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[:de]Liebeskummer beim Marathontraining – wenn Kopf und Herz den Körper regieren[:]

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Liebeskummer und Laufen

Liebeskummer erwischt jeden irgendwann, ob in Teenagerjahren oder auch noch im höherem Alter. Wir kennen alle den Schmerz, der damit verbunden ist. Je nach Intensität der Beziehung fällt er mal mehr, mal weniger heftig aus. Man ist traurig, körperlich abgespannt, appetit- und lustlos. Der Körper selbst leidet mit der Psyche. Innerlich schmerzt alles, zieht sich zusammen und das Herz scheint zu rasen. Dass es das nicht nur scheint und Liebeskummer erheblichen Einfluss auf den Körper und die sportliche Leistungsfähigkeit hat, habe ich (gerade) am eigenen Leib erfahren, bzw. befinde mich noch mittendrin. Der komplette Leistungsabfall meines eigentlich guten Trainingszustands passierte quasi instant.

Was passiert da im Körper?

Hormone und biochemische Prozesse sind die kleinen Biester, die unsere Stimmung und Reaktionen des Körpers steuern. Bei Liebeskummer wird die Produktion von Glückshormonen (offensichtlich) zurückgefahren. Stattdessen übernehmen Aufputsch- und Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol die Herrschaft und bringen das Hormongleichgewicht völlig durcheinander.

Liebeskummer bedeutet Stress. Das Adrenalin versucht durch Ausschüttung den Körper gegen den Stress zu wappnen bzw. ihn dafür vorzubereiten. Sowohl Herz- als auch Atemfrequenz sowie der Blutdruck steigen. Langfristig löst jedoch das Stresshormon Cortisol das Adrenalin ab. Dauert der Stress nun länger an, hat das Cortisol negativen Einfluss auf das Immunsystem, vor allem, wenn die körperlichen und psychischen Belastungen zu hoch sind. Körperliche Beschwerden sind die Folge.

Körperliche Auswirkungen fürs Training – Nichts geht mehr

Bei Liebeskummer soll Sport helfen, heißt es. Andersherum gilt das anscheinend nicht. Wie eindeutig die Auswirkungen allerdings sind, hätte ich auch nicht gedacht. Im Dezember hatte ich mein Marathontraining begonnen und war guter Dinge. Ich trainierte 3-4 Mal die Woche konsequent und fühlte mich nicht überlastet.

Anfang Januar kam dann der (erste) Beziehungscrash, der mich an den Rand der Verzweiflung brachte. Zur Ablenkung und um wenigstens den Trainingszustand nicht zu verlieren, versuchte ich einfach weiter, dem Trainingsplan zu folgen. Aber schon das erste, an sich harmlose, Training war ein Disaster. Nach einem Kilometer fühlte ich mich wie ein schwerer laufender Sack mit Herzrasen. Meine Tränen wurden zum Glück durch den Regen getarnt. Die Datenauswertung von Garmin war sich da mit meinem Gefühl einig. Mein Durchschnittspuls lag bei 174 bpm, maximal bei 187. Soviel habe ich sonst nur im Wettkampf. Aber nicht bei 8,5 km im geschmeidigen 7:00er Pace. Meine Erholungszeit lag nach diesem Training bei erschütternden 3 ½ Tagen.

Etwa eine Woche dauerte es, bis sich meine Werte wieder normalisiert hatten. Mitte Februar lief ich im Intervalltraining mit bis zu 5:15er Pace sogar wieder mit einem Durchschnittspuls von nur 159 bpm. Meinen VO2Max-Wert hatte ich innerhalb von anderthalb Monaten von 42 auf erfreuliche 45 gesteigert.

Wie schnell anderthalb Monate Training innerhalb von zwei Tagen zunichte gemacht werden, zeigte dann der zweite und sehr finale Beziehungscrash, der mich schon einige Stunden vor der tatsächlichen Situation beschäftigt hatte. Puls wieder bei 171 bei einer 7:00er Pace, egal, wie kurz und flach die Strecke war. Kraftlos, kaum Luft bekommend habe ich mich gestern erst durchs Training gequält. Alle Leichtigkeit weg, als wäre ich noch nie gelaufen. Und schon wieder den Tränen nah. Erleichterung oder Ablenkung durchs Laufen? Eher nicht! Vielmehr Verzweiflung und Frustration, dass nicht mal das mehr funktioniert.

Der Blick auf meine VO2Max-Statistik hat mich dann noch zusätzlich geschockt. Vom 25.02. auf den 01.03. ist der Wert von 45 auf 42 gesunken. Anderthalb Monate intensives Training dahin. An mein Ziel, den Hamburg-Marathon zu laufen, ist eigentlich gar nicht mehr zu denken.

Liebeskummer VO2max

Die Psyche läuft mit

Läuferknie, Ermüdungsbruch, Zerrungen und andere Verletzungen oder Krankheiten sind also nicht das einzige, was dem Training einen Strich durch die Rechnung machen kann. Sehr viel Arbeit geschieht im Kopf. Genau der war immer mein wichtigster Verbündeter, wenn der Körper nicht mehr wollte. „Lauf weiter, das schaffst du schon“ wird gerade übertönt von „Wozu das alles überhaupt?“.  Dank Pulssensor und Auswertungen der Leistungsstatistik wird das sogar in den Diagrammen deutlich. Von meinem Blutdruck fange ich besser gar nicht an. Der lag heute abend bei 180. Buchstäblich.

Natürlich wird die Zeit auch diese Wunde heilen. Und dennoch würde ich in diesem Moment diese Wunde gegen jede Läuferverletzung eintauschen. Nachher gehe ich eine Runde laufen. Mal sehen, was mein Kopf meinem Körper zu sagen hat… ein DNF verkrafte ich schlecht. Nicht nur im Wettkampf.

Wer bis zum Ende mitgelesen hat… danke. Wer mich kennt, weiß, dass derart persönliche Beiträge rar sind. Vielleicht hilft es dem einen oder anderen zu verstehen, dass Läufer auch nur Menschen sind. Und mir, alles ein wenig besser zu verarbeiten. Keine Sorge, Jammern wird nicht die Regel werden. Nach Regen kommt Sonnenschein. Meteorologisch sogar schon am nächsten Wochenende…

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