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[:de]Rennsteiglauf 2017 – Ready for Zombie Apocalypse[:]

[:de]Der Rennsteiglauf, der Rennsteiglauf.

Seit 2013 hat er mich in seinen Bann gezogen und jedes Jahr aufs neue reserviere ich wie in Trance wieder dasselbe Zimmer für nächste Jahr und melde mich per Sofortanmeldung.

„Warum nur? Was ist denn am Rennsteig so besonders?“ fragen mich Menschen, ihres Zeichens auch Läufer, die noch nie dort gewesen sind. Meine Antwort: „Mach mit, dann weißt du, warum.“

Herr, lass es regnen

Am Freitag Nachmittag geht es wie letztes Jahr direkt nach der Arbeit los. Fast 30 Grad brüllende Hitze und Sonne machen die Fahrt im unklimatisierten Auto entweder sehr laut oder sehr heiß. Schon auf dem Weg raus aus der Stadt gibt es eine Vollsperrung auf der A9. Zwei Stunden kostet die Umfahrung über die reizvollen, aber langsamen Landstraßen. Kurz nach Schkeuditz braut sich dann ein Wetter zusammen, das seinesgleichen sucht. Riesige Hagelkörner prasseln auf die Motorhaube und einige Autofahrer haben beschlossen, das Unwetter einfach auf dem Standstreifen auszusitzen. Man sieht ja auch nüscht. Fünf Stunden und einen McFlurry später kommen wir dann doch noch in Oberhof an. Bei knappen 12 Grad und Regen.

Weil es schon so spät ist, werden die Startunterlagen ganz flink im Haus des Gastes abgeholt und dann gleich zur Kloßparty gestürzt. Ohne Kloßparty am Vortag des Rennsteiges geht ja mal gar nicht. Nach dreimal Rennsteiglied geht es dann aber auch ab in die Falle, das Frühstück ist schließlich zu 6 Uhr bestellt und mein Husten, den ich seit drei Wochen kultiviere, ist auch noch mitgereist und will auskuriert werden. Irgendwie hatte ich mir eingebildet, die Möhre des Oberhofer Schneemanns anzufassen, brächte Glück. Wie sich zeigen sollte, ein Gedanke, der zumindest bei mir nicht zutrifft.

Och menno, die Knie schon wieder

Am Samstag morgen sieht das Wetterchen besser aus als erwartet. Ein wenig sonnig, ein bisschen mehr wolkig, aber kein Regen. Mein Hunger zum Frühstück mitten in der Nacht (um 6) hält sich wie immer in Grenzen, aber heute muss ich auch nicht viel essen. Ich will ja schließlich an jedem Verpflegungspunkt anhalten. Aus Startblock 4 geht es um 7:39 Uhr los. Schneewalzer, Rennsteiglied, Hubschrauber, Startschuss aus der Mini-Kanone. Die ersten Meter auf dem Asphalt beim Grenzadler fühlen sich schon anstrengender an als die Jahre davor. Der Tross zieht sich ins erste Waldstück hinauf und folgt dem langen Anstieg, der sich zur Wegeentlastung in rechts und links aufteilt, um dann nach ein paar hundert Metern wieder zusammen zu finden.

Die Sonne scheint durch die Bäume. Die vom Regen feuchte Landschaft bringt wunderschöne Strahlen zum Vorschein, an denen ich mich erstmal ergötzte. Weiter geht es, langsam, aber stetig. Noch bevor wir noch einmal Richtung Oberhof abbiegen, meldet sich schon wieder mein rechtes Knie. Trotz Bandage! Überbelastung kann das ja wohl nicht sein, habe ich doch die letzten drei Wochen wegen einer Erkältung gar nicht laufen können. Das interessiert mein zickiges Knie aber leider nicht. Ganz kurz flackert in mir der Gedanke auf, in Oberhof auszusteigen. Mein Husten ist ja auch immer noch da. Aber ihr kennt mich. So schnell der Gedanke aufkam, so schnell war er auch schon wieder ad acta gelegt.

Bereit für die Zombie-Apokalypse

Apfelschorle und Cola wartet am ersten Verpflegungspunkt auf mich, dazu Bananen am zweiten und dritten. So hangel ich mich Kilometer für Kilometer weiter. Einzige Ziele für heute: unter 3 Stunden im Ziel ankommen und nicht von den Marathon-Läufern überholen lassen. Die sind nämlich erst anderthalb Stunden nach uns gestartet – und auch noch 20 Kilometer entfernt.

Normalerweise freue ich mich am Rennsteig auf das Passieren der 9 km-Marke, dann ab da geht es fast nur noch bergab. Nachdem nun aber auch noch das linke Knie meint, in den Schmerzkanon einstimmen zu müssen, trete ich bei jedem steileren Abstieg statt aufs Gaspedal auf die Bremse. Entweder bleibe ich kurz komplett stehen oder es wird gegangen. Schön ist anders, aber ich komme heute nach Schmiedefeld. Und auch noch unter 3 Stunden! Irgendwas um 2:45 Stunden steht auf meiner Urkunde, als ich durch das Ziel laufe, das rechts und links von Zuschauern gefeiert wird. Hier ist heute jeder ein Held, egal, welche Distanz und welche Zeit er gelaufen ist.

 

Und genauso fühle ich mich auch, ein wenig heldenhaft. Viele meiner Läuferkollegen brechen Wettkämpfe ab, wenn die Zeit am Ende nicht stimmt. Aber Laufen wir in unserer Leistungsklasse nicht eigentlich des Laufens wegen? Natürlich wurmt mich die Zeit ein wenig. Es hätte alles anders laufen können, wenn ich nicht drei Wochen sportlich komplett ausgefallen wäre. Auf der anderen Seite denke ich mir: „Wahnsinn. Nach doch recht langer Pause kann ich einfach mal nen Halbmarathon rennen, auch unter Schmerzen. Die Zombie-Apokalypse kann kommen.“

War der Lauf noch so schlecht, die Stimmung bei der Läuferparty in Schmiedefeld holt das alles wieder raus. Wer nicht schon stundenlang auf den Bänken steht und feiert, der zieht gerade mit einer Polonäse durchs Festzelt. Ja, Oberhof kann abends auch feiern, aber Schmiedefeld, das ist noch mal ein anderes Kaliber. Denn eins können die Teilnehmer vom Rennsteiglauf: feiern!

Wandern am Tag danach gefällig?

Ausgebrannter Stein und Sieglitzsee

Um die Muskeln zu lockern und noch die letzten schönen Stunden im Thüringer Wald zu genießen, gehe ich gern im Anschluss an den Rennsteiglauf noch ein wenig wandern. Über Komoot hatte ich eine kleine Rundtour gefunden, die mit 10 km und ein paar Highlight dem entsprach, was mir so vorschwebte: die Ausgebrannter Stein über Sieglitzteich-Oberhof-Runde. Über Wald- und Forstwege führt die Rundtour einige Höhenmeter hinauf und hinunter, durch den Ausgebrannten Stein und am idyllischen Sieglitzteich vorbei. Für eine entspannende, nicht zu lange Wanderung sehr zu empfehlen.

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[:de]Rennsteiglauf 2016 – “Die Spaßnadel ist ganz links, weil die Geschwindigkeitsnadel ganz rechts ist”[:]

[:de]

Alle guten Dinge sind drei. Und dass der Rennsteiglauf gut ist, das wissen die vielen tausend Läufer und Wanderer, die in diesem Jahr wieder mit am Start waren. Für mich war es also das dritte Jahr in Folge, in dem es mich Ende Mai nach Oberhof zog.

Freilich wurde schon am Freitag Nachmittag Quartier in Oberhof bezogen, denn die traditionelle Kloßparty konnte ich mir ja nicht entgehen lassen. Von der Organisation her war diesjahr einiges etwas anders. Die Startunterlagen, die es sonst in der Dreifelder-Halle gab, waren diesmal bei der Information im Ortskern zu kriegen. Dafür wurde die Dreifelder-Halle zur Partyhalle umfunktioniert anstelle eines Festzelts. Der Ortskern selbst konnte sich sehen lassen. Ein völliger neuer Platz zur Fußgängerzone ist entstanden und wo letztes Jahr noch Sandberge ein Vorankommen schwierig machten, ist nun ein dreiteiliges Wasserobjekt (anders kann ich das gar nicht nennen) mit fließenden Wänden, Stegen und Millionen von Kaulquappen.

Rennsteiglauf 2016 Oberhof Panorama

Ich freute mich, dass ich wieder einen Startblock weiter vorn starten durfte, in Block 3. Leider waren wir drei zusammen angereisten Berliner damit auf drei verschiedene Blöcke verteilt.

Um 19:30 Uhr ging es dann ab in die Halle zum Futtern und Feiern. Vorher hatte ich noch schnell meinen Postbeutel für den Transport nach Schmiedefeld gepackt, damit ich das nicht am nächsten Morgen um 5 Uhr machen musste. Einige liebenswerte Leser fragten mich, ob ich das wirklich alles mitnehmen wolle. Ich glaube, im ersten Moment dachten sie, der Käsekuchen wäre für den Lauf unterwegs. Durchaus eine Überlegung wert. Fürs nächste Mal! In der Halle schlängelte sich die Schlange fürs Kloßessen fast einmal komplett herum. Sitzplätze gab es zu dem Zeitpunkt sowieso nicht, also holten wir uns ein Bier und stellten uns an. Dabei versuchte ich mit meinem Adlerauge immer die Masse zu beobachten… auf der Jagd nach potentiellen Aufbrechern. Und da, kurz bevor wir an den Klößen waren, machten sich vier Leute bereit, ihren Sitzplatz aufzugeben. Meins! Statt Gulasch gab es diesmal harte Rouladen. Aber der Rotkohl und die Klöße waren gut.

Rennsteiglauf 2016 Transportbeutel

Um 5:35 Uhr klingelt am Samstag schon der Wecker. Schon ist gut. Da stehen die tapferen Ultraläufer schon scharrend in ihren Startblöcken. Ich dagegen drücke nochmal frech die Snooze-Taste, wohlwissend, dass ich dann um so mehr hetzen muss. Egal. Zehn Minuten später geht es dann wirklich raus aus den Federn. Schnell Teewasser aufgesetzt, Zähne geputzt, Thermosflasche mit heißem Tee in den Transportbeutel verpackt und Laufklamotten angeschmissen. Mit dem prall gefüllten gelben Beutel geht’s ab Richtung Start. Dort steht schon Lutz mit seinem Truck  ganz vorne. Nach Startnummern sind die Wagen diesmal nicht  sortiert. Wir sollen einfach die Säcke irgendwo hineinschmeißen, vorzugsweise nicht in den letzten, weil der immer sehr voll wird.

Rennsteiglauf 2016 Trucks

Es sind schon richtig viele Läufer zum Start unterwegs und bleiben dort wohl auch die nächsten anderthalb Stunden. Diesjahr weiß ich nun auch, wieso. Die Shuttlebusse der umliegenden Orte, z. B. Ilmenau, fahren bereits um viertel sechs die Leute nach Oberhof. Und die müssen sich dann eben dort am Start amüsieren. Für mich geht der Weg aber noch mal in die andere Richtung, zurück zum Waldschlösschen. Frühstück essen. Erst um kurz nach sieben schließe ich mich den Massen an und hüpfe fröhlich zum Startbereich. Da steppt natürlich schon der Bär. Männlein und Weiblein besuchen noch einmal schnell den Waldrand, um den Schlangen am Dixieklo aus dem Weg zu gehen.

Ich verabschiede mich von meiner Freundin, die heute zum ersten Mal dabei ist und aus Block 6 starten muss. Dann versuchen wir zwei verbliebenen uns in meinen Startblock zu schummeln. Das klappt diesmal leider nicht. Nach hinten dürfen vordere Blockteilnehmer immer, anders herum nicht. Dann starte ich eben solidarisch wie letztes Jahr aus Block 4. Der ist allerdings um einiges voller als Block 3. Der Kommentator ist gut drauf wie immer, das Rennsteiglied ertönt und alle singen mit. Etwas fehlt aber. Der Heli. Wo ist der Heli, der immer diese wunderbar post-apokalyptische Stimmung bei mir hervorruft? Kurz bevor ich zu der Erkenntnis kommen will, dass er wohl den Umweltschutzmaßnahmen zum Opfer gefallen ist, steigt er vor uns auf und zieht einmal über den Startbereich. Ein wenig spät, denn Block 1 und 2 sind schon lange weg. Vielleicht fetzen die hinteren Blöcke einfach mehr von oben.

Der Startschuss fällt, Block 3 läuft los. Zeit für uns, der Startlinie näher zu rücken. Um 7:39 Uhr wird dann auch Block 4 auf die Strecke gelassen.

Sechs Minuten später höre ich noch den Startschuss von Block 6, bevor es am Grenzadler um die Ecke geht. Der erste Kilometer vergeht wie immer im Flug. Kurz den Berg am Anfang hochgekämpft, an den jubelnden Wanderern vorbei. Dann geht’s erstmal bergab. Zwei Läufer quasseln vor mir. Der eine beschwert sich schnaufend beim anderen, dass es viel zu schnell ginge. Das halte er keine 21 km durch. Darauf meint der andere nur trocken: „Die Spaßnadel ist halt ganz links, weil die Geschwindigkeitsnadel ganz rechts ist“. Das könnte man sich glatt auf ein T-Shirt drucken lassen! Im Laufe des Laufs sollten sich meine beiden Nadeln aber eher ziemlich synchron nach links bewegen.

Sieben Kilometer, die mehr bergauf gehen als bergab. Wenn es zu steil wird, gehe ich einfach. Das hat sich in den letzten Jahren bei mir gut bewährt. Aber ich merke schon: so leicht und locker wie in den Vorjahren geht mir die Strecke diesmal nicht von den Füßen. Es ist anstrengend. Ich murre und meckere über die Geschwindigkeit. Das gab’s ja noch nie beim Rennsteig!

Nach gut 9 km ist das Schlimmste vorbei und der höchste Punkt erreicht. Es geht erstmal wieder schön abwärts. Warum ich mich in diesem warmen Jahr so lang und dick wie sonst nie angezogen hab, verschließt sich meinem Verstand mal wieder. Ich hüpfe über Stock und Stein, überhole bei den Bergabpassagen so einige. Geht’s wieder bergauf, holen mich so manche wieder ein. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass es letztes Jahr mehr bergab ging als heute. Und im Jahr zuvor erst recht. Die haben doch was an der Strecke gedreht. Berge aufgeschüttet oder so.

Rennsteiglauf 2016 höchster Punkt

Mit ganz viel mimimi schleppe ich mich über den letzten fiesen Anstieg bei Km 16. Gehend, versteht sich. Bis anderthalb Kilometer danach geht es mir immer noch nicht bergab genug, aber dann… dann rollt es (ich) wieder. Ein Blick auf meinen 21,1k-Race-Predictor verrät mir aber schon: selbst wenn ich jetzt auf einer riesigen Rutsche bis Schmiedefeld  durchrutschen würde, könnte ich den Zeitverlust nicht mehr aufholen, den ich gegenüber dem Vorjahr schon habe. So ist das.

Rennsteiglauf 2016 Füße

Und tatsächlich komme ich erst nach 2 Stunden, 15 Minuten, 8 Sekunden ins Ziel. Fast fünf Minuten langsamer als 2015 und sogar 7 Minuten mehr als in 2014, wo ich noch Ersttäter auf dem Rennsteig war. Woran lag es denn? Welche Ausreden finden wir denn diesmal? Folgende fallen mir ein:

  1. Ich hab die letzten Wochen vor dem Rennsteiglauf mehr Fokus auf den Mammutmarsch gesetzt. Bin viel und weit wandern gegangen und habe dadurch mein Lauftraining sehr eingestampf. In Zahlen: ich bin im Mai nur gut 25 km gelaufen. Könnte ein Grund sein.
  2. Ich habe mich viel zu warm angezogen. Eigene Dummheit.
  3. Ich schleppte noch zusätzliches Gewicht in Form von einer Action-Cam mit mir rum. Ja, das musste sein.

Wie auch immer. Nächstes Jahr erwarte ich eine bessere Zeit von mir. Also Krönchen richten und angemeldet zum Rennsteiglauf 2017 per Sofortanmeldung.

Zu meinem Erstaunen war das ganze Gejammere aber eigentlich völlig überzogen gewesen. Mein Puls war im Durchschnitt niedriger als bei manch einer Trainingseinheit. Was war da denn los?

Dank des grandiosen Sommerwetters, das es in der Form beim Rennsteig wohl noch nie gab, relaxten wir – wie viele andere -noch ausgiebig auf der Wiese, tranken das ein oder andere Bierchen und erstanden mutmaßliche Schnäppchen, bevor es mit dem Shuttle zurück nach Oberhof ging.

Rennsteiglauf 2016 Schmiedefeld Relaxen

Abends wurden die Kohlenhydratspeicher aufgefüllt mit Schnitzel und Eis aus Berlin. Ja, da staunte ich nicht schlecht, als ich das Florida-Eis-Schild sah. Als Ur-Spandauer macht mich das schon stolz, dass dieses wunderbare Spandauer Produkt inzwischen sogar am Rennsteig genossen werden kann. Meinen Wanderfreunden hatte ich das ja schon bei der 50-km-Tour schmackhaft gemacht. Nachdem der Bauch voll war, konnten wir uns zur Dreifelderhalle rollen, wo um 19 Uhr noch nicht wirklich Party-Stimmung herrschte. Erst etwa zwei Stunden später ging richtig die Post auf der legendären Rennsteig-Party ab, als die Band “BibaButze-Männer” auftrat. Und die machen viel bessere Musik und Stimmung, als es der Name vermuten lässt.

Rennsteiglauf 2016 Party Oberhof

Etliche Radler, Durchläufe vom Rennsteiglied, 90er-Hits, Schlager und moderner Titel später fiel ich dann aber doch in die Falle… bis mich um 7 die Schwalben vorm Fenster wieder weckten. Vor der Abreise wollte ich noch ein bisschen dem Nerd-Stuff frönen. Geocaching und Ingress spielen. Dabei entdeckte ich sowohl eine alte Skischanze als auch die Startblock-Schilder vom Vortag. Mal sehen, welches Schild ich nächstes Jahr hochhalten darf, wenn es heißt: “Das schönste Ziel der Welt ist Schmiedefeld”

Rennsteiglauf 2016 Skischanze

Rennsteiglauf 2016 Carola Keßler Block 3

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