[:de]Fjällräven Classic 2017: Tag 4 – Es wird heiß[:]

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Bereits zum Frühstück zeigt uns das Lapplandwetter eindrucksvoll, dass es auch anders kann. Es schüttet schon seit Stunden und der Wind biegt die Zeltwände in Richtung meines Schlafplatzes und reißt an anderen Zelten sogar die Heringe aus dem Boden. An gemütliches Beisammensitzen, um den ersten Kaffee des Morgens zu genießen, ist nicht zu denken. Und so wird von Zelt zu Zelt durch die Wände der Plan kommuniziert, das Frühstück individuell zu sich zu nehmen und um 9 Uhr abmarschbereit zu sein. Mein Missmut über die Situation ist meinem morgendlichen Gesicht mehr als deutlich zu entnehmen.

Um 9 Uhr sind alle Zelte abgebaut und Rucksäcke geschultert. Alle? Nein, Steve und Janine sind noch immer verbarrikadiert in ihrem noch stehenden Zelt. „Wir holen euch schon ein“, raunt es von drinnen. Also marschieren wir los. Für einige von uns wird es die längste Wanderung des ganzen Fjällräven Classic werden. Für die anderen die kürzeste. Nach dreieinhalb Tagen werden fünf Leute weitergehen und vier dem Saunaangebot in Alesjaure frönen. Aber bis dahin sind noch ein paar Kilometer zu überbrücken.

Wir kämpfen uns durch die wolkenverhangene grüne Landschaft, wenn es nicht richtig regnet, nieselt es zumindest. Heute bin ich wirklich froh über meinen Panikkauf in Form von einer Regenjacke kurz vor der Angst. Einer ordentlichen Regenjacke, meine ich. Nicht, dass ich nicht vorher schon etliche besessen hätte. Glitschige Holzbohlen bereiten unseren Weg und immer wieder müssen wir aufpassen, auf ihnen nicht ins Schlingern zu geraten. Nicht jedem gelingt das. Ein kleiner Lichtblick: der Niederschlag hat in den höheren Lagen die Bergkuppen puderzuckerartig mit Schnee überzogen.

Da waren es nur noch vier

Nach rund 10,5 km kommt der Checkpoint Alesjaure mit seiner imposanten Flussbrücke in Sicht. Oben beim blauen Stempelzelt, wo es auch Nachschub an Trockenfutter gibt, weht ein heftiger Wind, den man nur kurz aushält. Wir verkrümeln uns zu neunt hinter die Hauswand der Schutzhütte und kochen uns eine letzte gemeinsame Mittagsmahlzeit. Direkt nebenan landet und startet derweil ein Hubschrauber, der Wanderer nach Abisko transportiert. Ob diese verletzungsbedingt aufgeben mussten, erfahren wir nicht. Die Wehmut ist groß als wir mit verfrorenen Gesichtern das letzte Gruppenfoto aufnehmen und Karsten, Conny, Steve, Janine und Johanna ihre Rucksäcke wieder aufschultern, um eine weitere Etappe bei diesem Dreckswetter zu gehen. Für mich kaum vorstellbar, dass sie heute noch 20 Kilometer gehen wollen. Wir umarmen uns zum Abschied noch einmal und lassen die fünf ziehen.

Da die Checkpoints beliebte Plätze zur Übernachtung darstellen (vor allem, wenn sie noch über eine Sauna verfügen), suchen wir uns gleich einen schönen Platz für unsere verbliebenen drei Zelte. Gar nicht so einfach, denn am Fuße des Hügels, auf dem der Checkpoint steht, ist alles gut mit Büschen zugewachsen und oben ist es einfach zu windig. Zum Glück werden wir doch recht bald fündig auch wenn sich, wie wir bald feststellen, unser Domizil direkt unterhalb des Herrenklos befindet. Das besteht in diesem Fall nur aus einem Felsen, von dem die Herren der Schöpfung einfach runterpinkeln. Wir beschließen: die sind noch weit genug von unseren Zelten entfernt. Es ist nun gerade erst Mittagszeit, die Zelte schon aufgebaut und die Sauna öffnet wiederum erst um 16 Uhr. Also stürmen wir zähneklappernd in die kleine Stube, wo es heißen Kaffee und saftige Zimtschnecken gibt. Schuhe werden ausgezogen und Füße getrocknet. Über einer weiteren Zimtschnecke planen wir auf unserer Fjällräven-Karte planen die nächste Etappe.

Endlich Sauna

Für den Saunagang müssen die Teilnehmer erstmal arbeiten und Holz für den Saunaofen hacken. Ralf und Martin sind unsere fleißigen Hacker, während ich für Nachschub an den Trockenfuttersäcken sorge.

Die schwedische Sauna ist ein Erlebnis für sich. In der Holzhütte betritt man zunächst eine Vorraum, wo alle Klamotten abgelegt werden. Wie es hier riecht, nachdem sich ein Wanderer nach dem nächsten aus seinen schwitzigen Klamotten geschält hat, könnt ihr euch denken. Danach geht es in einen weiteren winzigen Vorraum zur Sauna, in welchem ein riesiger Heizkessel Wasser zum Kochen bringt. In einem großen Fass befindet sich kaltes Wasser, welches durch die Teilnehmer immer mal wieder aufgefüllt werden muss. Mehrere Metallschüsseln stehen nun bereit, um in ihnen mit einer Schöpfkelle kaltes und kochendes Wasser auf eine angenehme Waschtemperatur zu mischen. Im Vorraum stehen also 5-10 nackte schmutzige Menschen, die sich selbst oder gegenseitig heißes Wasser aus Metallschüsseln über den Körper kippen, um sich zu waschen. Ein bisschen wie im Mittelalter. Unsere asiatischen Mitwanderer lassen ihre Unterwäsche beim Waschgang (und auch in der Sauna) lieber an.

Frisch gewaschen geht es danach in den nächsten Raum, der nur noch halb so groß ist. Drei Treppen bieten hier Platz zum Saunieren. Der Ofen hier ist tatsächlich noch ein Holzofen und muss mit Holzscheiten von draußen (ihr erinnert euch an das Holzhacken) befeuert werden. Ein bisschen, wie nackig am Kamin sitzen. Die drei Jungs übernehmen das Befeuern und ein Schwede spendiert sogar sein teuer erkauftes Bier als Aufguss. Durch ein kleines Fenster können wir dabei zusehen, wie weitere Zelte um unsere herum aufgebaut werden. Sogar dort in/auf den Büschen, wo wir dachten, dass man dort nicht zelten kann.

Zum Saunieren gehört natürlich auch das „Abschrecken“. Ein für die Kälte draußen zu langer Abstieg führt vom Saunahaus direkt zum Fluss. Wir wären nicht wir, wenn wir diesen Spaß nicht mitnehmen würden. Damit sind wir aber auch die einzigen, die überhaupt in den Fluss gehen. Nach drei Saunagängen mit Flussabkühlung sind wir durch. So sauber und warm habe ich mich seit Beginn des Treks nicht gefühlt. Gemeinsam sitzen wir noch eine Weile im größten Zelt zusammen, plaudern und machen Inventur des noch vorhandenen und erbeuteten Real Turmats, aus welcher ich mit Abstand als Sieger hervorgehe. Wann soll ich das nur alles noch essen? Gegen 21 Uhr ist Zapfenstreich, alle kehren in ihre Zelte zurück und nach ein paar Minuten Inter-Zelt-Kommunikation schlafen wir über dem Gedanken an besseres Wetter zufrieden ein. Wo die anderen wohl gerade sind?

 

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