[:de]Microadventures – Abenteuer für den kleinen Geldbeutel und uns, die wir heutzutage keine Zeit mehr haben[:]

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Microadventure Titel

Microadventure? Was ist das denn? Schon wieder so ein neumodisches angloamerikanisches Wort. Am besten erkläre ich das an einem praktischen Beispiel.

Letzten Sommer wollte ich raus. Einfach mal raus. Nicht lange, nicht weit weg. Ausspannen, Natur und Ruhe genießen.

Also packte ich meinen Wanderrucksack inklusive kompletter Zelt- und Kochausrüstung und wir machten uns zu zweit auf den Weg nach Brandenburg. Im Süden Berlins hatten wir uns ein schönes Fleckchen Natur ausgesucht, das nachweislich kein Naturschutzgebiet war, aber einen kleinen See im Wald bot.

Wir wanderten am späten Nachmittag los in den von der Sommerhitze aufgewärmten Wald, der wunderbar nach Kiefernnadeln duftete. Der breite Waldweg führte durch die sandige Brandenburger Landschaft quasi direkt zum See.  Dort gab es ein großes Betonplateau und eine kleine Treppe runter zum Ufer. Und zwischen drei Bäumen bot sich der richtige Platz fürs Zelt. Abends nach dem Sonnenuntergang bei Grillenzirpen in den Schlafsack kuscheln und am Morgen vom Zwitschern der Vögel geweckt werden. Auf dem Campingkocher den ersten Kaffee des morgens zubereiten und am See in den Schlafsack gewickelt dampfend genießen. Die romantische Outdoor-Vorstellung war perfekt.

Der Waldhüter

Microadventure CaroEs dauerte allerdings nicht lange, da wurde die Romantik durch Motorengeräusche durchbrochen. Natürlich war mir bewusst gewesen, dass Zelten in deutschen Wäldern grundsätzlich nicht gestattet ist. (Warum, wo und wie das geregelt und was ein Wald laut Gesetz überhaupt ist, damit beschäftigt sich der Artikel bei aufundab.eu.) Aber getreu nach dem Motto „Wo kein Kläger, da kein Richter“ dachte ich, „Hier kommt heute abend bestimmt niemand mehr vorbei“. Niemand kam dann aber leider doch und zwar im lauten Truck.

Es war nicht der Förster, sondern viel eher der Waldhüter.

Der hiesige Wald gehörte nämlich laut dem Waldhüter einem privaten Forstwirtschaftsunternehmen.

Das Gespräch verlief sehr ruhig und informativ. Leider teilte er uns trotzdem mit, dass er es nicht zulassen könne, uns hier übernachten zu lassen. Die Waldbrandgefahr sei sehr hoch und damit hätte er keine Chance, uns im Falle des Falles aus dem Wald herauszuholen. Er schien durchaus Verständnis für den Abenteuergeist zu haben, aber im Sinne seines Jobs konnte er nicht anders reagieren. Stattdessen erzählte er uns ein wenig über die Historie des Gebiets. Viele Wälder und Heiden in Brandenburg sind ehemaliges militärisches Übungsgelände. Direkt hier, wo wir waren, solle sich unter dem Waldboden sogar ein Atomschutzbunker befinden. Da wurde ich natürlich hellhörig. Er wies nur grob die Richtung, ohne genauere Angaben und fuhr dann wieder weiter auf seine Runde. Natürlich mussten wir versprechen, bei seiner zweiten Runde nicht mehr mit Zelt dort zu stehen.

Da wir den lauen Sommerabend aber wenigstens noch ein bisschen genießen wollten, bereiteten wir uns auf unserem Einweggrill auf dem riesigen Betonplateau (wegen Waldbrand) Grillkäse und Würstchen, tranken ein Bier und Limonade. Als wir aßen, schlängelte sich eine Ringelnatter am Seeufer entlang. Schlangen sieht man in Deutschland auch nicht alle Tage.

Das Zelt hatten wir noch stehen lassen. Keine halbe Stunde später war der Waldhüter tatsächlich wieder da. Ja, wir würden noch vor Einbruch der Nacht verschwunden sein. Zumindest das Zelt.

Schweren Herzens wurden Schlafsäcke wieder eingerollt, Isomatten einlüftet, Zeltstangen zusammengefaltet und Planen wieder verpackt und verstaut. Schade. Es hätte so schön werden können.

Der Bunker

Dann machten wir uns auf den Weg in die Richtung, die uns der Hüter gewiesen hatte: auf die Suche nach dem Bunker. Hügel rauf, Hügel runter. Um unzählige Bäume herum. So ein Atombunker steht ja leider nicht offensichtlich in der Gegend herum. Mit ein bisschen Logik ließ sich aber erkennen, wo er sein könnte und wo auf keinen Fall. Stichwort Alter der herumstehenden Bäume.

Nachdem ich die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, sah ich aus dem Augenwinkel etwas, das nicht passte. Ein Stahlrohr. Ich sprang ein paar Meter nach hier, ein paar Meter nach da und da war er, der Eingang. Ein kleines Loch im Boden, sandig, steil. Aber zugänglich. Die Rucksäcke wurden kurzerhand abgestellt. Hier würde sicher keiner vorbeikommen und Rucksäcke klauen. Nein, in einschlägigen Horrorfilmen würde jemand die Tür zum Bunker von außen zuschmeißen, sobald wir drinnen sind. Aber das sind ja nur Filme.

Also schwupp, nach unten geschlüpft. Natürlich gehört zu meinen 15 Dingen, die ich bei jeder Wanderung dabei habe auch eine Taschenlampe. Die war auch nötig, denn es war dort unten stockdunkel. Das Licht der Taschenlampe offenbarte dann, dass ich nicht alleine war. Es wuselte und flatterte an der Decke und durch den Bunker. Fledermäuse! Langohrfledermäuse, wie ich später recherchierte.

Natürlich sehe ich öfter Fledermäuse flattern, wenn ich in der Dämmerung laufen gehe. Aber so nah und still in ihrem Quartier hängend… wann hat man das schon mal? Ich wäre am liebsten gar nicht mehr herausgegangen und hätte eine von ihnen zu gern gestreichelt. Aber wir hatten ja noch einen langen Rückweg vor uns.

Als wir aus dem Bunker kamen, war es schon richtig dunkel. Es war ja bereits nach 22 Uhr. Die Kiefernwälder dufteten noch immer und wir folgten dem Weg, den ich heute eigentlich nicht mehr hatte gehen wollen. Über mir begleiteten uns weitere Fledermäuse.

Es leuchtet grün…

Auf einmal – fast am Ende des Waldes – sah ich etwas aus dem Laub leuchten. Sehr hell und grüngelb fluoreszierend. Ich fragte mich, was das sein konnte. Eine kleine grüne LED hier mitten im Laub? Ich schob die Blätter weg und hob das leuchtende Etwas auf. Ich staunte nicht Lampyris_noctilucaschlecht, als ein Käfer daran hing. Oder ein Wurm? Etwas dazwischen. Sein Hinterteil war das, was dieses Lichtspiel verursachte. Natürlich!

Ein Glühwürmchen! Ich hatte noch nie ein Glühwürmchen in freier Wildbahn gesehen. Und ich hätte es auch an dem Tag nicht gesehen, wenn ich nicht den unfreiwilligen Nachtspaziergang hätte machen müssen.

Um das zu erleben, musste ich nicht weit hinaus fahren. Nur etwa eine dreiviertel Stunde mit dem Auto. Ich hatte das mitgenommen, was ich ohnehin schon an Ausrüstung hatte. Nur für das leibliche Wohl wurde neu eingekauft. Ansonsten bedurfte es keiner weiteren Ausgaben. Der Ausflug sollte nur für eine Nacht sein und damit zeitlich begrenzt, aber ohne größere Absprachen oder Urlaubsanträge machbar.

Auch wenn es mit der Übernachtung nicht geklappt hat, habe ich an diesem einen Abend so viel erlebt und gesehen wie manch einer ein ganzes Jahr lang nicht. Und den Alltag völlig vergessen.

Das genau ist ein Microadventure. Geprägt hat diesen Begriff übrigens der britische Abenteurer und Autor Alastair Humphreys.

Aber warum erzähle ich eigentlich davon? Ich möchte euch gerne ab und an auf ein Microadventure mitnehmen und vielmehr ermutigen, es mir gleichzutun. Ausrüstung geschnappt, raus in die Natur, weg vom Alltag. Für ein kleines Abenteuer.

Wenn ihr Ideen für Microadventures habt: jederzeit her damit 🙂

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6 Gedanken zu “[:de]Microadventures – Abenteuer für den kleinen Geldbeutel und uns, die wir heutzutage keine Zeit mehr haben[:]

  1. ….ohhhh wie mich deine tolle Geschichte an super Geocaching Ausflüge ins “Brandenburger Land” erinnert….die Bunker und zum Teil ganze verlassene Siedlungen sind schon der Wahnsinn. ….man sollte wirklich öfter mal einfach das Campingzeug herausholen. Danke für den schönen Beitrag.

  2. Gerne, Claudius. Ja, Geocaching gehört natürlich auch dazu. Manche Bunker findet man auch (nur) so. Vielleicht kann man sich mal kurzschließen und schöne Orte austauschen 🙂

  3. Martin, da war es leider ganz schön kalt und auch ein wenig feucht drin. Ich fürchte, da hätten wir uns was weggeholt. Nächstes Mal mit dicken Schlafsäcken und ab in den Bunker zu den Fledermäuschen 🙂

  4. Im nächsten Bunker vielleicht 🙂 In diesem war es wirklich saukalt und auch ein wenig feucht. Es gibt Bunker, die eignen sich mehr dafür.

  5. Für die Berliner vllt. Etwas weit (aber mit zug/auto auch kein riesen Ding) ist Boofen in der sächsischen Schweiz. Von Bad Schandau aus in die Schrammsteine und eine der tollen Boofen (meist Felshölen/überstehende Felsnasen) für eine Nacht okkupieren. Sehr cool da dunkel und “laut” – mit Geräuschen die man so in der Stadt schon lange nicht mehr hört.

    Eines meiner geplanten nächsten microadventures wird wohl die Anschaffung eines Schlauchkanus sein (bin mir noch am überlegen ob das 30 € Teil von Lidl/Aldi/Kaufland oder das gute vom Globetrotter…) dass inkl. Zelt und Co in den Backpack passt und dann zu zweit kleine Tages/Wochenendtouren damit machen 🙂

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