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[:de]Auf nach Vegas, Baby! Und dann bloß raus da![:]

[:de]Der erste und wahrscheinlich letzte Reformationstag, den ich als Berlinerin auch mal als Feiertag genießen kann. Mit Montag als Brückentag eine wunderbare Gelegenheit, einfach mal abzuhauen. Und zwar ganz weit weg.

Trotz der Vorkommnisse setze ich mich am 30.10. in den Flieger nach Las Vegas für ein weiteres Abenteuer in diesem Jahr. Der eigentliche Grund für die Reise war meine spontane Anmeldung zum Rock´n Roll Las Vegas Halbmarathon. Aber wenn man schon mal rüberfliegt, kann man auch gleich noch eine Outdoor-Reise drumherum stricken. Gesagt, geplant.

Die Pläne – Wandern, Angeln, Wandern, Laufen

Rim2Rim2Rim

Der ganz große Happen kommt gleich am Anfang. Es geht mit Zelt in den Grand Canyon. Und zwar runter, hoch, runter, hoch. Vom South Rim bis zum Colorado River, dann nach oben zum North Rim und das ganz wieder zurück. Wir reden hier von rund 80 km mit 3.500 Höhenmetern in vier Tagen. Und als wenn das nicht schon Herausforderung genug wäre, habe ich mir für den Abstieg von der Nordseite auch noch einen Trail ausgesucht, den es eigentlich gar nicht mehr so richtig gibt: den Old Bright Angel Trail. Der übliche Weg führt über den North Kaibab Trail, der gut ausgebaut ist. Den Old Bright Angel Trail findet man nur in wenigen Karten. Offensichtlich wird er so gut wie nie begangen, wird nicht gewartet, soll sehr zugewachsen und von Süden kaum zu finden sein. Der Aufstieg mit Abstieg über diesen Trail ist für den zweiten Tag geplant und hat alleine fast 30 km Wegstrecke mit 1.500 Höhenmetern. Habe ich erwähnt, dass die Sonne erst gegen 7 Uhr aufgeht und um 17:30 Uhr bereits wieder unter? Ich sehe mich schon mit Taschenlampe durchs Gestrüpp im Grand Canyon irren… aber das wäre ja auch nicht das erste Mal.

Ein wunderschönes Addon wäre es dann noch, den Canyon mit kleinen Schneehauben zu sehen oder sogar dort zu wandern, wenn es gerade schneit. Es wird zwar vor allem auf der Nordseite sehr kalt sein (um den Gefrierpunkt), aber für Schnee braucht es bekanntlich Wolken. Und derzeit sieht es nur nach Sonne satt aus.

Der Hinweg, also Rim2Rim entspricht übrigens genau dem Teilstück des Arizona Trails, der 2019 in seiner kompletten Länge auf mich wartet. Ein bisschen Sehnsucht schüren und ein Highlight dieses Weges genießen ist also diesjahr schon drin.

Angeln am Kolob Reservoir

Ein bisschen Entspannung darf ja auch sein. Daher habe ich eine kuschelige Ecke in den Hochebenen Utahs ausgesucht, wo um diese Jahreszeit voraussichtlich nicht mehr viel los sein wird. Vielleicht liegt das auch daran, dass am Kolob Reservoir bereits vor zwei Wochen die Temperatur in der Nacht schon auf -5 Grad herunterging. Da man in dem See dort angeln kann, habe ich mir eine Angel-Lizenz für drei Tage besorgt. Ich habe zwar das letzte Mal vor etwa 30 Jahren geangelt und die Chancen, dass der See zugefroren ist, stehen auch nicht ganz so schlecht. Aber versuchen kann man es ja mal. Forellen soll es dort geben und ich versuche mich gerade in die Forellenködertechnik einzulesen, was mich inzwischen schon oft zum Lachen gebracht hat. Hier mal ein Ausschnitt zum Anbringen von Bienenmaden auf Angelhaken vom Online-Magazin Blinker.de:

„Am fängigsten ist die Bienenmade, wenn sie an einem Sbirolino geschleppt wird. Dabei sollte man unbedingt darauf achten, die Made richtig anzuködern. Denn die Bienenmade sticht man nicht einfach auf den Haken wie eine herkömmliche Fleischmade. Sie brauchen eine Sonderbehandlung, um ihre Reize ausspielen zu können. Der Haken wird so durch die Made geführt, dass er kurz vor dem Ende austritt. Dann rotiert sie beim Einholen verführerisch. Wer den Forellen eine ordentliche Portion vorsetzen will, kann auch zwei Bienenmaden auf einmal anbieten. Die erste Bienenmade wird komplett auf den Hakenschenkel gezogen, die zweite so angebracht, dass beide Maden in einem Winkel von 90 Grad zueinander bestehen. Dieser L-förmige Doppelpack dreht sich besonders rasant um die eigene Achse und macht auch träge Forellen munter.“

Auf den richtigen Winkel kommt es also an. Und was ist ein Sbirolino? Was der Zoll wohl davon hält, wenn ich mit einer Dose lebender Bienenmaden einreisen will?

West Rim Trail über Angel´s Landing

Im Zion  Nationalpark gibt es zwei Dinge, die man an sich unbedingt getan haben muss: in den Narrows (enge Felsschluchten) zu wandern und hoch zu Angel´s Landing zu gehen. Die Narrows werden es diesmal nicht, denn der Hauptfokus und damit die meiste Urlaubszeit geht für den Grand Canyon drauf. Für die Narrows braucht man auch einige Tage und außerdem fließt ein Fluss direkt auf dem Trail. Naja, eigentlich ist der Fluß Teil des Trails und um diese Jahreszeit sicherlich eisig.

Stattdessen ist eine zweitägige Wanderung ins Backcountry geplant, eine Rundtour über den West Rim Trail, der einzigartige Ausblicke über die rotweißen Gesteinsformation des Nationalparks verspricht. Damit verbinden lässt sich eine der oder vielleicht sogar die gefährlichste Wanderung Utahs: auf den “Gipfel” von Angel´s Landing. 450 Höhenmeter führen dort hinauf. Das aber eigentlich spektakuläre und gefährliche an diesem Aufstieg sind die letzten paar hundert Meter. Dort wird der Fels sehr schmal und der Trail führt in der Mitte nach oben, wo rechts und links mehrere hundert Meter freier Fall drohen. Vorsicht ist also angeraten und Schwindelfreiheit könnte auch von Vorteil sein. Interessant wird das ganze dann noch mehr, wenn man dort, wie ich plane, mit dem ganzen schweren Campingkram hochwackelt.

Las Vegas Halbmarathon

Die letzte Etappe führt dann wieder in die Stadt der Sünde. Selbstverständlich wird auch gefuttert, gespielt und auch ein wenig getrunken. Hauptsächlich aber werde ich den Strip in Laufschuhen und Elvis-Kostüm unsicher machen, denn es ist Rock´n Roll-Marathon-Wochenende. Am Samstag werden um das Hotel Circus Circus schon 5 Kilometer gelaufen, für die man üppige 60 Minuten Zeit bekommt, um die noch zusätzlich zum ohnehin schon bunten Las Vegas aufgebaute Lichtshow genießen zu können. Einen Abend später ruft dann die längere Distanz, der Halbmarathon. Die Streckenführung ist noch nicht bzw. nicht mehr bekannt, da der Startort, der direkt am Tatort des Attentats geplant war, verlegt wird. Wohin auch immer.

Für die Teilnahme an zwei Veranstaltungen, also Samstag und Sonntag, erhält man als Finisher übrigens neben den “normalen” Medaillen für die Läufe noch eine zusätzliche Medaille in Gitarrenform. Nur die war der Grund, warum ich mit dann auch noch für eine horrende Startgebühr zu den 5 Kilometern angemeldet habe. Aber wenn man schon mal zum Rock´n Roll-Event da ist…

Ein wenig basteln – Kaminanzünder aus Tannenzapfen

Was wäre ein Outdoor-Abenteuer ohne Lagerfeuer? Genau. Es gehört einfach dazu. Um sich die Sache mit dem Feuermachen vor allem bei Kälte und Nässe zu erleichtern, gibt es ein paar schöne Tricks, deren Vorbereitung sogar Spaß macht. Aus dem Buch “A Woman`s Guide to the Wild“, welches ich eigentlich zur Vorbereitung auf den großen Trail lese, habe ich gelernt, wie man Feueranzünder aus Tannenzapfen herstellt. Macht nicht nur Spaß, die Ergebnisse können sich hinterher sogar sehen lassen. Und so gehts mit 10 Firestartern im Gepäck ab nach Nevada, Utah und Arizona. Ick froi ma! Vielleicht reicht die Zeit ja auch noch, mal da vorbeizuschauen, wo Captain Kirk das zeitliche segnete.

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[:de]Las Vegas und seine Konsequenzen für den Marathon[:]

[:de]Mal wieder gab es ein Attentat. Mal wieder hat es die USA erwischt. Mal wieder starben viele unschuldige Menschen. Trotzdem ist diesmal vieles anders. Und wird es Konsequenzen haben.

Nach den Attentaten in Paris, Manchester, Nizza und Berlin, um nur einige zu nennen, gab es Wellen von Facebook-Accounts, die mit temporären Profilbildern der getroffenen Nation ihre Anteilnahme zeigten. Auf den Fluren der Büros oder in den Reihen der Freundschaften wurde ich immer wieder angesprochen, wie schlimm das doch sei. Dies alles waren Attentate mit terroristischem Hintergrund aus Richtung des IS oder ähnliche Gruppierungen.

Und diesmal, nach dem Attentat in Las Vegas? Gefühlt nichts! Niemand außer den Nachrichtensendern scheint darüber zu sprechen. Auch auf Facebook geht das Leben seinen gewohnten Gang als wäre nichts passiert, obwohl am 01.10.2017 im Schnitt genauso viele Menschen gestorben sind wie bei den vorher genannten. Ist das ein deutsches oder europäisches Phänomen? Denken wir vielleicht, das Problem war hausgemacht, weil ein Einheimischer im Land des erlaubten Waffenbesitzes durchgedreht ist? Oder sind es einfach zu viele Anschläge in zu kurzer Zeit, um immer wieder festzustellen, wie schlimm das ganze doch ist?

Sicherheit ist eine Illusion

Ich mache mir dieser Tage jedoch sehr viele Gedanken darüber. In 26 Tagen fliege ich an den Ort des Geschehens und in gut einem Monat bin ich dort zum Halbmarathon angemeldet. Schon gestern hat sich der Veranstalter per Email und über Facebook geäußert und verspricht, sich zum passenden Moment mit den Behörden und der lokalen Sicherheit darüber zu unterhalten, wie man uns Teilnehmern ein sicheres Event garantieren kann.

Soll ich euch was sagen? Eine solche Sicherheit gibt es nicht und wird es nie geben, egal, wie sich Staat, Polizei und Militär engagieren und verbiegen. Egal, wieviele Überwachungskameras installiert werden, egal, wieviel Vorratsdatenspeicherung betrieben wird, egal, wieviel Polizeipräsenz vor Ort ist. Was will man auch tun? Alle Koffer der Hotelbesucher durchleuchten und die Zimmer mit Überwachungskameras ausstatten? Zuschauer an der Strecke verbieten? Sämtliche Autos in den Garagen und umliegenden Blocks nach Bomben untersuchen? Wer einen Weg finden will, findet ihn.

Der Attentäter passt bislang in kein Profil. Er war kein computerspielesüchtiger Jugendlicher, kein armer, vom Sozialstaat vernachlässigter Bürger, kein vom IS bekehrter Extremist. Er war ein 64-jähriger Rentner, gut betucht und nach Aussagen von Bekannten ein netter Mann von nebenan. In diesem Fall sogar wortwörtlich. Keine Vorratsdatenspeicherung hat geholfen, seine Pläne zu durchschauen. Keine Sicherheitskräfte konnten die Schüsse verhindern, die 20 Minuten lang aus dem 32. Stock des Hotels auf die Konzertbesucher niedergingen.

Genau so hätte es auch beim Médoc-Marathon passieren können. Dort gab es Einlasskontrollen der Läufer und Begleiter, Rucksäcke und Taschen wurden untersucht. Die französische Polizei patrouillierte im Startbereich mit Maschinengewehren. Alles auf Sicherheit getrimmt. Aber schon 3 km weiter staute sich die Masse in einem kleinen Örtchen, tausende fast bewegungslose Läufer in einer engen Häuserschlucht. Zuschauer und andere kamen ohne Probleme jederzeit an die Läufer ran und in die Masse hinein. Wer hier hätte angreifen wollen, hätte freies Spiel gehabt. Sicherheit ist daher in meinen Augen eine Illusion.

Was passiert nun in Las Vegas?

Was wird mich wohl in Las Vegas erwarten? Ehrlich gesagt, ich mag es mir eigentlich gar nicht ausmalen. Ich halte fast jedes Szenario für möglich, um den Teilnehmern vorzugaukeln, alles sei nun super sicher. Aber wie will man das anstellen in einer Stadt, in der die Läufer auch hier durch Häuser- und Hotelschluchten laufen, wo überall Menschen sind? Es lassen sich wohl schlecht alle Hotels rund um den Marathon räumen. Oder doch?

Für mich geht inzwischen sehr viel Lebensqualität und Leichtigkeit bei solchen und ähnlichen Massenevents verloren. Ob es die nur noch DIN A5-große Handtasche ist, die ich in ein verregnetes OpenAir-Konzert mitnehmen darf, ob ich als Läufer einmal von oben nach unten abgetastet werde, ob Betonblöcke rund um Weihnachtsmärkte errichtet werden und Polizisten mit Maschinengewehren gegenwärtig sind, ob alle meine Daten und die potentieller Terroristen abgefangen und ausgewertet werden… Sicherheit gibt mir das alles trotzdem nicht. Schon gar nicht als Einwohner einer Großstadt wie Berlin und regelmäßiger Teilnehmerin an Wettkämpfen mit tausenden Teilnehmern.

Sicherheit gibt es nicht? Naja. So ganz stimmt das nicht. Und das sage ich gern jedem, der mich mal wieder fragt, ob ich denn keine Angst habe, alleine in der Wildnis wandern zu gehen. Dort wird sich sicher kein Irrer mit zehn Koffern voll Waffen hin verlaufen. Dort wird auch kein LKW durch Menschenmassen heizen, weil es einfach keine Massen gibt. Und solche Menschen brauchen die Massen, brauchen die Medien. Ja, im Backcountry, weitab der Zivilisation, wo niemand außer mir ist, fühle ich mich am sichersten. Und das ist eine Sicherheit, die mir keine Überwachung, Kontrolle, Einzäunung oder Abschottung geben kann. Zum Glück werde ich einen Großteil meines Urlaubs genau dort verbringen. In Sicherheit.[:]