Am letzten Wochenende habe ich Berlin den Rücken gekehrt, um einmal mehr die Landschaft und Möglichkeiten Brandenburgs zu genießen. Bei meinen Trainingsläufen überschreite ich immer regelmäßig die Berlin-Brandenburgische Grenze und freue mich darüber, nach 1-2 km schon im Wald oder am Feld zu stehen. Wohin die eigenen Füße einen nicht tragen können, muss dann das Auto oder der Regionalexpress von Berlin aus herhalten.
Radeln
Im Juli hatte ich bereits zweiteres genutzt, um nach Zossen zu gelangen. Eine kleine Fahrradtour durch die anliegenden Wälder war geplant, die sich hauptsächlich an dort versteckten Geocaches ausrichtete.Die ersten Kilometer waren mit meinem herkömmlichen Trekkingrad noch gut befahrbar. Je weiter es jedoch in den Wald hinein ging, bestanden die Wege fast nur noch aus tiefen Sandgruben voll Zuckersand, in denen ein Wüstenschiff sicher gut voran kommt. Mein
Drahtesel war allerdings teilweise völlig unfahrbahr und wollte geschoben werden. Irgendwann hörte der Weg dann plötzlich an einem Tor auf. Also eigentlich sah der Weg hinterm Tor recht einladend aus und sollte laut GPS auf eine Betonstraße führen. Das ließ zwei Optionen: umkehren und den ganzen Weg zurück oder durchkämpfen und Zaun ignorieren. Dass ich auf einmal mitten im Motorpark landete und mit dem Rad über die Rennstrecke fuhr, erübrigt die Beantwortung der Frage, für welche Option die Entscheidung gefallen war.
Zum Glück kannte ich Teile davon schon von der XLETIX Challenge im Mai, da die L-Distanz hier lang führte. Mit mulmigem Gefühl ging es durch noch ein paar Sandbunker und über den nächsten Zaun wieder raus in die Freiheit. Durch die vielen schwer befahrbaren Waldwege und die großzügige Anzahl an Geocaches kamen an diesem Tag nicht annäherend soviele Kilometer zusammen, wie ich eigentlich gedacht hatte. Trotzdem ein schöner Tagesausflug, der einem die Gegend südlich von Berlin mit schönen Kiefernwäldchen und versteckten Relikten aus vergangener Zeit mit neuen Bewohnern näher bringt.
Paddeln
Am 22. August sollte es etwas nasser werden. Im letzten Sommer war ich schon mit einer größeren Gruppe einen Tag lang von Lübbenau aus durch den Spreewald gepaddelt und hatte sehr viel Spaß dabei gehabt. Da das Wetter noch immer hochsommerlich warm war, führte der Weg daher relativ spontan wieder hierher. Um kurz nach 9 Uhr morgens kamen wir am Bootsverleih Leineweber in Burg an. Ohne Reservierung. Wir hatten Glück, es gab noch ein einziges, nicht reserviertes Paddelboot mit kleinen Steuer hinten. Dazu erhielt jedes Boot eine wasserfeste Karte und Tips, wohin man in welcher Zeit ungefähr paddeln kann. Ziel sollte für uns heute das Waldschlösschen sein. Ordentlich mit Sonnenmilch eingeschmiert und mit genug Getränken und Proviant ging es dann los.
Bei 28 Grad Außentemperatur konnte ich sogar im Bikinioberteil paddeln und jeder Tropfen, der beim Paddeln vorbeigeflogen kam, war eine schöne Erfrischung. Dass ich meine Oberarme und Schulter am nächsten Tag spüren würde, war mir schon nach recht kurzer Zeit klar. Eine derartige Bewegung macht man nun nicht regelmäßig, aber ich freute mich insgeheim über das relaxte Oberkörpertraining. Nach knappen drei Stunden kamen wir am Waldschlösschen an und zogen das Boot für die Pause aus dem Wasser. Offensichtlich war das hier eine richtige Touristenhochburg, so dass es nur eine einzige zentrale Toilette mit Schranke und 50 Cent “Eintritt” gab.
Über das Essen machte ich mich mit Heißhunger her. Seit Tagen hatte ich mich schon auf Kartoffeln mit Quark und Leinöl gefreut – eine Spezialität des Spreewalds. Dazu ein Teller Pommes. Musste sein. Eine gute Stunde später ging es wieder auf den Rückweg. Diesmal wollten wir ein wenig von der vorgeschlagenen Route abweichen und noch ein Stück weiter schweifen. Als Navigator machte ich mich bislang ganz gut. Dann kam ein Abzweig, den ich auf der Karte nicht ganz zuordnen konnte. War mir aber recht sicher, dass es links weitergehen musste. Nach ein paar hundert Metern wunderte ich mich, dass die Brücken, unter denen man durchfahren musste, inzwischen so niedrig waren, dass wir die Köpfe einziehen mussten. Da konnte was nicht stimmen. Karte konsultieren. Ausweg suchen.
Tatsächlich waren wir auf einer hellblauen Route unterwegs, die von Paddelbooten eigentlich gar nicht befahren werden sollte. Allerdings führte eine weitere hellblaue Wasserstraße, an der wir gerade vorbeigepaddelt waren, wieder direkt auf die Hauptroute. Der Plan war es also, umzudrehen und diesen Weg zu nehmen. Drehen funktionierte nur leider nicht, weil das Boot quer länger war als der Kanal breit. Also rückwärts gepaddelt. Im rückwärts paddeln sah ich dann plötzlich ein Boot direkt vor mir. Natürlich auch auf dem Kanal, wo es an sich nichts verloren hatte. Nachdem wir nun an der vermeintlichen Abkürzung angekommen waren, bogen wir in den kleinen Kanal ein, der uns wieder zur Hauptroute führen sollte. Das andere Boot folgte uns paradoxerweise. Die dachten wohl, wir hätten Ahnung, aber sie sollten alsbald eines besseren belehrt werden.
Die Bäume ragten vom Ufer immer tiefer in den Kanal hinein und streiften unsere Köpfe. Irgendwann war von Wasser unterm Boot nicht mehr viel zu sehen, stattdessen Schilf, durch welches wir durchmanövrierten. Teilweise schliff das Boot schon auf dem Grund und der Kanal wurde immer schmaler. An Umdrehen war nicht zu denken, an rückwärts fahren durch die “Verfolger” auch nicht. Augen zu und durch hieß die Devise… bis zu dem Moment, als wir vor einer Betonröhre mit 50 cm Durchmesser ankamen. Wie peinlich. Und nun? So weit weg konnte doch der Hauptkanal nicht mehr sein. Da war doch nur die Straße und ein Feld dazwischen. Unsere Verfolger konnte ich hinten im Gestrüpp schon gar nicht mehr erkennen, fragte mich aber, was die jetzt wohl machen würden. Umdrehen empfand ich noch immer als die denkbar schlechteste Option und so machte ich mich auf den Weg zu erkunden, wo denn nun die legale Paddelroute war. Über die Straße und übers Feld hinüber hinter den Bäumen wurde ich fündig und der Plan geboren, das Boot zu schleppen und dort wieder einzusetzen.
Also alles raus aus dem Boot, aus dem Wasser gehoben, über Straße geschleppt und über das Feld gezogen. So kam ich dann auch zu meiner ersten Trockenpaddelübung. Ein bisschen blöd schauten einen die Leute schon an, aber was soll man machen?
Das Einsetzen war dann die nächste Herausforderung, da die Böschung recht hoch war. Bestimmt einen Meter. Und überall Brennnesseln. Wer sich verfährt, musste also fühlen. Am Ende klappte alles sogar ohne das Boot einmal umzukippen und der Kanal war wieder ausreichend breit. Nach gefühlten zehn Schleusen und tatsächlichen 21 km kamen wir ein wenig platt wieder beim Bootshaus an. Nun weiß ich wenigstens, was auf mich zukommt, wenn ich mir im nächsten April eventuell die goldene Gurke über 42 km beim Spreewaldmarathon erpaddeln will. Das wird sicher eine 2-Tagestour im wasserdichten Zwiebellook.
Weiter geht es mit Aktiv in Brandenburg 2
2 Gedanken zu “Aktiv in Brandenburg 1 – Radeln und Paddeln”