[:de]Rostock HM – Warum ich fast von der Fähre sprang[:]

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Die Berge der Alpen sind so weit weg von Berlin. Dafür kann man mal eben mit dem Regionalexpress zum Nachtlauf in Rostock düsen. Etwas Gutes muss die Hauptstadt ja haben. Erst um 12:30 Uhr desselben Tages sprangen wir – meine Freundin Sam und ich –  in den Zug, der uns drei Stunden später wieder am Rostocker Hauptbahnhof ausspuckte.

RostockHM Caro Zug

Ab da ging es schnurstracks zur Startunterlagenausgabe und weiter zum Hotel. Zwischen Ankunft am Bahnhof und Abfahrt der Fähre zum Startbereich des Halbmarathons lagen ja nur knappe 2 1/2 Stunden. Für zwei pokémonfangende, durch frische Waffeln abgelenkte und noch nicht umgezogene Mädels war das schon die erste Herausforderung des Tages. Aber wir schafften es, zu Fuß zum niedlichen rosaroten Rostocker Rathaus zu gelangen, das übersichtliche Eventgelände zu begutachten, einzuchecken und gerade noch in unser Laufoutfit zu schlüpfen, bevor es schnellen Schrittes zur Fähre ging.

Da nur drei Fähren im Abstand von je einer viertel Stunde ab 17:45 Uhr die Halbmarathonteilnehmer zum Start fahren, ist man durchaus gehalten, eine dieser drei auch zu bekommen. Gewollt hatten wir die mittlere Fuhre, gekriegt hatten wir die letzte. Auch gut, hauptsache auf dem Wassergefährt! Oh, aber was war das? Da erschien auf meinem Handy in schemenhaftem Umriss: Pikachu! Das Vieh, das mir noch immer in meiner Sammlung fehlt. Bis zur Abfahrt waren es ja noch ein paar Minuten. Ich diskutierte, überlegte und wog ab, ob ich noch einmal von der Fähre runter huschen sollte. Das war schließlich eine einmalige Gelegenheit. Die Vernunft und Sam (wobei Sam deutlich überwog) ließen mich dann doch nur an Bord kreisen. Nix Pikachu! Das einzige, was ich zu sehen bekam, war eine einsame Pokémöwe.

RostockHM Fähre

In einer guten dreiviertel Stunde brachte uns die Fähre zur nächsten Haltestelle. Ein  Stück Fußmarsch wartete trotzdem noch auf uns. Die ersten Marathonläufer oder Staffelläufer rannten bereits an uns vorbei, bevor wir überhaupt gestartet waren. Im Startbereich war es erwartungsgemäß voll: am Rand, an den Klos und an der Kleiderabgabe beim LKW, der unser Hab und Gut wieder nach Rostock fahren würde. Kalt wars und so kuschelten wir uns wie die Pinguine in die Menge bis um 20 Uhr unser Startschuss fiel.

Keine 200 m gelaufen merkte ich, wie sich mein einziges Energy-Gel vom Acker machte und hörte es noch auf den Boden klatschen. Aussichtslos, sich danach zu bücken, wenn hunderte Füße hinter einem drohen, auf die Finger zu latschen. Also ließ ich mein Maple-Bacon-Gel – das einzige seiner Art, das ich hatte – dort wo es war: auf dem Boden der Rennstrecke.

Noch heulend über den Verlust rannte ich in den Warnowtunnel, der sich etwa einen Kilometer hinzog und mich an den Paris Marathon erinnerte. Leider roch es hier weder nach Saunadüften, noch waren hübsche Bilder wie in Paris aufgestellt. Die Rostocker sind wohl auch ohne solche Dinge entspannt genug oder geben einfach mal nix auf Kinkerlitzchen. Eine kleine Schleife führte uns an maritimen Türmen und imposanten Schiffen vorbei, bevor wir wieder umkehrten Richtung Warnowtunnel.

Der Bacon ist wieder da!

An der ersten Verpflegungsstelle schnappte ich mir ein Wasser und schaute eher zufällig auf meine Füße. Und was lag da? Mein Bacon-Gel! Verschlossen und allein gelassen – wie eine alte Jungfer! Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie ich mich freute, mein Gel wieder zu finden und eindeutig als meins identifizieren zu können. Der Halbmarathon war zumindest kulinarisch gerettet!

Die Strecke führte uns durch kleine Orte, in denen die Bewohner mal so richtig Party machten. In Gartenstühlen sitzend und mit Grillfleisch bewaffnet prosteten sie uns zu, knatterten mit Rasseln und feuerten uns Läufer an, wie man es von solch kleinen Nestern nicht erwartet hätte. Wahrscheinlich hatten sie schon eine gute (alkoholische) Grundlage, aber egal: es machte total Laune!

Nebenbei ging die Sonne langsam unter und tauchte die Hansestadt in ein romantisches Orange. Direkt am Wasser entlang laufend hatten wir einen herrlichen Blick auf die Lichter Rostocks. Unsere angepeilte 6er-Pace ließ mich vor allem zum Ende hin ziemlich schnaufen. Als es dann auch noch auf dem letzten Kilometer ordentlich bergauf ging, fing ein hässliches Pieken und Stechen in meinem Brustbereich an und zwang mich leider, einen Gang runter zu schalten. Vernünftiges Atmen war nicht mehr möglich. Erst, als die Straße flacher wurde, ging es auch mit der Luft wieder.

RostockHM Sonnenuntergang

Ein Zeitziel hatten wir eh nicht so richtig. Irgendwas um 2 Stunden 15 Minuten. Wäre die Strecke nicht noch um satte 400 m länger gewesen als die klassische HM-Distanz, hätten wir sogar noch 2 Stunden 9 Minuten auf unserer Urkunde stehen gehabt. Egal. Wir waren mit unserem “Trainings- und Schauen-wo-wir-stehen-Lauf” sehr zufrieden, als wir um 22:15 Uhr durch den Zielbogen rannten.

Viel los war hier im Zielbereich allerdings nicht mehr. Ob es an der Kälte lag, der Uhrzeit oder einer Mischung aus beidem, wer weiß. Auf jeden Fall bescherte mir das meine erste Massage nach einem Wettkampf. Mit der Masseurin lag ich so dermaßen auf einer Wellenlänge, dass wir quatschten und sie gar nicht mehr aufhörte, mich zu massieren. Mir sollte das recht sein. Einmal kann man sowas schon machen.

Wir holten uns Bier und Bratwurst , wobei ich mir eine Standpauke der Bratwurstbräterin anhören musste, dass die Wurst hier nicht Rostbratwurst heißt, sondern nur schlicht Bratwurst.

“Rostbratwurst? Was’n das? Dat is ne Bratwurst!”

“Aber… aber… die kommt doch vom Rost”

“Dat IS ne BRATwurst!”

“Okay…”

Während wir uns noch über das Lockmodul für Pokémonster freuten, wurden uns um halb zwölf bereits die Stühle unterm Hintern abgebaut. Nix mit Partyleben in Rostock. Also zogen wir mit Bier und Handies durch Rostock Downtown, fingen noch ein paar Viecher und fielen dann selbst recht schnell ins Bett.

Am nächsten Morgen genossen wir das großartige reichhaltige Frühstück (natürlich mit Bacon) und den Wellnessbereich, den wir ganz für uns hatten. Überflüssig zu erwähnen, dass wir unseren Zug nach Berlin fast verpasst hätten, weil da noch ein Taupsi gefangen werden wollte…

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