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[:de]Der Dodentocht zu seinem 50. Jubiläum – Ein Erfahrungsbericht[:]

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Gastbeitrag von Ronny G.: 100 KM Wanderung „Dodentocht 2019“ am 9. und 10. August 2019, rund um
Bornem/Flandern in Belgien


Einmal in Belgien wandern gehen. Was bietet sich dazu besser an, als sich unter die Massen von Menschen zu mischen, die nun schon seit 50 Jahren alljährlich die Gegend um Bornem „unsicher“ machen.

Nach einem Tipp Anfang des Jahres von meinem guten Freund Robert „Bob“ Müller, wonach man unbedingt an einem der Wanderhighlights neben den „4 Daags“ im holländischen Nijmegen auch einmal am berühmten „Dodentocht 100 KM“ in Belgien teilgenommen haben muss, war es unbedingt wichtig, den Anmeldetermin nicht zu verpassen. Erfahrungsgemäß sollen wohl auch für diese Veranstaltung die Tickets innerhalb von Stunden, und wir reden hier von ca. 13 bis 14 Tausend, weggehen. Glücklicherweise konnte ich mir mit Startnummer 10510 eines der auf 13.000 limitierten Tickets ergattern.

Der „Dodentocht“, so wie ich mich habe aufklären lassen, auf Deutsch „Todesumzug“ oder auch umgangssprachlich „Totenkopfmarsch“ hat in Belgien seit 1970 eine große Tradition und findet alljährlich im August rund um die Stadt Bornem in Flandern statt. Das ganze gleicht mittlerweile einem Volksfest und läuft unter dem Motto „Walking for a better World“. Die Teilnehmerzahlen stiegen stetig an. Für dieses Jahr galt erstmalig die Limitierung auf 13.000 Teilnehmer und diese kommen aus vielen europäischen Ländern und Kontinenten. Auf einen Beitrag in Wikipedia wird verwiesen.

Zur Strecke

Die Strecke führt ca. 100 KM rund um die Stadt Bornem. Bornem selbst liegt im Dreieck zwischen Antwerpen, Brüssel und Gent im nördlichen Teil von Belgien Richtung Niederlande. Nächst größere Stadt ist Sint-Niklaas. Insgesamt 15 Verpflegungspunkte liegen zwischen Start und Ziel. Dazu gibt es eine relativ flache und an sich ohne wirkliche optische Reize gefüllte Streckenführung. Den Reiz an dieser Wanderung bildet aber nicht wie sonst gewohnt, das Panorama was man häufig auf Strecken in Deutschland findet, sondern der Volksfestcharakter dieser Veranstaltung. Aber der Reihe nach.

Anreise nach Belgien

Für die Hinfahrt hatte ich zwei Optionen. Eine Tour mit Bob und seinem „Bus“ hin und zurück oder auf eigene Faust. Die erste Variante wäre die sicher schönere gewesen. Mit einigen Mitgliedern vom Team „EarnyourBacon“ hätte ich gemeinsam noch ein „Zeltabenteuer“ am Eventort verbracht.

Die zweite Variante wäre die Selbstanreise mit Bahn und PKW gewesen, immerhin ca. 1.300 KM von meinem Wohnort (Erfurt) und insgesamt 16 Stunden Reisezeit (hin und zurück). Da ich mich mit dem Zelten noch nicht so „angefreundet“ habe, ging es dann doch auf eigene Faust los. Bis nach Aachen mit dem Auto und dann noch drei Stunden Bahnfahrt bis nach Bornem. An sich soweit ohne Vorkommnisse. Aber spätestens ab der vorletzten Bahnstation bekam man einen Eindruck, was für Menschenmassen sich da in Bewegung gesetzt hatten. Mittlerweile bin ich ja doch auch das eine oder andere größere Event gewohnt (Mammutmarsch, Megamarsch, Horizontale-Jena, Karwendelmarsch, um nur einige der größeren WanderEvents zu nennen, sofern man das als „groß“ bezeichnen kann). Aber dieses Mal sollten ganz andere Maßstäbe gesetzt werden, zumindest für meine bisher bekannten.

Es geht los

Ca. zwei Stunden vor dem Start, bei herrlichstem Wanderwetter (Sonnenschein und etwas über 20 Grad Wärme) konnte ich mir von Bob auch meine Startunterlagen abholen, die er mir freundlicherweise vorab besorgt hatte. Auf dem Weg zum Zeltplatz ging es schon durch viele Menschen und man fühlte sich wie auf einer riesengroßen Partymeile. So etwas Ähnliches hatte ich vielleicht vor 15 Jahren bei der Love Parade in Berlin erlebt. Auf dem Zeltplatz traf ich neben Bob und seiner Partnerin Lea (die gute Fee vom Mammutmarsch) auch einige andere Wanderfreunde an. Nach einem kleinen Plausch mit gesponserten Kaffee und Gewürzgurke (der Wandernahrung schlechthin) ging es zum Startort.

Auf dem Weg dorthin begegneten einem erneut sehr viele Menschen aller Altersgruppen und unterschiedlicher Aufmachung. Die einen wirkten wie, als wenn es zu einem Halbmarathon am Sonntagvormittag ging, andere hatten sich bunt verkleidet und wiederrum andere sahen aus, als wenn Wandern eine völlig neue Art der Fortbewegung wäre. Am Startort angekommen überwältigte einem erneut die schiere Menge an Menschen, die sich auf einem großen Platz sammelten. Zum Start selber gab es zwei verschiedene Starttore, von wo aus jeweils etwa die Hälfte der Teilnehmer startete um sich dann nach ein paar Kilometern wieder auf einer gemeinsamen Hauptstrecke zu treffen.

Punkt 21 Uhr, nach einer Ansprache (die leider nicht auf Deutsch, aber durch die Sprachverwandtschaft doch ganz gut zu verstehen war) und entsprechender musikalischer Einstimmung öffneten sich die „Schleusen“ und die Masse setzte sich in Bewegung. Knapp 20 Minuten (!) nach dem offiziellen Start passierte dann auch ich das Starttor. Erwähnenswert ist hier noch zweierlei: Es gibt für jeden Teilnehmer einen Chip für die Zeitnahme, was nun wiederrum doch ein wenig den sportlichen Charakter dieser Wanderung unterstreicht und offenbar auch nicht von irgend jemanden in Frage gestellt wird (ich brauche da nur immer wieder an die Diskussionen in Bezug auf Marschevents in Deutschland erinnern). Und zum anderen, ist es tatsächlich möglich, dass tausende Menschen durch ein Starttor passen können, ohne dass man schubsen muss, Panik entsteht oder sonst was. Man sieht, es geht. Gute Beispiele hier sind auch der Rennsteiglauf und nochmal als Vergleich der Karwendelmarsch.

Massenbewegung

Und nun kommt das eigentliche an diesem Event. Der Marsch durch die Massen. Vorneweg sei erwähnt dass man, wenn man sich in einem normalen Marschtempo vorwärts bewegt, von KM 1 bis KM 100 nie, aber auch wirklich nie, an irgendeiner Stelle alleine unterwegs ist. Das war auch für mich mal etwas vollkommen neues, abgesehen von dem einen oder anderen Marsch, den man nur bei Tageslicht macht und auch da nicht nur 50 Menschen mitmarschieren. Und dadurch, dass durch den späten Startzeitpunkt man sich auch gleich in die Nacht hinein bewegt, bekommt das ganze einen besonderen Reiz. Dieser wird aber noch davon getoppt, dass sich die Karawane von Menschen die ersten 20 bis 30 KM durch viele Ortschaften schiebt, wo sich wahrscheinlich ganz Belgien zu einer riesengroße Partymeile versammelt hat und mit Musik und Klatschen die Menschen die da so durchmarschierten (manche vielleicht auch durchrannten) anfeuerten. Böse Zungen behaupten allerdings, dass es in der Anfangszeit des Marsches den Grund hatte, dass die Einwohner ihre Grundstücke vor „Wildpinklern“ schützen wollten. Seis drum..jeder Marsch hat so seine kleinen Anekdoten und „Legenden“.

Durch diesen „Partymarsch“ verging natürlich die Zeit sehr zügig und man hatte auch nie wirklich das Gefühl, es müsste anstrengend werden. Dazu kommt noch, dass die offiziellen Verpflegungsstationen zwar am Anfang etwas weiter auseinander lagen, aber man immer in diesen Ortschaften von irgendjemanden was angeboten bekommen hatte. Leider verlor ich kurz nach dem Start die übrigen Teilnehmer der Gruppe um Bob herum und noch mehr traf mich dann von Bob selbst im Laufe des Tages die Nachricht, dass er zwischenzeitlich aussteigen musste. Wie weit es jetzt alle gekommen waren, vermag ich nicht mitzuteilen. Ich denke aber, dass es alle bis zum Ziel geschafft haben.

Nach einer kurzweiligen Nacht, zu der ich nicht einmal die Taschenlampe zücken musste, da sowieso alles durch andere herum „taghell“ erleuchtet war, führte der Marsch weiter über Feld und Waldwege. Ein Highlight der Nacht war sicher noch der Weg durch einen Schlosspark. Nur schob sich die Masse da weiter unaufhaltsam durch, so dass nicht viel Zeit für „Muße“ blieb.

Mit Anbruch des Tages und der Hälfte der Strecke kamen bei mir noch keine Anzeichen von Schmerzen oder Anstrengung. Das kann zum einen daran gelegen haben, dass ich ja das ganze Jahr über solche Art von Wanderungen bereits hinter mich hatte, oder einfach auch daran, dass durch das Besondere an dieser Wanderung man nie wirklich das Gefühl hatte, es ist etwas, was den Körper jetzt wirklich fordert, solange man natürlich nicht auf Geschwindigkeit aus ist, sondern einfach nur auf das „Mitschwimmen“ in der Menge und dem stressfreien „Genuss“ beim Wandern auskostet.

Irgendwie lichteten sich doch aber auch nun die Reihen der vor und hinter einem marschierenden Menschen, ohne aber sich alleine zu fühlen. Bei dem einen oder anderen merkte man auch an, dass die bisherigen Kilometer doch nicht ganz spurlos blieben. Es boten sich mit dem Sonnenaufgang auch ein paar schöne Momente und sich die Zeit zum fotographieren zu nehmen. Es gibt eben Momente, die erlebt man nicht immer und es sind auch immer wieder schöne Erinnerungen. Wie die Erinnerung an die endlosen Maisfelder. Nun weiß ich auch, woher die „Cornflakes“ und das „Popcorn“ kommen. Zwischendurch konnte man sich auch die Zeit nehmen, mal den einen oder anderen Teilnehmer neben, vor und hinter sich zu beobachten. Leider waren Gespräche nicht wirklich möglich. Aber die Wanderbegeisterung scheint in Belgien wirklich sehr hoch zu sein. Von 16 bis 86 wandert da alles mit.

Countdown

So etwa 20 km vor dem Ziel meinte das Wetter nun, noch eine kleine Aufgabe stellen zu müssen und schaltete kurz auf „Tief“. Man muss auch wissen, obwohl Bornem in Zentralbelgien gelegen, ist es bis zur Nordsee und dem Atlantik nicht sehr weit. Aber ein paar kurze Schauer erfrischten nach der teilweise schwülen, aber auch windigen Nacht. Und als es gegen Mittag ging, machte sich auch wieder die Sonne breit, so dass es auf den letzten 10 Kilometern nur noch ein „Auslaufen“ war.

Auch für mich selbst überraschend, sah ich mich vor einer neuen persönlichen Wanderbestzeit entgegen gehen, obwohl die Strecke (viel Asphalt) ähnlich wie die „7 Seen- Wanderung“ bei Markkleeberg/Sachsen ist und die mich jedes Jahr herausfordert und ich da nie unter 20 Stunden ankomme.

Mit Sonnenschein und alle drei bis vier Kilometer eine Verpflegungsstation ansteuernd ging es nun so langsam dem Ziel entgegen. Und dieser Zieleinlauf hatte es noch mal in sich. Ca. 1 km durch den Ort Bornem bis zur Ortsmitte auf einem extra für den Teilnehmer abgesperrten Weg durch Massen von Menschen die jubelten. Das wird sich bei mir einprägen und war nun in meiner mittlerweile 9-jährigen Wanderkarriere, abgesehen von dem einen oder anderen ähnlichen Zieleinlauf, doch ein einmaliges Erlebnis. Und das konnte ich trotz der zurück gelegten 100 km sehr gut genießen.

Im Ziel gab es dann neben dem einen oder anderen kleinen Präsent den berühmten Anstecker mit dem „Totenkopfkreuz“ und der Zahlenklammer. Das Ziel selbst..Nun ja, man sitzt dann in einem großen Zelt. Hinter einem der Zieleinlauf und nach vorne zu der Weg in die Stadt zurück. Das ist dann etwas merkwürdig geregelt. Da schleicht man sich aus dem Zelt heraus und findet sich in den Menschenmassen wieder. Für den einen oder anderen, dem doch die Füße glühen etwas unglücklich, zumal auch sämtliche Lokalitäten in einem gefühlten Umkreis von 1 KM überfüllt waren und sich die Gelegenheit, bei Kaffee und Kuchen das Erlebte noch mal Revue passieren zu lassen, nicht bot. Für Auswärtige ohne Anhang oder ähnlichem, sehr schwierig. Auch allgemein denke ich, sollte der Weg aus dem Ziel heraus entweder anderes gestaltet werden oder der Zielort wie Startort sein. So schön der Zielort und der Weg dahin auch sein mögen, danach ist das ganze Erlebnis wie „abgeschnitten“.

Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Es ist auch Geschmackssache. Ich hab es eben nach einer solchen Wanderung eben immer gerne etwas ruhiger. Man ist ja auch schon lange unterwegs und vielleicht auch etwas übermüdet. Ich muss dazu erwähnen, dass ich mit dem Aufstehen Freitagmorgens, der Fahrt zum Start und der Wanderung als solchen bereits über 32 Stunden auf war und die Rückfahrt ja noch zu bewältigen war. Irgendwie fand sich dann doch noch in dem Ort etwas Ausserhalb der Massen ein kleiner Platz zum Ausruhen und nach etwa einer Stunde Erholung, hieß es sich auf den Rückweg zu machen. Auch die Rückfahrt verlief soweit planmäßig, auch wenn die Autofahrt ein paar mehr Pausen beansprucht hatte (und in keinster Weise zu empfehlen ist! Safety first!). Schließlich kam ich dann aber doch, mittlerweile war es Sonntagmorgen, gegen ein Uhr wieder zu Hause an.

Es war ein sehr langer, intensiver und doch kurzweiliger Wochenendtrip.

Das positive?: Eindeutig das Eventfeeling.
Das negative?: Man wohnt einfach zu weit weg um das Ganze kostengünstig zu planen.
Eine Wiederholung?: Ist angedacht. Wann? Das wird sich ergeben.
Was vergessen?: Ganz sicher.

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[:de]Berliner Polarnacht – Fehler wie ein Anfänger![:]

[:de]Fehler machen wie ein Anfänger. Und das nach hunderten von Wanderkilometern, davon zahlreiche in der kühlen bis kalten Winterzeit. Ja, auch das passiert (mir) mal. Zum bereits dritten Mal bin ich zur Berliner Polarnacht angemeldet. Beim ersten Mal vor zwei Jahren kam ich etwa 30 km weit. 2017 gab es dann die erste Urkunde zum erfolgreichen Überleben der damals wirklich harten 50 Km der Nacht. Vereiste und verharschte Böden mit ausreichend Schnee, um die Gelenke zu quälen, hatten mich mehrfach an den Rand der Verzweiflung gebracht.

Dies Jahr war ich von Anfang an nicht sicher gewesen, ob ich die 50 Km durchziehe. Ich war seit Mitte November, seit dem Halbmarathon in Las Vegas, einfach zu faul gewesen. Bis auf einige wenige Alibi-Läufe und die Glühweinwanderung waren da keine sportlichen Highlights zu verzeichnen gewesen. Nun könnte ich als Vorwand den immensen Zeitaufwand für die Fjällräven Polar-Bewerbungsphase als Grund vorschieben, aber wenn seien wir mal ehrlich: eine Stunde für eine kleine Laufrunde ist doch immer irgendwo drin. Egal. Ich war also völlig untrainiert und wollte die Polarnacht für einen neuen Motivationsschub nutzen. Dafür eignen sich Anmeldungen zu Wettkämpfen immer!

Um 18 Uhr treffen wir uns zum präventiven Kohlenhydratspeicherauffüllen in einer Lokalität am S-Bhf Gesundbrunnen. Frisch gestärkt geht es um kurz vor 20 Uhr zum Treffpunkt los, wo Wolfgang Pagel und seine Helfer schon fleißig Listen abstreichen, Geld einsammeln und Routenbeschreibungen verteilen. Selfies werden geschossen, für Gruppenfotos zusammengerottet und Punkt 20 Uhr bewegen wir uns zu etwa fünfzigst in die Berliner Nacht. Mit etwa 1 Grad ist es winterlich kalt, aber der Boden eis- und schneefrei.

Ich habe mir zwar eine Papierkarte von Wolfgang eingesteckt, aber eigentlich nur für den Notfall. Selbst auf das Herunterladen der Strecke habe ich diesmal verzichtet. Ich möchte mich einfach mal treiben lassen, wenn ich schon nicht diejenige bin, die die muntere Truppe durch den nächtlichen Stadtdschungel führt. Das klappt auch richtig gut. Quasi von Beginn der Wanderung bis kurz vor Ankunft am 23 km entfernten Pausenziel habe ich keine Ahnung, wo ich gerade bin. Diese Gegend Berlins ist mir völlig fremd. Aber ich unterhalte mich vortrefflich mal mit dem einen, mal mit dem anderen. In der Dunkelheit erkenne ich im Zweifel auch erstmal gar nicht, mit wem ich da gerade rede.

 

Dumm gelaufen

Die amüsanten Gespräche sind sicherlich auch der Grund, warum sich zwei ungute Gefühle noch ganz gut unterdrücken lassen, die sich nach etwa 15 km immer weiter geistig und körperlich in den Vordergrund drängen: meine Oberschenkel und der Hintern frieren und ich muss auf Toilette. Bezüglich Zweiterem quält mich mein Magen zusehends mehr, aber eine Aussicht auf Erleichterung gibt es nicht. Zu schnell und ohne Anhalten bewegt sich die Masse. Max, der nur mal kurz in den Busch verschwunden war, brauchte 20 Minuten, um uns wieder einzuholen. Und wenn Max schon bei geringstmöglicher Auszieh-Zeit und hoher Aufholgeschwindigkeit schon so lange braucht, habe ich als Weibchen keine Chance, meine Mitwanderer jemals wieder zu finden

„Die kalten Schenkel hätte ich aber echt vermeiden können“, denke ich. „Ziehst dir fünf Schichten am Oberkörper an, wovon schon mindestens zwei zuviel sind… aber an den Beinen haste nur eine dünne Schicht. Wie doof ist das denn?“ Ich erinnere mich nun, im letzten Jahr mit langer Unterhose gestartet zu sein.

 

Um 0:25 Uhr landen wir am S-Bhf Zitadelle in Spandau und in der dortigen McDonalds-Filiale. Beim erleichternden Toilettenbesuch reicht ein flüchtiger Blick auf meine Oberschenkel, um zu wissen: Weitergehen in die immer noch kälter werdende Nacht macht einfach keinen Sinn. Zumindest nicht bis zum Ende der 50 km. Knallrot ist meine Haut dort überall und eiskalt. Eigentlich würde ich gerne trotzdem noch einige Kilometer mitwandern und so wie vor zwei Jahren nach gut 30 km aussteigen. Leider lässt das aber die geänderte Streckenführung nicht zu. Ab hier weiterzulaufen heißt, bis zum Ende zu laufen, denn es gibt keine öffentlichen Bahnhöfe mehr an der Route. Und auf die Spandauer Busse möchte ich mich nicht verlassen. Ich bin nicht die einzige, die so denkt und so steigen rund zehn Wanderer an diesem Punkt aus.

Als ich nachts um drei in Lichterfelde ankomme und die unglaubliche Ruhe genieße, bin ich zwar einerseits froh, jetzt ins Bett zu fallen. Andererseits ärgere ich mich dennoch richtig über meine Dummheit, ohne eine zweite Schicht um die Beine losgegangen zu sein. Manchmal muss man Fehler eben zweimal machen, damit sie sich für immer einprägen.

 

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