[:de]
Trainings sind gemeinhin dafür da, den eigenen Körper für eine neue Herausforderung vorzubereiten. 100 km in 24 Stunden zu wandern ist so eine Herausforderung, der sich etwa 2000 Verrückte für 2016 mit der Anmeldung zum Mammutmarsch verschrieben haben. Das Event startet in Berlin, die Trainings haben jedoch schon deutschlandweit begonnen. Von Hamburg bis München wandern sie. Weit länger und weiter als für den gemeinen Sonntagswanderer üblich.
Ich selbst habe als gebürtige und wohnhafte Berlinerin den Heimvorteil. Trainieren muss und will ich dafür trotzdem. Einige (mutmaßlich) schöne Routen habe ich mir hierfür an einem gemütlichen Abend bei einem Glas Rotwein am Rechner zusammengeklickt und daraus einen kleinen Trainingsplan gestrickt. Weil ich das nicht für mich alleine machen wollte, lud ich Gleichgesinnte ein, zu den vorgeschlagenen Daten mit mir zusammen durch die Malachai zu schleichen.
Im Januar startete das erste Training im Neuschnee und mit Eisdecke auf den Wanderwegen. Gleich zweimal machten wir uns im Februar auf die Wandersocken. Bei sieben angesetzten Trainings haben wir mit drei also fast Halbzeit erreicht. Da bei unseren Wanderungen aber nicht nur der Körper auf seine Durchhaltefähigkeit getestet wird, sondern auch das angezogene bzw. mitgeschleppte Material und Verpflegung, gibt es jetzt schon einige Erkenntnisse, die ich aus den überstandenen Trainings mitgenommen habe.
1. Schuhe
Schuhe scheinen ein zentrales Problem zu sein. Ich hatte mir extra ordentliche Wanderschuhe zu Weihnachten schenken lassen, die mich über 100 km begleiten sollten. Bei den ersten zwei Trainings durften sie das auch. Meine Füße und Gelenke waren super geschützt und ich hatte keinerlei Blasen. Allerdings merkte ich jeweils nach etwa 25 km, dass meine Beine darin immer schwerer wurden. Zu schwer, um damit 100 km zu überstehen. Ein Hersteller von Wanderschuhen denkt sicher nicht daran, dass seine Kunden damit gleich 100 km am Stück zurücklegen wollen. Beim dritten Training über 40 km wechselte ich also in Trailschuhe. Die waren schön leicht, auch nach 35 km noch. Ich merkte aber schon nach 20 km, dass hier am Hacken etwas rieb. Und tatsächlich hatte ich am Abend eine ordentliche Blase an beiden Seiten. Dennoch glaube ich, dass leichte Schuhe die bessere Wahl sind.
2. Socken
Oder die Kombination mit dem Schuh. Nach der dritten Wanderung hatte ich eine hübsche Wasserblase zwischen den größten Zehen am linken Fuß. Inklusive der schon erwähnten Blasen an beiden Hacken. Ich schätze, die Socken waren zu dick. Genau weiß ich das aber nicht. Beim nächsten Mal werde ich dünnere Socken wählen oder mich mal mit Zehensocken ausprobieren.
3. Wandern ist nicht gleich Laufen
Ich habe inzwischen keine Probleme mehr, 30 km am Stück zu laufen/joggen. Die gleiche Distanz zu wandern ist aber etwas ganz anderes. Zum einen werden andere Muskelgruppen angesprochen. Zum anderen benötige ich für dieselbe Distanz mal eben die doppelte Zeit. Die muss man erstmal auf den Beinen sein! Beim Laufen habe ich auch keinen (mittel-)schweren Rucksack auf dem Rücken, der gefüllt ist mit Wechselkleidung, Verpflegung und Getränken.
4. Nicht zu warm anziehen.
Bei den ersten beiden Wanderungen habe ich den Fehler gemacht, einfach viel zu viele Schichten anzuziehen. Klar war es kalt und Winter. Aber ein Shirt, ein Hoodie, eine Daunenisolationsjacke und eine Softshelljacke waren einfach zuviel des guten. Die unterste Schicht war nach nicht einmal der Hälfte der Zeit komplett durchgeschwitzt. Bei der zweiten Wanderung war ich wenigstens so schlau gewesen, mir ein Wechseloberteil einzupacken. Daher ziehe ich mich demnächst lieber ein wenig “frischer” an und habe für alle Fälle noch eine weitere Schicht im Gepäck.
5. Nicht zu viel trinken.
Normalerweise bin ich bei Läufen und Wanderungen ein sparsamer Mensch, was das Trinken angeht. Bei unseren Mammutmarschtrainings setzt bei mir aber anscheinend der Kinoeffekt ein. Ich trinke und trinke. Ein wenig Wasser da, ein bisschen Kaffee dort, noch ein Schluck Tee hier. Dabei hätte ich gar nicht so viel gebraucht. Natürlich wollte die ganze Flüssigkeit auch wieder raus. Immer da, wo gerade keine Pause oder Toilette war. Jedesmal kurz vorm Platzen bin ich in den Busch gehopst, während alle anderen weiter gezogen sind. Und eine sich zügig bewegende Masse wieder einzuholen, ist gar nicht mal so leicht und frisst Kräfte.
Wer wissen möchte, wieviel Wasser denn sinnvoll ist, dem habe ich das Thema hier noch einmal aufbereitet.
6. Nicht vergessen, zu essen.
Hier trifft mich genau das andere Phänomen. Dadurch, dass mein Proviant hinten im Rucksack ist und damit in Bewegung nur schwer zugänglich, vergesse ich, ausreichend regelmäßig Verpflegung zu mir zu nehmen. Oder ich verzichte darauf, weil es mir zu kompliziert ist, während der Fortbewegung den Rucksack vom Rücken zu nehmen und zu durchwühlen. Ergo schleppe ich den zusätzlichen Ballast kilometerweit durch die Gegend, anstatt mir die notwendigen Kohlenhydrate und Salze rechtzeitig einzuverleiben. Verpflegung also taktisch günstig im Rucksack verstauen, damit ein lieber Mitwanderer mir meine Stullen und Riegel auch während des Wanderns rauszaubern kann.
7. Akkus aufladen
Sollte selbstverständlich sein. Trotzdem habe ich es beim letzten Mal vergessen, vorm Losgehen meinen Laufcomputer aufzuladen. Bei 11 Stunden Aktivität muss der Akku schon voll sein. Ansonsten hat man ggf. nur einen Teil der Strecke aufzeichnen und/oder navigieren können.
8. Kommunikation sicherstellen
Das kann man auf verschiedene Art und Weise. Entweder beschließt man, stets zusammen zu bleiben (also mindestens zu zweit) oder zumindest Handynummern auszutauschen, weil einer doch mal wegen Pinkelpause, Socken wechseln, zur Dönerbude rennen oder ähnlichem verschütt geht und die Gruppe aus den Augen verliert. Es kann immer mal was passieren und dann ist es schön und vielleicht auch notwendig, jemanden bei sich zu haben, der für Hilfe oder auch nur gutes Zureden sorgen kann.
9. Zusammen wandern ist toll!
Alleine wandern kann schön sein. Man hat sein eigenes Tempo, kann halten wann und wo man möchte, muss keine Rücksicht nehmen. Wenn man aber mit so vielen Gleichgesinnten den Wahnsinn trainiert, hat man immer etwas zu quatschen. Außerdem lernen wir uns so kennen und treffen nicht erst alle als Fremde beim Mammutmarsch zusammen. Jeder hat mal einen Hänger, aber die Gruppe trägt einen weiter.
10. Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht.
Bei jedem der drei Trainings konnte ich hinterher sagen: “Puh, zum Glück ist jetzt erstmal Schluss!” Nach 40 gewanderten Kilometern frage ich mich ernsthaft, wie ich noch 60 weitere dranhängen soll. Kommt Zeit, kommt Rat. Bis zum Mammutmarsch sind es ja noch ein paar Tage und Trainings. Aber fest steht: das ist eine krasse Nummer!
Was habt ihr aus den Trainings bisher mitgenommen? Habt ihr den Mammutmarsch eventuell schon einmal in Angriff genommen? Schreibt mir als Kommentar, was ihr gelernt habt, genauso oder anders machen würdet! Auf 100 km in 24 Stunden![:]