewicht des Packrafts von gerade mal 2,5 kg bemerkbar, denn es musste stets ausgebootet, umgetragen und wieder eingesetzt werden. Bei einem Kayak gar nicht denkbar, dies allein zu tun. Hier dagegen schnallte ich den Rucksack auf den Rücken und klemmte mir mein Boot einfach unter den Arm. 

Bei dem großartigen Sommerwetter folgten weitere Tagestouren und ab und zu einfach ein kleiner “Auspaddler” zum Abend auf dem heimischen Teltowkanal. Auf dem Partwitzer See fühlte es sich durch das türkisfarbene Wasser an wie in der Karibik. Der Sommer mit dem Boot, ein voller Erfolg. Aber das Packraft sollte nicht nur die berlin-brandenburgischen Seenlandschaften zu sehen bekommen.

 

Auf großer Tour – auf dem Green River und dem mächtigen Colorado

Schon mit Betätigung des Bestellbuttons fantasierte ich davon, mit meinem Packraft in den USA paddeln zu gehen. Einmal auf dem legendären Colorado River paddeln, das ist ein Abenteuer, von dem viele träumen. Und dann noch mit dem eigenen Boot. Viele Abende hing ich über der Canyonlands-Karte im Bundesstaat Utah und plante die große Tour durch die schroffe Wüstenlandschaft. Nach dem erfolgreichen Finish des Arizona Trail fand ich mich gut zwei Wochen später im Island in the Sky-District vom Canyonlands Nationalpark wieder. Auf meinem Rücken ein Rucksack voller Equipment, Proviant für sieben Tage, Wasser und mein Boot obendrauf. 

Mit einem Boot bei rund 35 Grad Hitze durch die Wüste zu wandern, wo anfangs weit und breit kein Wasser zu vermuten ist, kommt einem schon ziemlich bizarr vor. Nach anderthalb Tagen des Wanderns aber wurde mein Packraft endlich entrollt und für die lange Reise aufs Wasser gelassen.

Vier Tage schipperte mich mein Packraft tapfer durch die unsäglich heißen Canyons. Oftmals konnte ich einfach nur die Beine ausstrecken und mich treiben lassen. Der Green River ließ das Boot sanft um die Kurven gleiten und nicht selten machte ich den einen oder anderen Abstecher in einen der zahlreichen Seiten-Canyons. Mit dem kompakten Boot kein Problem. Und auch die von mir gefürchteten Stromschnellen auf dem mächtigen Colorado-River meisterte ich dank der guten Steuerbarkeit ohne Probleme. 

Fazit

Bis heute gibt es keinen Tag, an dem ich die Anschaffung des Packrafts bereue. Für mich persönlich ist es genau das richtige Boot. Natürlich muss man sich über folgende Dinge klar sein:

  • man ist durch die Form langsamer als mit einem schmalen Kayak, macht dadurch täglich weniger Strecke
  • ein Packraft ist windanfälliger als ein Kayak
  • der Geradeauslauf ist nicht vergleichbar mit einem Kayak

Dafür erhält man 

  • viel Mobilität durch das geringe Gewicht und Packmaß, einige Wanderkilometer mit Boot sind kein Problem
  • extrem schnelle Einsatzfähigkeit, da es nur aufgeblasen werden muss
  • sehr gute Wendigkeit, die auf kleinen Flüssen und bei Strömung äußerst hilfreich ist
  • absolute Bequemlichkeit, da man sich in das Boot reinlegen und trotzdem noch paddeln kann

Wer also mit den erstgenannten Nachteilen leben kann und mehr Wert auf die letztgenannten Vorteile legt, der ist bei einem Packraft goldrichtig. 

 [:]

[:de]Rim2Rim2Rim – Teil 1: South Kaibab Trail bis Cottonwood[:]

[:de]Seit ich vor Jahren zum ersten Mal am und im Grand Canyon war, hat mich dieser unglaubliche Ort nicht mehr losgelassen. Extreme in Form von Temperaturen, Gefällen, Anstiegen und Erdgeschichte wirken hier auf den dagegen so erstaunlich kleinen Menschen ein. Und kein anderer als dieser Ort hat mir die fixe Idee des Arizona Trails in den Kopf gepflanzt. Da ich den Grand Canyon aber bei der Durchwanderung 2019 „nur“ einmal überqueren werde, stand schon eine Weile auf der Bucket-List die Rim-to-Rim-to-Rim-Wanderung. Also einmal von der einen Seite nach unten, auf der anderen wieder hoch und das ganze zurück. Nur allein der Plan nützt jedoch nichts, denn eine Canyon-Durchquerung muss vorab beantragt und genehmigt werden.

Ein paar Formalitäten

Vier Monate vor der geplanten Wanderung kann und sollte man beim Backcountry Office ein Permit beantragen. Das geht grundsätzlich per Fax. Leider wollte mein Fax einfach nicht durchgestellt werden und ich war schon richtig in Panik. Aber ein Telefonat und eine Email brachten meinen Antrag dann doch noch zum Backcountry Office. Dem kam mein Plan, das ganze in 4 Tagen durchzuziehen, anscheinend sehr ambitioniert vor, so dass ich kurz danach eine Email mit einer Latte Warnhinweise der Marke „Weißt du, was du da tust und wissen das auch die, die mit dir wandern sollen?“ bekam. Dazu musste ich noch ein Informationsblatt ausfüllen. Mit genauer Angabe der Stationen, zu laufender Meilen pro Tag, der Ausrüstung, die ich mitführen werde und meiner Erfahrung, was Wüsten- und Grand Canyon-Wanderungen angeht. Normale Wanderungen zählen nicht. Zum Glück habe ich in den letzten Jahren schon ein paarmal die Wüsten wanderisch erschlossen und das Permit wurde ausgestellt.

 

Tag 1

Am 1. November stehe ich also mit gepacktem 65 l-Rucksack (wie im Infoblatt angegeben) im Backcountry Office und erkundige mich noch schnell über den Zustand der Wasserquellen. Das ist ratsam, denn gerade zu Winterbeginn werden nach und nach alle Wasserquellen auf der Nordseite abgeschaltet, damit sie nicht zufrieren. Und tatsächlich ist eine, die ich eigentlich zum Auffüllen eingeplant hatte, bereits zu. Da aber am North Rim der Bright Angel Creek fließt, mache ich mir darüber weiter keine Sorgen und steige um 8:30 Uhr in das Shuttle zum South Kaibab Trailhead.

Der South Kaibab Trail führt über 10 km und 1.500 Höhenmeter hinunter zum Colorado River und wartet mit faszinierenden Aussichten auf. Empfohlen wird er nur zum Abstieg, denn er hat keinerlei Wasserquellen und der Trail bietet keinen Schatten. Ein bisschen später als geplant geht es also los. Spät deshalb, denn der Colorado River ist heut nicht das Ziel, sondern nach weiteren rund 11 km mit 600 Höhenmetern Anstieg der Cottonwood Campground. Klingt an sich nicht viel, aber zum einen bedarf es bei steilen Abstiegen erhöhter Aufmerksamkeit und damit reduzierter Geschwindigkeit, zum anderen kenne ich mich: ich bleibe alle Nase lang stehen, um zu staunen und Fotos zu machen.

Ooh Aah!

Und tatsächlich stehe ich schon bald an dem Punkt, der vom Namen schon verrät: hier musst du gucken, staunen und Fotos machen: der Ooh Aah Point. Ja, der heißt wirklich so. Und als wäre der Ausblick nicht schon ooh aah-mäßig genug, setzt sich auch noch ein Hörnchen sehr dekorativ an den Felsabgrund. Was das Hörnchen kann, kann ich auch und tu es ihm gleich.

 

Weiter geht es. Die erste Muli-Herde kommt mir entgegen. Post, Lebensmittel und Gepäck der Wanderer, die „leicht reisen“ wollen, werden täglich mehrfach in und aus dem Canyon per Muli transportiert. Am Skeleton Point ziehe ich mich erstmal noch weiter aus. Es ist November, aber davon spüre ich hier nichts. In T-Shirt und abgezippter Hose geht es weiter. Schon nach der nächsten Kurve und bevor es die zahlreichen Haarnadelkurven hinunter geht, sieht man zum allerersten Mal den Colorado River… und denkt sich: noch ganz schön weit. Unten.

 

Nach Passieren des kleinen Rastplatzes „The Tipoff“ weiß ich gar nicht, ob ich mir zuerst rechts die Muli-Herde am Berg ansehen soll oder das wahnsinnige Panorama, welches sich unter meinen Füßen bietet. Beides ist wie aus dem Bilderbuch und ich würde hier am liebsten noch eine Weile sitzen und dieses gigantische Bild aufsaugen. Aber es ist noch weit und die Sonne geht früh unter.

 

Der tiefste Punkt des Canyons

Unter mir ist die Black Bridge zu sehen. Einer der zwei Brücken die hier unten über den Colorado führen. Es geht weitere Haarnadelkurven hinunter. Ich gehe durch einen kleinen Tunnel, der in den Stein gehauen ist und direkt an der Brücke endet. Ehrfürchtig betrete ich die Black Bridge und schaue über den beeindruckenden Fluss. Jahrmillionenlang hat er das geschaffen, wo ich jetzt stehe. Das türkisfarbene Wasser zieht mich magisch an. Zum Boat Beach, wo die Rafting Boote anlegen, ist es nicht weit. Die glühenden Füße werden von den Schuhen und Socken befreit und rein geht es in das eiskalte Wasser. Es ist wirklich so kalt, dass ich es nur ein paar Sekunden aushalte.

 

Sich vom Strand zu lösen und wieder in die schwitzigen Socken und staubigen Schuhe zu steigen, fällt mir an der Stelle sehr, sehr schwer. Wer hat nochmal diesen Plan gemacht, heute noch 11 km weiter zu wandern, wo doch gleich um die nächste Kurve so ein schöner kleiner Zeltplatz ist? Aber dafür habe ich kein Permit (beantragt), also muss es weitergehen.

Ab in die Box

Nachdem ich mit sehnsüchtigem Blick den Bright Angel Campground und die Phantom Ranch passiert habe, führt der Weg am rauschenden Bright Angel Creek direkt in die „Box“. So nennt sich die Passage des North Kaibab Trail, die sich durch enge Felsschluchten windet, die der Fluss dort hinein gewaschen hat. Immer wieder kreuzt der Trail den Creek über kleine Brücken, wo das Wasser die Seite wechselt. An einer Brücke sitzt ein älterer Herr mit Stift und Notizbuch und schreibt seine Gedanken auf. Er ist tatsächlich auch zu Fuß hier herunter gekommen und nicht wie einige Touristen, die sich auf Mulis nach unten tragen lassen und wie aus dem Ei gepellt aussehen. Ich habe großen Respekt vor Menschen, die im Alter noch so fit sind und hoffe das sehr für mich.

 

Der Trail windet sich aus der Box hinaus in ein Tal mit kleinen Büschen, Kakteen und Gräsern. Die Sonne geht langsam unter und lässt die Felswände rot erglühen. Der Weg ist doch weiter als gedacht und langsam merke ich die Anstrengung. Wie weit es noch ist, kann ich gar nicht richtig einschätzen. Meine Fenix 5X liefert schon lange keine brauchbaren Ergebnisse mehr. Laut ihr bin ich schon über 27 km gewandert, denn sie springt auf der Karte einfach nur wild hin und her. Bei aller Eile braucht es doch noch eine kurze Pause und einen Snack. Es geht ja jetzt auch schon wieder ordentlich bergauf.

Bei jeder größeren Baumansammlung denke ich: „Jetzt bin ich gleich da! Da ist der Cottonwood Campground.“ Aber jedesmal ist es noch ein Anstieg, noch eine Kurve mehr. Die Sonne ist inzwischen mehr als weg, als ich am Horizont kleine Lichter sehe. Wanderer mit Stirnlampen. Endlich.

Ein Permit ist keine Garantie für einen Schlafplatz

Im Dunkeln nach einem freien Zeltplatz suchen ist schon schwierig. Noch schwieriger wird es jedoch, wenn bereits alle Plätze belegt sind. Wie das geht? Ja, das frage ich mich auch. Das Backcountry Office gibt nur so viele Permits aus, wie Plätze vorhanden sind. Und doch stehen auf jedem der elf Plätze Zelte. Nicht jeder hat ein gültiges Permit in die kleine Reservierungsbox an seiner Zelle gesteckt, und manch andere größere Gruppe hat sich zwei Plätze geschnappt. Und wo ein Zelt steht, baut auch keiner mehr ab. Und nun? Wild zelten geht schon deswegen nicht, weil es botanisch unmöglich ist. Auf dem großen Gruppenplatz ist noch etwas frei. Die Gruppe, die sich diesen Platz reserviert hat, ist der Retter in der Not und hat noch ein Plätzchen frei.

Völlig im Eimer wird das Zelt aufgebaut, der Gaskocher angeschmissen (mein geliebter Holzkocher ist hier leider verboten), Trekkingessen herunter geschlungen und um 20 Uhr ist bereits Zapfenstreich. Hiker midnight eben. Aber das macht auch nichts, denn morgen wird ein anstrengender Tag. Es geht hoch zum North Rim und wieder zurück. 1.350 Höhenmeter hoch und wieder runter, 11 km hin und wieder zurück. Gute Nacht!

– Tag 2 –

[:]