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[:de]Harzer Hexenstieg in drei Tagen – der Weg zur goldenen Nadel[:]

[:de]Als unser Manuel mit der tollkühnen Idee um die Ecke kam, den Harzer Hexenstieg in drei Tagen zu erwandern, war ich sofort Feuer und Flamme. Aber mir war auch völlig klar: das wird ne harte Nummer. 107 km mit guten 2.000 Höhenmetern wollen in der kurzen Zeit erst einmal geschafft werden. Ja sicher, in Zeiten der Mammut- und Megamärsche reißen viele das einfach mal in 24 Stunden runter. Aber es geht ja auch darum, die Landschaft zu genießen und – viel wichtiger – Stempel zu sammeln für die Harzer Hexenstieg-Nadel und die goldene Wandernadel.
In diesem Jahr lag der 1. Mai ideal! Mit Montag, dem 30.4. als Brückentag standen uns fünf Tage für An- und Abreise und die Wanderung zur Verfügung. Und als wäre das nicht schon toll genug, war der auch gleichzeitig der Tag, an dem jährlich die Walpurgnisnacht stattfindet. Und wo könnte man diese besser feiern, als in Thale mit dem Hexentanzplatz?

Tag 1 – Ein gesperrter Weg

Früh um 9 zogen wir zu sechzehnt von unserem Campinghotel in Richtung Ortskern Osterode zum offiziellen Start des Harzer Hexenstiegs. Wir wollten ja schließlich jeden Meter mitnehmen. Ein schnelles Startfoto und dann ging es schon zügig bergauf. Heute warteten rund 40 km Wegstrecke zu unserem Zielort Torfhaus auf uns.

 

Schon recht bald verließen wir die Asphaltstraßen und sahen uns sattem Grün in waldiger Umgebung gegenüber. Nach etwa 4 km die erste Stempelstelle. Während einige eine Wissenschaft daraus machten, den Stempel immer möglichst gerade zu setzen, wollten die meisten schnell die Hexe im Heftchen haben und weiterziehen. Es würden ja auch noch viele, viele Stempelstellen kommen.

 

Der Weg zeigte uns immer wieder: der Harz ist bergig. Und es geht immer noch weiter hinauf. Aber frohen Mutes und schnellen Schrittes huschten wir mit unseren Trekkingstöckchen von Stempelstelle zu Stempelstelle. Ich hatte ja vermutet, man würde sich am langen Mai-Wochenende hier tottreten. Mitnichten. Größtenteils waren wir die einzige schnatternde Wandertruppe weit und breit.
Am Bärenbrucher Teich lud die Aussicht zu einer kurzen Rast ein. Rucksäcke wurden aufgerissen und eifrig reingefuttert, was die Zeit erlaubte. Über die Hälfte der Tagesstrecke lag noch vor uns und die sollte es in sich haben.

 

Auf Höhe Altenau lagen plötzlich ein paar Bäume auf dem Weg. Riesige, lange Nadelbäume wie Mikado-Stäbe quer auf den Weg geschmissen. Die Überbleibsel des letzten Sturms. Klettern war also angesagt. Baumstamm rauf, Baumstamm runter. An die zehn mal. Dann ging es wieder seicht am Flüsschen entlang zur nächsten Stempelrunde.

 

Nur zwei Kilometer vor Torfhaus (und nachdem wir bereits 38 km in den Knochen hatten) versperrte uns ein Flatterband den weiteren Weg auf dem Hexenstieg. Eine Umleitung von etwa 4 km sollte uns nach Torfhaus führen. „So schlimm kann es doch nicht sein“, dachten einige von uns, die schon Erfahrung mit gesperrten Wegen hatten. Und nochmal zwei Kilometer mehr wollten wir nicht gehen.
Schwerer Fehler, wie sich nach zuviel zurückgelegter Strecke herausstellen sollte. An einer Stelle war der Weg abgerutscht, aber über Bäume überkletterbar. Dann lag dort noch ein Baum und noch einer. Es wurde besser, der Hexenstieg wieder als solcher erkennbar. Aber keine 200 m weiter die nächste Verschüttung des Weges unter Tannen, Kiefern, Fichten oder was auch immer. Wir krochen, kletterten, schimpften, waren teilweise ratlos, wo denn Weg noch sein sollte. Und das Baumchaos nahm kein Ende, wurde immer noch schlimmer. Aber wir waren schon zu weit gekraxelt, um wieder umzukehren und die Umleitung zu nehmen.

 

Mindestens einen Kilometer lang kämpften wir uns durch die Schäden, die der Sturm hinterlassen hatte und brauchten dafür fast anderthalb Stunden. Ich persönlich und auch einige andere empfanden das Gekletter als willkommene Abwechslung zu den Stunden des Wanderns, manch einen machte es aber noch fertiger als er ohnehin schon war. Drum merke: ein gesperrter Weg im Harz ist als solcher ernst zu nehmen!

Tag 2 – Was für ein Brocken

Kilometerlange Anstiege auf Panzerstraßen, so oder so ähnlich stellte ich mir den Aufstieg zum Brocken vor. Aber man soll sich nicht unnötig Angst von Erzählungen anderer machen lassen.

Im Schullandheim Torfhaus, wo wir die Nacht verbracht hatten, wurden wir durch unerwartet gutes Frühstück für den Tag gestärkt. Pünktlich um 9 Uhr starteten wir zu unserem Aufstieg auf den Brocken.

Da wir neben der Harzer Hexenstieg-Nadel ja auch noch mal eben die goldene Harzer Wandernadel mitnehmen wollten, ging der Weg nicht eben direkt dorthin, sondern immer mal wieder über kleine Umwege zur nächsten Stempelstelle.

 

Bei bestem Wanderwetter zeigte sich der Nationalpark Harz von seiner schönsten Seite. Ich hatte nicht gedacht, dass Deutschland so tolle Wanderecken hat, die sich vom Berlin-Brandenburger Einerlei doch deutlich unterscheiden.

 

Dann kam er, der Aufstieg zum Brocken über die Panzerstraße. Weitaus kürzer als ich dachte, denn plötzlich verlief der Weg schon über einen gepflegten Schotterweg direkt an der Brockenbahn entlang. Nach einer Abzweigung nacht links führten die letzten Meter über Asphalt und es wurde immer voller. Alle wollten anscheinend heute auf den Brocken.

Oben angekommen musste ich für mich feststellen: der Brocken ist nicht meins. Flach, zugebaut und überfüllt mit Menschen. Das soll ein Berg sein? Wir holten uns alle den Brockenstempel und einige hatten sogar das Glück, Brocken-Benno zu sichten und sich seinen Sonderstempel abzuholen.

Nach einer kurzen Rast mit Bierchen machten wir uns nach einem Gruppenfoto wieder auf die Socken. Und gut so, denn auf einmal kamen uns Massen von Menschen entgegen. Wo sollten die denn noch alle auf dem Brocken hin?

 

Unser Abstieg führt über den Eckerlochstieg. Ein wunderschöner felsiger Pfad, der aber eher zu einem Slalom mutierte, denn auch hier kamen Menschen in Hülle und Fülle entgegen.

 

Nachdem ich den Aufstieg als eigentlich letzten im Sinne hatte, bogen wir erneut links ab und es ging wieder nach oben, Richtung Brocken. Was? Alles was ich gerade hinunter gegangen war, ging ich gerade wieder hinauf. Und wozu? Na klar, da oben war noch eine Stempelstelle und zugegeben eine dazu noch sehr schöne.

Irgendwie wurde langsam die Zeit knapp und die Information, dass die letzten zwei Kilometer vor Rübeland, dem eigentlichen Abholort unseres Busshuttles, gesperrt sein sollten, machten die Sache nicht besser. Aber Manuels Organisationstalent machte es möglich, uns etliche Kilometer vor Rübeland abholen zu lassen. Trotz strammen Marschierens waren wir heute nämlich nicht annähernd so weit gekommen, wie wir gedacht hatten. 

Um 18 Uhr  fing uns der Bus in Königshütte ein und brachte uns nach Quedlinburg, wo wir die nächsten zwei Nächte verbringen würden.

 

Tag 3 – Ein endloser Endspurt

Geteiltes Leid ist halbes Leid. Am dritten Tag interpretierten wir  das auf unsere ganz eigene Art, denn ein paar unserer Truppe waren in den letzten zwei Tagen nicht ganz so gut zu Fuß gewesen. Heute stand nun noch dazu der längste Wandertag bevor. Der Rücktransfer nach Königshütte, um unsere Wanderung dort wieder aufzunehmen, wo wir sie gestern beendet hatten, war daher für vier von uns der praktische Luxus, sich einige Orte näher am Ziel aussetzen zu lassen und einige Kilometer zu sparen.

 

Für alle anderen hieß es: ca. 42 km nach Thale, dem Ende des Hexenstiegs. 

Wer seinen Stempel über dem Wasserfall noch nicht am gestrigen Tage in einer Hauruck-Aktion geholt hatte, konnte das nun heute morgen nachholen, bevor wir uns auf den Weg über satte grüne Wiesen entlang von Flüssen begaben.

Wir waren gar nicht so weit gegangen, da rief es vom Balkon eines Gästehauses. Der Schwabe! Der Schwabe mit seiner kleinen Gruppe war uns zum ersten Mal am ersten Tag begegnet, kurz nachdem wir unsere erste kleine Kletteraktion hinter uns gebracht hatten. Die Truppe hatte selbstgemachte Eierlikör dabei, die sie auch gern mit uns teilten. Seitdem trafen wir uns immer wieder, obwohl wir doch ein anderes Tempo und eine andere Strecke wanderten. Bei der zweiten Brockenbegehung, beim Umweg für einen weiteren Stempel… und hier schon wieder. Ständig war der Schwabe da, wo man ihn nicht vermutet hätte. Am ersten Tag hatte er sogar noch den ganzen Abend mit uns im Schullandheim verbracht. Wir waren wohl eine lustigere Gruppe als seine eigene.

Auch heute warteten wieder etliche Höhenmeter auf uns, versüßt durch die eine oder andere Hexe am Wegesrand. Die Stempelhefte der vier anderen hatten wir eingesteckt und stempelten fleißig für sie mit. Dafür warteten an den Stempelstellen, die die vier durch den Distanzvorsprung immer vor uns erreichten, kleine „Liebesbriefe“ und Eintragungen in den Stempelbüchern auf uns. „Team EarnYourBacon was here“!

 

Bis etwa Zweidrittel der Strecke blieben wir noch einigermaßen zusammen, dann hatte Manuel anscheinend genug von unserer Rasselbande und zog von dannen. Von da an splitterten wir uns immer mal wieder auf, sechs von uns, die gemütliche Truppe, blieben aber immer beisammen. So richtig schnell war ich schon deshalb nicht, weil ich seit Kilometer 5 eine etwa zwei Kilo schwere Baumscheibe mit mir rumschleppte, die ich so toll fand. Hauptsache, ich hatte auch meine abgesägte Zahnbürste dabei, um ein paar Gramm zu sparen. Aber unterwegs erfüllte die Baumscheibe immerhin auch einen guten Zweck als Picknicktisch.

 

 

Stempelstelle 69 sollte die letzte auf unserer Jagd nach den begehrten Wandernadeln sein. Und trotzdem lag Thale gefühlt noch sehr weit weg. Nach 35 km tat mir schon alles weh, aber ich war nicht die einzige, die ein wenig unrund lief. Jan, den wir spontan im Bus überredet hatten, nicht auch vorzeitig auszusteigen, bereute wohl gerade seine Entscheidung. Ich hatte ihm schon gleich am Anfang meine Trekkingstöcke zur Unterstützung gegeben und lief selbst nur mit einem langen Stock, den ich im Wald gefunden und der mir bereits eine Blase an der Hand beschert hatte.

 

Die Landschaft noch so richtig zu genießen, fiel mir mit jedem Schritt schwerer. Und dabei ist die Schlucht kurz vor Thale eine tosende Augenweide.

Nach mir endlos erscheinenden 12 Stunden und rund 42 km liefen wir in Thale ein. Kurz vor 21 Uhr. Zahlreiche Hexen kamen uns entgegen, die auf dem Weg zum Hexentanzplatz und dem Tanz in den Mai waren. Nach tanzen wir mir jetzt so gar nicht mehr zumute. Umso glücklicher war ich allerdings, dass die Touristeninfo noch 10 Minuten geöffnet hatte. So würden uns die Harzer Hexenstieg–Nadel und auch gleich die goldene Harzer Wandernadel noch in der Walpurgnisnacht von „echten“ Hexen überreicht. Zufrieden über das Erreichte trafen wir alle beim Italiener in Thale wieder zusammen und wurden als letzte Gäste des Abends bedient.

 

Abschließend bleibt zu sagen: der Hexenstieg ist ein wunderbarer Weitwanderweg, der die Schönheit des Harzes auf vielfältige Weise zutage bringt. Er ist alles andere als überlaufen, verspricht Ruhe und die eine oder andere Herausforderung. Nächstes Mal würde ich mir aber vier Tage Zeit nehmen und die Alternativroute zur Brockenumgehung wählen.

Ein großer Dank geht an der Stelle an Manuel für die großartige Organisation dieses Abenteuers. Es war mir ein Fest.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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[:de]14 Gipfel in zwei Tagen – Deutschlands erster 8.000er [:]

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Willkommen beim Oberlausitzer Gipfelstürmer

14 Gipfel und 8.723 m in zwei Tagen im Zittauer Gebirge. Wer das auf meiner schicken Urkunde liest, reißt erstmal ehrfürchtig die Augen auf. Als Manuel mit dieser Tour durch seine Heimat in unserer Marschgruppe um die Ecke kam, hatte ich schon im Geiste meinen Rucksack gepackt. Und an jedem Gipfel sollte es auch noch einen Code für den Bergpass geben. Da war es um mich geschehen. Wenn ich meine Wanderleidenschaft auch noch mit Sammeln von Stempeln, Codes oder sonstigem verbinden kann, laufe ich Stunden, Tage, Kilometer… weiter als meine Füße mich eigentlich tragen wollen.

Dass sich hinter den 8.723 m keine echten Höhenmeter, sondern Gipfelmeter verbergen, macht die Gipfeljagd zum Oberlausitzer Gipfelstürmer nicht weniger spannend. Streckenmäßig bedeutet die Tour, rund 45 km und 1.400 Höhenmeter zurückzulegen. Für den normalen Gelegenheitswanderer ist das schon ein starkes Stück.

Gipfelstürmer Sonnebergbaude

Und dennoch (oder gerade deswegen) trafen sich über 30 Leutchen an einem Freitag Abend Mitte März in der Sonnenbergbaude des Zittauer Gebirges. Während der Schnee in der Hauptstadt schon längst weggetaut war, fanden sich hier auf der nahegelegenen Piste noch zahlreiche Schneeflecken. Und das sollte nicht der letzte Schnee gewesen sein, den wir zu sehen bekommen.

Tag 1 – Bis zur Grenze Österreichs

Um kurz vor 8 schleiche ich aus meinem Zimmer in den Frühstücksaal. Da herrscht schon wildes Treiben an den riesigen Tischen, die unsere Wandergruppe für dieses Wochenende für sich eingenommen hat. Ein bisschen wie Klassenfahrt. Nur das Frühstücksbuffet ist deutlich besser. Punkt 9 Uhr stehen wir im Schatten der Sonnenbergbaude bereit, um der knackig kurzen Einweisung von Herrn Fichte, unserem Bergführer, zu lauschen. Schön, das mal nicht selbst machen zu müssen.

Gipfelstürmer Gruppenfoto

Dann geht’s los. Die ersten Höhenmeter warten schon in Form von einer Treppe auf uns. Erstes Schnaufen von hinten. Dafür gibt es das erste Gipfelglück aber schon nach einer guten Viertelstunde. Weiter geht es durch den Wald, teilweise sehr steil. Und ich schwitze. Beim zweiten Gipfel muss ich erstmal eine meiner Schichten loswerden.

Im Flachland zieht sich unsere Gruppe bei unseren Trainings ja immer schon recht weit auseinander. Kommen Höhenmeter dazu, potenziert sich das Ganze. Sowohl bergauf als auch bergab. Vorne entstehen immer mal wieder Pausenmöglichkeiten, um die Gemütlicheren wieder herankommen zu lassen. Genug Zeit, die Strecke zu genießen, bleibt allemal. Die Temperaturen sind mit ca. 10-15 Grad fürs Wandern sehr angenehm und die Sonne strahlt ein ums andere Mal durch die Baumwipfel hindurch. Der wurzelige Boden mit seinen Anstiegen zu den vielen, vielen Gipfeln lässt die Waden brennen. Der Duft nach Moos und Tannenzapfen gepaart mit den zahlreichen Gesteinsformationen, die sehr an die Sächsische Schweiz erinnern, lassen die Anstrengung aber immer wieder verblassen. Und immer mal wieder findet sich ein neuer Gesprächspartner, obschon manches Gespräch mit spontaner Schnappatmung beendet und die Weiterführung auf das Erreichen des nächsten Gipfels verschoben wird.

Gipfelstürmer Panorama

Weil ich damit noch nicht ausgelastet bin, wühle ich ab und zu mal fernab des eigentlichen Weges im Dreck… auf der Suche nach Geocaches. Ein Erfolgserlebnis dieser Art würde ich hier schon gerne mitnehmen. Kurz vor „meinem“ Felsen, auf dem wir eine kleine Rast machen wollen, verliere dann mal eben den Anschluss, aber mit ein paar Nachzüglern finde ich dann auch den Carolafelsen. Den Geocache im Übrigen nicht. Salate werden ausgepackt. Würste, Brote, Kekse und Schokolade. Die Nahrung der „Gipfelstürmer“ ist vielfältig, manchmal sogar gesund. Energie wird auch gebraucht, denn die große Pause mit warmer Mahlzeit auf dem Hochwald ist noch einige Kilometer und viele Stunden entfernt.

Ein Anstieg der besonderen Art erwartet uns auf dem Weg zum Nonnenfelsen. Eine Treppe führt durch eine kleine Schneise zwischen zwei Felsen nach oben. Soweit so gut, wäre sie nicht noch komplett unter Schnee vergraben. Die Stufen bestehen also aus zu Stufen getretenem Schnee, der aber die Last einiger Mitwanderer nicht verkraftet. Knietief im Schnee stehen. Und sich wieder rauskämpfen. Als wäre es nicht schon schlimm genug.

Aber auch hier oben auf dem Nonnenfelsen wartet neben einem grandiosen Ausblick noch eine weitere Belohnung. Herr Fichte hat eine ganze Schachtel Schnäpperken mitgeschleppt. Da nehm ich doch einen und klopfe mit. Bevor wir nun alle auf dem windigen Gipfel komplett auskühlen, geht’s schon wieder weiter. Der Gipfelcode ist hier gut versteckt, aber verteilt sich in der Gruppe schnell, nachdem einer ihn gefunden hat. Kiefernwäldchen, massive Felsen, moosiges Gelände, wurzelige Abstiege. Ich fühle mich pudelwohl und springe wie ein junges Reh die Abhänge runter. Zum ersten Mal seit zwei Wochen schütte ich wieder Endorphine aus und bin richtig glücklich. Jetzt ist nicht die Zeit zum Traurigsein. Jetzt genieße ich einfach nur das hier und jetzt in Form von Natur, Begleitung, Anstrengung.

Das höchstgelegene Gebäude des Zittauer Gebirges, die Hochwaldbaude, erreichen wir um 16 Uhr nach einem mühseligen Anstieg durch ein Schneefeld. Na gut, ein schneebedeckter Weg. Aber anstrengend.

Der Wirt hat extra für uns seine Pforten geöffnet und serviert Bauernfrühstück, Schweinegulasch und Sülze. Letztere erfreut sich nicht unbedingt größter Beliebtheit, dafür ist das Bauernfrühstück so riesig, dass zwei muntere Wanderer davon satt werden. Gestärkt durch ein mit Tatjana geteiltes Kirschbier (denn das gibt’s nur in Flaschen und daher nicht für Einzelpersonen) treten wir wieder raus in die Kälte. Die Sonne senkt sich langsam in orangerosa hinter den Baumwipfeln und es geht alle erklommenen Höhenmeter wieder bergab. Mir geht das Getrotte zu langsam und so rennen Martin, Peter und ich wie von der Tarantel gestochen bis zur nächsten Weggabelung. Um dort doch wieder auf die anderen zu warten.

Gipfelstürmer Granpa SimpsonAllmählich senkt sich die Nacht und die Waldwege werden dunkler. Felsen verwandeln sich von grauen, strukturierten Formationen in Silhouetten von Grandpa Simpson. Während die Vordersten versuchen, ihre Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen, packen weiter hinten einige die Stirnlampen aus. Durch das Lichtergewackel hinten sehen wir vorne aber nix mehr und setzen uns ein wenig von den Lichtquellen ab. Wir sind nun schon so lange in der Dunkelheit an den Grenzsteinen unterwegs, dass Gerüchte aufkommen, es ginge direkt zur Grenze Österreichs weiter. Dass sich der Weg zwischenzeitlich zu Matsch und einem ausgewachsenen Sumpf entpuppt, macht die Sache nicht besser. Nicht jeder hat wasserdichte Schuhe an. Ich schon. Mein Füße sind angenehm warm und mir geht’s gut. Immer mal wieder rotten wir uns zusammen, denn wir sind vorn ganz schön flott unterwegs.

Nach fast zehnstündiger Wanderung kehren wir kurz vor 20 Uhr wieder in der Sonnebergbaude ein. Der kleine Trupp, der vor uns allen gestartet war, um möglichst noch im Hellen anzukommen, ist noch nicht da. Und auch Olaf und Ralf haben wir im Wald verloren, letzteren aber noch unterwegs zwischen den Grenzsteinen wiedergefunden. Auf alle wartet nun erstmal eine heiße Dusche, bevor wir uns zu mehr Gulasch, Riesenwindbeuteln und Eis wieder im Speisesaal einfinden. Alt will ich heute eigentlich nicht mehr werden. Eigentlich. Denn irgendwie lande ich dann doch in der 6-köpfigen Pokerrunde um einen kleinen Pot. Und schwups ist es Mitternacht, als Ingo und ich uns den „fetten“ Gewinn teilen. So richtig müde bin ich noch nicht. Oder nicht mehr. Ich schaue noch ein paar Trailer über die rudimentär vorhandene Internetleitung und träume dann selig von den Ereignissen des Tages. Die letzten verlorenen Wanderer trafen übrigens gegen 22 Uhr doch noch ein. Wohlgemerkt nicht im Hellen.

Tag 2 – Wir gehen jetzt mal ne Piste hoch

Am nächsten Morgen sind alle wieder putzmunter. Einige spüren zwar, was sie am Vortag geleistet haben, aber es sind noch nicht alle Gipfel zum Erreichen des Gipfelstürmers erklommen. Drei fehlen uns noch, u. a. der höchste von allen: die Lausche.

Um kurz nach 9 stapfen wir also wieder nach oben. Und um möglichst viele Höhenmeter gleich am Anfang runterzureißen, keuchen wir den Abhang einer Skipiste hoch. Warum auch nicht. Macht man beim Redbull 400 ja auch so. Manuel beteuert, das sei der korrekte Wanderweg. Auf den treffen wir dann auch und der ist – mal wieder – komplett mit Schnee bedeckt. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen, aber wir kommen alle auf dem Gipfel der Lausche an und werden mit einem grandiosen Rundblick über die Region und schönstem Wetter belohnt. Zeit für ein Zwischenetappenzielgruppenfoto!

Weiter geht es tendenziell mit negativem Aufstieg über kleine Waldwege, mit viel bis mäßig Schnee, Wiesen und Felder. Wir sammeln die letzten Gipfelcodes sowie das ein oder andere Fundstück ein und spazieren fröhlich die heutige 12 km-Runde, die schneller vorbei ist, als mir die Füße weh tun können. Plötzlich stehen wir schon wieder vor der Sonnebergbaude, wo Herr Fichte mit den verdienten Urkunden zum Gipfelstürmer auf uns wartet.

Duschen? Ach so sehr haben wir ja dann doch nicht geschwitzt. Ein unkoordiniertes Verabschieden beginnt, die Disziplin des Wanderweges löst sich auf und schon bald sitzen wir wieder zu viert im Auto auf dem Weg zur Hauptstadt. Schade. Hier hätte ich es noch ein paar Tage aushalten können.

Aber vielleicht kommen wir ja im Herbst zurück zu den Gipfeln. Pünktlich zur Pilzsaison.

P. s. Meinen Geocache der Region… den hab ich dann doch noch gefunden 🙂

Gipfelstürmer Geocache

Meine Ausrüstung für dieses Wochenende

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